Vergangenheit Teil 3

Joint

Als hätte ich nicht schon genügend Probleme am Hals, musste ich mich jetzt auch noch zu der besten Freundin meiner Schwester hingezogen fühlen. Wenn ich je in meinem Leben eine Ohrfeige verdient hatte, dann jetzt. Niklas hätte mir ins Gewissen geredet, dass es falsch war, ein Mädchen zu verführen, das so unschuldig war. Unschuldig. In jedem Moment hätte ich bei diesem Wort zurückgezuckt, doch bei Lisa war es anders. Normalerweise stand ich auf Frauen, die wussten, was sie wollten, die wussten, wie sie mit ihrer Zunge umgehen mussten. Mir war bewusst, dass ich nicht der Richtige für sie war, doch anscheinend konnte ich mich auch nicht von ihr fern halten.

Dieses Kleid war Himmel und Hölle zugleich. Es schmiegte sich so perfekt an ihre Hüften, dass ich nicht mehr viel Fantasie brauchte, um mir ihren nackten Körper darunter vorstellen zu können. Trotzdem würde ich mir die Finger verbrennen, wenn ich sie jemals berühren würde. Ich musste standhaft bleiben. Ein einziges Mal in meinem Leben, durfte ich mir nicht nehmen, was ich zutiefst begehrte. Deshalb lief ich schnellen Schrittes auf ihr Haus zu, weg von ihr. Diese grünen Augen hatten schon fast geglüht, als ich mich ihr genähert hatte. Das Verlangen, das ich darin erkennen konnte, das sie nicht mal zu verstecken versuchte, turnte mich mehr an als es sollte.

Um sie nicht doch noch zu berühren, schob ich ruckartig meine Hände in die Hosentaschen, ballte sie zu Fäusten. Sie war so süß und lieblich, ich durfte sie nicht verderben.

„Warte", keuchte sie hinter mir, sodass ich mein Tempo senkte. „Ich kann in diesen Schuhen nicht so schnell laufen." Ohne meinen Willen blickte ich hinab und sah ebenfalls blaue Sandalen, mit einem hohen Absatz, die klackernd auf den Asphalt trafen. Ihre Knöchel wurden von einem seidigen Band umschlungen, das bis zur Mitte ihrer Waden reichte. Bestimmt war sie dort genauso weich, wie an anderen Stellen ihres Körpers. Noch ehe ich den Gedanken geformt hatte, stolperte ich rückwärts über einen Stein, wäre fast gefallen, konnte mich jedoch gerade noch so fangen.

Verdammt. Ich führte mich hier wie ein Irrer auf.

„Alles in Ordnung?" Ihre Augen waren geweitet, sie machte besorgt einen Schritt auf mich zu.

„Ja, alles gut." Abwehrend hob ich beide Hände. Sie sollte nicht in meine Nähe kommen. Das Grün in ihren Augen blitzte in diesem Moment auf, als hätten sie meine Worte verletzt. Das war der Beweis, dass sie jemand Aufrichtigeren verdient hatte.

Schweigend ging sie einen kleinen Weg entlang, der mit Unkraut übersät war, auf eine Holztür zu. Mit einigem Abstand folgte ich ihr, blieb jedoch zwei Stufen unter ihr stehen. Sicher war sicher.

Ich sollte ihr jetzt eine Gute Nacht wünschen und mich dann ebenfalls auf den Nachhauseweg machen. Doch wieso wollte ich mich noch nicht von ihr verabschieden? Als hätte sie meine Gedanken gelesen, drehte sie sich mit einem Schwung um, der mir ihren herrlichen Duft nach Aprikose entgegen wehte.

„Möchtest du noch mit rein kommen?", fragte sie mich leise, jedoch bestimmt. War das ihr Ernst? Nein. Das konnte es nicht sein. Kopfschüttelnd schloss ich für einen Moment die Augen, musste einen klaren Gedanken schaffen.

„Das ist denke ich keine so gute Idee, Lisa." Als ich die Augen wieder öffnete, hatte ich fest mit einem enttäuschten Blick gerechnet, doch sie wirkte entschlossener als zuvor.

„Warum nicht?" Sie stützte eine Hand in die Hüfte, und ich hätte bei dieser sturen Geste aufgelacht, würde es hier nicht um mich gehen, den sie in ihr Haus bat. Auf ihren Wangen zeichnete sich von der Nachtluft eine zarte Röte ab, ihre Lippen schimmerten in dem gleichem Rotton, die sich jetzt leicht öffneten. Krampfhaft riss ich meinen Blick von ihrem vollen Mund.

„Ich bin nicht der, den du suchst, Lisa. Ich bin ..."

„Die Entscheidung liegt ja wohl bei mir." Wieder dieses freche Mädchen, das ich schon zuvor entdeckt hatte.

„Glaub mir, diese Entscheidung würdest du spätestens morgen bereuen." Meine Worte klangen hart, doch ich wollte, dass sie mich von sich aus ablehnte, da ich anscheinend nicht im Stande dazu war. Unbeeindruckt von der Kühle meiner Stimme, bewegte sie sich mit einem sinnlichen Hüftschwung auf mich zu.

„Ich war schon immer ein Freund vom Risiko." Ihr warmer Atem strich mir wie eine Liebkosung über die Wange, sodass sich meine Hände noch weiter zusammen zogen. Ich durfte jetzt nicht schwach werden.

„Lisa..." Weiter kam ich nicht, da presste sie auch schon ihre Lippen auf meine. Ihr berückender Duft überwältigte meine Sinne. Sie schmeckte genauso wie ich es mir in meinen Träumen vorgestellt hatte. Ihre Weichheit brachte mich schier um. Trotzdem erlaubte ich mir nicht den Kuss zu erwidern, legte nicht meine Arme um ihren weichen Körper, drückte sie nicht noch enger an mich. Als sie sich von mir löste, hätte ich fast die Beherrschung verloren, hätte sie mir geschnappt und ihren Mund mit meinem erobert, doch ich blieb wie zuvor auf der Stelle stehen.

Ungläubig, als wüsste sie selbst nicht, was sie gerade getan hatte, starrte sie mich mit ihren grünen Augen an. Dieses dunkle Grün würde ich aus jeder Entfernung erkennen, es war mit den vereinzelten braunen Sprenkeln, die schönste Farbe, die ich je gesehen hatte. Sie musterten mich eingehend, mussten den Grund erfahren, warum ich sie nicht ebenso geküsst hatte.

„Warum hast du nicht...", sie suchte nach den richtigen Worten, sah mich Hilfe suchend an, doch ich war immer noch benommen von ihrer plötzlichen Berührung, dass ich nicht einmal einen Satz, geschweige denn ein Wort formen konnte.

„Es tut mir leid." Sie wollte sich abwenden, da hielt ich sie am Oberarm zurück. Der Nebel in meinem Kopf war schlagartig verschwunden, konnte wieder klar sehen und zwar direkt in ihre traurigen Augen.

„Du musst dich nicht dafür entschuldigen. Niemals", sagte ich strenger als beabsichtigt.

„Warum hast du dann nichts gemacht?" Die Verwirrung war ihr anzuhören.

„Was sollte ich denn tun, Lisa?", ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr ich fort, „Ich musste all meine Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht hier und jetzt über dich herzufallen." Ich breitete die Arme aus, doch ihr skeptischer Blick verriet mir, dass sie mir noch nicht glaubte. „Deine Lippen auf meinen, das war so überwältigend, dass es mich auch wieder verrückt macht. Du machst mich verrückt, wie du in diesem atemberaubenden Kleid da stehst, mit diesen vollen Lippen, bereit mich zu küssen. Das macht mich mehr als verrückt, dass es nicht gut ist. Nicht gut für dich." Als ich meinen Mund schloss, schenkte sie mir, trotz meiner eigentlichen Abweisung, ein zufriedenes Lächeln. Sie glaubte mir.

„Das heißt", sie legte einen ihrer schmalen Finger auf meine Brust. „dass du mich auch gerne küssen willst?" Hatte sie mir gerade etwa nicht zu gehört?

„Ja." Brachte ich heiser hervor, nicht länger fähig, die Wahrheit zu verschweigen. Sie schlang einen Arm um meinen Nacken, näherte sich meinem Mund, diesmal jedoch in Zeitlupe.

„Du kannst mir also nicht lange widerstehen?" Ihre Worte nahm ich nur am Rande meines Verstandes wahr, viel zu sehr war ich von ihrem Mund abgelenkt, der unaufhaltsam näher kam.

Kurz bevor unsere Lippen aufeinander trafen, hielt sie inne, machte keine Anstalten, sich weiter auf mich zu zubewegen. Die Luft um uns knisterte, während sie sich genüsslich in ihre Unterlippe biss. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie etwas Erotischeres gesehen.

„Wirst du mir widerstehen?", fragte sie mich, wartete tatsächlich auf eine Antwort. Meine Beherrschung hing nur noch an einem seidenen Faden, der jetzt mit einem Ruck riss. Das war alles zu viel, ihre Nähe, ihre Wärme, ihr betörender Duft. Ich musste sie schmecken.

Knurrend zog ich sie an mich, presste meinen Mund auf ihren, ging dabei jedoch nicht so vorsichtig vor wie sie. Stürmisch drängte ich meine Zunge gegen ihre Lippen, stöhnend ergab sie sich meiner Forderung und gewährte mir Einlass. Als unsere Zungen aneinander stießen, durchfuhr mich ein Verlangen, das ich so noch nie gespürt hatte. Lustvoll schmiegte sie sich an meinen harten Körper, gab sich mir voll und ganz hin.

Ich hätte das nicht tun dürfen, hätte sie von mir fern halten müssen, doch jetzt wo ich von ihr gekostet hatte, konnte ich nicht mehr so einfach damit aufhören. Konnte nicht genug kriegen.

„Georg." Löste sie sich atemlos von mir. „Wir sollten rein gehen." Nein. Das kam nicht in Frage. Wenn ich ihr in ihr Zimmer folgte, konnte ich für nichts mehr garantieren. Ohne eine Antwort zu geben, zog ich sie wieder an mich, drückte meinen Körper an ihren. Heißes Verlangen floss in meine Adern, versuchte mich zum Umdenken zu überreden, forderte mich auf, ihren Worten Folge zu leisten.

Sanft berührte ich ihre bereits geschwollenen Lippen, sodass sie unter meiner Berührung erzitterte. Sie schmolz förmlich dahin in meinen Armen.

„Ich sollte jetzt gehen", sagte ich überzeugter, als ich es tatsächlich war.

„Ja." Sie nickte, den Kopf an meine Stirn gelehnt. Enttäuschung wollte sich in mir breit machen, da verschränkte sie ihre Finger mit meinen. „Und zwar zu mir." Bei ihren Worten konnte ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Sie war mir immer noch ein Mysterium.

„Lisa..."

„Nichts, Lisa." Sie zog mich kräftig die restlichen Stufen hinauf. „Ich wollte dir schon immer mal mein Zimmer zeigen und heute Abend bietet sich eine gute Gelegenheit dazu." Jetzt konnte ich nicht anders als zu lachen. Diese Frau war purer Wahnsinn.

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