Kapitel 4
Randon Banks
>Wirklich?<, hakt Phil nach, mustert mich abschätzend. Er ist genervt, weil ich ihm nicht verraten will, was ich auf den Zettel geschrieben habe, den ich ihr hinterlassen habe. >War sowieso was Peinliches, wenn du so ausweichst<, meint er dann gereizt, geht zu den anderen nach draußen.
Kaum ist die Tür hinter ihm zugefallen, kommt Maximilian von den Toiletten zurück, lässt sich mir gegenüber am Tisch sinken, zieht sein Handy aus seiner Jeans. Wie immer trägt er seine schwarzen Haare so kurz, dass er sie im Grunde nicht frisieren kann, fixiert seine eisblauen Augen auf sein Handy, ohne die Umgebung wahrzunehmen. Wenn er einmal am Handy ist, bekommt ihn da kaum einer von los.
Wir sitzen bei einem Griechen, weil Phil Hunger hatte und unbedingt alle mitkommen mussten. Die Anderen sind draußen, eine rauchen. Ich habe zum Glück nie damit angefangen und Max versucht wieder einmal damit aufzuhören.
>Was machst du am Freitag? Gehst du mit uns zu Lesley oder willst du in einen Club?< Er sieht wie gewohnt nicht von seinem Handy auf, hebt die Schultern.
>Lesleys Partys sind scheiße. Immer dieselben Leute, dieselbe Musik, dieselben Pussy-Spiele.< Leider muss ich ihm da zustimmen. Sie lädt immer den gesamten Jahrgang ein. Zumindest alle bis auf ungefähr zehn, fünfzehn Leute, die sie nicht da haben will.
Die Playlist überarbeitet sie auch nicht, manchmal kommt nur ihr aktueller Lieblingssong dazu, der aber meistens erst dann gut ankommt, wenn alle völlig dicht sind.
Zur Bespaßung gibt es nur Alkohol und für ausgewählte Partygäste auch die Option, bei Flaschendrehen, Suck and Blow oder sieben Minuten im Himmel mitzumachen. Wobei Lesley mich nicht mitmachen lässt, damit ich ja nichts Unschickliches mit einem der anderen Mädchen mache. Dass ich die Pflichtaufgabe auch einfach verweigern könnte ignoriert sie immer. Abgesehen davon will sie jedes Mal mit machen und stellt am Anfang immer klar, dass Küssen, Rummachen und ähnliches für sie eben nicht als Aufgabe genommen werden darf.
Bei mir geht das natürlich nicht. Warum auch immer.
>Wahrscheinlich bin ich dann bei meinem Bruder oder zocke einfach<, fügt er hinzu.
>Kann ich mitkommen?< Tatsächlich will ich nicht schon wieder so eine Veranstaltung mitmachen und auf einen Abend mit Max hätte ich auch Lust. Wir haben ewig nicht mehr zusammen gezockt.
Außerdem will ich auch Mal wieder etwas ohne sie machen.
Wir unternehmen nur noch Sachen zusammen, wobei wir in den Meisten Fällen das unternehmen, was sie will.
Zu meiner Überraschung hebt er den Blick, sieht zu mir.
>Du willst Lesley allein auf ihrer eigenen Party lassen?<, fragt er skeptisch. Ihm ist durchaus klar, dass ihr das nicht gefallen wird und das ist eine große Untertreibung.
>Darf ich nicht auch Mal selbst etwas machen? Sie wird sauer sein, aber ich bin nicht verpflichtet ihr am Arsch zu kleben und wenn ich immer mache, was sie sagt, kann ich nie wieder etwas mit meinen Freunden allein machen. Ich würde ihr auch beim Vorbereiten und Aufräumen helfen, aber deshalb muss ich doch nicht auf die Party.<
Abgesehen davon macht sie auch immer etwas allein mit ihren Freundinnen und sagt mir das so kurzfristig, dass ich nie etwas planen kann.
Sein Mundwinkel zuckt, dann sieht er wieder auf sein Handy.
>Bring Bier mit<, meint er, dann geht die Tür auf und die Anderen kommen wieder rein. Zu Frieden lehne ich mich zurück, begrüße die Anderen mit einem knappen Kopfnicken.
Lesley gibt mir einen kurzen Kuss, den sie gleich vertiefen will, aber ich lasse sie nicht. Sie riecht und schmeckt nach kaltem Rauch, das finde ich einfach nur widerlich. An ihrem genervten Schnauben erkennt jeder, dass sie diese Eigenschaft an mir stört, aber das ist mir egal. Sie weiß ganz genau, dass ich sie so nicht mehr als kurz küsse und wenn sie etwas Anderes will, muss sie eben wann anders rauchen oder am besten damit aufhören.
Um mich dafür zu strafen, dass ich nicht mache, was sie will, setzt sie sich neben mich, redet aber nur mit Flora. Mir soll es Recht sein, dann kann ich wenigstens auch Mal ungestört mit den Jungs über Sport oder neue Spiele reden, ohne sie außen vor zu lassen.
Sie ist ja schließlich beschäftigt.
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Lesleys giftigen Seitenblicke sind mir nicht entgangen, aber ich bin nicht ihr Spielzeug und auch nicht ihr Hund. Nie im Leben werde ich so gehorsam wie ihr kläffender Chihuahua. Dieses winzige Ding hasst mich und ich kann nicht sagen, dass ich anders für sie empfinde. Daisy ist eine noch größere Diva als alle Mädchen, die ich kenne.
Bei unserer ersten Begegnung, bei Lesley zu Hause, hat mich das Ding so lange angebellt, bis wir wieder gegangen sind. Beim zweiten Mal hat Lesley sie in den Garten gesperrt, wo sie auch noch über eine Stunde lang immer wieder gebellt hat, bis sie dann schließlich akzeptieren konnte, dass ich bleibe. Seitdem bellt sie mich immer zur Begrüßung an, ist dann aber still. Wahrscheinlich will sie nur nicht wieder in den Garten gesperrt werden.
>Randon? Süßer?< Fragend sehe ich zu Lesley, die mich auf den Kellner aufmerksam macht. Offenbar soll ich unsere Rechnung begleichen.
Wortlos werfe ich einen knappen Blick auf die Rechnung, ziehe meinen Gelbeutel aus meiner hinteren Hosentasche und reiche ihm einen Schein.
>Stimmt so.< Dass ich immer für sie bezahlten muss stört mich normalerweise nicht. Ich bin es so gewohnt. Mich nervt nur diese Selbstverständlichkeit von ihr. Als gäbe es die Möglichkeit gar nicht, dass wir getrennt zahlen, oder - Gott behüte - sie die Rechnung übernimmt.
Als ich mich umsehe, muss ich feststellen, dass Louis und die Mädchen schon alle weg sind, bis auf meine Freundin und natürlich Flora. Es ist nicht leicht dieses Mädchen von Lesley los zu bekommen. Genau genommen schafft das nur ihr Freund, ein gewisser Allen. Er scheint auf eine andere Schule zu gehen, darum kenne ich ihn nicht, aber wenn er anruft oder ihr schreibt, ist sie immer augenblicklich verschwunden. Manchmal vergisst sie sogar, sich von Lesley zu verabschieden, demnach muss sie schwer verliebt sein.
>Was ist denn heute los mit dir?<, fragt Lesley leise, mustert mich von der Seite. Wir sind aufgestanden und verlassen grade das Restaurant, folgen den Anderen drei, die noch übrig sind. Die Mädchen sind offenbar schon weg.
>Was meinst du?< Gut, heute bin ich ungewöhnlich oft in Gedanken und gelegentlich auch kurz weggetreten, aber das ist manchmal einfach so. Bisher ist ihr das nie aufgefallen, oder zumindest hat sie es nicht angesprochen und wir sind immerhin schon seit beinahe drei Monaten zusammen.
>Du hast die ganze Zeit nur an die Wand gestarrt<, beschwert sie sich jetzt, plötzlich angefressen.
Was habe ich denn wieder verbrochen?
>An wen hast du gedacht? Ist sie heiß?<
Mit einiger Selbstkontrolle schaffe ich es, mein genervtes Stöhnen zu unterdrücken. Immer, wenn ich auch nur eine Sekunde lang nicht aussehe, als würde ich an sie denken, muss es eine andere sein.
>Ich habe überlegt, warum mir Mathe im Moment so schwer fällt<, lüge ich und lächle sie beruhigend an. Wenn ich ihr erzähle, dass ich nur an belangloses Zeug gedacht und ein bisschen philosophiert habe, lacht sie mich nur wieder aus. Oder sie glaubt mir nicht.
>Heißer als ich ist sie sowieso nicht<, meint sie selbstgefällig, weswegen ich sie anstarre. Sie wirft ihre braunen Locken zurück, lächelt überheblich, hakt sich bei mir unter. Vor uns höre ich Flora leise kichern.
So kenne ich sie nicht.
Lesley ist selbstbewusst, vielleicht auch etwas selbstverliebt, aber das ist mir neu. Sie war bisher nicht so überheblich, hat auf andere herabgesehen. Abgesehen von ihren Phasen, in denen sie ihre üblen Gerüchte verbreitet, aber da macht sie dann keine Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen. Außerdem hackt sie allgemein nicht aus Eifersucht auf anderen herum.
Unschuldig sieht sie zu mir auf, drückt ihre Brüste an meinen Arm.
>Was? Denkst du jetzt an meine heißen Kurven?<, fragt sie mit rauer Stimme, aber so laut, dass alle sie hören können. Tatsächlich dreht sich Phil kurz zu uns um, zwinkert mir zu.
>Bring sie nach Hause, bevor sie dich gleich hier vernascht, wir kümmern uns um Flora. Lass sie nächstes Mal am besten nicht den ganzen Ouzo trinken<, empfiehlt er belustigt.
Jetzt weiß ich auch, warum sie so komisch riecht.
Es ist nicht so, dass ich keinen Alkohol trinke, aber über Starkbier bin ich nur ganz selten hinaus gegangen. Allgemein trinke ich meistens nur Bier, deshalb habe ich den merkwürdigen Geruch an ihr nicht erkannt.
Lesley neben mir kichert, zeigt Phil den Mittelfinger, woraufhin sie sich verabschieden und gehen.
>Gib mir deine Schlüssel<, bitte ich sie, damit sie mich nicht gleich wieder an macht, warum ich ihr Befehle gebe. Wenn sie getrunken hat, ist sie empfindlich. Wir sind mit ihrem Auto gefahren, weil wir von der Schule direkt hier her gekommen sind. Normalweise umgehe ich den pinken Mini so gut ich kann.
Bereitwillig reicht sie mir ihren Schlüsselbund, macht noch weiter irgendwelche Anspielungen, aber ich ignoriere sie.
Sind alle betrunkenen Mädchen so anstrengend?
Normalerweise mag ich ihre anzügliche Seite, weil man mit ihr immer Spaß haben kann, wenn sie sich für etwas begeistert und das sind nicht wenige Sachen. Natürlich auch bei normalen Themen.
Nur dieses betrunkene schmollen, wenn ich nicht auf sie eingehe oder ihre halb witzigen, halb einfach nur merkwürdigenAnmachversuche sind komisch. Obwohl sie höchstens vier oder fünf Ouzo Shotsgetrunken hat - wenn wir dieselbe Menge wie üblich bekommen haben -, ist siebetrunken. Demnach macht sie wieder so eine komische Diät, bei der sie nichts isst. Anders kann ich mir nicht erklären, warum der Alkohol so ungewöhnlich schnell und stark anschlägt.
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Tatsächlich gleich noch ein Kapitel geaschafft :)
22.11.2018
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