14. Ein Schlag auf den anderen

KAPITEL 14
Ein Schlag auf den anderen
Sonntag, 2. Januar 1977
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Kaum, dass die Haustür von Mr. Walter geöffnet wurde, wusste Vanessa, dass etwas nicht stimmte.

Es war Maggies Mutter, die im Türrahmen stand und mit Augenringen und strähnigen blonden Haaren zu der besten Freundin ihrer Tochter sah, die sie seit ihrer Kindheit kannte. „Maggie sagte, dass du kommen würdest." begrüßte sie sie schlicht, ohne das herzliche Lächeln, das sie sonst auf den Lippen hatte.

Vanessa hatte damit gerechnet, dass Maggies Vater an ihrer Stelle stehen würde, schließlich war es seine Wohnung, vor der sie sich befand. Die beiden lebten seit fünf Jahren getrennt.

„Helen, was ist los?" fragte sie und ein klammes Gefühl bildete sich in ihrer Brust, als sie eine Antwort abwartete.

„Wir fahren am besten zu ihr. Sie möchte persönlich mit dir reden." erwiderte Helen und diese Worte schafften es nicht, sie zu beruhigen. Eher im Gegenteil.

Wenige Minuten saß sie mit den Eltern von Maggie im Auto und sie hatte noch nie so eine unangenehme Reise erlebt. Keiner der drei sagte ein Wort, außer wenn Gregory, Maggies Vater, Anmerkungen über den Fahrstil seiner Frau machte, die sie schweigend hinnahm.

Vanessa versuchte sich auf irgendeine Weise abzulenken, fuhr mit ihren Fingern über den Sitz und biss sich nervös auf die Lippe. Ihr stockte beinahe der Atem, als sie erkannte, was das Ziel ihrer Fahrt war.

Ein Krankenhaus.

Vanessa fühlte sich völlig taub, als sie den Eltern von Maggie hinterherlief und beinahe glaubte sie, ihre Beine würden nicht zu ihrem Körper gehören. Alles lief mechanisch und als sie zu der Krankenzimmertür 302 kamen, blieb Helen endlich stehen und nickte ihr zu. „Wir können noch ein wenig warten." sagte sie mit einem angespannten Lächeln, das Vanessa unsicher erwiderte.

Bevor sie die Tür öffnete, atmete sie noch einmal tief durch und sammelte sich. Nun konnte sie sich nicht mehr einreden, dass alles in Ordnung war und es ihrer besten Freundin offensichtlich schlecht ging, wenn sie sich im Krankenhaus befand.

Maggie sah sofort auf, als sie ihre Freundin zur Tür hinein kommen hörte und ein sanftes Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, während Vanessa weniger begeistert aussah, als sie sich in dem Krankenzimmer, das vor ihr lag, umsah. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie Krankenhäuser verabscheute. Gab es überhaupt einen positiven Anlass, eines aufzusuchen? Sie war einmal im St. Mungos gewesen, weil sie sich auf einer Drachenfarm verletzt hatte, da sie deutlich zu neugierig und leichtsinnig gewesen war.

In einem Muggel-Krankenhaus ging es eindeutig gewöhnlicher zu, aber Zauberer hatten mit Heilzaubern wesentlich mehr Erfolg bei bestimmten Krankheiten.

Vanessa wusste überhaupt nicht, was sie sagen sollte. Die ganze Situation schien ihr so fern und unrealistisch, dass sie kein Wort herausbekam und langsam zu dem Stuhl ging, der neben Maggies Bett stand. Sie machte einen fitten Eindruck, auch wenn man ihr die Erschöpfung ansehen konnte.

„Merlin, Maggie, was...?" Verwirrt sah sie zu ihrer besten Freundin, die nach ihrer Hand griff und sie so dazu brachte, sich hinzusetzen.

„Ich konnte es dir nicht sagen, Vanessa." entgegnete Maggie und man hörte förmlich das Schuldbewusstsein, das in ihrer Stimme mitschwang. So schwer es für Vanessa gewesen war, in der Unwissenheit zu verharren, was mit ihr los war, war es auch für sie nicht leicht gewesen, etwas ihrer besten Freundin zu verheimlichen, die sie ewig kannte. „Ich..." setzte sie an und atmete tief durch. „Ich habe Krebs."

Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Worte zu Vanessas Gehirn vordrangen. „Du hast..." begann sie und ließ ihre Worte offen im Raum stehen. Krebs.

„Leukämie." beendete Maggie ihren Satz und ihre beste Freundin merkte ihr sofort an, dass sie nur versuchte, stark zu wirken, um sich nicht der aufgelösten Reaktion anzuschließen. „Mein Arzt hat mir ziemlich viel erklärt, wenn du Genaueres wissen willst."

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll." meinte Vanessa ehrlich und sah mit großen Augen zu ihr. Ihre beste Freundin erwiderte ihren Blick schweigend. Sie wusste, dass es nicht leicht war. Natürlich war es das nicht.

Maggie gehörte zu ihrem Leben und nun lag sie hier vor ihr und teilte ihr mit, das sie eine Krankheit hatte, von der Vanessa nur das Schlimmste gehört hatte. Selbst in der Zaubererwelt war es anspruchsvoll und schwer, sie zu behandeln - wie sollte es erst bei den Muggeln sein?

Sollte Maggie nicht lieber ins St. Mungo gehen?

„Wie... wie wirst du behandelt?" fragte Vanessa schließlich und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Wirst du überhaupt-... Ich meine... Gibt es... gute Chancen?"

Maggie biss sich auf die Lippe. „Es ist schwierig." meinte sie nach kurzem Zögern. „Es gab Verbesserungen bei den Heilmöglichkeiten, aber es kann immer sein, dass es... naja... nicht anschlägt."

Vanessa schluckte, während ihr Gehirn automatisch den Gedankengang weiterführte. Was war, wenn es nicht anschlug? Wie sollte sie das schaffen?

„Ich werde die nächsten zwei Jahre nicht nach Hogwarts gehen, Vany. Ich hole die Jahre später nach. Ich kann nicht auf ein Internat gehen, vor allem meine Eltern..."

„Geh ins St. Mungo. Zauberer haben mehr Möglichkeiten." versuchte sie es hoffnungsvoll, doch Maggie schüttelte den Kopf.

„Madam Pomfrey meinte, es wäre in Ordnung, mich von Muggeln behandeln zu lassen, aber falls irgendetwas sein sollte, ist es das erste, was ich tue. Versprochen." Sie drückte Vanessas Hand und für ein paar Sekunden strengte sie sich an, nicht daran zu denken, was sie gerade erfahren hatte. Vanessa sah sie an, betrachtete jedes Detail ihres wunderbaren Gesichts und hatte Angst, wie sie vielleicht bei ihrem nächsten Besuch aussehen würde. Maggies Haar war erheblich dünner geworden und ihre Augen strahlten weiterhin Erschöpfung aus.

In diesem Moment erinnerte sie sich daran, wie sie reagiert hatte, als Maggie ihren Hogwarts-Brief bekommen hatte. „Ich wusste es!" hatte Vanessa stolz gerufen und ihre beste Freundin mit ihrer Umarmung beinahe umgeworfen. „Ich hätte niemals ohne dich nach Hogwarts gehen können."

Wie es aussah, würde sie nie wieder zusammen mit ihr nach Hogwarts gehen.

Kurz vor Ende der Ferien hatte Vanessa endlich damit begonnen, sich mit den Hausaufgaben zu beschäftigen, die sie über die Wochen aufbekommen hatte. Sie würde ihre Ferien lieber genießen als Pergamentpapier mit Tinte zu füllen, aber genießen konnte sie sie sowieso nicht mehr, seitdem sie Maggie im Krankenhaus besucht hatte.
Es war schrecklich. Ihre Eltern waren schockiert gewesen, als sie es von ihr gehört hatten, vor allem, da sie Maggie ebenfalls kannten, seit sie ein Kind war. Und Vanessa konnte nicht verhindern, das sie von Träumen verfolgt wurde, durch die sie morgens mit einem nassen Kopfkissen aufwachte. Es hatte sie nie ohne ihre besten Freunde gegeben. James und Maggie waren die wichtigsten Menschen ihres Lebens, das wusste jeder, der sie annähernd kannte.

Ihr Vater war an diesem Vormittag auf der Arbeit, aber sie war froh, dass ihre Mutter bei ihr war. Sie weinte nicht gerne vor ihren Eltern, aber sie brauchte jemanden, der für sie da war, mehr als je zuvor. Die Realität würde sie vollends einholen, wenn sie in der Großen Halle sitzen würde - ohne Maggie.

Sie war gestern beim Friseur gewesen, um sich die roten Strähnen zu färben, über die Maggie und sie einmal geredet hatten. Es war ihr wichtig gewesen. Sie hätten zusammen dort sein sollen.

Vanessa saß an diesem Nachmittag auf dem Sofa neben ihrer Mutter und hatte sich an sie gekuschelt, während sie das Lehrbuch aus Geschichte der Zauberei lag. Diesmal lag es nicht nur an dem Fach, dass die Hälfte an ihr vorbeizog.

Ein Schellen an der Haustür ließ Vanessa aufsehen und sie drehte den Kopf zu ihrer Mutter, die sich schon auf den Weg machte, zur Tür zu gehen. Wieder einmal erkannte sie, dass Elia selbst ohne viel Mühe eine wunderschöne Hexe war, die nebenbei die beste Mutter war, die sie sich wünschen konnte.

Als sie nur Stimmen vom Flur hörte, zog sie abwartend die Augenbrauen zusammen und lag schließlich ihr Buch zu Seite, um nachzusehen, wer an der Haustür geklingelt hatte. „Mum?" fragte sie nach und blieb wie gelähmt stehen, als sie das blasse, ernste Gesicht ihrer Mutter sah.

„Vanessa." Es sollte ein beruhigendes Lächeln sein, das sie ihr zuwarf, aber Vanessa erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte. Es standen drei Männer an der Tür, die sie sofort als Auroren identifizieren konnte. Was taten die Kollegen ihrer Mutter hier? Es sah nicht aus, als wären sie zu einem netten Gespräch eingeladen.

Ein recht junger Mann lächelte bedauernd und wich Elias Blick aus, während ein anderer vortrat und die Worte sprach, die Vanessa zum zweiten Mal in diesem Jahr den Boden unter den Füßen wegzogen.

„Elia Allerton, Sie sind festgenommen wegen der Weitergabe von Informationen an eine Gruppierung, die sich die Todesser nennen."

Author's Note
Nein, ich will Maggie nicht loswerden, ich liebe sie xD
Das hat alles eine größere Bedeutung, bleibt gespannt...

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