3| Kräuterkunde

Der Rest des Tages verlief für Neville recht ereignislos. Nachdem er mit Luna die Mitglieder der DA benachrichtigt hatte, war er in die Bibliothek gegangen und hatte sich Bücher über Kräuter und Pflanzen herausgesucht. Lesen und Kräuterkunde waren noch die einzigen Beschäftigungen, die ihn wirklich beruhigten und ablenkten. Natürlich abgesehen von der Zeit, die er mit Ginny und Luna verbrachte.

Am Abend aßen sie zu dritt in der Großen Halle am Gryffindortisch. Trotz des flackernden Kerzenlichts herrschte eine beklemmende Atmosphäre, welche vor allem durch die magische Decke der Halle, die einen trüb bewölkten Himmel zeigte, entstand. Die Schüler saßen eng aneinander, zwischen den Grüppchen blieb oft Platz. Nur das Essen war üppig wie eh und je - an diesem Abend gab es Bratkartoffeln, Hühnchen und Gemüse.

Die drei tauschten beim Essen erfreuliche Neuigkeiten aus: Jeder, den sie gefragt hatten, hatte der DA zugesagt. Zwar handelte es sich nur um eine kleine Menge Personen, denen sie sich anvertraut hatten, doch es war ein Schritt in die richtige Richtung.
Ginny war ebenfalls fleißig gewesen. Sie hatte ein Rezept für eine spezielle Farbe gefunden, die sich nicht so leicht entfernen lassen konnte. Mit der Herstellung davon würde sie am nächsten Tag beginnen, fertig wäre er zwei bis drei Tage später.

„Könntest du mir dafür einen Sprössling Teufelsschlinge besorgen, Neville?", fragte Ginny, während sie von einer Hähnchenkeule abbiss. Neville überlegte nicht lange.
„Klar, Professor Sprout hat meistens welche. Bis wann brauchst du sie?"
Ginny dachte kurz nach, dann sagte sie: „Ich muss sie erst gegen Ende hinzufügen, sagen wir in zwei Tagen. Ich gebe dir Bescheid"
Neville nickte und somit waren die ersten Vorbereitungen getroffen.

Auch der nächste Tag war ruhiger als gewöhnlich. Da er keinen Unterricht bei den Carrows hatte und auch in den Pausen zwischen den Stunden seine Ruhe hatte, beschäftigte er sich ebenfalls nicht mit vielen Gedanken an die Todesser. Seine Hausaufgaben erledigte er nebenbei, doch ganz bei der Sache war er nicht. Stattdessen dachte er ständig an die DA und, er wollte sich nicht erklären, warum, an Luna. Egal was er tat, ständig drehten sich seine Gedanken um sie.

Luna hatte so eine einzigartig ruhige, bestimmte Art und sie umgab eine mysteriöse und wirre Aura. Viele empfanden diese nur als fremd und unangenehm, während sie ihn schlicht und einfach faszinierte und seit langem in einen Bann zog, dem er heute noch nicht entkommen konnte. Dabei war sie doch nichts weiter als eine Freundin... Oder etwa nicht? Neville war ratlos, wie sollte es nur weitergehen?

Nachdem er den ganzen Vormittag über recht still gewesen war, machte er sich nun auf den Weg zu Geschichte der Zauberei, das mit einzige Schulfach, welches sich auch nach Dumbledores Tod nicht verändert hatte.
Vermutlich würde nichts den Geist von seinem Lehrplan abbringen. Geschweige denn seinem eintönigen Unterricht.

Das einzige, was mehr oder weniger interessant schien, war die alte Pergamentsammlung bei Binns Schreibtisch oder die historischen Gemälde an der Wand, ebenso wie die eigenartigen, winzigen Kostbarkeiten, die überall im Raum verstreut waren.
Leider stand jeder dieser Gegenstände seit langer Zeit da, so dass sie heute weniger interessant wirkten.

Doch anstatt die ganze Stunde wie üblich zu verschlafen, unterhielt sich Neville flüsternd mit Seamus über mögliche Pläne mit der DA. Er erfuhr außerdem, dass Seamus mit Dean Thomas, welcher dieses Jahr gar nicht in Hogwarts war und sich auf der Flucht befand, mithilfe der falschen Galleonen Kontakt gehalten hatte.

„Habt ihr denn in nächster Zeit etwas vor?", flüsterte Seamus.
„Tatsächlich haben wir das. In zwei Tagen die Nacht. Ginny stellt eine ganz besondere Farbe her, also haltˋ dir den Abend frei"
Seamus grinste frech und nickte, anscheinend hatte er auch schon lange auf so eine Gelegenheit gewartet.

„Wann immer ihr etwas braucht, sagt Bescheid. Seit Dean weg ist, habe ich ohnehin weniger zu tun", versprach er.
„Natürlich", sagte Neville, „Ich selber kann es selbst kaum erwarten, den Carrows und Snape eins auszuwischen!"

Seamus sah ihn belustigt an.
„Wirklich seltsam, seitdem wir das erste Mal in Hogwarts waren, hast du dich von uns allen hier am meisten verändert. Es kommt mir wie gestern vor, als wir noch Unterricht bei Lupin hatten und du den Irrwicht in Form von Snape bannen musstest"
„Da hast du allerdings Recht, Seamus", murmelte Neville nachdenklich, „Da hast du Recht"

Den Rest der Stunde unterhielten sie sich über mögliche Pläne und Ideen für die DA. Seamus war zwischendurch so enthusiastisch geworden, dass Neville schon befürchtete, er würde jeden Moment vom Stuhl aufspringen und sich die Todesser ganz alleine vornehmen.
Zum Glück blieb ihm dieser Moment erspart, so dass er trotzdem am Ende einige Ideen zusammenhatte und am Ende der Stunde in Ruhe zu Kräuterkunde laufen konnte.

Früh bei den Gewächshäusern angekommen, war Neville alleine mit Professor Sprout. Da es sich nur noch um wenige Augenblicke handeln konnte, bis der Rest der Klasse eintraf, wollte er keine Sekunde verschwenden und ging  auf die Professorin zu, die dabei war, Erde in große Blumentöpfe zu häufen - vermutlich für die Demonstration einer Aufgabe, die sie in der folgenden Stunde bekommen würden.

Die langen Arbeitsflächen für die Schülerinnen und Schüler, die wie immer im Gewächshaus standen, waren ebenfalls schon vorbereitet.
Mehrere kleine Schaufeln, Berge von Erde und Päckchen mit Samen lagen schon bereit. Nevilles Blick streifte die Dutzende von Pflanzen streifte, die an der Wand wuchsen, standen und hangen - für gewöhnlich hätte er sich mehr Zeit gelassen, um den Ort zu betrachten.
Doch schon nach einigen Sekunden hatte er das kleine Pult erreicht.

„Guten Tag Professor Sprout", begrüßte Neville seine Lehrerin freundlich.
Von allen war Professor tatsächlich die Professorin, mit der er am besten auskam. Überrascht wandte sie sich von ihrer Arbeit ab, sah ihn erfreut an und fragte dann, was sie denn für ihn tun könne. Neville zögerte nicht lange und fragte geradeaus:

„Ich habe gehört, dass Sie einige neue Sprösslinge der Teufelsschlinge gezüchtet haben und, nun ja, habe mich gefragt, ob Sie vielleicht-"
„Ob Sie einen haben können?", vervollständigte Professor Sprout seine Frage.
„Ich, also ja, genau. Wissen Sie, es ist aus rein wissenschaftlichen Gründen und... Und naja, ich würde auch-"

Wieder ließ Professor Sprout ihn nicht ganz ausreden, sie blickte ihn leicht bekümmert an und meinte dann entschuldigen:
„Glauben Sie mir, wenn ich könnte, würde ich. Nur ist die Teufelsschlinge eine äußert mächtige und potenziell gefährliche Pflanze, wenn sie dann erstmal gewachsen ist"

Ein Stich der Enttäuschung fuhr durch Neville, aber so leicht wollte er nicht aufgeben.
„Wissen Sie Professor, es ist wirklich, wirklich wichtig für mich", stammelte er.
Professor Sprout seufzte nachsichtig und schwieg einen Moment nachdenklich.
„Wofür benötigen Sie denn so dringend diese Pflanze?", fragte sie.
„Oh... Also, das... Naja ich war neugierig und... Ich würde gerne mal mit einer zu tun haben..."

Innerlich verfluchte sich Neville, dass er sich keine passende Ausrede zurechtgelegt hatte, auch Professor Sprout schien zu ahnen, dass er ihr nicht mitteilen wollte, was er mit dem Sprössling vorhatte. Sie sah ihn eindringlich an.

„Führen Sie etwas im Schilde?", fragte sie und senkte verschwörerisch die Stimme.
„Und... Hat es möglicherweise was mit Potter zu tun?"
Neville sah sie erschrocken an und fühlte sich merkwürdigerweise ertappt. Würde dir Lehrerin sie am Ende noch verpfeifen?
Sein Kopf verneinte dies, mit der simplen Begründung von Sprouts  neugierigem, dennoch stets freundlichem Gesicht.
In Neville keimte leichte Hoffnung auf: Konnte Professor Sprout ihm vielleicht doch helfen? Als Haus lehrerin der Hufflepuffs würde sie sich bestimmt nur auf die dunkle Seite stellen.
Außerdem wollte er seine Freundinnen nicht enttäuschen und mit leeren Händen zurückkehren - er musste es, trotz aller Gefahren, versuchen! Vor allem der Gedanken an Luna spornte ihn weiter an.

„Nicht so wie Sie denken", antwortete er vielsagend.
Neville konnte sehen, wie sie angestrengt nachdachte und zwang sich, ruhig zu bleiben.
„Hören Sie... Ich verstehe, dass Sie nicht so einfach Pflanzen verteilen können, aber könnten Sie dieses Mal eine Ausnahme machen?", versuchte er, sie zu überreden.

„Nun denn, ausnahmsweise, weil Sie es sind", sagte sie nachsichtig und Neville brach ein Stein vom Herzen.
„Allerdings nur unter der Bedingung, dass Sie sich den Sprössling nur für die Zeit ausleihen, in der er noch ungefährlich ist. Und Sie dürfen unter keinen Umständen die Carrows, Professor Snape oder sonst jemanden darüber unterrichten. Die Pflanze bleibt ausschließlich bei Ihnen, verstanden?", meinte Professor Sprout nachdrücklich und Neville nickte eifrig. Sprouts Vertrauen erweckte ein warmes Gefühl in ihm.

„Bis wann brauchen Sie denn einen? Ich habe die Sprösslinge gerade erst umgetopft, könnten Sie sich morgen einen abholen?"
„Natürlich Professor, das passt perfekt. Vielen vielen Dank", bedankte sich Neville fast schon überschwänglich.
„Halten Sie die Augen auf, ich werde den Sprössling zwischen den alten Alraunen verstecken", versprach Professor Sprout.

Nevilles Herz klopfte aufgeregt, das wäre dann geschafft. Zufrieden setzte er sich auf seinen Hocker. Novh im selben Moment kamen die ersten Schülerinnen aus Hufflepuff an und gesellten sich zu ihm.
Die Unterrichtsstunde verlief reibungslos und Neville war froh, mal wieder eine Stunde in seinem Element zu sein und nicht ständig an die dunklen Dinge denken musste.

Doch egal wie sehr er sich auf die Arbeit vor sich konzentrieren wollte, eine bestimmte Person schlich sich auch jetzt andauernd in seine Gedanken. Neville seufzte schwermütig.
Er wusste, dass er sich eigentlich auf wichtige Dinge konzentrieren sollte, doch sie hatte sich schlichtweg in seinem Herz, seinem Kopf, in jeder einzelnen seiner Körperzellen eingenistet.

Schon seitdem er ihr begegnet war, hatte er sich bei ihr anders gefühlt, frei und glücklicher. Doch mit der Zeit war dieses Gefühl auch nicht einfach verschwunden, im Gegenteil, es war stärker geworden. Und seitdem er wieder in Hogwarts war und sie jeden Tag sah, fühlte er sich schon nur durch ihre bloße Anwesenheit abgelenkt.

Er wusste nicht, wieso er gerade jetzt darüber nachdachte, aber es fühlte sich richtig an. Eine warme Sehnsucht füllte seine Brust... Wie gerne hätte er sie jetzt bei sich, nah und sicher.
Ob sie dieselben Gedanken hatte? Langsam hielt er das Schweigen nicht mehr aus, er musste es wissen! Das, was er für sie empfand, fühlte sie es auch bei ihm? Sie, eine seiner besten Freundinnen, Luna Lovegood?

Was meint ihr... Empfindet sie auch etwas für ihn?

Schafft Neville es, Luna seine Gefühle zu offenbaren?

Somit endet auch dieses Kapitel! Ich hoffe, dass ihr Spaß beim Lesen hattet. Ich weiß, dass es bis jetzt nicht so spannend war, aber da der Grundstein gelegt ist kann es ab den nächsten Kapitel richtig losgehen.
Wenn es euch gefallen hat oder ihr noch Verbesserungsvorschläge habt, könnt ihr das natürlich in die Kommentare schreiben, ich freue mich darüber ^-^

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