Kapitel 26

Randon Banks

Unterwegs haben wir ein wenig herumgealbert und uns viel unterhalten, wobei wir auch immer versucht haben, Clara nicht auszuschließen und in das Gespräch einzubeziehen. Es macht richtig Spaß mit den zweien, obwohl Clara eher still ist.

Mittlerweile sitzen wir am See, Max hat seine Schuhe und Socken ausgezogen, seine Hose hochgekrempelt und läuft über den warmen Sand zum See.

>Drei, zwei, eins...<, zähle ich langsam mit einem Lächeln im Gesicht und habe genau den Richtigen Moment getroffen.

>Scheiße ist das kalt!<, flucht Max, weicht ein Stück von dem Wasser zurück. Clara neben mir lacht und ich schließe mich ihr an.

>Du Mädchen!<, rufe ich ihm zu, wofür er mir den Finger zeigt. Clara sieht mich an, deshalb drehe ich den Kopf zu ihr. Augenblicklich laufen ihre Wangen rot an und sie lächelt verlegen. >Alles okay?<

>Ja, natürlich. Ich wollte nur fragen, ob ihr wirklich bis hier her gelaufen seid.< Knapp nicke ich, obwohl ich ihr nicht ganz glaube. Sie scheint viel in Gedanken zu sein, sich aber auch wohl zu fühlen, deshalb belasse ich es dabei und sehe wieder zu Max, der einen weiteren Versuch startet.

Sie hatte heute schon genug Aufregung, da muss ich sie nicht auch noch bedrängen.

>Warum gehst du nicht rein?<, fragt sie unvermittelt, wendet den Blick aber nicht von Max ab.

>Ich kann auf den Sand in meinen Schuhen verzichten. Außerdem würde ich ganz rein gehen wollen, nicht nur mit den Füßen. Dafür fehlt mir aber das Handtuch.< Aus irgendeinem Grund röten sich ihre Wangen wieder, dann dreht sie den Kopf leicht weg. Vermutlich soll ich es nicht sehen, dabei weiß ich gar nicht, warum sie schon wider so reagiert. >Willst du dann mit uns zurück laufen?< Sie sitzt erst nur ganz still da, dann sieht sie wieder zu Max.

>Bist du dir sicher, dass er noch Mal zehn Kilometer mit dir laufen wird?< Ich folge ihrem Blick zu meinem besten Freund, der glücklich ein paar Schritte im See geht. Es wirkt tatsächlich nicht so, als würde er das noch einmal mit machen. Zumindest nicht freiwillig.

>Dann kann er ja den Bus nehmen und wir laufen ohne ihn.< Ihre Schultern versteifen sich, dann sieht sie zu mir. Ihre grünen Augen mustern mich, ihre Stirn ist gerunzelt.

>Warum denn? Das wäre ziemlich langweilig, oder nicht?< Kopfschüttelnd setzte ich mich ein bisschen anders hin.

>Wir finden schon was, worüber wir reden können. Und selbst, wenn nicht, läuft es sich auch schweigend und zu zweit besser als allein.< Sie sieht mich weiter an, was mich lächeln lässt. >Notfalls reden wir über Venom.< Nun lächelt auch sie, sieht Kopfschüttelnd weg.

>Ein Stapel Körper, ein Stapel Köpfe.< Grinsend hebe ich meine Faust, halte sie ihr hin. Kurz betrachtet sie diese, dann schlägt sie ihre Faust sanft gegen meine. Auch ich liebe diesen Satz von Venom aus dem Film. Mag sein, dass viele das als unangebracht empfinden, aber wir beide finden es eben unterhaltsam, wie Venom redet und über Menschen denkt.

>Blöder Sand<, beschwert sich Max, kommt zu uns und lässt sich neben mir sinken. >Der ist echt überall<, brummt er, versucht seine Füße sauber zu machen.

>Warte, bis der Sand trocken ist<, empfiehlt ihm Clara und schon hört er auf.

>Gute Idee.<

>Können wir dann zurück laufen?<, frage ich Max mit einem provozierenden Unterton, weil ich genau weiß, wie er reagieren wird.

>Spinnst du?<, fährt er mich gleich an, deutet auf seine Füße. >Meine Blasen haben Blasen und du willst noch mal gute zehn Kilometer laufen?< Erst ist es nur ein Lächeln, aber dann sehe ich sein Gesicht und kann ein Lachen nicht unterdrücken. Auch Clara lacht neben mir, nur Max nicht.

>Dann laufen wir wohl wirklich allein<, erkläre ich ihr, woraufhin sie die Schultern hebt.

>Klar.< Sofort wird Max hellhörig, sieht zwischen uns hin und her.

>Schläfst du dann wieder bei ihr?<, fragt er, zwinkert mir zu. Mein Lachen verstummt, Clara starrt Max an, dann mich.

>Ich habe dir gesagt, dass wir beim Filmschauen eingeschlafen sind also stell es nicht als etwas hin, was nie passiert ist.< Das meine ich wirklich ernst, was mir anzusehen und zu hören ist.

>Ja, ich weiß. War nur ein dummer Spruch, entschuldigt.< Für mich ist das Thema damit durch, bei Clara bin ich mir da allerdings nicht so sicher.

>Solche Witze können sehr unschöne Folgen haben<, erklärt sie leise, aber deutlich. >Es ist in Ordnung, weil uns hier niemand zuhört, aber bitte sag so etwas nicht, wenn jemand in der Nähe ist.< Sie sieht Max eindringlich an, was mich verwirrt. Normalerweise weicht sie direktem Blickkontakt immer aus oder hält ihn wenigstens nicht lange. Und so ernst kenne ich sie auch nicht.

Oder ist sie nur bei mir so?

>Okay, ja<, antwortet er, ebenfalls ernst, sieht fragen zu mir. Ich allerdings hebe nur die Schultern. Ich kann mir schon denken, dass das etwas mit ihrer Vergangenheit und schlechten Erfahrungen zu tun hat, aber sicher bin ich mir nicht und kann auch nichts dazu sagen.

>Also gehen wir?<, versuche ich die entstandene Spannung zu lösen, betrachte die Füße von Max, die schon recht trocken aussehen.

>Ich könnt schon Mal vor gehen, ich bleibe noch ein bisschen. Der Bus hält in der Nähe und wenn ihr wirklich laufen wollt, müsste ihr langsam los. Später wird es noch frisch, wenn die Sonne unter geht.< Fragend sehe ich zu Clara, die knapp nickt und aufsteht. Sanft klopft sie dann den Sand von ihrer Hose, was ich ihr nachtue. Sobald wir Sand-frei sind verabschieden wir uns von Max und verlassen den Strand, machen uns auf den Weg.

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Tatsächlich haben wir uns die meiste Zeit unterhalten. Nicht über wirklich viele Themen, aber wir haben die Zeit rumbekommen und sie hat sich auch meinem Tempo angepasst. Ich laufe immer recht zügig, schließlich will ich irgendwann ankommen und sie hat überhaupt kein Problem damit, mit mir mitzuhalten.

Unterwegs waren wir auch kurz in einem Café, haben uns etwas zu trinken geholt. Mittlerweile jedoch sind wir wieder in der richtigen Stadt und steuern die Taubengasse an.

>Clara?< Wir haben die letzten Minuten geschwiegen, aber da ist noch etwas, das ich sie fragen möchte.

>Hm?< Sie sieht zu mir auf, ich sehe zu ihr herunter.

>Wer hat dich vorhin angerufen und gefragt, wo du bist? Als du weggelaufen bist, meine ich.< Plötzlich bleibt sie stehen, wird ganz blass. Es ist mehr als deutlich, dass ihr die Frage unangenehm ist, aber ich verstehe nicht wieso.

Das ist für mich die perfekte Gelegenheit, um heraus zu finden, wer Sie ist.

Seit wir Clara bei Theo getroffen haben, habe ich darüber nachgedacht und ich will es wissen. Ich mag das Geheimnis, die Tatsache, dass ich sie nicht kenne, aber gleichzeitig will ich endlich wissen, wer die Stütze ist, auf die ich mich immer mehr verlasse. Wenn ihr irgendetwas passiert oder sie plötzlich weg ist, muss ich eine Möglichkeit haben ihr zu helfen, für sie da zu sein. Das bin ich ihr mehr als schuldig.

>Das kann ich dir nicht sagen.< Sie hat so leise gesprochen, dass ich sie kaum verstanden habe.

>Warum nicht?< Sie schluckt schwer, weicht meinem Blick aus.

>Sei hat mich gebeten, es dir nicht zu sagen.< Stumm betrachte ich ihre angespannten Züge, wie sie meinen Blicken ausweicht. Sie verschweigt mir irgendetwas, nur wüsste ich nicht was.

>Sagt du mir zumindest, ob sie aus der Gruppe ist? Du weißt schon, die paar Mädchen, die immer um uns herumschwirren. Sie hat mal gesagt, dass sie nicht direkt mit mir zu tun hat. Ich möchte nur wissen, ob das stimmt.< Sie zögert kurz, sieht weiterhin weg, nickt aber.

>Sie ist keine von denen.< Erleichtert lasse ich die Schultern sinken.

>Tut mir leid. Ich wollte nicht unhöflich sein. Du musst mir nicht sagen, wer sie ist.< Wieder nickt sie knapp.

>Den Rest kann ich auch allein gehen.< Es trifft mich, dass sie nicht mit mir weitergehen will, aber ich kann sie auch verstehen. Es war überhaupt nicht in Ordnung, sie zu bedrängen. Sie hat ihrer Freundin oder Bekannten versichert, das Geheimnis zu wahren und ich habe nicht das Recht, mich da einzumischen.

>Es tut mir wirklich leid.< Langsam hebt sie den Kopf, sieht mich an. Sie ist ganz ruhig, sieht nicht wieder weg, sondern versucht etwas in meinem Gesicht zu lesen. Oder in meinen Augen.

Plötzlich überläuft mich eine Gänsehaut und ich muss den Blick abwenden. Ich habe keine Ahnung, was da eben passiert ist, aber ich muss einen kleinen Schritt zurückweichen, ehe ich sie wieder ansehen kann.

>Wir sehen uns am Montag<, sagt sie, wendet sich ab und geht. Eigentlich will ich etwas sagen, mich verabschieden oder ihr einen schönen Abend wünschen, aber aus meinem Mund kommt nichts raus.

Stumm stehe ich einfach da, sehe ihr nach. Sie geht seelenruhig davon, sieht nicht zurück. Diesmal bin ich derjenige von uns beiden, der sprachlos ist und merkwürdig reagiert.

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Zurück bei mir zu Hause gehe ich duschen, wasche den langen Tag von meiner Haut. Obwohl ich sonst immer heiß dusche, lasse ich es heute nur Lauwarm. Mir ist einfach danach, mich abzukühlen. Der Tag hatte viele Wendungen und es gibt einige Dinge, über die ich nachdenken will.

>Wie lange brauchst du noch?<, höre ich Dana vor der Badezimmertür, stelle das Wasser ab.

>Fünf Minuten!< Ihre Schritte entfernen sich, darum stelle ich das Wasser wieder an, wasche den restlichen Schaum von meinem Körper.

Ein Handtuch um die Hüften gewickelt verlasse ich wenig später das Badezimmer und will schon meiner kleinen Schwester sagen, dass das Bad frei ist, da kommt sie aus ihrem Zimmer.

>Du brauchst ja länger als Mama<, beschwert sie sich neckend, wofür ich ihr in die Wange kneife, als sie bei mir vorbeikommt. >Hey<, jammert sie, schlägt meine Hand weg. >Ich räche mich, sobald ich auf der Toilette war<, verkündet sie und schon ist sie verschwunden.

Mit einem Lächeln auf den Lippen gehe ich in mein Schlafzimmer, ziehe mir bequeme Schlafsachen an. >Ich komme!<, verkündet sie, als ich gerade in meinem Bett liege und mein Handy auf Nachrichten überprüfen wollte, stürmt in mein Zimmer.

Wie eine Wilde wirft sie sich auf mich, versucht mich zu kitzeln.

>Nicht kitzeln, das ist unfair<, bitte ich sie, aber die kleine hört nicht auf mich.

>Du bist viel größer und stärker als ich, da nehme ich doch keine Rücksicht auf dich<, entgegnet sie, erwischt eine ganz bestimmte Stelle an meiner Hüfte. Fluchend und lachend versuche ich ihre Händezu bändigen, aber sie hat viel zu viel Übung darin. Sie weiß genau, wo ich so kitzlig bin, dass ich die Kraft verliere und sie mich in die Tasche stecken kann. Abgesehen davon tut es unglaublich gut zu lachen und mich nur auf meine süße, kleine Schwester zu konzentrieren.

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05.07.2019

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