Vergangenheit Teil 1
Lisa
Vor 4 Jahren...
Es war ein Samstagabend gewesen, als sowohl der glücklichste als auch der schrecklichste Tag in meinem Leben begann. Vanessa lag mit Fieber im Bett, hatte mich jedoch so lange bearbeitet, dass ich doch noch auf diese Party in der Nachbarschaft ging. Eigentlich wollten wir dort zusammen hin gehen, und uns endlich mal ein bisschen Spaß gönnen, doch am Ende des Liedes zog ich das blaue, figurbetonte Kleid, das wir extra vor ein paar Tagen gekauften hatten, an und machte mich mit der Hoffnung auf den Weg, einen glorreichen Abend zu erleben.
Nach vier Stunden jedoch, und eine Menge Bier, konnte ich meine Langeweile nicht mehr leugnen. Meine Laune war dementsprechend im Keller und ich ließ mich gefrustet auf das Sofa im Raum fallen. Hatte Vanessa nicht noch prophezeit, dass es hier nur so von hübschen Jungs wimmeln würde? Gerade jedoch konnte ich diese nirgends entdecken, auch sonst konnte ich niemanden ausfindig machen, den ich kannte. So sollte dieser Abend ganz sicher nicht laufen. Ich war schon drauf und dran zu gehen, da stolzierte die Person herein, die jedem Mädchen sofort den Atem raubte, inklusive mir. Meine Langeweile war wie vom Winde verweht, und ich richtete mich schlagartig auf, um in einer besseren Pose da zu sitzen. Endlich jemanden, den ich kannte. Doch zu meiner Enttäuschung bemerkte mich der ältere Bruder meiner besten Freundin nicht, und weitere zwei Stunden zogen sich wie zäher Kaugummi dahin. Trotzdem spürte ich den ganzen Abend zwei dunkle Augenpaare auf mir ruhen, doch immer wenn ich aufschaute, hatte er den Blick auch schon wieder gesenkt. Bildete ich mir das bloß ein, oder machte er das absichtlich? Ich hätte ihn fragen können, doch dazu brachte ich gewiss nicht den Mut auf, also blieb ich schön brav an meinem Platz sitzen und nippte ab und zu an meinem Bier, das vom Halten schon ganz warm war. Ich beobachtete ihn, wie sich immer wieder hübsche Mädchen um ihn scharrten, mit ihm flirteten und ihn sogar anfassten. Bei diesem Anblick wünschte ich mir, dass ich mich ein bisschen mehr herausgeputzt hätte. Meine langen blonden Haare waren nur zu einem Zopf gebunden, der jetzt schon lose an meinem Kopf hing, auch mein Makeup war eher dürftig ausgefallen, nur meine Lippen hatte ich auf den Drang von Vanessa hin, rot angemalt. Doch mit diesen Mädchen, die eine Figur hatten wie Topmodels, konnte ich gewiss nicht mithalten, darum machte ich mir auch erst keine falschen Hoffnungen.
Georg wurde von seinem besten Kumpel, und dessen festen Freundin begleitet. Niklas sah mit seinen blauen Augen und blonden kurzen Haaren ebenfalls zum Anbeißen aus. Da er jedoch schon vergeben war, hefteten sich nur umso mehr Mädchen an Georg. In einem Augenblick hörte ich ihn lauthals lachen und konnte meinen Blick nicht daran hindern, sich zu erheben. Und da waren diese dunkelbraunen Augen, die mich jetzt direkt anstarrten. Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden, und versuchte sie mit einem schnellen Schluck von meinem Bier abzukühlen. Was aufgrund der Wärme nicht ganz funktionierte. Er sollte nicht merken, dass mich sein Blick in Verlegenheit brachte. Reiß dich zusammen, Lisa, es war doch nur ein Blick, nichts weiter, ermahnte ich mich.
Als sich unsere Blicke jedoch ein zweites Mal trafen und er sich daraufhin auf mich zu bewegte, konnte ich meine steigende Aufregung nicht mehr unterdrücken. Während er auf mich zu marschierte, mit einem frechen Grinsen im Gesicht, konnte ich meine Augen nicht von seinen schwarzen Haaren lassen, die ihm zerzaust ins Gesicht hingen. Er trug eine dunkle Jeans und ein weißes Shirt, was er mit dieser braunen Haut auch gut tragen konnte.
Mein Herz machte einen kleinen Sprung, als er sich plötzlich neben mich aufs Sofa fallen ließ.
„Lisa, Mäuschen. Du sitzt hier ja ganz alleine." Sein Atem roch nach Alkohol, doch das war mir in diesem Moment egal. Viel zu sehr war ich von seiner Nähe abgelenkt, die mich ganz verrückt machte.
„Stört es dich, wenn ich dir etwas Gesellschaft leiste?" Er sprach mit so einer tiefen Stimme, dass ich völlig vergaß ihm zu antworten. Was war nur los mit mir? Ich kannte ihn doch schon, seit er klein war und da hatte ich auch keine Probleme mich mit ihm zu unterhalten. Meine Verschwiegenheit störte ihn anscheinend nicht, denn im nächsten Moment lehnte er sich weiter zu mir vor, sodass sich unsere Oberschenkel berührten.
„Hast du eigentlich einen Freund, Lisa?" fragte er mich leise. Kurz schüttelte ich mit dem Kopf, unfähig einen klaren Gedanken fassen zu können. Roch er denn schon immer so gut?
Sein leises Lachen ließ mich aufschauen, und unsere Blicke trafen sich. „Das freut mich.", sagte er mit einem schiefen Grinsen. Tat es das? Sein Gesichtsausdruck wirkte ehrlich, und insgeheim wünschte ich mir, dass er mich genauso gern mochte, wie ich ihn, also lächelte ich zurück, woraufhin er die Augen weit aufriss.
„Du bist so schön, ein Wunder, dass sich die Männer nicht um dich streiten." Mit den Worten fasste er nach meinem Zopf und zwirbelte einzelne Strähnen um seinen Finger. „Verschweigst du mir etwas, Lisa, Maus?" Sein Blick senkte sich auf meine Lippen. Auf einmal hatte ich Angst, dass er mein wild pochendes Herz hörte, konnte mich jedoch auch nicht von ihm entfernen.
„Vielleicht ist sie ja lesbisch!" Ein großes schlankes Mädchen hatte sich zu uns gesellt und stand jetzt mit den Händen in der Hüfte neben uns. Nun, eigentlich neben Georg, ihr abschätziger Blick, der galt eher mir.
„Verzieh dich, Jessy." Er würdigte sie nicht mal eines Blickes. „Beachte sie einfach gar nicht." Sie schnaubte wütend auf und warf mir einen drohenden Blick zu. Diese Situation wurde mir auf einmal zu viel, so viel Aufmerksamkeit war ich nicht gewöhnt, sodass ich mich unter ihrem Blick sofort unwohl fühlte. Ich wollte keineswegs in irgendeine verkorkste Beziehung gezogen werden, also stand ich so schnell ich konnte auf, sah die beiden entschuldigend an und stapfte durch die Menschenmenge, auf die Haustür zu.
„Lisa, warte!" Ich spürte seine warmen Finger an meinem Arm, blieb jedoch nicht stehen. Mein Kopf fühlte sich nach dem abrupten Aufstehen gar nicht gut an, daher brauchte ich dringend frische Luft.
Draußen angekommen atmete ich tief ein, schloss die Augen, um den bösen Blick von dieser Jessy auszublenden.
„Sie hat es nicht so gemeint." Er war mir tatsächlich gefolgt, hörte wie er sich vor mich stellte. „Was ist los? Geht es dir nicht gut?" Jetzt öffnete ich die Augen und sah direkt in ein besorgtes Gesicht. Machte er sich wirklich Sorgen? Um mich?
„Alles gut, ich wollte sowieso nach Hause gehen.", sagte ich mit leiser Stimme zu ihm, und wollte mich an ihm vorbei drängen.
„Du kannst nachts nicht alleine gehen.", erwiderte er streng, „Ich begleite dich."
Und schon stand er wieder neben mir.
„Was ist mit deinen Freunden? Willst du nicht lieber bei ihnen bleiben?" Warum sprach er überhaupt mit so einem schüchternen Mädchen wie mir?
„Das geht schon in Ordnung, ich möchte sichergehen, dass du gut nach Hause kommst." Dagegen hatte ich nun wirklich nichts einzuwenden, also ließ ich mich von ihm begleiten.
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