EINUNDDREIßIG: Der Beleidigte

,,Oh."

Seine Stimme hat sich verändert. Sie ist nicht mehr so fürsorglich und warm wie vorher, sondern rau und gepresst.

Er lässt mich los, womit er mir beinahe das Herz bricht. Noch nie habe ich ihn so verletzt gesehen und noch nie habe ich mich so verantwortlich dafür gefühlt.

,,Und warum weinst du jetzt? Ist doch toll.", sagt er kalt und schaut mich nur an, mit einem so verletztem Blick, dass ich fast wieder anfange zu heulen.

,,Das ist kompliziert.", antworte ich leise und unterbreche den Blickkontakt, um ihn nicht mehr sehen zu müssen.

,,Er hat dich aber zu nichts gezwungen oderso?", fragt er doch noch mal nach, und ich merke, dass er selbst nicht weiß, ob ihm das lieber wäre oder nicht, doch ich schüttle den Kopf.

Ich meine was soll ich denn sagen? Dass ich nur mit ihm zusammen bin, weil ich nicht in ihn verliebt bin, und weiß dass er es ist, und ich seit drei Monaten kitschige Spitznahmen und Damen Parfums ertrage, nur damit er denkt wir seien glücklich, und dass ich mir andauernd eingeredet habe, dass es mir eh egal wäre, ob ich jetzt mit ihm Sex habe oder nicht,  und es mir dann doch nicht egal war, weil ich mein verdammtes erstes Mal an einen Schnösel verloren habe, den ich nicht liebe? Das ich einfach nur einen beschissenen Gewinnerkomplex habe, und es auf den Tod nicht leiden kann, wenn jemand meint, dass ich mich etwas nicht traue, oder etwas nicht schaffe? Warum bedeuted mir das auf einmal so viel?

Warum bedeutet er mir auf einmal so viel?!

,,Na dann, gratulliere.", sagt er ohne jede Emoton.

,,Hör auf.", flüster ich leise, weil ich es nicht mehr ertragen kann, dass er mich so ansieht, als wäre ich irgendeine Nutte vom Straßenrand. Noch nie habe ich mich so erbärmlich gefühlt.

,,Womit soll ich denn aufhören? Ist doch toll, dass du jetzt sagen kannst, dass das mit fünfzehn schon Sex hattest! Fühlst du dich jetzt erwachsen?" Jetzt ist er nicht nur verletzt, sondern auch wütend. Seine Worte treffen mich allerdings wie ein Faustschlag.

Ich weiß nicht was ich mir erwartet habe, aber ich habe nie damit gerechnet, dass er so reagiert. Es sind doch schon drei Monate vergangen! Es kann doch nicht sein, dass er immer noch auf mich steht! Man kann sich nicht in mich verlieben! Schon gar nicht, wenn man Fred ist!

Die einzige Reaktion zu der mein Körper jetzt im stande ist, ist es zu weinen. Schon wieder zu weinen, weil die Situation so hoffnungslos ist. Ich wollte Fred doch nie verletzten! Desswegen mache ich die ganze Scheiße ja! Damit ich ihm nicht sagen muss, dass ich ihn nicht liebe und ihm sein Herz breche, oderso! Dass ich nie jemanden Lieben kann, dass ich nicht einmal an die Existens von Liebe glaube!

,,Hör doch jetzt auf zu heulen, und versuch dich einmal nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Du hast doch jetzt alles was du willst oder? So scheiße kanns' ja nicht gewesen sein!", meint er kühl, und steht auf. ,,Ich muss jetzt in Verwandlung. Ich kann mir nicht leisten noch eine Stunde zu schwänzen. Ich schätze mal du kommst nicht?!", sagt er mehr als Aussage als Frage, während er sich umdreht, und den Raum verlässt, und mich in Tränen aufgelöst und völlig fassungslos hinter meiner Trennwand liegen lässt.


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