9| Heikle Situation

Die Angst packte Neville wie eine Krankheit. Wie ging es den anderen? Was genau war passiert? Er brauchte Antworten, Nachsitzen hin oder her! Doch würde er sich und vielleicht die anderen auch, dadurch nicht mehr Probleme beschaffen?
Egal, bald war er ohnehin fertig mit der Arbeit. Er nahm all seine Selbstdisziplin, die er hatte und schrieb weiter ab. Wort für Wort, Zeile für Zeile.

Und dann - endlich - war die Arbeit vollbracht. Geschafft seufzte Neville und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Seine Galleone war nun ruhig und gab nichts von sich. Nun wollte er aber keine Zeit mehr verlieren, packte seine Pergamentrollen und die Feder zusammen und stand auf, um eiligen Schritts zu Tür zu eilen. Doch ehe er die Klinke betätigen konnte, drückte diese sich schon selbst herunter und die Tür schwang blitzschnell auf.

Neville konnte gerade noch einen Schritt zurückweichen und sich an der dünnen Stuhllehne abstützen, als er auf einmal in das spitze, hagerere Gesicht von Amycus Carrow blickte. Er erkannte hinter ihm in der Dunkelheit noch weitere Gestalten, konnte aber nicht sehen, wer sie waren.

Amycus trat mit wehendem Umhang hinein in sein Büro und musterte Neville finster.
„Was stehen Sie hier herum, hatte ich Ihnen keine Aufgabe gegeben? Haben Sie etwa herumgeschnüffelt oder was?"
„Nein, Sir. Ich bin gerade fertig geworden und wollte nur gehen", antwortete Neville ehrlich und gespannt, was nun passieren würde. Dabei hatte er es wirklich eilig...

„Lassen Sie mich mal sehen..."
Amycus warf einen kurzen Blick auf Nevilles Papiere und sah schließlich ein, dass alles erledigt worden war. In der Zwischenzeit ließ sich von draußen leises, zankendes Getuschel zu hören. Wäre Neville nicht so fokussiert auf sein Fortkommen gewesen, hätte er sich wahrscheinlich genauere Gedanken zu den Personen gemacht, doch so abgelenkt nahm er die Tatsache kaum als relevant wahr.

Bis zu dem Moment, als Amycus ihn endlich entließ und die Gestalten gleichzeitig eintraten.
Nevilles Herz rutschte ihm augenblicklich in die Hose, als er erkannte, dass es nicht nur Crabbe, Goyle, Zabini und Pansy Parkinson waren, die hineinkamen: Ebenfalls stand Luna dort! Sobald sein Blick ihren traf, konnte er sich nicht mehr von ihr losreißen. Neville war verwirrt.

Was machte sie hier? Sie war erwischt worden, das stand außer Frage. Doch wo waren die anderen? Fragen häuften sich in Nevilles Kopf, als ihm auffiel, dass Amycus und die Slytherins ihn skeptisch beäugten. Er drehte seinen Kopf zu Amycus hin und wieder zurück. Was sollte er tun? Gab es einen Weg, Luna zu helfen?

„Nun, Longbottom, warten Sie darauf, dass Miss Lovegood sich in einen Drachen verwandelt oder warum stehen Sie hier noch rum?", fragte Amycus ihn barsch.
„Ich, ich...", fing Neville an zu stottern, ohne zu wissen, was er sagen sollte. Er sah Luna eindringlich an, doch sie schien nicht zu verstehen, was er wollte. Luna erwiderte seinen Blick nur mit derselben Dringlichkeit, als sie sich räusperte. Alle Augen waren sofort auf sie gerichtet.

„Verzeihung, Sir, es ist nur so, dass er mich gesucht hat"
„Bitte was?!"
Damit hatte der Todesser wohl nicht gerechnet, dachte Neville. Doch nun verstand er Lunas Gedanken. Sie musste sich hier herausreden und brauchte dafür seine Hilfe!

„Jaa", meinte sie wieder in ihrem typisch verträumten Ton, „Neville und ich hatten uns heute eigentlich verabredet"
Aufmunternd lächelte sie Neville zu, nun war er wohl an der Reihe.
„Ich - also ja, das stimmt. Nur leider hatten wir dann... Keine Zeit mehr, weil ich ja gehen musste"

Amycus sah die beiden schief an.
„Und so etwas soll ich euch glauben? Das ist doch Unsinn. Selbst wenn Sie sich zuvor getroffen hätten, erklärt das nicht, weshalb Sie nachts herumgestreunt sind, während Sie längst in Ihren Schlafsaal gehörten", predigte der Todesser.
„Sie waren in Ravenclaw, wenn ich mich recht erinnere..."

Luna nickte eifrig ums auf einmal leuchteten ihre Augen kurz auf.
„Wissen Sie, Sir", sagte Luna betont, „Ravenclaw hat ja bekanntlich kein Passwort um hineinzukommen..."
„Ja, Lovegood,das ist mir bekannt, aber-"
„Nun, die Sache ist die... Ich kam eben nicht rein"

Carrow stutzte kurz, offenbar verunsichert, was er davon halten sollte. Doch ehe er etwas erwidern konnte, mischte sich Crabbe von hinten ein.
„Lügnerin", meinte er kalt, „Wir haben dich ja nicht beim Eingang zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum gefunden, sonder herumlungernd mit Klassenzimmer für Zauberkunst. Gib's einfach zu, du hast was angestellt!"

Luna ließ sich nicht davon beirren, zumindest behielt ihr Gesicht denselben Ausdruck der gleichgültigen Zufriedenheit ein. Eine Tatsache, die Neville nur bewundern konnte.
„Nein, ich habe nur nach Professor Flitwick gesucht. Sie wissen ja, er ist der-"
„Der Hauslehrer von Ravenclaw, schon klar", unterbrach Amycus sie wieder.

Trotz seines bemüht autoritären Auftretens, konnte Neville erkennen, dass der Todesser eigentlich ziemlich verunsichert war. Dieser Gedanke verschaffte ihm zugegebenermaßen etwas Genugtuung. Außerdem bewunderte Neville Lunas Fähigkeit, sich auf die Schnelle eine gar nicht so schlechte Ausrede einfallen zu lassen, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was das Besondere am Eingang zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum war.

„Das ist ganz bestimmt eine Lüge", mischte sich nun auch Pansy ein und zog die Aufmerksamkeit so auf sich. Sie blickte Luna, die neben ihr stand verächtlich an und sah schließlich zu ihrem Lehrer.
„Wirklich, Sir, wir alle haben eine Gruppe von Personen gesehen. Loony ist einfach zurückgeblieben"

Amycus schien ernsthaft nachzugrübeln, als Neville sich dazu entschloss, selbst das Wort zu ergreifen... Mit dem Ziel, Pansy zu entwaffnen.
„Du sagst also, dass da noch mehr waren. Die können ja nicht einfach verschwunden sein, also wo sind sie jetzt?"
Zur Antwort zischte diese zunächst wütend. „Sie sind abgehauen, was auch sonst. Wir alle haben gesehen, wie sie in das Klassenzimmer gegangen sind-"
„Und trotzdem habt ihr nur Luna erwischt? Klingt unlogisch", meinte Neville kühl.

„Das reicht", griff Amycus ein, ehe die vor Wut brodelnde Pansy etwas erwidern konnte. Luna nutzte die Gelegenheit, um Neville ganz kurz zuzulächeln. Diese Geste, auch wenn sie klein war, verursachte ein warmes, aufregendes Gefühl in Nevilles Magen. Dennoch blieb er konzentriert.

„Nun... Mr Zabini, haben Sie die Gruppe auch gesehen?", fragte Amycus leicht zögerlich. Zabini legte seinen Kopf leicht schief und antwortete langsam:
„Was ich gesehen habe, war eine Gruppe von Leuten, die auf den Fluren gegen uns gekämpft hat. Und dann waren sie verschwunden..."
„Ja, weil sie in das Klassenzimmer gegangen sind!", zischte Pansy und sah in giftig an.

„Sicher?", murmelte Zabini abweisend. Neville verfolgte das Geschehen gespannt und leicht verwundert über Zabinis neutrale Antwort, ebenso beobachtete er Luna, die still zwischen den großen Schülern stand. Pansy wurde sichtlich immer zorniger, während Zabini sich nur Augenrollen wieder zu Amycus umwandte.

„Es ist nur so, Sir... Die anderen könnten überall im Schloss sein. Und nur, weil wir Loonchen zufällig in der Nähe gefunden haben, heißt das leider nichts"
Neville regte sich über die respektlose Wortwahl Luna gegenüber auf, sagt jedoch nichts, als Goyle missgelaunt in die Diskussion einstieg.
„Die Blutsverräterin hat schonmal mit Potter gekämpft, vor zwei Jahren etwa und im Sommer ebenfalls"

„Und selbst wenn, dann bringt sie uns jetzt auch nichts", stöhnte Zabini. „Fakt ist, dass da draußen noch Blutsverräter rumlaufen und-"
„Die sind wahrscheinlich schon abgehauen! Die ganze Diskussion ist sinnlos", keifte Pansy.
„Ruhe jetzt!", herrschte Amycus sie alle laut an, woraufhin es augenblicklich still wurde.

„Ich habe keine Lust auf zankende Kinder - Ruhe, Parkinson! Es ist mir egal, wenn Sie schon volljährig sind! Also, Sie werden jetzt alle zurück auf Ihre Posten gehen und wenn Ihnen etwas weiteres auffällt, mir - nein, teilen Sie es meiner Schwester mit. Ich bin beschäftigt"
Beschäftigt mit Schlafen?, dachte Neville verächtlich.

„Longbottom, Lovegood", fuhr Amycus an Luna und ihn gewandt fort, „Sie beide gehen jetzt ohne weitere Umwege in Ihre Schlafsäle. Ich sehe Sie morgen meines Wissens nach eh beide im Unterricht wieder, also dann... Hinaus"
Er machte scheuchende Bewegungen mit den Händen, als Crabbe wieder ein dämliches Gesicht machte und bemerkte:

„Ich dachte, Loony kommt da nicht rein?!"
Gespannt, ob Luna jetzt eine Ausrede hatte, beobachtete Neville aufgeregt, wie sie trotzdem ruhig blieb und gespielt verlegen antwortete:
„Nun ja, das ist schon wahr. Könne mir Neville vielleicht dafür helfen? Danach gehen wir auch sicher schlafen..."

Mit nervösem Blick auf Amycus schluckte Neville kurz... Und lächelte erleichtert, als dieser mit demselben grimmigen Blick nickte.
„Wie auch immer, gehen Sie jetzt einfach. Noch einmal Ärger heute Nacht und ich foltere Sie alle zu Tode"

Diese Drohung nahm Neville jedoch kaum noch wahr... Völlig entspannt sah er Luna an, die zwar müde, aber nicht mehr ganz so angespannt wirkte. Gleich würden sie wahrscheinlich Gelegenheit haben, sich auszutauschen. Und damit waren sie dann auch alle glücklich davongekommen, oder nicht? Würden vor ihm nicht jede Menge Slytherins und ein Todesser stehen, hätte er wahrscheinlich gegrinst wie ein Poltergeist.

„Aber Sir, bekommt denn jetzt niemand eine Strafe?!", fragte Pansy entgeistert und bekam zur Antwort ein wütendes Schnauben von Amycus.
„Zehn Punkte Abzug für Slytherin! Dafür, dass Sie ständig diskutieren müssen!"
„Was?!"
„Ruhe jetzt, oder es werden mehr. Sie gehen jetzt!"

Grummelnd verschränkte Pansy ihre Arme und ging schließlich mit den anderen Slytherins im Schlepptau hinaus. Luna stellte sich eilig neben Neville und lächelte ihn leicht an, was ein kurzes, schönes Glücksgefühl in ihm verursachte. Möglichst unauffällig strich er mit den Fingerspitzen über ihren Handrücken. Wieso Neville das tat, wusste er nicht, ebenfalls unklar war er darüber, woher er seinen Mut nahm - doch er tat es einfach.

„Und Sie, Lovegood... Zwanzig Punkte Abzug für Ravenclaw. Jetzt verschwinden Sie endlich beide", sagte Amycus genervt und ließ sich wieder auf seinem Sessel nieder.
Neville und Luna tauschten kurze Blicke aus, dann gingen sie gemeinsam aus dem Büro.

Und wie es danach weiter geht, erfahrt ihr im nächsten Kapitel...^•^

Ich hoffe, euch hat dieser Teil gefallen und ihr hattet viel Spaß beim Lesen.
An der Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die diese Geschichte lesen, Voten und sogar kommentieren. Das ist wirklich großartig, also tausend Dank! :)

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