29. Genervte Singles
KAPITEL 29
Genervte Singles
Mittwoch, 13. April 1977
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Auch, wenn ihr bester Freund nichts sagte, kannte ihn Vanessa gut genug, um zu wissen, was in seinem Kopf vorging.
James hörte die ganze Zugfahrt über nicht auf, vor sich hin zu grinsen, wann auch immer Sirius und Vanessa auch nur einen Blick austauschten. Remus dagegen hatte sie erst nicht ernst genommen, aber als er erkannt hatte, dass es kein Scherz war, hatte er es sich wahrscheinlich genauso für sie gefreut hatte wie James (auch wenn er es sich nicht so sehr anmerken ließ). Peter hatte große Augen bekommen und wäre Vanessa beinahe um den Hals gefallen.
In manchen Momenten musste sie es sich selbst zu Bewusstsein rufen: Sie war mit Sirius zusammen - und es fühlte sich fremd und gleichzeitig atemberaubend schön an.
„Jetzt müssen wir noch James und Lily zusammen bringen." meinte Sirius enthusiastisch, als sie zusammen im Zugabteil saßen, was James dazu brachte, die Arme vor der Brust zu verschränken.
„Sie wird schon noch meinem Charme erliegen, macht euch darum keine Sorgen." entgegnete er und als Vanessa ihm einen zweifelnden Blick zuwarf, fuhr er schnell fort. „Das heißt nicht, dass ihr es nicht versuchen könnt. Du hast in der Dritten nur gelacht, als ich meinte, du sollst ihre beste Freundin werden."
„Sie hat Mary und Dorcas." verteidigte sie sich hilflos, als er ein schmollendes Gesicht aufsetzte und setzte sich quer auf den Sitz, um ihre Beine auf Sirius abzulegen. „Was ist eigentlich mit dir, Peter? Hattest du nicht auch vor ein paar Wochen ein Date?" fragte sie mit dem Gedanken im Hinterkopf, ein wenig Konversation zu betreiben. Neugierig steckte sie ihre Nase in die Schachtel mit Bertie Botts Bohnen, um sich zu überlegen, ob sie einen Versuch wagen sollte.
„Ich habe ihn tagelang danach ausgefragt." meinte James mit einem zustimmenden Nicken und drehte seinen Kopf in Peters Richtung, der neben ihm saß.
„Sie hat gesagt, es war mehr eine freundschaftliche Sache." rückte dieser schließlich mit der Sprache heraus und Vanessa sah ihn mitfühlend an.
„War ja klar, dass er es ihr erzählt..." murmelte James, während Remus den Kopf schief legte und Peter ein leichtes Lächeln zuwarf. „Kein Grund enttäuscht zu sein."
Vanessa hatte sich derweil für eine der Bohnen entschieden und fuhr hastig nach oben, als sie das saure Bitzeln auf ihrer Zunge spürte. Zitrone. Aber was für eine saure. „Hat jemand was Süßes dabei?" fragte sie, als sich der Geschmack langsam verflüchtigte.
„Sind wir nicht süß genug für dich?" fragte James und Sirius warf ihm einen enttäuschten Blick zu.
„Krone, was heißt hier süß? Wir sind scharf. Ich verstehe, dass du einen Ausgleich brauchst, Vany." Sirius warf ihr ein freches Grinsen zu, das Vanessa mit einem Augenrollen kommentierte und auffordernd zu Remus sah, der sich mit einem Seufzen ergab.
„Du frisst mir die Haare vom Kopf, seitdem du so viel bei uns bist." sagte er, bevor er ihr eine Tafel Schokolade zuwarf, die Vanessa angestrengt auffing und ihren Kopf mit einem bösen Lachen auf den Sitz zurück sinken ließ.
„Sind da Nüsse drin?" fragte sie, um ihn ein wenig zu reizen und Remus warf ihr einen langen Blick zu, bevor er langsam antwortete.
„Ich werde beim nächsten Mal Nusschokolade holen, wenn ich für mich einkaufen gehe." meinte er und Vanessa grinste scheinheilig.
„Du bist so ein guter Mensch, Moony." Sie hielt kurz inne, bot Sirius ein Stück Schokolade an und tauschte einen eindeutigen Blick mit ihm aus, bevor sie wieder zu Remus sah. „Wieso hast du eigentlich keine Freundin?"
Er schwieg kurz und atmete laut hörbar aus. „Weil ihr beide sie gerade esst."
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„Ich konnte die ganzen Ferien an nichts anderes denken als diese verdammten Zeitungen." Vanessa war förmlich von ihrem Schlafsaal in den der Rumtreiber geflogen und auch, wenn sie wusste, dass sie sich möglicherweise erst morgen damit beschäftigen sollte, konnte sie nicht anders.
James hatte sie kurz vor den Kutschen, die sie zum Schloss gebracht hatten, abgefangen und ihr erzählt, dass sein Vater ihm ausdrücklich gesagt hatte, sie sollten sich aus dem Thema raushalten. Aber James wäre nicht James Potter, wenn er nicht im gleichen Atemzug „Wie ist der Plan?" gefragt hätte.
Also saßen sie hier, die vier Rumtreiber und Vanessa, und sahen sich jedes Bild auf den Zeitungen an, die etwas mit ihrer Mutter zu tun hatten. „Nope." sagte sie leise, als sie die erste Zeitung zur Seite legte, doch Sirius deutete aufgeregt auf das Bild vor ihm.
„Ist er das? Er steht auf dem Bild ganz in ihrer Nähe." meinte er, beinahe etwas aufgeregt und Vanessa sah kurz auf den Artikel, um sofort festzustellen, dass es sich nicht um den Mann handelte, der in Elias Zimmer gestürmt war, nachdem sie markerschütternd geschrien hatte.
„Der ist viel zu alt. Der Mann war vielleicht... Anfang 20. Hellblond. Recht hübsch." antwortete sie und Sirius warf ihr einen kurzen Blick zu, den sie jedoch nicht bemerkte.
„Recht hübsch?" fragte er nach und Vanessa konnte sich bei seinem Gesichtsausdruck ein Grinsen nicht verkneifen.
„Nicht so hübsch wie du, Tatze." gab sie nach und hörte Remus hinter ihr gequält seufzen.
„Und ich dachte, das Gejammer war schlimm, als ihr nicht zusammen wart."
Vanessa und Sirius begannen gleichzeitig zu lachen und James warf den beiden einen amüsierten, aber auch sanften und stolzen Blick zu, den keiner der beiden wahrnahm.
„Was ist damit?" fragte er schließlich, nachdem er die beiden ein paar Sekunden beobachtet hatte und hielt Vanessa die Zeitung unter die Nase, die sie sofort entgegennahm.
„Auf der rechten Seite."
Vanessa hatte die Zeitung schon weglegen wollen, als sie genauer auf das Verlobungsbild ihrer Mutter und Étienne sah und ihr Mund trocken wurde. Dort, im Hintergrund. Er war es definitiv! „Bei Merlins schmutzigen Kochtöpfen, James!" stieß sie völlig überrascht aus und sowohl Remus als auch Peter stürzten von ihren Betten, um über ihre Schulter sehen zu können.
„Noch nie gesehen." sagte Remus nachdenklich, während er den Mann auf dem Bild musterte und auch Vanessa konnte bei genauerer Betrachtung nicht feststellen, ob es sich um jemanden handelte, den sie kannte.
„Es steht auch nichts Genaueres über ihn hier." murmelte sie und sah frustriert auf. „Und wie sollen wir herausfinden, wer er ist? Howard Merowdy ist wohl keine Option mehr."
„Nein, ist er nicht." erwiderte Sirius sofort und James warf ihm einen besorgten Blick zu.
„Könnte ihn dein Onkel kennen, Tatze?" fragte er und Vanessa spürte, wie er neben ihr mit den Schultern zuckte.
„Könnte er. Aber er meinte, er hatte recht wenig mit den Rowles zu tun, weil sie wesentlich jünger waren als er." antwortete er und in diesem Moment ergriff Remus mit einem wissenden Gesichtsausdruck das Wort.
„Leute, wir sind in einer Schule, auf die beinahe jeder britische Zauberer gegangen ist." begann er und als Vanessa verstand, worauf er hinauswollte, schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht.
„McGonagall." meinte sie und James wiegte mit dem Kopf hin und her.
„Oder unseren guten alten Binns, Vany. Ich vermisse ihn schon so sehr, seitdem ich Geschichte abgewählt habe."
Vanessa schnaubte belustigt, aber keine sieben Höllenhunde würden sie erneut in dieses Klassenzimmer bringen. Da war Professor McGonagall eine wesentlich angenehmere Gesellschaft.
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Am liebsten wäre Vanessa noch gestern Abend in McGongalls Büro geeilt, aber sie wollte die Geduld ihrer Hauslehrerin nicht überstrapazieren. Sie hatte das schon einmal getan und sie mit Plüschpantoffeln aus dem Bett geklopft, was angesichts des wenig bedeutenden Grundes auf viel Missbehagen gestoßen war. Um es genauer auszudrücken: Die Professorin war außer sich gewesen.
Also würde sie noch bis zum Frühstück warten, so schwer es ihr auch fiel. Sie war an diesem Morgen bereits früh aufgewacht und um niemanden in ihrem Schlafsaal zu wecken, schlich sie sich auf Zehenspitzen den Gemeinschaftsraum hinunter, wo bereits Remus auf dem Sofa saß und ein Buch las.
„Morgen." trällerte sie beschwingt und ließ sich neben ihm fallen, was ihn dazu brachte mit einem Lächeln aufzusehen.
„So früh auf den Beinen? Obwohl wir zur zweiten Stunde haben?"
„Offensichtlich." entgegnete sie mit einem Grinsen und als sie hinter sich hörte, wie jemand die Treppen hinunterging, drehte sie sich voller Erwartung um und tatsächlich: Sirius kam ihr entgegen.
„Eine Karte hat mir geflüstert, meine wunderschöne Freundin ist schon wach." begann er mit übertrieben fröhlicher Stimme und Vanessa fragte sich, wann er aufgehört hatte, sich wie der größte Morgenmuffel zu verhalten, bevor er sein Frühstück bekam. Er setzte sich neben sie und gab ihr inmitten seiner Bewegung einen stürmischen Kuss.
Es schien ihr beinahe so, als wollte er sich wieder zurücklehnen, aber als er spürte, wie sie ihre Lippen auf seinen bewegten, begann auch er, den Druck zu intensivieren. Remus rückte ein wenig nach links und warf den beiden einen kurzen Blick zu, den keiner von ihnen bemerkte. Als Sirius mit seiner Hand über Vanessas Hüfte fuhr und ihr Shirt etwas nach hoben schob, räusperte er sich gut hörbar.
„Hier wollen auch Leute lesen und keinen halben Sex auf der Couch haben." meinte er und die beiden lösten sich voneinander, beide mit einem leichten Lachen, als sie seinen Gesichtsausdruck sahen.
„Es gibt was anderes als Sex?" stellte Sirius sich dumm und auch Vanessa legte fragend den Kopf schief. „Wie kann man denn halben Sex haben?"
Remus registrierte die Fragen der beiden mit einem angestrengten Seufzen.
„In Wahrheit willst du doch nur etwas lernen." fuhr Sirius mit einem Grinsen fort und sah in Richtung Vanessa. „Dann zeige ich dir, wie man einen Knutschfleck macht, Moony."
„Du wirst nicht-" begann sie, quietschte jedoch auf, als sie spürte, wie er seine Lippen an ihren Hals legte und lachte, als sie Remus' Blick sah, der sichtlich versuchte die beiden zu ignorieren und sich auf sein Buch zu konzentrieren.
„Wie soll ich denn jetzt ohne hohe Rollkragenpullis herumlaufen?" fragte sie mit einem leidenden Blick, als Sirius sich wieder zurücklehnte und sie über ihren Hals fuhr, auf dem man einen bläulichen Fleck erkennen konnte.
„Ich würde dich lieber komplett ohne sehen." meinte er mit einem Grinsen und Remus räusperte sich erneut, was Vanessa und Sirius veranlasste zu ihm zu sehen, bevor Sirius sich dramatisch ans Herz fasste. „Ich liebe dich so sehr, Vanessa." sprach er mit übertriebener Stimme und auch, wenn sie wusste, dass er es nur sagte, um Remus zu ärgern, ließ es ihr Herz schneller schlagen. Sie waren so kurz zusammen - wann hätten sie sich so etwas sagen sollen?
„Oh, und ich liebe dich viel mehr!" erwiderte sie seine Worte voller Inbrunst.
„Das kann gar nicht sein!" Sirius konnte sich nur schwer ein Grinsen unterdrücken. „Ich liebe dich bis zum Stern Sirius und zurück."
„Und ich liebe dich bis zum Ende des Universums..."
„...und zurück." vervollständigte Sirius ihren Satz, bevor sie schwiegen und erwartungsvoll zu Remus sahen, der sein Buch zuschlug.
„Okay, ich fasse zusammen: Sirius liebt Vanessa bis ans Ende des Universums und zurück, und Vanessa liebt Sirius bis ans Ende des Universums und zurück. Ich liebe Stephen Kings neues Buch bis ans Ende des Universums und zurück." Er machte eine kurze Pause. „Ich bin begeistert über diese Erkenntnis."
Als er wieder zu lesen begann, seufzte Sirius gequält. „Ach Moony, du willst doch nicht als alte Jungfer sterben."
Auf Remus' Gesicht zeichnete sich plötzlich ein leichtes, geheimnisvolles Lächeln ab. „Mach dir da mal keine Sorgen..." entgegnete er und Vanessa fiel beinahe die Kinnlade herunter, als sie ihn so seelenruhig bleiben sah.
„Remus!" rief Sirius stolz aus und schlug ihm leicht auf den Arm, woraufhin er aufsah und nun konnte auch er nicht anders, als amüsiert beim Blick seines besten Freundes auszusehen.
„Kommt schon" begann er mit einem gequälten Lachen. „Wo seid ihr eben noch gleich stehen geblieben?"
Doch Sirius hatte Blut geleckt und begann begeistert damit, Fragen zu stellen. „War es Mary?"
„Oh ja, ihr wart doch bis Oktober zusammen."
„Ihr wollt jetzt nicht wirklich darüber...?" Doch als Remus die Blicke der beiden sah, wusste er, dass sie es ernst meinten. „Womit habe ich solche Freunde verdient?"
„Du hast Freunde, die dich lieben - und deswegen sind wir so interessiert an deinem Leben." meinte Sirius und zwinkerte betont charmant, was dafür sorgte, dass Vanessa und Remus gemeinsam in Lachen ausbrachen, wobei es bei ihm eher verzweifelt klang.
„Warum zur Hölle seid ihr schon wach?" hörten sie plötzlich eine Stimme aus Richtung der Schlafsäle erklingen und als Vanessa sich umdrehte, sah sie einen verschlafenen James mit noch verwuschelteren Haaren als sonst auf sie zukommen.
„Dasselbe frage ich mich auch." meinte Remus und James grinste verschmitzt, als er weitere Schritte auf der Treppe hörte und feststellte, dass es Lily war, die den Gemeinschaftsraum betrat.
„Potter." spie sie seinen Namen knapp aus, als sie seinen Blick spürte und blieb vor ihm stehen.
„Einen wunderschönen Morgen dir, Evans." entgegnete James und unwillkürlich klang seine Stimme tiefer, was Vanessa dazu brachte, sich peinlich berührt über die Stirn zu reiben. Lily sah bereits sauer aus, ohne dass er etwas getan hatte und so wie es schien, würde das hier nicht gut enden.
„Und ich dachte, deine Haare wären schon chaotisch genug, aber du kannst wirklich alles übertreffen." sagte sie schnippisch und Vanessa warf Sirius einen fragenden Blick zu. Lily würde nie ohne direkten Grund darauf bedacht sein, etwas gegen ihn zu sagen.
„Oh bitte Evans, du bist nicht wirklich sauer deswegen."
„Nur, weil dich deine Freunde bejubeln oder ganz Hogwarts dich anhimmelt, heißt das nicht, dass dein Verhalten richtig ist." sagte Lily ernst, ihre Stimme klang nicht einmal wütend, sondern sachlich, während sie ihm einen eindringlichen Blick zuwarf.
„Evans, du weißt nicht-"
„Doch, Potter." unterbrach sie ihn grob und wandte sich schon zum Gehen, ehe sie sich plötzlich doch umwandte. Sirius und Vanessa sahen wie gebannt bei dem zu, was sich vor ihren Augen abspielte. „Das Traurige daran ist..."
„Ja, Evans?" fragte James mit einem charmanten Grinsen nach, als sie innehielt, und lehnte sich leicht gegen die Wand. Wenn Vanessa sich nicht täuschte, schien er Lily tatsächlich für einen kurzen Moment aus dem Konzept zu bringen.
„Du könntest ein guter Mensch sein, ein wirklich guter Mensch, aber stattdessen bist du..." Sie versuchte das richtige Wort zu finden, entschloss sich jedoch, es nicht weiter zu versuchen und wandte sich wieder von ihm ab, um auf den Ausgang des Gemeinschaftsraums zuzugehen. Bevor sie das Porträt erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um. „Remus, kommst du später zu mir? Ich würde gerne noch etwas mit dir besprechen."
„Klar." antwortete Remus wie selbstverständlich, während sie den Gemeinschaftsraum verließ und James seufzte leicht, als er ihr hinterher sah.
„Was war das?" fragte Sirius. „Wenn du sie nach einem Date fragen wolltest, hast du die Gelegenheit wohl verpasst."
„Sie hasst ihn." murmelte Vanessa, doch Sirius lachte nur über ihre Worte, bevor er James einen kurzen Blick zuwarf und sich ihrem Ohr näherte, um ihr seine Antwort ins Ohr zu flüstern.
„Nah, tut sie nicht. Nicht wirklich."
„Ist irgendetwas passiert?" fragte Remus etwas verwirrt über Lilys Worte und James zuckte mit den Schultern.
„Kleine Auseinandersetzung mit Schniefelus gestern nach dem Abendessen." antwortete er schlicht und Vanessa vermutete, dass ein wenig mehr dahintersteckte. „Sie sagt, er interessiert sie nicht mehr seit letztem Jahr, aber das tut es - auch, wenn ich nicht weiß, was ihr an diesem Schleimbeutel liegt."
„Er war ihr bester Freund. Stell dir vor, ich würde so etwas zu dir sagen. Könnte deine grenzenlose Liebe so leicht für mich vergehen?" Mit dramatischer Geste fasste sie sich ans Herz und nun kam auch James auf andere Gedanken und stützte sich grinsend auf der Sofalehne ab.
„Du bist ja auch hübsch anzusehen." entgegnete er trocken, was Vanessa mit einem empörten Gesichtsausdruck aufnahm. „Das hoffe ich doch sehr!" stieß sie aus und Sirius lachte leicht.
„Würdest du ihm auch nur ansatzweise ähnlich sehen, würde ich dich nicht küssen." kommentierte er ihre Worte und brachte sie damit leise zum Lachen, bevor James eine Augenbraue hob.
„Apropos Küssen, willst du damit eigentlich zu McGonagall gehen?" Er deutete mit einer vielsagenden Geste auf seinen Hals und Vanessa fuhr sich schnell über die Stelle, an der Sirius ihr soeben einen Knutschfleck verpasst hatte.
„Ich hasse dich." murmelte sie in Richtung Sirius, der genüsslich grinste und Remus, der es längst aufgegeben hatte zu lesen, schüttelte belustigt den Kopf.
„Ich dachte, ihr liebt euch, bis ans Ende des Universums..." warf er ein und imitierte den übertriebenen Tonfall der beiden, den sie vorhin gehabt hatten.
„...und zurück, Moony." vervollständigte Sirius mit einem Grinsen seinen Satz und James sah zwischen ihnen hin und her.
„Vany, was habe ich verpasst?"
„Wir führen jetzt eine Dreierbeziehung." antwortete Vanessa wie selbstverständlich und James nickte ebenso ernst.
„Wenn es nur das ist." entgegnete er und sie spielte weiter mit, während Sirius begann an ihren Haaren zu spielen.
„Wo ist eigentlich Peter?" fragte sie neugierig nach und Remus und James antworten gleichzeitig.
„Astronomie."
„Eww." kam es automatisch von Vanessa und sie war froh, das Fach abgewählt zu haben. Es war ganz interessant gewesen, aber mehr musste sie sich mit dem Thema wirklich nicht auseinandersetzen. „Wollen wir dann auch langsam zum Frühstück, Krone?" fragte sie enthusiastisch und bekam einen kurzen, undefinierbaren Blick der drei zugeworfen.
„Es ist so komisch, wenn du mich Krone nennst." sagte James und Vanessa hob verteidigend die Arme.
„Ich finde eure Spitznamen toll. Ich will auch einen!" quengelte sie und die drei lachten vor sich hin. Es gab ein Thema außer Streiche, in dem sie sich bei etwas einig waren?
„Du bist das Shining, Vanessa." Ihr bester Freund grinste, als würde das nichts Gutes verheißen, doch Vanessa hatte keine Ahnung, wovon er redete.
„Das bitte was?"
„Remus, wer ist das nochmal?" wandte sich James nun an Remus, der etwas verzweifelt aussah und Vanessa aufgrund ihres fragenden Blicks kurz sein Buch hochhielt, damit sie den Titel lesen konnte. The Shining. Alles klar.
„Die Frage ist nicht wer, sondern was. Das Shining ist die Gabe des Hellsehens, das zweite Gesicht sozusagen." beschrieb er sachlich, worum es sich beim Shining handelte, während sie unwillkürlich darüber nachdachte, dass er bei seiner Gabe zum Erklären einen guten Lehrer abgeben würde (bitte, jemand musste Binns in den Ruhestand schicken und die Schüler vor ihm retten).
Vanessa verdrehte die Augen in Richtung James. Da hatte er sich ja den besten Spitznamen rausgesucht.
„Ich dachte, es wäre irgendein haariges, ekliges Monster." meinte er schlicht und Vanessa warf ihm einen empörten Blick zu.
„Hey!" Sie sah zu Sirius, der bei seinen Worten zu lachen begonnen hatte und verstummte, als er den gespielt ernsten Ausdruck in ihren Augen sah. „Wenn ihr nicht aufpasst, erzähle ich McGonagall gleich davon, was vor den Ferien in Kräuterkunde passiert ist."
Kurzes Schweigen breitete sich aus, während Remus die beiden streng ansah. „Was war vor den Ferien in Kräuterkunde?" fragte er langsam und James strich sich durch seine Haare.
„Äh..." begann er und warf Vanessa einen bösen Blick zu.
„Ich hätte nie ein Fach abwählen dürfen, wenn das heißt, euch alleine irgendwo zu lassen." murmelte Remus und rieb sich über die Stirn.
„Meine Mum meinte auch, dass sie am liebsten in Hogwarts wäre, um zu sehen, was ich anstelle." entgegnete James mit einem Lachen, um Remus von dem Thema abzubringen und Sirius sprang sofort auf den Zug auf.
„Gleich kommt raus, dass Remus eigentlich deine Mum ist und Vielsafttrank nimmt."
„Er benimmt sich wie meine Mum."
„Oh bitte." unterbrach Vanessa die beiden. „Wenn jemand von uns die Mum ist, bist es du, James."
„Sie hat recht, Krone!" stimmte Sirius ihr mit einem Grinsen zu. „Sirius, räum mal unter deinem Bett auf. Du solltest deine Socken in den Schrank legen."
Bei seiner Imitation von James' Stimme mussten sie alle lachen - nun gut, alle bis auf James. „Es hat mich gestört." versuchte er sich zu erklären, doch auch Remus begann nun mit einzusteigen.
„Moony, du musst etwas essen. Ich sorge persönlich dafür, wenn du deinen Toast nicht isst."
„Aber Remus ist genauso-" begann James, aber Vanessa ließ ihn nicht ausreden.
„Ich glaube, dem ist es mittlerweile so egal, was ihr macht. Oder wir."
„Wir?" fragte Remus in diesem Moment und Vanessa biss sich ertappt auf die Lippe. „Du warst aber nicht bei der Sache in Kräuterkunde dabei, oder?"
„Nein." sagte Vanessa schnell, doch James und Sirius bejahten gleichzeitig seine Frage mit einem „War sie", wofür sie sich einen strengen Blick von ihr abbekamen.
„Ihr habt mir gesagt, ihr wart nicht daran Schuld, als die fünfzig Hauspunkte abgezogen wurden."
„Waren wir auch nicht." erwiderte Sirius. „Auf unser Konto gingen nur 40 Punkte."
Remus schwieg kurz und Vanessa konnte beim besten Willen nicht deuten, was in seinem Kopf vorging, bis er zu grinsen begann. „Die Frage ist doch: Warum war ich nicht dabei?"
Jeder auf Hogwarts kannte das Rumtreibergrinsen von Sirius und James, aber wenn Remus es aufsetzte, verlieh er dem Ganzen eine neue Dimension.
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James hatte nie ohne einen Kommentar an Severus Snape in den Korridoren vorbeilaufen können. Er musste eine Bemerkung machen: über seine fettigen Haare, seine Hakennase oder seine verlorene Freundschaft zu Lily - mittlerweile wusste auch er, dass er mit seinen öffentlichen Demütigungen zu weit gegangen war, aber was war schon schlimm daran, ihn ein wenig zu provozieren?
Es war unmöglich gewesen, nichts zu sagen, wenn es Snape war, der mit den Provokationen begann. Kaum, dass er angefangen hatte, sich mit Avery und Mulciber zu befreunden, schien er „mutig" zu werden. Nur Professor Slughorn hatte gestern Abend verhindern können, dass er sich mit ihnen duellierte, wie er Stück für Stück auch Sirius, Vanessa und Remus berichtete, als sie sich noch vor dem Frühstück auf den Weg zu McGonagalls Büro machten.
Kaum hatten sie das Thema angeschnitten, bogen auch schon die Slytherins, um die es ging, um die nächste Ecke. Der Anflug eines diabolischen Lächelns, das sich auf Snapes Gesicht abzeichnete, gefiel Vanessa ganz und gar nicht, vor allem, als sie den entschlossenen Ausdruck erkannte, der sich in seinen Augen abzeichnete.
„Schniefelus will wohl unbedingt erkennen, wer der Überlegenere ist." meinte er mit einem Grinsen, welches Sirius mit einem Lachen erwiderte, doch Vanessa machte eine Geste mit ihrem Kopf in die Richtung, in die sie gehen wollten.
„Komm schon." murmelte sie, etwas leiser, als beabsichtigt, doch James schien sie kaum zu beachten. „Wir wollen doch zu McGonagall."
Snape, der scheinbar gehört hatte, was James von sich gegeben hatte, blieb mit einem müden Gesichtsausdruck vor seinen beiden Freunden stehen. „Deine Großspurigkeit versucht wohl verzweifelt die Angst davor zu verdecken, dass meine Fähigkeiten deine übersteigen könnten, nicht wahr, Potter? In deiner Welt gibt es schließlich niemanden besseren als dich selbst. Ich möchte dich nicht aus deiner Traumwelt aufwecken."
„In meiner Traumwelt würdest du nicht existieren." erwiderte James kalt und Sirius ergriff nun auch provozierend das Wort. Vanessa fühlte sich unwohl, als sie neben den beiden stand und zusehen musste, wie sie begannen sich wieder in diese Sache hineinzusteigern. Sie verstand nicht, was genau sie gegen ihn hatten und ja, auch sie hatte einmal darüber gelacht, was sie mit ihm gemacht hatten, aber ganz davon abgesehen, dass sie etwas Wichtiges zu tun hatte, waren sie mittlerweile fast im letzten Schuljahr.
„Willst du nicht unsere Augen erlösen und dich einfach wieder verziehen?" fragte Sirius und Snapes Blick richtete sich blitzschnell auf ihn. Vanessa wusste, was nun folgen würde.
„Sirius." begann sie, als dieser sich auf Snapes Antwort fixierte, doch es brachte nichts. Sie spürte Remus nach ihrem Arm greifen und in die Richtung nicken, in der McGonagalls Büro lag.
„Geh ruhig, ich passe auf, dass das Ganze nicht aus dem Ruder läuft." meinte er schnell und Vanessa wusste, wie viel Erfahrung er mit solchen Situationen hatte. Und er hatte genauso zugesehen wie sie...
Machte diese Tatsache sie zu einem schlechten Menschen? Oder reichte es, sich Ausreden zu erfinden?
„Remus, du bist Vertrauensschüler... Du könntest etwas tun." entgegnete sie langsam, denn auch, wenn sie etwas sagen wollte, wusste sie, dass sie es nicht konnte. Es waren James und Sirius, nicht wahr?
„Du könntest auch etwas tun, Vanessa. Du bist seine beste Freundin." Die Stimmen von Snape, Sirius und James drangen in den Hintergrund, als sie Remus' Antwort hörte und sie senkte kurz den Blick.
Er hatte recht - natürlich hatte er das. Aber sie konnte sich später darum kümmern, wo sie jetzt McGonagall fragen musste, was es damit auf sich hatte. Sie hatte genug Zeit, wenn James und Sirius ihr erzählen würden, wie es ausgegangen war.
„Warum machen wir dann nichts?" fragte sie, denn eigentlich sollte sie etwas sagen. Warum verbat ihr etwas den Mund in solchen Momenten?
„Weil er eben... James ist."
Vanessa schwieg, als sie hörte, was er sagte. James war nun einmal James Potter, und Vanessa liebte ihn trotz all dem, was er falsch machte.
Doch jetzt musste sie gehen, rief sie sich erneut in Erinnerung und warf Remus ein leichtes Lächeln zu.
„Und Remus?" fragte sie, woraufhin sich sein Blick sofort auf sie legte. „Tut mir leid, dass wir dich genervt haben."
„Oh bitte. Ich wäre nicht mit euch befreundet, wenn es mich wirklich nerven würde." entgegnete er mit einem amüsierten Lächeln und Vanessa erwiderte es sanft.
„Das wären wir wohl beide nicht." entgegnete sie belustigt.
„Und jetzt möchte ich wissen, was in Kräuterkunde passiert ist." meinte er mit einem frechen Grinsen und Vanessa gab nach ein paar Sekunden nach.
„Frag die Ravenclaws und Hufflepuffs, die von den Pflanzen angegriffen wurden, nachdem die beiden sie geärgert haben."
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„Ja, Professor, ich weiß, dass der Unterricht bald beginnt, aber ich muss erst zur zweiten Stunde in den Unterricht und-" Als Vanessa den starren Blick ihrer Lehrerin auf sich ruhen spürte, merkte sie, dass ihre Hauslehrerin nicht gerade glücklich darüber war, dass sie so kurz vor der ersten Unterrichtsstunde gestört wurde.
„-und deswegen denken Sie, jeder Lehrer hat erst zur zweiten Unterrichtsstunde etwas zu tun?"
„Nein." antwortete Vanessa schnell und fuhr hastig fort, als sie das angestrengte Ausatmen der Verwandlungslehrerin hörte. „Es geht um meine Mutter, Professor. Bitte, es ist wichtig."
Professor McGonagalls Blick wurde ein wenig sanfter und sie schien mit sich selbst zu ringen, bevor sie nachgab. „Nun gut, Miss Allerton, was möchten Sie wissen?"
„Danke, Professor!" stieß Vanessa mit einem erleichterten Strahlen auf dem Gesicht aus und begann in ihrer Tasche herumzukramen, aus der sie die Zeitung mit dem Bild des Mannes herausholte. Die Professorin ließ sich keine Überraschung anmerken, als Vanessa den Artikel aufschlug. „Kennen Sie diesen Mann im Hintergrund?"
Der Blick der Professorin folgte der Stelle, auf die sie ihren Finger gelegt hatte und Vanessa spürte sie kurz zögern. „Ich weiß nicht, was Sie mit dieser Information anfangen wollen..."
„Bitte." versuchte Vanessa es weiter und warf ihr einen langen, flehenden Blick zu, in den sie all die Dringlichkeit hineinlegte, die sie bei dem Gedanken empfand, ihrer Mutter zu helfen.
„Ja, ich kenne diesen Mann, Miss Allerton." begann Professor McGonagall und erzählte nach einer kurzen Pause weiter. „Unter normalen Umständen würden Sie ihn kennen, aber angesichts des Verhältnisses ihrer Mutter zu ihrer Familie, ist es verständlich, dass Sie keinen Kontakt zu ihm haben. Ich erinnere mich sogar besser an ihn, wie an Ihre Mutter, aber die Rowle-Geschwister waren unterschiedlicher, als man es sich vorstellen konnte."
„Die Rowle-Geschwister?" fragte Vanessa ungläubig nach, als sie verstand, was McGonagall ihr sagen wollte.
„Oh ja. Dieser Mann ist der Bruder Ihrer Mutter: Raphael Rowle."
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Endlich kommen wir zu dem Punkt, an dem Vanessas und Remus Freundschaft sich entwickelt :3
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