Der Große Tag Der Film-Premiere
Nach allem, was am vorigen Tag passiert ist, herrscht am Set fast immer eisiges Schweigen... eisiger als ein Tigerpanzer im russischen Winter. Erst langsam entspannt sich die Stimmung wieder.
Die meisten diskutieren, wie man das Erscheinen des Films am besten bewerben und präsentieren könnte. Immerhin sind wir so gut wie fertig. "Ich hab's! Wir engagieren einen Propaganda-Panda!", schlägt Günther begeistert vor.
"Was soll das denn nun wieder sein?", fragt Klaus genervt.
"Sag bloß du weißt nicht, was ein Propaganda-Panda ist?!" Günther ist schockiert.
Vor meinem geistigen Auge erscheint ein Günther im Panda-Kostüm, der begeistert eine Fahne schwenkt... Ich schüttle den Kopf und verdränge das Bild, während Klaus und Günther eine rege Diskussion über jenen ominösen Propaganda-Panda führen... was auch immer das jetzt sein soll.
Irenka hat ihre guten Manieren wieder komplett verlernt und ist... naja Irenka eben.
Johann geht mir seit gestern aus dem Weg und ignoriert mich vollkommen, während er im Akkord Bonbons verschlingt und nebenbei raucht, wie ne Dampflock.
Und dann kam der Tag der Wahrheit, der Tag der alles verändern würde! - die Erscheinung des Films. Natürlich sind alle bei der Prämiere anwesend. Es ist eine geschlossene Vorführung, nur für bestimmte Gäste und irgendwelche Würdenträger. Also praktisch sind wir hier im Kino unter einem riesigen Haufen Ober-Nazis.
"Sach ma, Honey!", beginnt Irenka.
Ja, richtig gehört... oder gelesen. Das ist ihr neuer Kosename für Johann. Vor zwei Tagen hat sie ganz begeistert gesagt "Boah, weißte was mir auffällt... wenn ma Johann, Hanni nennen... klingt des glech wie Honey! Isch des nich mega sweet?!"
Der ist darüber ganz und gar nicht erfreut. Noch unerfreuter wäre er wahrscheinlich, wenn er wüsste, was Honey überhaupt bedeutet.
"Was denn?"
"wo gibt'sn hier Popcorn?" Irenka sieht sich suchend im Eingangsbereich um.
"Pop... was?" Johann runzelt fragend die Stirn.
"Na Popcorn!"
"Äh... was soll das denn sein?", fragt er ratlos.
"Popcorn! Det was ma imma im Kino isst! So Mais Dingens die so voll knusprig sind", versucht Irenka ihm auf die Sprünge zu helfen. Langsam mache ich mir echt Sorgen, dass das jemand von den anderen hören könnte.
Nun wird Johann etwas sauer. "Ich weiß nicht, was das ist!"
"Boah, mann ey!"
Johann ist wieder der Verzweiflung nahe. "Was hat denn jetzt Bormann mit dem Ganzen zu tun?"
"Heßt det es gibt hier kein Popcorn? Und... wo krieg ich was zu trinken? Ich hätt voll Bock auf Cola."
"Was soll das denn wieder sein? Sprich mal Deutsch mit mir Mädchen!"
"Alta, wasn det fürn Schuppn? Nich mal Popcorn und ne Cola krieg ich hier! Ell, ich will wieda gehn!" Irenka beginnt im Kino zu randalieren als wäre ein Weltkrieg ausgebrochen.
"Was ist denn los?", fragt Engelbert, der zum Glück als einziger bemerkt hat, was hier vor sich geht, etwas sauer. "Was hat das Mädchen schon wieder?"
"Keine Ahnung, sie will Popcorn und Cola... Ich glaube, das ist irgendwas..." Das letzte Wort sagt Johann ganz leise "..amerikanisches."
Engelbert winkt ab. "Stellen Sie sie einfach ruhig. Egal, wie."
Irgendwann gibt Irenka wirklich auf und wir gehen in den Saal, wo kurz später der Film beginnt. Ich bin sogar richtig überrascht, wie gut der Film geworden ist. Natürlich kann es sich Klaus nicht nehmen lassen, damit anzugeben... und zwar ganz gewaltig. Zwar war das hier nicht allein sein Verdienst, aber gut, der Film ist wirklich nicht schlecht. Wenn man mal die schreckliche Aussage und den übertriebenen Kitsch weglässt und so ziemlich alles andere...ist er sogar erträglich anzusehen.
Irenka schaut grimmig auf die Leinwand und murmelt hin und wieder was von Popcorn, Cola, Hunger und "scheiß Nazi-Kino". Irgendwann während der "ergreifenden" Schlussszene nimmt Johann unauffällig meine Hand und ich blinzle überrascht. Was soll das denn werden...?
Andererseits stört es mich ja eigentlich gar nicht. Warte, Stopp! Was denk ich da?! Auf jeden Fall lässt er meine Hand nicht mehr los...auch als die Vorstellung zu Ende war.
Nach dem Ende folgen viele Gratulationen und ein paar Taschentücher werden unauffällig schniefend wieder in die Taschen geschoben. Sogar Hitler erwische ich dabei. "Ich weiß wie wir das verkaufen: Ein Film, so berührend, dass sogar der Führer Tränen vergossen hat", murmelt Günther Engelbert begeistert zu.
Obwohl ich mir sicher bin, dass Hitler nur Schnupfen hat... Hoffe ich zumindest. Ich meine, wer weint den schon bei einem so bescheuerten Film?! Außer vielleicht Günther, der lauter geheult hat als die Sirenen beim Fliegeralarm.
Nach der Prämiere wird natürlich heftig gefeiert, bis es aussieht als hätte im Gasthaus eine Atombombe eingeschlagen. Natürlich im braunen Adler... wie könnte es auch anders sein? Klaus ist irgendwann wieder mal total betrunken und stimmt ein paar "heimatliche" Lieder an. Natürlich singen irgendwann alle Anwesenden mit und ich muss wenigstens so tun als ob.
Verwundert blicke ich durch das Gasthaus und kann Johann nirgends entdecken, obwohl er vor einiger Zeit an meiner Hand festhielt, als hinge sein Leben davon ab...
Irenka tippt mich von der Seite an und deutet zur Bar. „Was guckt den unsa Honey so böse durch die Gegend, was haste ihm getan?"
Ich sehe ihn an und ersticke fast an meinem Getränk, da er mir einen Finsteren und bösen Blick zuwirft, den ich meines Erachtens nicht verdient habe.
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Die Geschichte nimmt ihren lauf und wird bald zu Ende sein
Somit könnt ihr dann gespannt auf den nächsten Teil der Abenteuer unserer beiden, verpeilten und liebenswürdigen, Protagonisten warten
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