Neues Heim, Glück allein

Ein leises plopp ertönte und schon spürte Lizzi altes Holz unter ihren Füßen. Sobald sie landete, knirschte er, wie der Holzboden in ihrem alten Zimmer. Lizzi atmete einmal tief ein und der Geruch von Wald, Kaffee und Verbranntem stieg ihr in die Nase. Langsam öffnete sie ihre Augen und erblickte ein kleines Wohnzimmer mit einem Sofa und einem kleinen Tisch. Langsam schlich sie durch das kleine Zimmer und entdeckte einen kleinen Fenster auf einen Kasten, gleich gegenüber von dem Sofa. Das verwunderte Lizzi ein wenig. Seit wann hatten Hexen und Zauberer Muggelerfindungen in ihrem Wohnzimmer stehen?

,,Soll ich dir dein Zimmer zeigen?"
Lizzi sah zu ihrer Tante und nickte. Anne ging los, mit Lizzis Koffer im Arm, in einen kleinen, schmalen Flur. Die junge Hufflepuff folgte ihr bis zu einem Zimmer, ziemlich am Ende des Flures. Anne öffnete die Tür und ließ sie reinschauen. Es war ein kleines, beschauliches Zimmer mit einem kleinen Fenster. Das Licht drang durch dunkle Vorhänge ins Zimmer und erhellte den kleinen Raum. Anne stellte den Koffer neben der Türe ab und schritt zu Lizzi.
,,Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Wenn du etwas brauchst, ich bin im Wohnzimmer." Lizzi nickte und Anne ging aus dem Zimmer. Ihre Tante verschloss die Türe und kaum als Anne gegangen war, ging Lizzi auf das Fenster zu und sah hinaus. Die Sonne blendete sie ein wenig und doch konnte sie erkennen, wie mehrere Menschen hektisch durch die kleine Gasse gingen. Gegenüber von ihrem Zimmer, erkannte sie ein kleines Gasthaus, wo Leute mit Umhängen aus und ein gingen. War das der tropfende Kessel? Sie sah genauer hin, konnte aber keine Indizien für das Gasthaus, was einem zur Winkelgasse führt, finden.

Nach einer gewissen Zeit gab Lizzi es auf, herauszufinden, ob es wirklich der tropfende Kessel war oder nicht. Inwiefern war es wichtig? Eigentlich gar nicht. Es war eigentlich egal, ob sie gegenüber von einem bekannte Gasthauses wohnte. Lizzi ließ sich auf ihr Bett fallen und starrte an die Decke. Völlig leer und ohne Sinn betrachtete sie das Holz, welches die Decke über ihren Kopf bildete. Das Holz war dunkel und alt. Und doch hielt es stand. Vermutlich befand sich über ihr eine Wohnung. Vielleicht war sie so aufgebaut, wie Annes Wohnung. Vielleicht auch nicht. Es waren seltsame Gedanken, die in ihren Kopf kreisten. Aber es war besser als an ihre tote Familie zu denken. Als an den Schmerz zu denken.

Nach einer Weile entschied sie sich dazu, ihren Koffer auszupacken und somit das kleine Zimmer einzurichten. Sofern es mit den paar Sachen möglich war, die sie noch hatte. Langsam öffnete sie ihren Koffer und nahm ihre Kleidung raus. Diese legte sie auf das Bett und begann weiter ihre Sachen auszuräumen. Zuerst ein paar Shirts und dann kamen Bücher zum Vorschein. Lizzi wollte ursprünglich in den Ferien lernen, da sie endlich ihre Ruhe von den Schülern haben würde. Das konnte sie jetzt wohl vergessen. Es war nicht einmal sicher, ob sie sich genug für irgendetwas konzentrieren könnte. Wie sollte sie auch? Sie hatte niemanden mehr, bis auf ihren Kater und ihre Tante. Alles andere verbrannte ihm Haus in jener Nacht. Lizzi konnte es einfach noch immer nicht glauben. Warum ihre Eltern? Warum ihre Großmutter? Warum ihr kleiner Bruder? Sie waren bloß gewöhnliche Menschen, die in einem altem Haus weit weg von Menschen lebten. Sie stellten keine Bedrohung dar. Oder etwa doch? 

Lizzi dachte so sehr über den Tod ihrer Eltern nach, dass sie nicht einmal merkte, wie sie zum weinen anfing. Leise kullerten die Tränen über ihre Wangen und tropften auf die Shirts, über die sie sich gebeugt hatte. Nicht einmal sie salzbesetzte Brille bemerkte sie. Sie setzte die Brille ab, da sie fast nichts mehr erkennen konnte. Völlig in Gedanken versunken nahm sie die Brille ab und schmiss sie aufs Bett. So ging sie normalerweise nie mit ihren Sachen um. Doch das war auch kein normaler Zustand. Sie war in keinem normalen Zustand. 

Lizzi sah mit ihrem niedergeschlagenem Blick zur Tür und erkannte die Umrisse eines vierbeinigen, kleinen Wesens. Ihr Kater. Bommel tapste irgendwie fröhlich zu ihr und hüpfte auf das Bett, wo er sich dann setzte und sie mit seinen grün-braunen Augen an. Lizzi räumte den Platz neben Bommel frei und begann ihn zu streicheln. Der Kater begann zu schnurren und fing an, mit seinen Pfoten die Decke aufzubereiten. Während das Mädchen den Kater streichelte und einfach nur zum Schrank starrte, begann das Tier zu schlafen. Verträumt blickte sie zu Bommel.
,,Ich wünschte, ich wäre du", flüsterte sie.
,,Dann könnte ich jetzt auch auf dem Bett liegen und seelenruhig schlafen."

❧♕☙

Mittlerweile waren ein paar Tage vergangen. Lizzi kam selten aus dem Zimmer, außer sie wollte etwas Essen oder den Tagespropheten lesen. Sonst war sie den ganzen Tag im Zimmer und starrte an die Decke. Oder schaute aus dem Fenster. Es kam auf die Tageszeit darauf an. Anne arbeitete fast jeden Tag bis tief in die Nacht. Lizzi störte es nicht wirklich. Sie wollte bloß ihre Ruhe und es kam ihr somit irgendwie gelegen, dass Anne fast den ganzen Tag im Ministerium war. Was sie machte, wusste sie nicht. Sie sprachen nicht unbedingt oft miteinander. Lizzi hatte nicht richtig Lust auf ein Gespräch. Ihr war klar, dass sie sich nicht ewig in ihrem Zimmer verstecken konnte. In ein paar Tagen musste sie wieder nach Hogwarts und sich ihren Freunden stellen. Und den Idioten, die sich selbst die Rumtreiber nannten. Lizzi wollte ihnen für die nächsten Jahrzehnten nicht über den Weg laufen. Als das junge Mädchen über dieses Quartett von Idioten nachdachte, kreisten Gedanken über ein gewissen Mitglied in ihren Kopf. Er wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Er war schon seit einiger Zeit ein fester Bestandteil ihrer Gedanken. Der Junge mit den Narben. Lizzi schloss ihre Augen und sah ein schmales Gesicht, welches mit Narben besetzt war. Die Augen des Jungen strahlten eine Wärme aus, die sich Lizzi nicht erklären konnte. Sie spürte ein Kribbeln in ihren Fingerspitzen fast so als würde er nach ihren Händen greifen. Es fühlte sich so real an, als würde er wirklich vorsichtig seine Hände in ihre verschränken. Es war ein tolles Gefühl. Sie fühle sich sicher und geborgen. Sie wollte es nicht loslassen. Dafür fühlte es sich zu gut an, zu sicher. 

Während sie über Remus Lupin nachdachte, kam ihr auch der Gedanken, ob dieser Zoff zwischen den vieren und ihr überhaupt einen Sinn hatte. Immerhin waren es nur Zankereien zwischen Kindern, oder? 

,,Warum will ich mich mit ihnen vertragen? Sie haben meine bisherigen Jahre auf Hogwarts nicht unbedingt bereichert", murmelt die junge Hufflepuff vor sich hin. Warum hatte sie den Drang, sich mit den vier größten Idioten der ganzen Schule zu vertragen?

,,Lizzi!"

Lizzi drehte sich zur Tür und ging langsam darauf zu. Leise öffnete sie ihr Zimmer und blickte in den Flur. Ihr Kater war aufgesprungen und aus den Zimmer rausgelaufen. Vermutlich hatte er Hunger.

Es dauerte nicht lange, da stand Anne am Ende des Flures und winkte sie zu sich. Vorsichtig ging Lizzi auf ihre Tante zu. Anne wirkte etwas angespannt, versuchte jedoch es sich nicht anmerken zu lassen. 
,,Tante Anne?"
Lizzi kam langsam auf ihre Tante zu. Sie sah zu der jungen Hexe auf. Die Schwarzhaarige wirkte erschöpft.
,,Anne, wann hast du das letzte Mal geschlafen?", fragte Lizzi ihre Tante besorgt. Sie blickte zu Lizzi. Nun konnte sie ihre Augenringe sehen. Sie scheint in den letzten Tagen wirklich nicht viel geschlafen zu haben.
,,Das ist unwichtig. Ich wollte dir nur sagen, dass wir mal über eine Beerdigung nachdenken sollten."

Lizzi wusste, dass das Gespräch eines Tages kommen würde. Aber dass es so schnell soweit war, hatte sie nicht erwartet. Sie versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Sie wollte nicht schon wieder weinen. 

,,Gut, wann ist sie?"
Anne schenkte ihr einen bemitleidenswerten Blick. Es schien, als wollte sie ihr nicht sagen, wann sie sich verabschieden konnte. Sie senkte den Kopf und fing an, einen Zettel hervorzuholen.
,,Nächste Woche."
Lizzi überlegte. Was war nächste Woche, außer der Beerdigung? Da fing die Schule wieder an!
,,Da muss ich aber wieder in Hogwarts sein", begann sie zu nuscheln.
,,Ich weiß, Lizzi. Es gab aber keinen früheren Termin", begann Anne zu stammeln. Sie hatte Schuldgefühle. Warum auch immer.
,,Okay und wie machen wir das jetzt?", fragte sie ihre Tante. Anne drehte sich zum Fenster und begann zu erklären: ,,Wir werden zur Beerdigung gehen und dann bringe ich dich nach Hogwarts. Ich muss sowieso dorthin. Das ganze abklären wegen der Vormundschaft und so."
Sie hatte sich wieder zu ihrer Nichte gedreht und Lizzi nickte bloß. Sie wusste nicht wieso, aber sie war erleichtert. Erleichtert, dass sie nicht mit den Zug zur Schule musste. So konnte sie wenigstes die Gespräche umgehen, die unvermeidlich stattgefunden hätten.

Wie geht's dir oder Was ist passiert wären typische Fragen von ihren Freundinnen. Sie war dankbar, dass sie sich um sie sorgten. Jedoch waren diese Sorgen in manchen Momenten einfach nur belastend und nervig. Wie sollte sie reagieren, wenn man sie fragen würde, wie es ihr geht? Sollte sie lügen? Sagen, dass alles in Ordnung war? Oder sollte sie über ihre Gefühle sprechen?

Sie wollte keins von beiden. Sie wollte ihre Freunde nicht anlügen und doch wollte sie sich nicht mit ihren Gefühlen konfrontieren. Lizzi hatte es bis jetzt ziemlich gut gemeistert. Also war sollte sie sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzten? Sie waren nur unnötig und würden sie nur verletzten. 

,,Danke Anne. Wirklich."
Anne lächelte sie liebevoll an und fragte sie, ob sie Hunger hätte. Lizzi verneinte es. Der Appetit war ihr schon bei den Gedanken an der Konfrontation in der Schule vergangen. Sie hatte Angst. Angst vor der Tatsache, dass sie sich den allen irgendwann stellen musste. Angst davor, dass sie sich irgendwann den Fragen über ihre tote Familie stellen musste. Angst davor, dass sie vermutlich ihre Freunde anlügen musste, um nicht komplett an alle dem zu zerbrechen...


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