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TW: Panikattacke & Erwähnung einer kleinen, versehentlichen Schnittwunde
L.
➳ These bad omens, I look right through them - That's what you do when you love somebody.
3618 words
ℝ𝕦̈𝕔𝕜𝕓𝕝𝕚𝕔𝕜 𝕫𝕦𝕞 𝟚𝟠𝕥𝕙 𝕊𝕖𝕡𝕥𝕖𝕞𝕓𝕖𝕣
Es war wie ein Schlag ins Gesicht.
Das Datum, das mich sonst immer mit einem Gefühl von Stolz durchflutete, löste nun genau das Gegenteil aus. Die ganze Zeit hab ich versucht mir einzureden, dass dieser Tag nicht schlimmer sein wird, als die zuvor.
Und nun war der Tag gekommen und ich spürte im Minutentakt, wie mein Magen sich umdrehte, mein Herz unangenehm pochte und mein Kopf mich anschrie, mich nicht vergessen ließ, dass heute ein besonderer Tag war.
Ein besonders beschissener wohl gemerkt.
Ich lag nun schon seit einigen Stunden wach und starrte an die Decke, wurde schon wieder einen nervigen Ohrwurm nicht los, wehrte mich aber dagegen, es so wie immer zu machen und ihn aufzuschreiben. Das hatte sowieso jeglichen Sinn verloren, denn ich hatte es aufgeschrieben und versteckt damit Harry es finden würde - es jetzt nur aufzuschreiben hatte nicht den gleichen Effekt.
Währenddessen fragte ich mich, ob es nun Fluch oder Segen war, dass heute Sonntag war und ich damit nicht arbeitete. Ich erinnerte mich an den allerersten Sonntag, an dem ich nicht gearbeitet hatte - unsere zweite Hochzeit - die, die wir offiziell auch so nennen durften.
Heute vor genau 10 Jahren.
Ich konnte mich noch zu gut daran erinnern, wie Harry spät in der Nacht, als unsere Familienmitglieder und Freunde noch komplett im Feiermodus waren, lachend meinte, dass der nächste Sonntag, der auf den 28.09 fällt, genau so laufen soll wie dieser. Ohne Hochzeit, aber mit einer Feier, die wohl niemand so schnell vergessen würde, denn sie repräsentierte nicht nur unsere Liebe, sondern zeitgleich auch die Möglichkeit das wir diese nun auch offiziell so zelebrieren durften, wie alle anderen Paare auch. Dass wir nun wirklich sagen könnten, wir sind verheiratet. Es änderte natürlich nichts an unserer Liebe. Es gab uns lediglich eine Gewisse Freiheit.
Heute war der nächste Sonntag, der auf einen 28.09 fiel. Welch Ironie des Schicksals, denn diese Feier würde es mit Sicherheit nicht geben, genauso wie wir auch nicht unsere Liebe und unsere Ehe zelebrieren würden, die wir vor 10 Jahren eingingen, für die wir uns aber schon vor 15 Jahren entschieden hatten.
Nach der Hochzeit habe ich Harrys Rat befolgt und mir den Sonntag als festen freien Tag genommen. Er war der Meinung, dass eine 7 Tage Woche nicht gesund wäre und da ich zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich Fuß gefasst hatte in der Branche, mit meinem eigenen Architekturbüro, habe ich irgendwann zu gestimmt.
Auch wenn Harry an diesem Tag nicht auch immer frei hatte, tat es in der Vergangenheit immer gut zu wissen, dass es einen freien Tag gab. Anfangs musste meine Familie jede Woche dafür sorgen, dass ich nicht doch heimlich in mein Büro verschwinden würde und doch Arbeit erledigte. Das hatte sich dann schließlich so eingespielt, dass die Familie sich sonntags nun immer irgendwie traf, nicht immer mit allen, aber irgendwas stand am Sonntag bei irgendwem an. Dafür hatten wir sogar einen eigenen Kalender damit jeder einfach rein schauen und kommen konnte, wenn es passte.
Harry freute sich immer riesig darauf, wenn er ebenfalls dabei sein konnte und nun.. nun war diese unbeschwerte Freiheit an einem Sonntag mit der Familie verpufft. Auch wenn mir gerade sowieso nicht danach war mich mit ihnen zu treffen, an irgendeinem Punkt mussten Harry und ich wohl oder übel darüber nach denken, wie wir das in Zukunft handhaben würden. Ich wusste aktuell nämlich nicht wie ich es am selben Ort mit ihm und anderen Menschen aushalten würde, vor allem mit dem Wissen, dass wir beide jeglichen Gesprächen aus dem Weg gingen.
Ich merke wie die Wut in mir wieder stieg. Auf den Tag, meine Familie, die vermutlich heute extra fürsorglich sein und mich den ganzen Tag nicht in Ruhe lassen würde, auf Harry, auf mich und darauf, dass ich wütend war. Der Tag machte keinen Sinn mehr, hatte die besondere Note verloren. Irgendwie fühlte sich diese Tatsache an, wie als hätten dadurch auch die restlichen Tage ihren Sinn verloren.
Gerade, als ich mich auf die andere Seite drehen wollte, um die Decke ein Stückchen höher zu ziehen und mich noch mehr zu verkriechen, hörte ich, wie sich das Telefon bemerkbar machte. Seufzend warf ich einen Blick auf die gegenüberliegende Wand, dort wo Harry drauf bestanden hatte eine Uhr hinzuhängen, die in manchen Nächten so laut tickte, dass sie mir den Schlaf raubte und ich sie mit einem Kissen von der Wand warf.
4:53 Uhr
Eigentlich konnte das nur bedeuten, dass es ein dringender Notfall war. Deshalb sprang ich auch ein wenig zu schnell aus dem Bett, taumelte einen Moment und warf auf dem Weg zum Telefon einen kurzen Blick auf mein Handy. Verwundert, weil keine verpassten Anrufe oder Nachrichten zu sehen waren runzelte ich meine Stirn, bevor das Telefon mir verriet, dass meine Großeltern anriefen. Schnell nahm ich ab und hörte schon die Stimme meiner Großmutter, während auch mein Großvater im Hintergrund mich freudig begrüßte.
"Nana, was ist denn los?"
"Wie was ist los Spätzchen? Ich- oh, hab ich wieder die Zeitverschiebung vergessen? Oh je das tut mir leid, wir wollten euch auch nicht wecken!" Euch.
"Alles gut, ich war schon wach." Meine Stimme brach, weswegen ich mich kurz räuspern musste. Ich hörte meinen Großvater etwas sagen, verstand aber nicht was genau, als mir plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel warum sie anriefen.
"Oh schläft Harry noch? Du bist doch sonst derjenige, der wie ein Stein schläft und nun bist du wach geworden und Harry nicht?" Meine Großmutter lachte, während ich schwer schlucken musste.
"E-er er ist nicht da", erklärte ich ihr und räusperte mich erneut, als ich merkte wie abgeklärt meine Stimme sich anhörte. Zum Glück schien sie nichts zu bemerken, denn sie quatschte fröhlich weiter.
"Konnte er sich heute nicht frei nehmen? Mensch und das an euerem 10 und 15 Jährigem Hochzeitstag! Wir wollten euch zusammen gratulieren, aber wenn Harry unterwegs ist macht das nichts, richtest du ihm das aus Schatz?" Ich stimmte ihr zu, unterdrückte ein Seufzen und zwang mich dazu im weiteren Gespräch so glücklich zu klingen, wie es nur ging.
Schließlich war in ihrer Welt heute mein Hochzeitstag und ich brachte es nicht übers Herz diese Welt zu zerstören. Sie würden wissen wollen was passiert war. Was war passiert? Wie sollte ich diese Frage beantworten?
Nachdem ich auch ihre Fragen nach dem Adoptionsprozess so schnell und schmerzlos wie nur irgendwie möglich versuchte zu beantworten, mir dabei einige Lügen einfielen ließ, war das Gespräch nach einer halben Stunde vorbei.
Ich ließ mich seufzend auf das Bett fallen, spürte wie die Tränen mir heiß übers Gesicht liefen. Mit einem Kissen ins Gesicht gepresst verließ ein lautes "Fuck" meine Lippen, bevor ich meine Haare raufte und irgendwie versuchte all die Emotionen, die gerade auf mich einprasselten, zu unterdrücken.
Wie erbärmlich ich mich in diesem Moment fühlte, konnte ich nicht mal in Worte fassen. Ich schämte mich so sehr dafür, dass ich es erstens nicht geschafft hatte meine Ehe so zu führen, dass sie verdammt nochmal auch hielt. Zweitens es dann nicht geschissen kriegte, die Trennung ordentlich laufen zu lassen und drittens meine Großeltern auch noch anlog und so tat, als wäre alles in bester Ordnung.
All die Leute in meinem Umfeld zu meiden, ihnen aus den Weg zu gehen, um nicht mit der Trennung konfrontiert zu werden, war schon ziemlich feige. Aber das jetzt - das hatte ein neues Level erreicht. Von Wut gesteuert sprang ich wieder aus dem Bett, lief einige Minuten durch das Zimmer und fragte mich, wie ich mir nun vorstellte dieses erbärmliche Leben weiter zu führen? Diese Lügen, die Verleugnung vor mir selber und allen anderen?
Ich hatte die Kontrolle über so ziemlich alles verloren. Meine Ehe, meine Gefühle, meine Gedanken. Auf der Arbeit war ich sowieso nur eine Hülle, die irgendwie funktionierte. Es war ein Wunder, dass ich es schaffte mich da zusammenzureissen, aber da stellte sich mir auch die Frage, wie lange ich das noch schaffen würde. Denn gerade war ich auf einem ziemlich guten Weg, einfach alles in die Brüche gehen zu lassen, was mein Leben ausgemacht hatte.
Ich wusste, dass ich dieses Vermeiden noch ewig tun könnte. Meine Familie, meine Freunde größtenteils solange von mir stoßen würde, bis sie es schlussendlich immer weniger versuchen würden. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber so langsam wurden meine Gedanken lauter, die Situation immer komplizierte.. es zwang mich dazu mich mit der Trennung auseinanderzusetzen, obwohl ich das absolut nicht tun wollte.
Dieser beschissene 28. September zwang mich verdammt noch mal dazu.
Die Wut in mir brachte mich dazu meine Fäuste zu ballen. Ich seufzte, versuchte irgendwie tief durchzuatmen, scheiterte aber. Der erste Weg, der mir spontan in den Sinn kam, um all die Emotionen in mir irgendwie los zu lassen, war der Boxsack. Doch schon zwei Sekunden in diesem Raum, der so verdammt nach Harry roch - zumindest bildete ich mir das ein - ließen mich nach Luft schnappen. Hier drin würde ich vermutlich verrückt werden.
Also entschied ich mich dazu laufen zu gehen. Obwohl es noch stockdunkel war, schnappte ich mir Mica und überlegte einen Moment, welche Route nun am meisten Sinn machte. Normalerweise lief ich ungern im dunkeln, da hier in der Umgebung keiner meiner üblichen Wege wirklich beleuchtet war. Deshalb beschloss ich einfach an der Straße zu bleiben, bei der es immerhin alle paar Meter eine Lichtquelle gab.
Das Regenwetter spiegelte die Stimmung perfekt wider. Die großen Tropfen landete in meinem Gesicht, weshalb ich mir die Cap noch tiefer in dieses zog, zusammen mit der Kapuze. Das kalte Wasser plätscherte an meine Waden, immer wenn ich achtlos durch eine Pfütze lief. Der Duft von Regen stieg in meine Nase und abgeschirmt von der Dunkelheit, ließ ich meinen Tränen einfach freien lauf.
Als ich nach knapp einer Stunde und einer Runde, die immer größer geworden war, passend zum Sonnenaufgang wieder zuhause ankam, schlüpfte ich unter die Dusche, bevor ich im Anschluss daran, nur in Briefs im Wohnzimmer auf dem Boden sitzend die leere Leinwand vor mir anstarrte. Die ganze Wut, das Laufen und die warme Duschen hatten mich so sehr aufgeheizt, dass mir jegliche Klamotten gerade zu viel erschienen.
So wie alles andere gerade zu viel war.
Eine gefühlte Ewigkeit starrte ich die Leinwand an, bis sich plötzlich irgendein Schalter umlegte und ich so schnell gar nicht mit den Händen hinterher kam, wie mein Kopf die Farbe am liebsten auf den weißen Stoff bringen wollte.
Die Farbe landete überall. Auf meiner Haut, dem Boden, ja sogar Micas Fell landeten dunkle Farbkleckse, die ich wild zusammen gemischt hatte. Als ich fertig war, ließ ich den Pinsel achtlos auf den Boden fallen, rutschte einige Meter zurück und betrachtete das Bild einige Minuten lang.
Eigentlich spiegelte auch dieses Bild meine Stimmung perfekt wider.
Chaos.
Es war des Ausdruck von Chaos und es war vor allem eins - dunkel. Das letzte Mal als es in meinem Kopf so dunkel, so trist und so durcheinander war, war die Zeit nach Mums Tod. Auch damals hat mir das Malen geholfen, die Gefühle raus zu lassen, die sich sonst in mir sammelten und ihren Weg nicht aus meinem Kopf fanden, mich stattdessen verrückt und meinen Kopf fast platzen ließen.
Doch das Ventil hatte sich nicht genug geöffnet. Da war noch viel zu viel Wut, Trauer, Hass und undefinierbare Gefühle in mir, die sich aufstauten. Meine Hände zitterten unkontrolliert und ich spürte, wie mein Herz raste, unangenehm stolperte und sich dann für ein paar Schläge normalisierte - immer wieder, wie in einem Teufelskreis. Ebenso wie meine Gedanken sich immer wieder drehten.
Ich raffte mich schließlich auf, beschloss einen Blick auf mein Handy zu werfen und mich zumindest bei irgendwem zu melden, um einen Menschenauflauf hier zu vermeiden, weil sich alle Sorgen machten.
Ob alleine sein heute das richtige war, wusste ich nicht. Aber ich wollte niemanden belasten. Ihnen nicht die Möglichkeit verwehren, denn Familiensonntag, wo auch immer er nun war, nicht genießen zu können, sich stattdessen mit mir, dem Trauerklos, beschäftigen zu müssen. Gerade als ich Fizzy geantwortet hatte, dass sie nicht vorbei kommen muss, während ich einen Pinsel halbherzig mit einem Tuch versuchte von der Farbe zu befreien, hörte ich die Haustür ins Schloss fallen.
Im ersten Augenblick dachte ich schon, Fizzy, Levi oder sogar Lottie wären einfach so reingekommen. Doch der Anblick, der sich mir stattdessen ein paar Sekunden später bot, machte mich noch wütender.
Harry begrüßte Mica, ehe er sich mir zu wandte. Ich musste den Blick heben, um in sein Gesicht sehen zu können, da ich noch immer auf dem Boden saß. Die Tropfen auf seiner Jacke, fanden den Weg auf den Boden und hinterließen eine kleine Pfütze. Ich spürte die Wut hochkriechen, während meine Hände sich zu Fäusten ballten.
"Hey", gab Harry leise von sich, bevor seine Augen meinen, noch immer ziemlich wenig bekleideten, Körper auf und ab fuhren.
"Was machst du hier?", wollte ich mit leicht bebender Stimme wissen.
"Was- ich-"
"Schönen Hochzeitstag wünschen meine Großeltern uns", unterbrach ich ihn, woraufhin ich sehen konnte, wie sein Kiefer sich anspannte.
"Sie- sie wissen es nicht?"
"Nein Harry sie wissen es nicht. Was genau soll ich ihnen sagen? Dass du dich von mir getrennt hast, wir uns aber noch regelmäßig sehen und vögeln? Willst du das vielleicht übernehmen? Diese Bombe auch kontrolliert platzen lassen?" Ich war so unglaublich wütend, dass ich nicht mal wirklich merkte, was ich sagte. Es platzte einfach aus mir heraus - alles.
"Du hättest es ihnen sagen können." Anders als sonst üblich in solchen Momenten, versuchte Harry nicht ruhig zu bleiben. Ich hörte wie auch seine Stimme zitterte und konnte sehen das er schwer schluckte, bevor er einen Schritt näher kam.
"Ich? Ich hätte es ihnen sagen können? Super Harry, klar überlass das ruhig einfach mir? Als wäre es nicht schon fucking schwer gewesen überhaupt mit ihnen zu sprechen und mich beglückwünschen zu lassen zu einem Tag der mehr als beschissen ist! Dann soll ich es ihnen auch noch alleine sagen?!"
"Denkst du ich hab Spaß an diesem Tag? Denkst du mein Tag ist nicht beschissen genug? Ich brauche es von dir nicht noch rein gedrückt bekommen."
"Ich zwinge dich nicht hier zu sein. Ich hab dir nicht gesagt, dass du her kommen sollst. Tu dir keinen Zwang an und verschwinde einfach wieder. Dann kannst du schön die Anrufe ignorieren, weil ICH sie ja auch hier hin bekomme, auf unseren gemeinsamen, beschissenen Telefonanschluss von unserer Familie, die UNS zum verdammten Hochzeitstag gratulieren will!"
Mittlerweile zitterte mein ganzer Körper unkontrolliert, während meine Handinnenflächen schwitzten und mein Atem unregelmäßig ging. Ich starrte Harry an, herausfordernd und doch gleichzeitig auch irgendwie.. überfordert.
In seinem Blick konnte ich das gleiche erkennen. Erneut wanderten seine Augen meinen Körper entlang bevor sie an meiner Hand hängen blieben, die sich an den Pinsel festgekrallt hatte. Mein Griff wurde noch ein wenig fester, als Harry erneut ein paar Schritte auf mich zu kam. Ich senkte den Blick auf den Boden, starrte auf einen schwarzen kleinen Fleck, direkt vor meinen Beinen, die ich an meinen Körper gezogen hatte.
Harrys Schuhe tauchten in meinem Blickfeld auf, bevor er sich plötzlich in die Hocke begab und sein Gesicht meinem dadurch so nah war, dass ich seinen warmen Atem spüren konnte. Er legte seine Hand auf meine, die sich um den Gegenstand verkrampft hatte und versuchte sie zu lösen. Ich ließ ihn erst machen, beobachtete seine Hand genau dabei, wie sie mir den Pinsel wegnahm, der schon eine deutliche Spur in meiner Hand gelassen hatte. Ein Splitter schien sich in die Haut gebohrt zu haben, weswegen eine kleine rote Spur meine Handinnenfläche entlang fuhr.
Harry betrachtete meine Hand einen Moment, doch bevor er irgendwas tun, oder sagen konnte, riss ich ihm den Pinsel aus der Hand und rutsche von ihm weg, bevor ich aufsprang und nun er zu mir hochsehen musste. Ich hörte ihn schnaufen, bevor er leise seufzte und ich erneut die Wut in seinen Augen aufblitzen sah, so wie sie wohl auch in meinen deutlichen zu sehen sein musste.
"Was machst du hier Harry?"
Er antwortete nicht, schüttelte lediglich seinen Kopf, bevor er diesen einen Moment später in seinen Händen vergrub.
"Was machst du hier?", fragte ich erneut, mit mehr Nachdruck und lauter werdender Stimme. "Was-"
"Verdammt was willst du von mir hören Louis?!", unterbrach Harry mich, während er sich ebenfalls aufrichtete und mir wieder in die Augen sah.
Ich hatte keine Antwort auf diese Frage. Ich wusste nicht was ich von ihm hören wollte. Eigentlich wusste ich gar nichts. Das Gefühlschaos in mir drin tobte, wütete wie ein Wirbelsturm und riss dabei alles mit, jegliche Vernunft, jegliches rationales Denken, ohne Rücksicht auf Verluste.
Bevor ich reagieren konnte, war Harry erneut einen großen Schritt auf mich zu gekommen. Ich ließ den Pinsel fallen und überbrückte den letzten Abstand zwischen uns, bevor ich ihn so packte und an mich presste, dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns passte. Harry schien den gleichen Plan gehabt zu haben, denn keine Sekunde später landete mein Rücken auf dem Sofa und Harry auf mir.
Die Wut und all die anderen Emotionen wurden auf seltsame Art und Weise ziemlich schnell zu Leidenschaft und Lust. Und obwohl Harry über mir thronte und sowohl sich selber, als auch mich ziemlich schnell entkleidet hatte, bevor er nach kurzer Vorbereitung bereits in mich eindrang, achtete ich penibel genau darauf, die Kontrolle gleichermaßen zu behalten. Ich ließ mich nicht einfach von ihm leiten. Stattdessen packte ich ihn an der Hüfte, bestimmte den Rhythmus, die Tiefe seiner Stöße und auch wann er nicht mehr komplett in mich eindringen konnte.
Ich merkte genau, dass auch er die Kontrolle nicht so recht abgeben wollte und so dominierten wir uns beide. Lieferten uns einen Kampf, der dennoch so voller Lust und Leidenschaft war, dass ich mich beim besten Willen nicht zurückhalten konnte und sogar selbst Hand anlegte, weil mir das Gefühl von Harry in mir drin nicht reichte.
Ich wollte mehr, mehr von ihm, gleichzeitig war es auch dieses mehr von ihm, was die Gefühlswelt in mir drin noch mehr zum Brodeln brachte. Denn es führte dazu, dass sich noch viel mehr Gefühle in dieses Chaos verirrten. Denn so wütend wie ich auch war - auf all das, auf Harry und auf mich selber; so sehr liebte ich ihn auch und so sehr reagierte mein Körper auch auf ihn.
Selbst wenn ich wollte, hätte ich ihm nicht widerstehen können, mich nicht zurückhalten können. Und ich musste zugeben, eigentlich wollte ich nicht, eigentlich würde ich ihn am liebsten vergessen wollen - denn nur so würden auch all die schmerzlichen Erinnerungen an ihn verschwinden.
Doch ich ignorierte all die schlechten Zeichen, die mir mein Kopf sendete, die negativen Gedanken, das Bedürfnis ihn zu vergessen und sorgte stattdessen dafür, dass er noch fester in mich stieß, noch tiefer rutschte, meinen Körper so sehr durchrüttelte und einnahm, mich wortwörtlich um den Verstand vögelte. Ich sorgte dafür, dass er sich kaum noch oben halten konnte, mein Name in den verschiedensten Tönen über seine Lippen kam und er sich so sehr anstrengen, seine Muskeln so sehr nutzen musste, dass ihm der Schweiß die Stirn entlang lief.
Währenddessen sorgte er dafür, dass mir jetzt schon klar war, dass ich die nächsten Tage nicht sitzen könnte. Meine Stimme bebte und zitterte, doch dieses Mal nicht vor Wut, sondern, weil er so bewusst meinen empfindlichsten Punkt, nicht nur perfekt traf, sondern auch noch seine Hand auf meine packte, die meinen Penis fest umklammerte und im richtigen Moment zudrückte.
Es fühlte sich ein wenig so an, als wäre in dem Moment, in dem der Orgasmus mich überrollte, alles aus mir rausgeplatzt - wortwörtlich. Ich sackte in mich zusammen, während Harry sich an die Sofalehne klammerte und seinen Kopf ebenfalls auf dieser ablegte.
Einige Minuten vergingen, in denen wir beide versuchten unsere Atmung in den Griff zu bekommen und irgendwie die Kontrolle über unseren Körper zu bekommen. Meine Sicht war verschwommen, während sich der Raum um mich herum ein wenig drehte und mein Kopf unangenehm pochte. Ich krallte mich in den weichen Stoff unter mir, versuchte mein Herz zu beruhigen, als ich plötzlich den weichen Stoff einer Decke auf meinem Körper wahrnahm.
Meine Augen wandten sich von der Decke ab, blickten stattdessen für den Bruchteil einer Sekunde, in die von Harry, bevor er aus meinem Blickfeld verschwand. Ich hörte wie es raschelte, während er sich hastig wieder anzog und dann schließlich wie die Tür ins Schloss fiel.
Erneut liefen die Tränen in heißen Spuren meine Wangen hinab. Ich schluchzte, merkte wie mir die Luft zum Atmen wegblieb und mein Herz immer mehr raste.
In dem Moment realisierte ich, dass ich nicht alleine sein konnte. Da mein Handy noch irgendwo auf dem Boden lag, versuchte ich mein Glück, es über die Sprachfunktion zu aktivieren. Ich versuchte tief durchzuatmen und Siri die Aufgabe zu geben Levi eine Nachricht zu schicken.
Mein eigenes Schluchzen und das Pochen in meinen Ohren war zu laut, um zu hören, ob sie mir mitteilte, dass es funktioniert hatte. Ich blieb also liegen und hoffte einfach, dass er meine Nachricht mit einem simplen "SOS" bekommen hatte.
Es dauerte nicht lange, da hörte ich erneut wie die Tür aufging. Mittlerweile hatte ich mich auf die Seite gedreht und versuchte noch immer normal weiter zu atmen, doch mein Schluchzen nahm zu und die Tränen verschleierten immer mehr meine Sicht. Ich schloss meine Augen einen Moment, als ich auch schon eine Hand auf meiner Schulter spürte und kurz zusammen zuckte.
Wenig später saß ich aufrecht auf dem Sofa, mit Levis Händen an meinen Schultern und seiner sanften Stimme, die mir dabei half die Panik zu besänftigen und wieder genug Luft zu bekommen. Meine Gedanken hörten nicht auf sich zu drehen, aber ich hatte schließlich nicht mehr das Gefühl gleich zu ersticken.
In die Decke eingerollt platzierte Levi mich so, dass mein Kopf auf seinem Schoß lag und er sanft und beruhigend durch meine Haare fahren konnte - so wie meine Mutter es schon getan hatte, als ich noch ein kleiner Junge war.
Währenddessen erzählte er mir eine Geschichte, der ich nicht folgen konnte, aber es half einfach seiner Stimme zu lauschen, seinen warmen Körper an meinem zu spüren und mich darauf zu konzentrieren und nicht auf meine rasenden Gedanken.
[...]
Kleine Anmerkung: Dieses Kapitel ist ca. eine Woche VOR dem letzten Kapitel (also dem unteren Teil in dem Harry und Jaro miteinander schlafen). Harry hatte zu dem Zeitpunkt des Hochzeitstages also noch nichts mit Jaro.
Das Kapitel tut ziemlich weh.. es tat mir auch echt weh das zu schreiben 🥺
Der Hochzeitstag ist für Louis nochmal ein Punkt gewesen, der ihn ziemlich zu schaffen macht, obwohl er vorher "gehofft" hat, dass es an dem Tag nicht schlimmer sein wird..
Um euch einen kleinen zeitlichen Anhaltspunkt zu geben: die Trennung ist am Hochzeitstag in diesem Kapitel hier fast genau 5 Wochen her.
Es sind also mittlerweile 5 Wochen der Ungewissheit.. da würden meine Nerven glaub ich schon lange nicht mehr mit machen.. 😭
Hättet ihr es den Großeltern gesagt?
Wir hoffen ihr hattet ein schönes Wochenende (+ Feiertag) 🥰
Bis Freitag ♥️
Lots of love
Michelle &' Carina xx
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