Kapitel 15

Joint

Heute Abend hatte ich endlich mal wieder etwas bessere Laune, ob es nun an Lisa lag und deren Sturheit, wollte ich nicht weiter erforschen, doch ich fühlte mich sogar bereit, schon etwas eher nach Hause zu gehen. Als ich den Motor abstellte und mich aus dem Auto schwang, musste ich immer noch über ihren verwunderten Gesichtsausdruck schmunzeln. Egal wie es in der Vergangenheit zwischen uns gelaufen war, sie würde mir nicht lange standhalten können, das konnte ich an ihren Blicken erkennen, die sie mir heimlich zuwarf. Zu Schade, dass ich sehr aufmerksam war und diese bemerkte. 

Ich wusste nicht wieso, aber immer wenn sie in meiner Nähe war, nahm die Enge um meine Brust immer mehr ab, für einen kurzen Moment vergaß ich sie sogar völlig, bemerkte nicht mehr, dass der Schmerz in meinem Inneren noch existierte. Und dabei redete ich nur mit ihr, wie würde es dann wohl erst sein, wenn ich sie berührte? Würde sie sich immer noch genauso anfühlen, wie vor vier Jahren? Nur zu gern wäre ich auf der Stelle umgekehrt und hätte sie mir geschnappt, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Wie zu oft, schlichen sich Zweifel in meinen Kopf, unaufhaltsam bahnten sie sich einen Weg in meine Nerven und schlugen dort mit einer pulsierenden Macht um sich, die ich nicht ignorieren konnte.

Es gab wohl einen guten Grund, warum sie mich die Jahre über auf Abstand gehalten hatte. Da durfte ich meinen Verstand nicht ein weiteres Mal abschalten, sonst würde sie mir wieder an einen anderen Typen entgleiten.

Verdammt, sie hatte einen Freund. Ich wäre ein Heuchler, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich mir wünschte, dass es diesen Freund nicht geben würde. Doch den gab es, und das hieß, dass ich noch vorsichtiger sein musste.

Trotz alle dem glomm in mir Freude auf, sobald ich an die bevorstehende Verabredung dachte. Ich steckte schon wieder viel zu tief in ihrem Charme, das war mir klar. Doch für einen Nachmittag konnte ich doch einmal die Zügel fallen und mich von ihrer Anziehung berauschen lassen, oder?

Ehe mich wieder Zweifel einholten, ging ich schnurstracks auf die Haustür zu, sperrte sie auf und trat in die Wärme des Hauses. Drinnen erwartete mich bereits eine am Esstisch sitzende Vanessa, die sich genau in dem Moment zu mir umdrehte, in dem ich den Raum betrat.

„Hey." Sie hatte ihre Haare zu einem langen Zopf geflochten, der jetzt mit ihrer Kopfbewegung mitschwang.

„Hi, Schwesterherz.", begrüßte ich sie, woraufhin sie überrascht blinzelte.

„Du hast ja gute Laune heute", stellte sie das Offensichtliche fest, doch ich nickte zustimmend. Ich sollte meine gute Stimmung ausnutzen.

„Ist denn etwas vorgefallen?", skeptisch stand sie auf.

„Wieso? Kann ich nicht einfach gut drauf sein?" Ich lächelte ihr zu und nahm damit meinen Worten die Schärfe. Verblüfft schüttelte sie den Kopf.

„Nun, ja, die letzten Wochen warst du nicht wirklich in Bestform." Sie wählte ihre Worte mit Bedacht, als fürchtete sie sich vor meiner Reaktion. Sie hatte Recht, ich hatte mich wie ein Arschloch-Bruder benommen. Ich musste mein Verhalten unbedingt wieder gut machen.

„Hast du Lust auf ein Omlette?", fragte ich sie, während ich in die Küche ging, den Kühlschrank aufriss und eine Schachtel Eier herausholte.

Vani war mir gefolgt und setzte sich nun auf einen der Stühle, die mitten im Raum standen.

„Ja, warum nicht", sagte sie leise und sah mir zu, wie ich die Eier aufschlug. Schweigen legte sich über uns, nur das Zischen des heißen Öls in der Pfanne war zu hören.

„Wie läuft es zwischen dir und Nik?" Die Worte waren heraus, bevor ich genauer darüber nachdenken konnte.

„Was?" Ihre Stimme stockte. „Ist das jetzt so eine Fangfrage, bei der du nur hören möchtest, dass es schlecht läuft?"

Verdutzt drehte ich mich zu ihr um. „Nein, die Frage war ernst gemeint."

„Achso." Sie mied meinen Blick, nestelte an der zerrissenen Tischdecke herum. „Es läuft hervorragend." Ok, zugegebenermaßen fühlte ich mich bei diesem Thema doch etwas unwohl, aber da ich es jetzt schon angeschnitten hatte, musste ich es jetzt auch durchziehen.

„Behandelt er dich denn gut?"

Sie verdrehte die Augen. „Jaha." Ein kleines Lächeln zierte ihren Mund, als würde sie sich über die Frage freuen.

„Das ist gut", sagte ich knapp und wandte mich wieder den Eiern zu.

„Hättest du denn Lust mit uns morgen feiern zu gehen?", fragte sie mich daraufhin. Das hatte ich nun von meiner Offenheit. Ich ließ mir Zeit mit meiner Antwort, schob das Omlett von links nach rechts, schindete Zeit, um vielleicht doch nichts erwidern zu müssen.

„Georg?", drang ihre Stimme an mein Ohr.

„Wenn es dich denn glücklich macht?", hörte ich mich sagen.

„Ja" kam es schnell von ihr. „Das würde es ungemein!"

„Dann werde ich mitkommen. Aber verlang ja nicht von mir zu tanzen."

Sie sprang fröhlich auf. „Mache ich nicht, danke." Damit drückte sie mich schnell an sich, was vor einigen Monaten noch unmöglich erschien. „Ich wecke schnell Mom, dann kann sie mit essen."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top