Kapitel 18

Lisa

Am nächsten Morgen wachte ich erst nach Mittag auf, rekelte mich und streckte mich bis ich dann doch die Bettdecke weg schlug und mich frisch machte. Obwohl ich noch stundenlang hätte liegen bleiben können, wollte ich nicht zu zerknautscht bei Vanessa auftauchen. Wir würden uns wie in alten Zeiten bei ihr zurecht machen, und dann würde es weiter gehen zum Vorglühen bei Niklas und Markus.

„Lisa, Mäuschen? Bist du wach?", hörte ich die Stimme meiner Mutter, zupfte mein Shirt zurecht und machte die Tür auf.

„Was ist los?", sie hielt das Telefon in der Hand umklammert.

„Sean hat gerade angerufen.", sie klang wenig begeistert. Schlagartig wurde mir heiß, ich hatte ganz vergessen, ihr von unserer Trennung zu erzählen.

„Was wollte er denn?", fragte ich sie und hoffte dabei, dass er nicht geplaudert hatte.

Sie machte einen Schritt auf mich zu, die Augen fest auf meine gerichtet. „Er wollte dich sprechen." Das hörte sich doch gar nicht so schlimm an. Ich wollte schon erleichtert aufatmen, da sprach meine Mutter weiter. „Er erreicht dich nämlich schon seit Wochen nicht mehr auf deinem Handy."

Hm, was sollte ich darauf schon antworten?

„Lisa? Ist denn etwas zwischen euch passiert? Ist dein Handy kaputt?", fragte sie ehrlich besorgt und steigerte meine Schuldgefühle.

„Nein, Mom. Mein Handy funktioniert einwandfrei.", seufzte ich.

„Was ist denn dann geschehen?"

„Ich weiß auch nicht, ich ... ich habe es einfach nicht mehr in Amerika ausgehalten.", sie hatte die Wahrheit verdient. „Und da mich Vanessa gebraucht hatte –noch immer braucht- habe ich mich von ihm getrennt."

Sie sah mich mit großen Augen an. „Aber ich dachte, dass er der Richtige gewesen wäre?"

Ja, das dachte ich auch. Trotzdem fehlte mir etwas an unserer Beziehung, das ich nicht definieren konnte.

„Ich habe mich getäuscht."

„Er klang aber nicht so, als wäre er einverstanden mit eurer Trennung." Wieder diese Sorgenfalten.

„Vielleicht...naja...", ich stockte, konnte die nächsten Worte kaum aussprechen.

„Vielleicht, was, Mäuschen?"

„Vielleicht hatte er nicht wirklich ein Mitspracherecht bei der Trennung. Vielleicht habe ich ihm einen Zettel da gelassen, und bin gegangen, ohne mich zu verabschieden."

Scharf sog meine Mutter die Luft ein, genau mit dieser Reaktion hatte ich gerechnet. „Das ist ja schrecklich", keuchte sie und sah mich streng an.

„Ich weiß", gab ich kleinlaut zu, senkte meinen Blick auf meine Hände, die sich in einander verschlungen hatten.

„Wie konntest du ihm so etwas antun, Lisa?", sagte sie vorwurfsvoll. Kein Mäuschen mehr? Ich schluckte, bevor ich mich ihrem Blick wappnete.

„Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat. Es war dumm, das weiß ich. Ich bereue es auch zutiefst. Tut mir leid", schloss ich leise.

„Das musst du nicht mir sagen." Sie hatte Recht. Ich hätte mich schon längst bei ihm melden sollen, mich dafür entschuldigen sollen.

„Am besten machst du das noch heute, er klang ehrlich besorgt." Sie drückte mir das Telefon in die Hand und wandte sich ab. Nervös betrachtete ich das kleine Ding.

„Mom?" hielt ich sie auf. Sie blieb stehen. „Es tut mir leid, dass ich dir nicht schon eher Bescheid gesagt habe. Ich wollte nur nicht, dass du enttäuscht über mein Verhalten bist."

Ihre Züge wurden weicher, sie schenkte mir sogar ein kleines Lächeln. „Jeder macht mal Fehler, Mäuschen. Nur musst du auch mutig genug sein, um ihn aus der Welt zu schaffen." Damit lief sie wieder nach unten und ließ mich mit meinen Schuldgefühlen zurück, die immer schlimmer wurden.

Ich musste das mit ihm klären, musste ihm sagen, warum ich einfach gegangen war. Morgen, ja morgen war ein guter Tag mit ihm zu sprechen, redete ich mir ein, legte das Telefon auf meinen Schreibtisch und machte mich auf den Weg zu Vanessa.

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