Kapitel 6

Das Wetter draußen ist beschissen. Feiner Regen, der wie wild vom Wind in Schleiern über die Straße geweht wird, benetzt die Windschutzscheiben der vorbeifahrenden Autos und peitscht arglosen Passanten ins Gesicht. Regenschirme biegen sich unter den heftigen Böen um und stehen wie missgebildete Blitzableiter in den grauen, wolkenbedeckten Himmel. Ich umschließe meine Tasse heißer Schokolade fester, während ich abwesend den Tropfen an der Fensterscheibe der Bäckerei Meyer zusehe, wie sie sich ein Wettrennen dem Erdboden entgegen liefern. Ronja sitzt in einer zu mir mit Blumenkästen abgetrennten Sitzecke, und schaut immer wieder nervös aus dem Fenster. Die Tür des Cafés ist in ihrem Rücken, so wie wir es uns überlegt haben, damit Toni nicht an mir vorbeiläuft und mich zufällig wahrnimmt. Wenn ich meine Fähigkeit, mich vor seinen Augen zu verstecken, besser beherrschen würde, wäre das nicht nötig gewesen, aber bei meinem momentanen Fähigkeitsstand war uns das Risiko zu groß. Deswegen sitze ich weiter von der Tür weg und habe dennoch einen guten Blick auf Ronjas Tisch, ohne dass Toni mich erblicken kann. Vor allen Dingen, da er mit dem Hinterkopf zu mir sitzen wird.

Aber dafür muss er erst mal kommen. Ronja und ich warten schon seit zehn Minuten auf den Typen, bislang ohne ein Wort von ihm, dass er zu spät kommt.

Ronjas und mein Blick treffen sich. Ich rolle mit den Augen und schüttele den Kopf, um zu signalisieren, dass ich Toni mit jeder vergehenden Minute weniger leiden kann. Ronja zuckt mit den Schultern, als wäre es ihr egal, aber ich kann das nervöse Tappen ihres Fußes beobachten, wie es ihren ganzen Oberkörper zum Wippen bringt. Ihre blauen Augen, die im heutigen regenverhangenen Licht grau wirken, schauen immer wieder nervös nach draußen, wenn ein weiterer Passant an den Fenstern vorbeirennt.

Ich nehme einen Schluck von meiner heißen Schoki und gehe nochmal unseren Plan durch, den Ronja und ich uns für das heutige Date vorgenommen haben: Ronja hat sich mit Toni verabredet unter der Kondition, dass er einen USB-Stick mit den Aufnahmen der Videokamera mitbringt, die uns im Escape Room aufgezeichnet hat. Unsere – oder besser Ronjas – Hoffnung ist es, dass wir mithilfe des Footages der Kamera herausfinden können, wie meine Unsichtbarkeit funktioniert. Ich verstehe zwar noch nicht so richtig, was es mir bringen soll, zu wissen, warum die Leute durch mich hindurch schauen, aber Ronja bestand darauf, dass es helfen würde, meine Fähigkeit zu verstehen. Ich glaube, da kommt die Lehrertochter zweiten Grades durch, die für alles eine Erklärung braucht. Schließlich ist ihr Vater Professor für Chemie und ihre Mutter Konrektorin an der Realschule in unserem Vorort. Da kann man schonmal Erklärungen für Phänomene suchen, die keine brauchen.

Die kleine Glocke, die über der Eingangstür hängt, bimmelt, als ein neuer Kunde der Bäckerei Meyer aus dem Pisswetter ins Warme tritt. Toni nimmt die Kapuze seines Pullovers herunter und schüttelt seine dunklen Haare aus. Wasser perlt ihm die verklebten Haarsträhnen hinab und tropft auf den Boden. Auch wenn ich es nicht zugeben will, Toni sieht gut aus. Ich lasse mich unwillkürlich tiefer in die Sitzpolster meiner Sitzbank sinken, als er in Ronjas, und damit auch meine, Richtung schaut. Zu meinem Glück, hat er nur Augen für meine Freundin, die sich umgedreht hat, und ihn jetzt beobachtet, wie er auf sie zustiefelt.

„Hi, Ronja", begrüßt Toni sie, und Ronjas nervöses Wippen hört auf.

Während Toni in die Sitzbank rutscht, grüßt Ronja zurück und Toni zieht seine Jacke aus. „Richtiges Sauwetter da draußen", beginnt Ronja verlegen.

Toni nickt, und sein dunkles Haar wippt gegen die grünen Blätter der Blumenkästen hinter ihm. Wasser tropft ihm aus den Haaren in den Nacken. Schnell wende ich meinen Blick ab und sehe nach draußen zu den Passanten, die sich durch den Regen mühen.

„Ich bin klatschnass", stimmt Toni zu. „Aber nichts, was nicht wieder trocknet. Also, wie geht's dir, Ronja?"

„Gut. Und dir?", gibt sie zurück, und ich muss aufpassen nicht zu kichern. Sie ist so wahnsinnig zugeknöpft. Hätte ich Ronja dieselbe Frage gestellt, sie hätte mir jede Kleinigkeit erzählt. Jeden doofen Kommentar eines Klassenkameraden, jeden Patzer eines Lehrers. Alles. Aber Toni gegenüber gibt sie natürlich nichts dergleichen preis.

„Joah, die Arbeit war langweilig. Es kamen leider nicht nochmal zwei solche Schönheiten, wie du und deine Freundin vorbei", schleimt Toni.

Ich muss meinen Kotzreiz unterdrücken. Das fand ich bei unserer Begegnung charmant? Wirklich? Ich muss wirklich verzweifelt gewesen sein.

„Wir wissen beide, dass du nur Augen für Flora hattest, und ich nur deine zweite Wahl bin", wehrt Ronja Tonis Avancen ab.

„Meine Augen haben sehr wohl gesehen, dass du auch hübsch bist", gibt Toni ein bisschen kleinlaut von sich. Jawoll, Ronja! Lass dich nicht ins Boxhorn jagen!

„Hast du ihn denn dabei?", lenkt Ronja das Gespräch.

„Jetzt schon zum Geschäftlichen kommen? Ronja, du brichst mir das Herz." Ich glaube, wenn Ronja jetzt aufstünde, sie würde auf Tonis Schleimspur ausrutschen.

„Wir wissen doch beide, dass du kein Herz hast", gibt Ronja zu bedenken und ich kann das zuckersüße Lächeln aus ihrer Stimme heraushören, das sie Toni gerade schenken muss.

„Autsch", macht Toni belustigt. „Okay, aber lassen wir das. Bist du öfter hier? Was kannst du mir empfehlen?" Ich höre, wie er das Menü aufschlägt. Die laminierten Seiten rascheln verräterisch, als er darin herumblättert.

Ronja braucht nicht lange zu überlegen. „Der Blaubeerkuchen, den sie hier haben, ist göttlich. Und die weiße Schokolade ist auch echt gut, wenn du auf so was stehst."

„Ich steh nicht so auf süße Heißgetränke", gibt Toni zu. „Gibt es auch sowas wie einen Iced Americano?"

„Kaffee haben sie sicher. Aber bist du dir sicher, dass du bei dem Wetter nicht doch etwas Warmes trinken willst?", hakt Ronja nach.

„Ach was. Bei deinem Anblick wird mir schon warm genug." Ich fange Ronjas Blick über Tonis Schulter auf und kotze still. Sie kichert. Toni fasst das anscheinend als Einladung auf, weiter schlechte Sprüche zu bringen. „Du bist einfach heiß, Ronja, was soll ich noch sagen!"

Das ist ja jetzt wohl nicht sein Ernst. Das ist doch schon nicht mehr flirty, das sind jetzt wirklich so Sprüche, die schlechte Pick-Up-Artists im Internet als die Art und Weise verkaufen, wie Männer mit Frauen sprechen sollten.

„Wenn ich es mir aussuchen darf: Du solltest besser gar nichts mehr sagen, Toni", antwortet Ronja ihm. „Ich bin nur hier, weil du mir die Aufnahmen aus dem Escape Room versprochen hast."

„Aber Ronja", meint Toni ganz cool und überbetont Ronjas Namen dabei, so wie er es auch bei meinem Namen im Escape Room getan hat. Nur dass es jetzt, mit allem drum herum, gar nicht mehr charmant klingt. „Du weißt doch, dass ich dir die Aufnahmen nicht rausgeben darf. Ich dachte, das hätten wir letztes Mal geklärt."

„Nein, Toni", antwortet Ronja und betont Tonis Namen dabei genauso bescheuert, wie er es auch ihrem Namen angetan hat, „du hast mir gesagt, dass du sie mitbringen würdest, wenn ich dich heute treffe."

„Aber nein, das habe ich nie gesagt", blockt Toni ab. „Du musst mich falsch verstanden haben. Wenn ich dir die Aufnahmen gebe und mein Boss das erfährt, stecke ich tief in der Scheiße. Und das willst du doch nicht, oder Ronja?"
Ich beobachte, wie Ronja sich an die Stirn fasst. „Das heißt, du hast keine Aufnahmen dabei."

„Nein, mein Engel", antwortet Toni, wieder suave.

Aber das zieht bei Ronja nicht. „Gut, dann gibt es ja keinen Grund für mich, hier zu bleiben. Tschüss Toni." Sie nickt mir zu, nimmt sich ihre Jacke von der Bank neben sich und rutscht aus der Sitzecke heraus.

Ich nicke auch, stehe auf und laufe an Toni vorbei. „Auf Nimmer-Wiedersehen, Toni."

„Ronja, Flora!", ruft er uns hinterher, aber wir bezahlen ungerührt an der Kasse, bezahlen und verlassen das Café. Und genug Stolz, um uns nicht hinterherzurennen hat der Kerl scheinbar noch.

Sofort nach Verlassen der Bäckerei Meyer prasselt es uns auf die Köpfe. Schnell ziehen wir uns die Kapuzen über die Köpfe und rennen zur nächsten Bushaltestelle.

Sobald wir unter dem Unterstelldach zum Stehen kommen, schüttelt Ronja sich angeekelt. „Was für ein Widerling!", flucht sie und lehnt sich gegen die Plexiglas-Wand des Unterstands, gegen den der Regen prasselt.

Ich nicke zustimmend und schaue in den Straßenverkehr, der uns und die tanzenden Regentropfen illuminiert.

„Ich weiß wirklich nicht, was wir an dem gefunden haben."

„Na ja, solange er den Mund nicht aufmacht...", scherze ich und lächle Ronja an.

Sie grinst. „Ja, schlecht sieht er nicht aus. Aber war er im Escape Room auch schon so schlimm? Weil dann leiden wir beide an riesigen Geschmacksverirrungen."

„Nee, kann ich mir nicht vorstellen. Zumindest seine Sprüche waren besser. Subtiler", überlege ich. „Vielleicht, weil wir in einer Situation waren, über die er gehen konnte. Aber so ein Date allein in einem Café, da braucht man tatsächlich gemeinsame Themen, um das Gespräch am Laufen zu halten."

„Vermutlich", stimmt Ronja mir zu.

Sie will gerade ansetzen, etwas weiteres zu sagen, da klingelt mein Handy. „Sorry", murmele ich, und ziehe es aus meiner Hosentasche. Ein Blick auf den Display verrät mir, wer mich da anruft. „Es ist meine Mutter."

Mein Hals schnürt sich zu. Ich habe die letzten drei Nächte bei Ronja übernachtet und meine Eltern haben sich nur gestern einmal erkundigt, ob es mir gut geht. Und darauf habe ich ihnen nicht geantwortet. Ich habe das Gefühl, dass die beiden gerade viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, als dass sie sich auch noch Sorgen um ihre Teenager-Tochter machen könnten. Der Gedanke sucht mich immer heim, wenn ich abends neben der leise atmenden Ronja liege. Ich verscheuche ihn und drücke den Anruf nach kurzem Überlegen weg.

Ronja sieht mich mitleidig an. „So schlimm?", fragt sie dann.

Ich zucke mit den Schultern. „Ich will nicht drüber reden."

„Vielleicht würde das helfen?", schlägt Ronja vor, und obwohl ich sie böse angucke, spricht sie weiter. „Mir hilft es immer, mit dir über meine Gefühle zu reden", gibt sie zu.

Ich schweige, und starre in den Verkehr. Ich will eigentlich nicht darüber nachdenken. Es tut weh und ich will mich dem Schmerz nicht aussetzen müssen.

„Bitte?", fragt Ronja und ich spüre ihren bittenden Blick auf mir. „Ich möchte wissen, wie es in dir aussieht. Ich fühle mich hier draußen so hilflos. Ich kann dir gar nicht helfen."

„Ich fühl mich scheiße, okay?", schnauze ich sie schließlich an, als sie nicht still sein will. „Bitte, jetzt weißt du, wie es mir geht. Bist du jetzt zufrieden?"

„Absolut nicht", antwortet Ronja. „Aber du bist es ja offensichtlich auch nicht."

Wir schweigen uns an, bis der Bus kommt. Zusammen setzen wir uns in einen Zweiersitz. Als Friedensangebot bietet Ronja mir einen Kopfhörerstöpsel an und wir hören die Fahrt über stillschweigend Musik.

Irgendwann während der Fahrt ruft meine Mutter mich erneut an, und als ich sie wieder wegdrücke, spricht sie mir auf die Mailbox. Auf dem Weg von der Bushaltestelle zu Ronja nach Hause vibriert mein Handy erneut. Mein Vater hat mir geschrieben.

Flora, wir müssen reden. Kommst du bitte nach Hause?"

Ich antworte, dass ich aber nicht reden will und werde sofort von ihm angerufen. Ich drücke den Anruf weg.

„Meinst du wirklich, dass es so klug ist, es einfach von dir wegzuschieben?", fragt Ronja, während ich mir die Schuhe ausziehe und die triefnasse Jacke über die Heizung hänge. „Es geht nicht weg, nur weil du dich nicht darum kümmerst."

„Deine altklugen Ratschläge brauche ich jetzt wirklich nicht", fahre ich sie an.

Kristin streckt ihren schwarzen Lockenkopf aus der Tür der Küche. „Oh, Flora! Hat Sybille dich nicht erreichen können?"

„Nein", antworte ich trotzig und stiefele an Ronja und Kristin vorbei.

„Sie hat angerufen, aber Flora ist nicht rangegangen", petzt Ronja ihrer Mutter. Ich wirbele herum und sehe sie ungläubig an. „Du solltest mit deinen Eltern darüber reden", kommt Ronja mir zuvor. Ich wusste zwar nicht, was ich sagen wollte, aber es wäre etwas verletzendes geworden.

„Schön, dass ihr mich alle loswerden wollt", kommt es mir schließlich doch über die Lippen und ich renne nach oben. Ich habe schon meine Hand an Ronjas Zimmertürklinke, als ich mich eines besseren besinne. Ich will doch einfach nur nicht darüber nachdenken, aber Ronja wird mich dazu zwingen und nicht Ruhe geben, bis ich das in ihren Augen für mich Beste getan habe. Aber es fühlt sich nicht gut an. Meine Füße laufen weiter den Flur entlang und ich schließe mich im Badezimmer ein. Ich fühle mich elend. Mein letzter Fluchtort, Ronja und ihre Familie, werden auch langsam von der Realität eingeholt. Aber ich will mich dem nicht stellen. Mein Kopf beginnt unwillkürlich die möglichen Refugien durchzugehen, die mir zur Verfügung stehen. Aber die traurige Realität ist, dass ich keine richtigen Freunde außerhalb von Ronja habe. Klar, ich habe Klassenkameraden, mit denen ich während der Schule abhänge, aber wir haben uns noch nie außerhalb der Schule getroffen. Jetzt bei denen aufzuschlagen und für zwei Wochen bei ihnen einzuziehen, widerstrebt mir zutiefst. Und alle anderen Menschen, die ich kenne und die von der Situation meiner Eltern wissen, kennen meine Eltern. Das heißt, sie können mich rausschmeißen und zu meinen Eltern bringen.

Denk nach, Flora!", ermahne ich mich selbst. Es muss doch irgendwen geben, den meine Eltern nicht kennen, der aber weiß, was los ist...

In meinem Kopf taucht ein großer, dunkelhaariger Junge an der Schwelle zum Mann auf, dem ich vergangenen Mittwoch mein Leid geklagt habe. Würde Siri mir Unterschlupf gewähren? Rational betrachtet kann ich nicht zu Schulkameraden gehen, weil ich sie am darauffolgend jeden Tag wiedersehen muss. Das wäre mir einfach zu peinlich. Aber Siri kenne ich kaum, und wenn es irgendwie schlimm wird, kann ich einfach gehen und muss ihn nie wiedersehen. Und er wirkte wie jemand, der mit den Emotionen anderer Menschen umgehen kann.

Andererseits, und wie ich bereiets festgestellt habe, kenne ich ihn kaum. Einfach zu einem fremden Mann hinzugehen, den ich einmal gesehen habe... Bin ich wirklich so mit meinem Latein am Ende?

Es klopft an die Tür. „Flora?", fragt Ronja. „Willst du nicht rauskommen?"

Ich schweige und ziehe meine Füße enger an meinen Körper.

„Wir könnten einen Film schauen? Oder das Projekt für Biologie?", bietet Ronja an.

„Davor rede ich lieber mit meinen Eltern", murre ich leise.

„Ich nehme an, das heißt, wir prokrastinieren zusammen und schmeißen das Projekt an den letzten zwei Tagen vor der Abgabe zusammen?", fragt Ronja durch die Tür.

„Das klingt auf jeden Fall mehr nach uns", gebe ich zu, bewege mich aber nicht vom Fleck.

„Wenn wir einen Film gucken wollen, dann musst du jetzt aber vom Boden aufstehen, die Tür aufmachen und dich mit mir auf die Couch in meinem Zimmer setzen. Sonst wird das zusammen echt schwierig", meint Ronja.

„Kein Wort über meine Eltern?", versuche ich ihr ein Gespräch abzuringen.

Ronja seufzt so tief, dass ich es sogar durch die Tür hindurch hören kann. „Du weißt aber, was ich darüber denke."

„Bei dir führt ja auch kein Weg daran vorbei, dass ich weiß, was du denkst", stichele ich, stehe aber auf und öffne die Tür. „Danke."

Ronja nickt und wir gehen in ihr Zimmer.

Ich kann mich kaum auf den Film konzentrieren. Die ganze Zeit schwirrt mir ein Horrorszenario nach dem anderen durch den Kopf, über das meine Eltern mit mir reden wollen. Über Papas Auszug, über die Zeiten, die ich bei wem verbringe, sogar ein Schulwechsel spukt in meinem Kopf herum.

„Jetzt hör schon auf, so rumzuseufzen!", schimpft Ronja mich, zwanzig Minuten nach Beginn von ‚Die Schöne und das Biest'. „Ich weiß, dass Emma Watson gut aussieht, aber das heißt nicht, dass du sie so schmachtend anschauen musst."

„Entschuldige bitte." Ich versuche wirklich, meinen Fokus auf den Film zu lenken, aber ich schaffe es nicht. Sofort driften sie zurück zu meinen Eltern.

Fünf Minuten später hält Ronja den Film an. „Ich halte es nicht mehr aus. Los, spuck es aus", weist sie mich an.

„Was ist, wenn mein Papa heute auszieht? Und ich ihn die ganze nächste Woche nicht mehr sehe?", frage ich und stocke.

„Nur fürs Protokoll", meint Ronja und zeigt auf mich, „du hast mit dem Thema angefangen."

Ich nicke und schaue auf meine Hände. Die Haut meines Daumens hängt in Fetzen um den Nagel herum, so nervös habe ich mich an ihm zu schaffen gemacht. Nägel piddeln ist ein schlechtes Stressverhalten von mir, unter dem meine Finger leiden müssen. In den letzten vier Tagen sehr viel mehr als sonst. Auch jetzt gerade ziehe ich an den losen Hautfetzen, so lange bis es wehtut.

„Wenn du, wie ich es befürchte", dafür kriegt Ronja einen Seitenstoß von mir, „die nächsten drei Wochen noch hier wohnst, hättest du deinen Vater doch sowieso nicht zu Gesicht bekommen. Was ist da der Unterschied?"

„Dass er nicht mehr zuhause lebt!", ereifere ich mich. „Es-es ist einfach ein anderes Gefühl. Normalerweise wäre er dann da, wenn ich wieder käme, aber so... So ist er es halt nicht."

„Und das ist schlimm, weil?", hakt Ronja nach.

Ist sie wirklich so doof? „Weil er dann nicht mehr daheim wohnt!"

„Aber du hast dich doch selbst darüber beschwert, dass deine Eltern so viel streiten. Das Problem hätte sich dadurch ja von selbst gelöst", gibt Ronja zu bedenken. Der Bildschirm ihres Laptops wird schwarz und sie schiebt ihn weiter von uns weg.

„Ronja, mein Papa wohnt dann woanders. Ich würde ihn nur zu vorbestimmten Zeiten sehen können. Ich weiß ja nicht mal, wo er hinzieht und wie weit das weg ist!" Ich verzweifele hier und sie versucht mir die positiven Seiten der Scheidung meiner Eltern aufzuzeigen.

„Das verstehe ich, aber wäre es nicht schön, nach Hause zu kommen und deine Eltern streiten sich mal nicht?", fragt sie.

Mir platzt der Kragen. „Weißt du, was auch schön wäre", äffe ich sie nach, „ein glückliches Elternpaar, die noch miteinander lachen, wenn sie miteinander reden. Die etwas zu Essen auf dem Tisch stehen haben, wenn du nach Hause kommst, anstatt klammheimlich Kisten zu packen. Oder zwei Elternteile, die sich mit mir normal unterhalten, wenn ich nach Hause komme, statt nur eins! Aber ich bin mir nicht sicher, ob du meine Situation überhaupt verstehst. Schließlich sind deine Eltern happy miteinander."

„Wirfst du mir jetzt vor, dass meine Eltern glücklich miteinander sind?", fragt Ronja, sichtlich angepisst. „Das kannst du dir sparen, Flora. Ich versuche dir zu helfen, aber du kriegst es in den falschen Hals, und schon bin ich wieder die Böse. Das ist am Mittwoch schon mal passiert, und ich habe das Gefühl, solange du mit der Scheidung deiner Eltern noch nicht durch bist, wird es wieder passieren. Hör auf, deine Aggressionen und Hilflosigkeiten an mir auszulassen. Ja, dass deine Eltern sich scheiden lassen, ist scheiße. Aber jetzt führt kein Weg mehr daran vorbei. Sie werden sich nicht auf magische Art und Weise wieder lieben lernen und damit musst du klarkommen. Ich habe versucht, dir währenddessen beizustehen, aber sobald ich meine Meinung zu dem Thema äußere, fährst du mich an wie eine Furie. Das muss ich mir echt nicht geben. Entweder du kriegst dich wieder in den Griff und wir unterhalten uns normal über deine Probleme, ohne dass du an der Decke klebst, oder du gehst."

Entgeistert starre ich Ronja an. Ich dachte, sie wäre meine beste Freundin, meine einzige Freundin. „Du willst mich ernsthaft rausschmeißen?", frage ich wütend.

„Nur, wenn du dich nicht im Griff hast", antwortet sie ruhig.

„So, ich hab mich also nicht im Griff", wiederhole ich und lass mir das nochmal auf der Zunge zergehen. „Das nennt sich Gefühle, Ronja. Ich weiß nicht, ob du das nachvollziehen kannst, aber das haben die meisten. Vor allen Dingen, wenn ihnen etwas passiert, was ziemlich scheiße ist."

„Ja, aber die meisten Menschen können mit ihren negativen Gefühlen besser umgehen als du, Flora. Du schiebst sie immer nur vor dir her, von dir weg, und dann explodierst du denen ins Gesicht, die das Pech haben, dir dabei nahe zu sein. Und seit Jahren bleibt dieses Pech an mir kleben. Normalerweise ist das kein Problem, weil du sehr gut im Verdrängen von Problemen bist und die Probleme von so geringer Bedeutung sind, dass sie irgendwann von selbst verschwinden. Aber dieses Problem, das dir gerade gegenübersteht, ist keins, das du bis zu seinem Verschwinden ignorieren kannst. Du musst dich damit auseinandersetzen, Flora, ob du willst oder nicht. Und ich werde nicht der Leidtragende der ganzen Geschichte sein und im Kreuzfeuer stehen bleiben. Reagiere dich ab, dreh ne Runde, was weiß ich. Von mir aus kannst du auch meine Squischies boxen, aber komm wieder runter."

In mir tobt es. Ich kann es nicht anders beschreiben. Meine Wut, meine Hilflosigkeit vermischt sich in diese explosive Mischung, die ich am liebsten in die Welt rausschreien will. Ich fühle mich von Ronja und ihrem Unverständnis verletzt und will sie auch verletzen. Ich will ihr wehtun, damit sie sich genauso scheiße fühlt wie ich.

„Ich dachte, du als meine beste Freundin, solltest verstehen wie ich mich fühle, aber du drehst mir scheinbar alles, was ich sage, im Mund herum. Kein Wunder, dass ich dir nicht erzähle, wie es mir geht!"

„Siehst du, genau das ist es, was ich meine. Ich sage meine Meinung, und du wirfst alles auf mich zurück. Als sei es meine Schuld, dass du dich scheiße fühlst", wirft sie mir an den Kopf, während ich meine wichtigsten Sachen zusammensuche und in meinen Rucksack stopfe.

„Du bist auch der Grund, warum ich mich scheiße fühle", schieße ich zurück. Damit stürme ich aus dem Zimmer, und fliege die Treppe herunter. Meine Füße stampfen so laut auf der Holztreppe, dass sie quietscht und knarzt. Ronja kommt nicht hinter mir her, wie ich es mir insgeheim gewünscht habe.

Kristin steckt ihren Kopf aus der Küchentür und blickt mich an. „Flora, Liebes, alles okay bei dir?", fragt sie besorgt, als sie meine verheulten Augen sieht. Ich wische die Tränen weg, die mir die Wangen runter fließen.

„Nein", antworte ich, ziehe meine Schuhe und Jacke an und verlasse das Haus. Die Haustüre pfeffere ich dabei ordentlich hinter mir ins Schloss.

Draußen stürmt es genauso schlimm wie zuvor. Ein Auto steht vor dem Vorgarten der Schwartz, das ich nur zu gut kenne. Es ist der silberne Ford Kombi, der in unserer Tiefgarage steht. Meine Mutter steigt, Regenschirm voraus, aus dem Inneren des Autos. Sie ist mit meinem Vater und Ronja auf meiner scheinbar immer länger werdenden Liste der Menschen, die ich nicht sehen will.

Entschlossen laufe ich auf das Gartentörchen zu, dass uns trennt und stoße es auf.

Meine Mutter scheint mich nicht wahrzunehmen. Als ich an ihr vorbeilaufe, höre ich sie nur murmeln: „Seltsam, so windig ist es doch gar nicht."

Ich drehe mich um. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt dem Gartentor. Mich ignoriert sie völlig. Mir soll es recht sein, dass meine seltsame Fähigkeit mir meine Flucht ermöglicht.

Innerhalb der kurzen Strecke bis zur nächsten Bushaltestelle bin ich völlig durchweicht. Aber so vermischen sich meine Tränen wenigstens mit dem Regen und niemand kann sie sehen.

Wieder bin ich an dem Punkt angelangt, dass ich nicht weiß, wo ich hinsoll. Nach Hause ist keine Option. Und mein letzter sicherer Hafen wurde mir endgültig genommen. Wieder wandern meine Gedanken zu Siri. Ich beschließe mein Glück zu versuchen. Wenn nicht, kann ich vielleicht Couchsurfen oder im Tierheim wohnen. Kurz denke ich darüber nach, Lila vielleicht in die Gleichung miteinzubeziehen, aber sie kennt meinen Vater, da er auch Freiwilliger beim Tierheim ist. Also zu gefährlich. Aber Siri ist neu, und mein Vater war schon länger nicht mehr da.

Ich steige in den Bus in die Stadtmitte, mein Ziel das Tierheim zur Sonne. Leider scheint auch hier keine Sonne. Der Himmel ist noch genauso grau, wie vor eineinhalb Stunden. Das Date mit Toni kommt mir viel länger her vor. Wie viel in eineinhalb Stunden den Bach runter gehen kann.

Mein Kopf beginnt auf dem Laufweg von meiner Endhaltestelle zum Tierheim in mir Selbstzweifel zu sähen. Vielleicht war ich zu hart zu Ronja. Vielleicht hatte sie recht mit dem, was sie gesagt hat, und ich war im Unrecht. Ich versuche die unliebsam aufploppenden Gedanken zu ignorieren.

Die Glocke des Tierheims bimmelt, als ich eintrete und ich haste schnell weiter, bevor Lila mich sehen kann. Nicht dass sie mich an meine Eltern verpetzen kann. Plötzlich bin ich mir meiner Sache gar nicht mehr so sicher. Ist Siri wirklich meine einzige Hoffnung?

Ich versuche mir selbst Mut zu machen. Ich bin so weit gekommen. Ich kann jetzt nicht einfach den Schwanz einklemmen und zurückkriechen. So viel Stolz besitze ich dann doch. Außerdem: Fragen tut nicht weh. Mit unsicherem neuen Mut laufe ich in die Umkleide. Bevor ich ihm gegenübertrete, will ich zumindest etwas Trockenes anziehen. Meine Hose ist nass von den zwei Läufen durch den Regen und auch meine Jacke ist klamm.

Als ich in die Umkleide eintrete, bewegt sich etwas an den Spinden links von mir, und meine Augen schießen dorthin. Es ist Siri, der sich gerade das Shirt auszieht. Sofort wende ich den Blick ab, aber ich habe dennoch einen guten Blick auf seinen schlanken Körper gehabt. Er sieht zur Tür, als er merkt, dass sie offen steht und ich werden tomatenrot, drehe mich auf dem Absatz um und lasse sie ins Schloss fallen. Das war nicht das, was ich erwartet hatte.

Kurz durchatmen, dann weitermachen, ermahne ich mich innerlich und zwinge mich dazu, einen tiefen Atemzug zu nehmen. Dann klopfe ich an die Tür.

„Ist offen", schallt Siris Stimme von innen angenehm an mein Ohr. Das tut der Wärme in meinen Wangen nicht gut und sie beginnen zu glühen.

Ich öffne die Tür einen Spalt breit, und frage leise: „Aber bist du auch angezogen?" Ich will schließlich nicht, dass Lila mich hört, nachdem ich mich vorne schon erfolgreich an ihr vorbeigeschlichen habe.

„Nö", antwortet Siri und ich höre, wie sich eine Spindtüre schließt. „Ich bin kurz duschen."

Ich blinzele und höre auf seine Schritte, die sich in den angrenzenden Duschraum verziehen. Erst als die Tür zufällt und ich das Wasser höre, das durch die Leitungen in der Wand gepumpt wird, traue ich mich, die Umkleide zu betreten. Siris Klamotten sind ordentlich in einem Spind verstaut. Nur ein schwarzer Rucksack lehnt davor.

Schnell schlüpfe ich aus meiner durchnässten Hose und hänge meine Jacke auf. Aus meinem Rucksack fische ich mir die eine Hose, die ich in meiner Hast hineingestopft habe und hänge meine nasse Hose neben meine Jacke über eine der Bänke, die den ganzen Raum durchziehen, in der Hoffnung, dass sie so ein wenig trocknen können.

Aus Gewohnheit ziehe ich mein Handy hervor. Ich hab vier verpasste Anrufe von meiner Mutter, vier Mailbox Nachrichten und kein Wort von Ronja. Kurzerhand schalte ich es aus. So muss ich mich für den Moment nicht damit beschäftigen.

Das Wasser in der Dusche wird abgeschaltet und das gleichbleibende Rauschen der Leitungen versiegt. Mein Blick wandert ein wenig verlegen durch die Gegend, nicht wissend, wo ich hinschauen soll. Schließlich entscheide ich mich für meine Hände, die einen Hautfetzen nach dem anderen abreißen. Die Tür zu den Duschräumen öffnet sich und ich vermeide es, in Siris Richtung zu sehen. Er scheint sich in aller Seelenruhe anzuziehen.

„Was bringt dich an einem Samstag her?", fragt er schließlich und durchbricht damit meinen nervösen Gedankenfluss darüber, was ich ihm erzählen soll, damit ich bei ihm wohnen kann.

„Ist es wieder sicher zu gucken?", stelle ich die Gegenfrage.

„Es war die ganze Zeit sicher zu gucken", antwortet er seelenruhig. „Abgeguckt hat mir bislang noch niemand was."

„Danke, aber ich verzichte", gebe ich zurück. „Aber um deine Frage zu beantworten..." Ich überlege, was ich am besten sagen soll. Aber alle Ideen klingen dämlich, also entscheide ich mich für die Wahrheit. „Ich hatte gehofft, dich hier zu treffen."

„Mich?", fragt er überrascht. „Wir hatten uns am Mittwoch kennengelernt, richtig?"

Ich nicke. „Ja."

„Ich bin furchtbar schlecht mit Namen. Kannst du mir deinen nochmal sagen?", fragt er. Überrascht schaue ich auf. Zu früh. Er hat immer noch kein Shirt an. Rot anlaufend schaue ich zur Seite.

„Flora", flüstere ich, räuspere mich und wiederhole mich noch einmal in normaler Zimmerlautstärke. „Und kannst du dir bitte etwas anziehen."

„Ich bin doch schon dabei."

Ich höre, wie er sich etwas aus dem Spind überstreift und wage einen erneuten Blick in seine Richtung. Endlich hat er ein T-Shirt an. Ein blaues, ausgeblichenes Spongebob T-Shirt.

„Also", beginne ich, ohne einen richtigen Plan davon zu haben, was ich sagen will. „Genau, ich bin hergekommen, weil... Ich habe ein Problem." Sofort sehe ich Ronja vor mir, wie sie mir stoisch aber frustriert Verdrängung vorwirft. „Besser gesagt eine Bitte? An dich."

„Okay", antwortet Siri gedehnt, zieht sich eine Jacke an und dreht sich zu mir an. „Die da wäre?"

Ich hole tief Luft, lege mir die Worte zurecht und ermahne mich, deutlich zu sprechen: „Kann ich bei dir wohnen?"

Siri hebt seinen Rucksack und ein nasses Handtuch auf und kommt auf mich zugelaufen. Dabei sieht er mich skeptisch an: „Du willst bei mir wohnen?"

Ich nicke, weil ich kein weiteres Wort über meine Lippen bringen kann.

„Wir kennen uns seit Mittwoch", erinnert er mich und kommt vor mir zum Stehen. Ich sitze noch immer und von hier unten wirkt er auf einmal viel bedrohlicher, als noch vor einer Sekunde. „Ist das etwas, was du alle deine dreitägigen Bekanntschaften fragst?"

„Nein, natürlich nicht. Aber du weißt über meine Situation Bescheid", antworte ich.

„Deine Situation?", hakt Siri nacht, realisiert aber als ich es ihm erklären will, wovon ich spreche. „Ach, du meinst deine Eltern und dass du mir am Mittwoch meine Schulter vollgerotzt hast."

„Ich habe geweint, nicht gerotzt", versuche ich einzuhaken.

Aber Siri schüttelt den Kopf. „Nope, vollgerotzt ist schon richtig. Den Pulli musste ich danach gründlich waschen."

„Okay, dann wohl vollgerotzt", gebe ich klein bei.

„Und wieso willst du bei mir wohnen?", kommt er auf das ursprüngliche Thema zurück. „Das erschließt sich mir allein aus dem Grund, dass deine Eltern sich scheiden lassen, nicht."

„Ich will nicht daheim sein", antworte ich leise und wende mein Gesicht von seinem ab.

„Du bist von Zuhause weggerannt?", vermutet er und schrammt damit haarscharf an der Wahrheit vorbei.

„Nicht wirklich von Zuhause", druckse ich herum. „Ich habe bei meiner besten Freundin geschlafen und mich ... Wir haben uns gestritten und meine Mutter ist gekommen und da bin ich geflüchtet."

„Du bist vor deiner Mutter geflüchtet?", fragt Siri ungläubig. „Warum?"

„Sie wollte mit mir über irgendwas reden", gebe ich zu.

„Und das ist ein Grund zur Flucht?", lacht Siri.

„Schön, dass meine miserablen Umstände dich belustigen können", brummele ich halb beleidigt, halb hoffnungsvoll.

„So miserabel sind sie nicht, wie du gerade denkst", meint Siri. „Die Scheidung der eigenen Eltern ist scheiße, ich spreche aus Erfahrung."

„Das heißt, du lässt mich bei dir wohnen?", frage ich hoffnungsvoll und sehe zu ihm auf.

Für einen Augenblick hält er meinen Blick und die Hoffnung in meinem Herzen wächst. Dann schüttelt er den Kopf und tritt meine Hoffnungen mit Füßen. „Nein. Wie gesagt, wir kennen uns seit Mittwoch. Ich kenne dich nicht. Warum sollte ich eine Fremde bei mir wohnen lassen?"

„Es muss ja nicht lang sein", lenke ich sofort ein und begebe mich auf die Verhandlungsebene. „Und du wirst mich gar nicht bemerken. Ich brauche nur ein Sofa, auf dem ich schlafen kann und etwas zu essen."

„Ich laufe daheim nur in Unterhose herum", beginnt Siri und bei dem Gedanken strömt Wärme in meine Wangen und mein Blick wandert wieder nach unten. „Denkst du, damit kommst du klar?"

„Ich... Ich kann ja die Augen zu machen, wenn du im gleichen Raum bist", schlage ich leise vor.

Siri lacht herzhaft. „Das ist schon fast etwas, was ich sehen will."

Ich sehe meine Chance und ergreife sie, so schnell ich kann. „Das heißt, du lässt mich bei dir schlafen? Nur für eine Nacht?"

Siri mustert mich. „Na gut, warum nicht. Was kann schon groß schief gehen."

Ich springe erleichtert auf: „Danke! Dankeschön, Siri!" Ich will ihn drücken, und nach einem Moment des Überlegens tue ich es einfach.

Er ist warm und fester und größer als Ronja, dabei riecht er nach Pampelmuse, gar nicht diesen typischen Männergeruch, den ich von meinem Papa gewohnt bin.

„Jetzt freu dich mal nicht zu früh", ermahnt mich Siri und schiebt mich von sich. Er blickt mir ernst in die Augen: „Du weißt, dass es eine saublöde Idee ist, einen fremden Mann dazu zu überreden, dich bei sich übernachten zu lassen, nur weil du Angst davor hast, nach Hause zu gehen? Und dass du damit nur das Unweigerliche hinauszögerst?"

Ich nicke. „Damit komme ich schon klar", versichere ich ihm.

Siri greift sich an den Kopf und reibt sich die Augen. „Kann ich noch einen Rückzieher machen und dich einfach hierlassen?"

„Nope", antworte ich und poppe das P. „Widerstand ist zwecklos."

„Hast du ein Glück, dass du an mich geraten bist und nicht an irgendwen sonst." Er seufzt. „Ich werde das sowas von bereuen." Sein Blick trifft meinen: „Und du übrigens auch. Dass ich halbnackt durch die Wohnung renne, war nämlich mein voller Ernst."

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