》𝕊𝕡𝕖𝕔𝕚𝕒𝕝《
Jaro's POV
𝟙𝟡𝕥𝕙 𝔻𝕖𝕔𝕖𝕞𝕓𝕖𝕣 𝟚𝟘𝟚𝟜
Ich hätte es von vornherein wissen können.
Bei den Gedanken an diesen Satz schnürte sich mir der Hals zu und ich zischte einmal auf. Mit dem linken Fuß kickte ich den etwas zu groß geratenen Kieselstein vorwärts und hörte wie dieser geradewegs in einer tiefen Pfütze landete.
Mein Blick hob sich und das Licht des Mondes verschwamm mit dem Orange der Straßenlaternen, während ich mich an meinen letzten Nachtflug mit Harry erinnerte und merkte wie mein Herz krampfte.
Ich hätte es auch von vornherein wissen können. Natürlich hatte ich stetig gehofft und mich immerzu daran festgehalten wie gut wir zueinander passen würden. Doch ich war nicht doof und hatte seine Zurückhaltung bemerkt, jedes Mal wenn es zwischen uns beiden einen ernsteren Punkt gab. Ob es das Treffen mit meinen Großeltern war oder sogar mein Liebesgeständnis - dies waren alles Dinge die uns voneinander entfernt hatten anstatt uns näher zu bringen. So wie es das womöglich bei ernsten Vorraussetzungen für eine Partnerschaft gewesen wäre.
Nachdem ich nebenbei mitbekommen hatte das Harry und sein Ehemann frühzeitig verschwunden waren hatte ich noch weniger Lust tatsächlich bei der Weihnachtsfeier zu bleiben. Stattdessen verabschiedete ich mich von dem kleinen Kreis, schnappte meine Jacke und machte mich auf den Weg zur nächstgelegenen Bar. Auch wenn es nicht die beste Idee war, könnte ich mich zumindest ein wenig bei dem Barkeeper ausheulen und dann wieder nach Hause gehen, um in Selbstmitleid zu baden.
Die Kneipe begrüßte mich mit einem Klingeln und direkt war ich von einer angenehmen Lautstärke an Gesprächen umgeben. Mein Blick wanderte einmal um all die Menschen die sich zu später Stunde noch hier versammelt hatten. Da es sich hauptsächlich um größere Gruppen handelte ließ ich mich an der Theke nieder, welche zu meinem Glück auch noch ein paar freie Stühle aufwies.
Leider stellte sich aufgrund der vielen Kundschaft heraus, dass der Barkeeper nicht ganz so viel Zeit dafür hatte, sich meine Probleme anzuhören wie ich es gerne hätte. Stattdessen saß ich an der dunklen Holztheke, ließ meinen Finger über die kleine Unebenheit fahren und seufzte ab und zu theatralisch auf, um letztendlich die Aufmerksamkeit des braunhaarigen auf mich zu ziehen welcher sich vor knapp zwanzig Minuten zwei Plätze weiter hatte fallen lassen.
"Du wirkst wie meine Kids wenn ihnen niemand zuhört und sie unbedingt von ihrem Wochenende erzählen wollen." Ich traf auf ein braunes und ein grünes Auge, welche so unglaublich traurig aussahen und nicht zu dem Lächeln passten, welches der Mann vor mir so krampfhaft versuchte aufrecht zu erhalten.
"Das beschreibt so ziemlich mein aktuelles empfinden", gab ich zu, drehte mich noch ein wenig mehr zu ihm und beschloss aufzustehen und mich direkt neben ihm zu platzieren. Wenn er überrascht über diesen Schritt meinerseits war ließ er es sich nicht anmerken und schob lediglich sein Glas etwas zur Seite, damit meins daneben passte und ich es nicht aus Versehen mit meinem Ellenbogen nach unten beförderte.
"Ich bin ein guter Zuhörer", sagte er dann und zuckte mit den Schultern.
"Hilft auch dabei, die eigenen Gedanken ein wenig nach hinten zu schieben, habe ich Recht?" Nun traf mich doch ein überraschter Blick und ich schmunzelte etwas. "Naja, du wirkst nicht wie jemand der einfach so in einer Kneipe sitzt, weil er nichts mit seinem freudigen Leben anzufangen weiß. Außerdem würde ich behaupten, dass ich relativ gut darin bin, Menschen zu lesen. Dein aufgesetztes Lächeln bedarf noch etwas Übung." Ertappt zuckte er mit den Schultern und wandte den Blick ab. "Ich bin auch ein guter Zuhörer."
"Dann... fang du an."
Da ich diese Aussage seinerseits so interpretierte, dass auch ich später von seinen Sorgen hören würde, nickte ich und fing an zu erzählen. Davon, wie ich Harry kennenlernte und was mich direkt an ihm fasziniert hatte. Wie aufrichtig sich meine Gefühle ihm gegenüber entwickelt hatten, auch wenn ich von seiner Ehe wusste, was absolut nichts geändert hatte.
Es war der Moment, als ich explizit von unserem Beruf als Piloten erzählte, das der Mann vor mir zusammenzuckte und sein Gesichtsausdruck sich verkrampfte. Er setzte sich aufrechter hin und sorgte so dafür, dass ich in meiner Erzählung stoppte und ihn fragend ansah.
"Wie heißt du?"
Verwirrt von dieser Frage klappte mir für einen Moment der Mund auf.
"Jaro. Und du?"
"Fuck." Er wandte den Blick ab, schüttelte den Kopf und verwirrt merkte ich ein ungutes Gefühl in meinem Inneren aufkommen.
"Kennen wir uns?" Auch wenn ich nicht davon ausging, fiel mir keine andere Möglichkeit als diese ein, dass ich ihn irgendwie vergessen hatte. Doch der Mann vor mir schüttelte den Kopf.
"Nicht direkt. Ich kenne dich."
Meine Ohren rauschten und verwirrt blickte ich mich in der Kneipe um, suchend nach irgendwelchen versteckten Kameras oder einem Prank, der natürlich ausgerechnet heute an mir ausgetragen werden musste.
"Kannst du das bitte aufklären? Ich raffe absolut nichts." Ich versuchte meine Stimme durch ein leichtes lachen nicht allzu verzweifelt klingen zu lassen, doch dafür war absolut keine Möglichkeit. Er merkte mir die Unsicherheit an und schien sich direkt schuldig zu fühlen, was immerhin dazu führte, dass er mich unwillkürlich aufklärte.
"Ich kenne besagten anderen Piloten... Harry. Harry ist der Mann meines besten Freundes."
Nun war es an mir aus allen Wolken zu fallen. Mich zu fragen, wie die Welt nur so klein sein konnte, dass ich mir aus alles Menschen auf dieser Welt ausgerechnet denjenigen zum ausheulen aussuchte, der in dem ganzen Chaos irgendwie inbegriffen war.
"Levi", sagte ich also leise, so leise, dass ich es fast selbst nicht gehört hätte, doch der Mann vor mir nickte.
"Freut mich dich kennenzulernen. Du scheinst nicht so Scheiße zu sein, wie ich es aus Erzählungen gedacht hatte."
"Das klang nach deinem 'Fuck' aber erst noch anders."
Die aufgestaute angespannte Stimmung brach etwas auf und der Mann vor mir lachte, als er sich geschlagen gab und wir nun in ein Gespräch eintauchten, welches wesentlich mehr auf Augenhöhe stattfand. Wir schafften es Lücken bei dem jeweils anderen zu schließen, die von Louis und Harry nicht geschlossen worden waren und harmonierten in jener Art und Weise, wie wir trauerten.
Auch hatte ich von Harry natürlich einiges über Levi gehört, jedoch schien es so, als würde ich einen ganz anderen Menschen kennenlernen. Ich erfuhr von seiner und Louis' Vergangenheit und merkte wie ich stetig trauriger wurde, als ich über all die Jahre nachdachte, die er dabei zusehen musste, wie der Mensch den er liebt sich mit jemand anderem ein Leben aufbaute. Tatsächlich half es dabei, meine Sorgen für einen Moment zu vergessen und mich auf ihn zu fokussieren.
So verging eine lange Zeit, woraufhin wir irgendwann beschlossen noch ein wenig spazieren zu gehen. Wir hatten beide nicht mehr vor uns die Kante zu geben und ließen weiterhin unseren Gedanken freien Lauf. Deswegen war es auch fast unvermeidlich, sich nach einer gewissen Zeit nicht näher zu fühlen, als man sich fühlen sollte. Die Einladung in meine Wohnung kam deswegen für ihn wohl nicht so überraschend, wie sie vor einigen Stunden noch geklungen hätte.
Nach einem kurzen Zögern seinerseits hatte ich jedoch nicht mit der Zusage gerechnet, welche mich wenig später erreichte. Seine Unsicherheit bezüglich Intimität mit dem männlichen Geschlecht war auch kurz Thema gewesen, weswegen es mich wunderte, dass der attraktive Mann vor mir den ersten Schritt ging.
Jene Lippen die Stundenlang damit beschäftigt gewesen waren, die eigenen Sorgen kundzutun, trafen aufeinander und zeigten das sie auch dabei gut harmonierten. Levi's große Hand legte sich auf meine Wange, behielt mich bei sich und nachdem die Schüchternheit verschwunden war, traute auch er sich einen Schritt weiterzugehen.
Im Gegensatz zu Harry war Levi unglaublich vorsichtig. Ich ließ mich darauf ein, meine eigenen Instinkte nach hinten zu stellen und ihn die Schritte in seinem Tempo gehen zu lassen, weswegen unsere gemeinsame Nacht um einiges länger dauerte, als es bei meiner ersten Nacht mit Harry der Fall gewesen war. Auch gingen wir nicht aufs Ganze, trotzdem kam ich in den Genuss seiner Töne, die nach und nach größere Schübe an Gänsehaut über meinen Körper schickten und dafür sorgten, dass ich am liebsten gar nicht mehr damit aufgehört hätte.
Doch so wie auch mein erstes Mal mit Harry, musste dieser Moment enden und wir beide auf dem Boden der Tatsachen ankommen.
Nachdem Levi ein zweites Mal seinen Höhepunkt erreicht hatte, hob ich meinen Oberkörper und konnte auf seinen hinabblicken. Seine Brust hob und senkte sich im schnellen Tempo, seine linke Hand lag über seinen Augen und die schmalen Lippen waren geöffnet, damit er wieder zu Atem kommen konnte. Wie von selbst erschien ein sanftes Lächeln auf meinem Gesicht und gerade als ich mich neben ihn legen wollte, nahm er die Hand von seinem Gesicht und schüttelte den Kopf.
Verwirrt stieg ich von seinen Beinen, setzte mich daneben und konnte beobachten, wie er aufstand und nach seinen Klamotten griff. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, jedoch widerstand ich meinem Instinkt direkt aufzustehen und ihn davon abzuhalten, nun zu gehen. Stattdessen beobachtete ich, wie die Haut, auf welcher ich einige Male hinterlassen hatte, immer mehr unter Klamotten verschwand und kuschelte mich ins Kissen ohne meinen Blick von ihm zu nehmen. Dies schien er auch zu merken, weswegen er sich wenig später mit roten Ohren zu mir drehte.
"Das hätte nicht..."
"Wir haben nichts schlimmes gemacht", unterbrach ich ihn sofort.
"Du bist der Exfreund des Ehemanns meines besten Freundes."
"Der beste Freund der ebenfalls dein Ex ist?" Nun setzte ich mich doch wieder auf und sah ihn aufrichtig an.
"Pff."
"Ich fand es wirklich schön", sprach ich einfach weiter und da er nichts gegenteiliges behauptete, hielt ich es für besser, an dieser Stelle nicht aufzuhören. "Natürlich ist das alles irgendwie... überraschend-"
"Seltsam."
"Seltsam", bestätigte ich ihn mit einem leichten Lachen in der Stimme und konnte beobachten, wie er einmal tief durchatmete. "Aber niemand sagt, dass wir uns nicht wiedersehen können. Ich habe gern wieder ein offenes Ohr für dich und wir beide wissen, was der jeweils andere durchgemacht hat. Wir behalten es erstmal für uns, ich würde dich aber gern wiedersehen."
"Ich weiß nicht ob ich... jemand anderen als Louis..." Er wandte den Blick ab und kratzte sich am Hinterkopf.
"Das ist okay. Das musst du ja auch noch nicht jetzt wissen." Ich klopfte neben mich. "Ohne Zwang und Versprechungen, nur ein gutes Gefühl. Und jetzt komm wieder her, deine Tochter holst du erst morgen wieder." Er sah mich zweifelnd an und ich rollte mit den Augen. "Ich fall auch nicht über dich her, versprochen."
Nun war es an ihm mit den Augen zu rollen, doch tatsächlich zog er sich den Pullover wieder über den Kopf und ließ die Hose fallen.
"Idiot. Wie alt bist du eigentlich genau? Louis meinte nur, dass du jünger bist als Harry." Er krabbelte über das Bett und ließ sich neben mir nieder, während ich mich einmal räusperte.
"Wir haben genug geredet für heute, glaube ich", schmunzelte ich, umgriff ihn mit meinen Armen und bettete mich auf seiner Brust, während seine Hand in meine Haare fand und sanft über meine Kopfhaut fuhr.
"Ich weiß ja nicht..", sagte er wieder und ich schüttelte umständlich den Kopf.
"Musst du auch nicht. Und jetzt psst."
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