》𝟙𝟝《

L.

We repeat what we don't repair.
2153 words

𝔸𝕦𝕘𝕦𝕤𝕥 𝟚𝟘𝟚𝟜

Tief durchatmend las ich mir Harrys letzte Nachricht noch einmal durch, ehe ich das Handy neben mich auf die Couch warf und laut seufzte.

'Ein bisschen später' kommt er.

Dieses 'bisschen' zieht sich nun schon seit 2 Stunden und ich habe nicht das Gefühl, dass er demnächst nachhause kommt. Meine Nachrichten, dass er auf sich aufpassen soll bei was auch immer er tat und die Frage, ob ich mit dem Essen warten soll, blieben ungelesen.

Fast hätte ich ihn angerufen, so lange bis er rangeht, aber irgendwie fühlte es sich seltsam an dies zu tun. Eigentlich wollte ich die Stimme meines Mannes nicht zum ersten mal nach 4 Tagen übers Telefon hören und ihn dabei dann auch noch nerven, dass er nachhause kommen soll.

Stattdessen saß ich also nun hier, starrte auf den Fernseher auf dem irgendwelche Werbeanzeigen durchs Bild flackerten und dachte über den letzten Streit nach, den wir auch nicht so wirklich geklärt hatten, bevor Harry wieder arbeiten gegangen ist.

Damit es nicht wieder zu einer solchen Situation kommen könnte, habe ich dieses Mal alles weggepackt, was Harry irgendwie aufregen könnte. Dabei wusste ich gar nicht genau, was ihn so störte und darüber reden wollte er auch nicht. Es fühlte sich an wie ein ewiger Teufelskreis und die Momente in denen wir nicht stritten, wollte ich nicht dafür nutzen, darüber zu reden.

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, mir belangloses Zeug im Fernseher anzuschauen oder zu versuchen zu lesen. Ich konnte nicht schlafen, wenn ich nicht wusste wann Harry wieder kommen würde und obwohl er mir mittlerweile immerhin mitgeteilt hatte, dass er mit Jaro unterwegs war, fühlte ich mich nicht besser.

Oder vielleicht auch genau deswegen nicht?

Mica, die durch ihre Hundetür herein kam, erschreckte mich fast zu Tode, weswegen ich die Tasse Tee in meiner Hand losließ und somit den gesamten Inhalt einmal über meinem Körper leerte. Genervt stöhnte ich auf, dankte mir innerlich selber, dass der Tee lange kalt war und sprang auf, gerade als mein Handy sich meldete, mit der Nachricht, dass jemand am Tor war.

Ich schnappte mir also schnell ein Handtuch aus der Küche und lief damit in den Flur, versuchte mich auf dem Weg ein wenig abzutrocknen, während ich die Kamera aktivierte. Fast im gleichen Moment bereute ich dies allerdings auch schon, denn Jaro hatte sich wohl dazu entschieden Harry vor dem Tor aussteigen zu lassen und hielt diesen gerade in einer ziemlich innigen Umarmung bei sich. Ich spürte wie mein Herz unangenehm in meiner Brust pochte, als ich Harry dabei beobachtete, wie er sich langsam löste und sich dann zum Tor drehte.

Das laute Klingeln riss mich aus meiner Starre und ich schluckte, ehe ich den Knopf drückte und dann noch das abgehakte, ziemlich gelallte "-ouuuu" hören konnte, gefolgt von Harrys Kichern. Ich atmete tief durch und schnappte mir meine Schlüssel, bevor ich die Tür öffnete und mich auf den Weg zum Tor machte.

Als ich näher kam, konnte ich sehen, dass Harry gerade an Jaros Auto lehnte, welcher mir zuwinkte, als er mich erblickte. Da das Tor noch nicht geöffnet war, beschloss ich nur die Tür daneben zu öffnen. Nachdem ich Jaro kurz begrüßt hatte und dabei versucht hatte nicht zu genervt zu wirken, warf ich einen Blick auf Harry, der meine Erwartungen an seinen Alkoholpegel sogar noch übertroffen hatte. Damit konnte ich mir also die Frage sparen, wie viel er getrunken hatte.

Nachdem er dann realisiert hatte, dass ich schon da war und er nicht mehr darauf warten müsste, dass sich das Tor öffnet, hielt er mir seine Arme hin, so als wollte er, dass ich ihn hochhebe. Bevor ich diese allerdings richtig greifen konnte, hatte er mich schon auf sich gezogen und da ich damit nicht gerechnet hatte, verloren wir fast zusammen das Gleichgewicht. Harry schien das ziemlich zu amüsieren, ich löste mich aber ein wenig von ihm, um die Strähne, die ihm in die Stirn gefallen ist, nach hinten zu streichen und sein Gesicht zu mustern.

"Hazza? Alles gut?"

"Lou? Mhm." Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und ich schüttelte leicht lächelnd meinen Kopf, bevor ich ihm einen Kuss auf die Wange drückte und mich dann noch mehr von ihm löste.

"Na komm, du gehörst ins Bett." Harry runzelte seine Stirn und fing an zu schmollen, als ich ihn dazu brachte so aufrecht wie es möglich war zu stehen und ihn dann stützte. "Bis dann Jaro, ich bring ihn mal ins Bett, komm gut nachhause."

"Bis dann, gute Nacht euch beiden." Er schenkte mir noch ein Lächeln, welches ich schnell erwiderte, bevor ich mich darauf konzentrierte Harry durch das Tor zu kriegen und dieses irgendwie wieder hinter uns zu schließen.

Den ganzen Weg über kicherte Harry vor sich her, während ich ihn versuchte zu stützen. Die Art und Weise wie er sich an mir festklammerte und dabei so unbeschwert wirkte wie schon lange nicht, ließ mein Herz ein wenig schneller schlagen.

Augenblicklich fühlte ich mich schlecht, weil ich wusste, dass ich nicht verbergen könnte wie sehr mich störte, dass er mit Jaro weggewesen ist anstatt nachhause zu kommen.

Würde dieser Abend erneut im Streit enden? Dazu führen, dass wir nicht zusammen im Bett schliefen? Vielleicht war Harry aber auch zu betrunken und würde nicht merken, dass ich genervt war. Vielleicht war all das aber auch mittlerweile schon ein Dauerzustand und er müsste es gar nicht merken, um zu wissen, dass es so ist.

Während meine Gedanken umher kreisten und ich versuchte Harry ins Haus zu verfrachten, war dieser damit beschäftigt Mica zu begrüßen, die mal wieder ihre Kraft nicht richtig einschätzen konnte und uns drei fast auf den Boden warf.

Nachdem sich sowohl Mica als auch Harry ein wenig beruhigt hatten, schaffte ich es dann doch noch beide ins Haus zu kriegen und entschloss mich gleich dafür Harry ins Bad zu bringen. Gerade als ich ihn auf dem Badewannenrand abgesetzt hatte und ihm ein frisches Schafhirt holen wollte, klammerte er sich beinahe an meinem Arm fest und zog mich in eine so enge Umarmung, dass mir für einen Moment der Atem wegblieb. Ich hörte ihn leise seufzen und spürte seinen unregelmäßigen Atem an meinem Bauch.

Wir blieben einen Moment so stehen, bis ich seinen Kopf sanft von mir wegschob und durch seine Locken fuhr. Er blinzelte ein paar Mal, so als müsste er seine Augen erst richtig auf mich fixieren. Ein Grübchen bohrte sich in seine Wange und ich strich einmal drüber, bevor ich ihm ein zartes Lächeln schenkte und ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn drückte.

"Hast du schon was richtiges gegessen? Und nein, Erdnüsse sind nichts richtiges", wollte ich wissen und konnte förmlich beobachten, wie sein Kopf meine Frage verarbeiten wollte und er nachzudenken schien. Dann nickte er langsam und wandte seinen Blick ab. Ich spürte, wie sein Körper sich ein wenig anspannte und hörte ihn erneut leise seufzen.

"Jaro hat mich eingeladen.. tut mir leid-"

"Schon gut, das passt gut ich habe sowieso nicht gekocht heute", unterbrach ich ihn schnell in dem Wissen, dass das Gespräch schnell eskalieren könnte, sobald er anfing sich zu entschuldigen.

Das ich ihn nun angelogen hatte, würde er hoffentlich später nicht mehr wissen. Ich hatte gekocht - ihn sogar gefragt ob ich mit dem Essen warten soll, aber darauf hatte er nicht geantwortet und ich wollte jetzt nicht streiten. Es war unvermeidbar, dass wusste ich. Früher oder später würden wir streiten und vermutlich würde dieser Abend auch ein Streitpunkt sein, aber heute wollte ich es unbedingt vermeiden.

Ich wollte wenigstens noch ein paar Minuten länger Harrys Unbeschwertheit genießen, sein Kichern hören und ihn dabei beobachten wie er, wie in diesem Moment die Venen und Adern an meinen Armen nachfährt und mich so unfassbar liebevoll anstrahlt. Auch wenn das bedeutet, dass ich mein Unbehagen runterschlucken muss.

"Wollen wir einen Tee trinken?", fragte ich leise.

"Im Bett?" Ich nickte und Harrys Grinsen erschien wieder auf seinem Gesicht, noch ein wenig breiter wie zuvor.

Es erinnerte mich daran, wie er gegrinst hatte, als ich es geschafft hatte ihn seine 'Nicht im Bett essen oder trinken'-Regel brechen zu lassen und dabei triumphieren durchs Zimmer gehüpft war. Danach hat er - ein wenig Zähne knirschend - regelmäßig mit Tee und Frühstück vor dem Bett gestanden und mich geweckt.

"Okay, los gehts Großer." Er kicherte, als ich ihm aufhalf und wenig später mit all meiner Kraft versuchte nicht von ihm aufs Bett gezogen zu werden. "Der Tee Hazza, ich bin gleich wieder da, okay?" Er schmollte kurz, bevor er aber zustimmte und es sich dann ein wenig bequemer machte.

Mica war uns ebenfalls gefolgt und hüpfte in freudiger Erwartung aufs Bett, wo sie so gleich an ihrer Lieblingsstelle gekrault wurde.

Ich beeilte mich mit dem Tee und war dementsprechend schnell wieder bei den beiden angekommen. Zu meiner Verwunderung, hatte Harry es geschafft, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen und sogar mein T-Shirt hervorzukramen, in dem ich die Nacht zuvor geschlafen hatte. Ich beobachtete ihn einen Moment dabei, wie er seine Nase an das T-Shirt hielt und sich dann ziemlich ertappt einmal räusperte, als er mich bemerkte.

Kaum hatte ich den Tee abgestellt, wurde ich nun doch aufs Bett gezogen und keine zwei Sekunden später war mein Körper sowohl von Harry als auch von Mica in Beschlag genommen und diente als Kissen. Abwechselnd streichelte ich Harrys Kopf und Micas Nacken, während ich fast schon krampfhaft überlegte worüber ich sprechen könnte, ohne das die aktuelle Stimmung darunter leiden und diese Blase des Friedens zerplatzen könnte.

Nachdem ich also ein wenig über den Krankenhausaufenthalt meines Neffen berichtete, obwohl Lottie Harry das bereits mitgeteilt hatte und wir uns außerdem über meine bald anstehenden Bauprojekte unterhielten, merkte ich, wie Harry immer wieder zu dem heutigen Abend abschweifte.

Vermutlich merkte er es nicht, immerhin war es nur logisch dass er mir auch davon erzählte, nachdem wir uns über die vergangenen Tage ausgetauscht hatten. Ich konnte hören, wie viel Spaß ihm der Abend bereitet hat, weswegen ich es auch niemals übers Herz gebracht hätte ihn
davon abzuhalten darüber zu sprechen.

Also lauschte ich seinen Erzählungen und versuchte mich einfach darauf zu fokussieren, dass ich Jaro dankbar sein sollte, dafür, dass er Harry einen schönen Abend ermöglicht hat - auch wenn ich das gerne selbst getan hätte.

Irgendwann wurden Harrys Erzählungen immer leiser und undeutlicher, während ich den letzten Schluck von meinem Tee trank und Harrys halbe Tasse auch noch leerte. Er würde sich morgen vermutlich dafür hassen seine Zähne nicht geputzt zu haben, aber er wirkte so friedlich, wie er da lag, dicht an Mica gekuschelt und einen Arm um meine Beine gelegt, dass ich ihn einfach nicht wecken konnte.

Leise schlich ich mich ins Bad und machte mich schnell fertig, bevor ich zurück ins Bett krabbelte und irgendwie versuchte den mir übrig gebliebenen Platz gut zu nutzen. Trotz der Tatsache, dass wir ein riesiges Bett hatten, blieb mir nicht viel Raum, um es mir bequem zu machen, weil Harry und Mica einfach Profis darin waren sich breit zu machen.

Ich ließ das Licht gedämmt an, damit Harry sich besser orientieren könnte, falls er wachwerden würde und starrte schließlich eine ganze Weile an die Decke. Harry schnarchte leise neben mir und machte keine Anstalten sich in nächster Zeit irgendwie zu bewegen, was mir die Möglichkeit gab ihn in dieser Position zu beobachten. Beim näheren betrachten fiel mir auf, dass sein Gesicht nicht so entspannt wirkte, wie es vielleicht sollte. Immer wieder runzelte er seine Stirn und murmelte leise vor sich her, aber es schien nicht so als hätte er einen Alptraum.

Ich fragte mich, was ihn im Schlaf beschäftigte. Schließlich sagte man ja, dass man in seinen Träumen Dinge verarbeitet.

Was hatte Harry zu verarbeiten?

Ein böses Gefühl in mir sagte mir, dass ich es war was er verarbeiten musste. Ich und unser Leben, unsere Liebe, unsere Streitereien - unser alles. Mein Herz wurde schwer bei dem Gedanken und ich versuchte eine Antwort zu finden auf die Fragen, die in meinem Kopf umherschwirrten.

Wann war unsere Liebe so schwerfällig geworden? Wann fing sie an uns runterzuziehen, uns im Schlaf Probleme zu bereiten? Uns dazu zu bringen Dinge zu verstecken, zu verheimlichen und genau darüber nachzudenken was man sagen kann, ohne, dass es zu Streit führt?

Augenblicklich ploppte, wie so oft, ein Song in meinem Kopf auf, der ziemlich genau meine Gedanken widerspiegelte und ich wusste er würde mich nicht einfach wieder los lassen. Leise seufzend setzte ich mich also auf und konnte im Augenwinkel erkennen, dass es bereits 4 Uhr morgens war.

Ich schnappte mir mein Notizbuch aus meinem Nachttisch und einen Stift, bevor ich anfing, die Songtextzeilen niederzuschreiben, die mein Kopf mir da schon wieder aufgetischt hatte. Dabei wusste ich nicht einmal, wann ich diesen Song zuletzt gehörte hatte.

𝐴𝑙𝑙 𝑡ℎ𝑖𝑠 𝑤𝑒𝑖𝑔ℎ𝑡 𝑙𝑒𝑓𝑡 𝑜𝑛 𝑜𝑢𝑟 𝑠ℎ𝑜𝑢𝑙𝑑𝑒𝑟𝑠
𝑇𝑜𝑜 𝑚𝑢𝑐ℎ 𝑓𝑜𝑟 𝑡ℎ𝑒 𝑏𝑜𝑡ℎ 𝑜𝑓 𝑢𝑠

𝑊ℎ𝑒𝑛 𝑑𝑖𝑑 𝑖𝑡 𝑔𝑒𝑡 𝑠𝑜 ℎ𝑒𝑎𝑣𝑦
𝑇ℎ𝑖𝑠 𝑙𝑜𝑣𝑒 𝑡ℎ𝑎𝑡'𝑠 𝑖𝑛 𝑏𝑒𝑡𝑤𝑒𝑒𝑛 𝑢𝑠
𝑊𝑒 𝑛𝑒𝑣𝑒𝑟 𝑢𝑠𝑒𝑑 𝑡𝑜 𝑓𝑒𝑒𝑙 𝑡ℎ𝑖𝑠
𝐹𝑒𝑒𝑙𝑠 𝑠𝑜 ℎ𝑒𝑎𝑣𝑦
𝐶𝑎𝑛'𝑡 𝑔𝑒𝑡 𝑢𝑝 𝑜𝑓𝑓 𝑡ℎ𝑒 𝑔𝑟𝑜𝑢𝑛𝑑
𝐼𝑡'𝑠 𝑤𝑒𝑖𝑔ℎ𝑖𝑛𝑔 𝑢𝑠 𝑑𝑜𝑤𝑛

[...]

Ich hab gar nicht so viel zu sagen. Habt ihr etwas was euch bei dem Chapter im Kopf rumschwirrt? Let us know ♥️

Wir sind heute mit _Hazzabear_  bei Harry in Köln 😍😍 geht jemand von euch auch hin? Wir freuen uns so hihi 💗❤️‍🩹

Ein schönes Wochenende euch allen. ♥️

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