Kapitel 11

Es war ein weiteres Wochende bei uns zu Hause in Mystic Falls angebrochen. Kai und Nicolas hatten mal wieder einer ihrer Nächte, in denen sie sich bei Nicolas im Zimmer verkrümelten, irgendwelche Videospiele spielten und dann teilweise mitten in der Nacht einfach aus dem Haus in die Stadt gingen, sich teilweise Kais Mottorrad schnappten und irgendwo spontan hinfuhren. Nicolas war dann am nächsten Morgen immer völlig gerädert, doch Kai schien das erstaunlicherweise immer ziemlich gut zu verkraften, wahrscheinlich war er so etwas schon gewöhnt. Ich fand, dass Kai kein guter Umgang für ihn war, doch immer wenn ich ihn darauf ansprach, wurde er aggressiv, wie ich ihn gar nicht kannte. Nicolas wurde normalerweise nie ausfallend oder aggressiv, er war eigentlich immer total ruhig und eher zurückhaltend gewesen. Wenn ich ihn auf seine Veränderung ansprach, wurde er noch aggressiver. Kai hatte wohl sein Leben positiv bereichert, weil er ihm gezeigt hatt, wie es war, ein richtiger Mann zu sein und er meinte, dass er genauso gut sagen könnte, dass ich mich nicht mehr mit Thomas treffen sollte, da er ihn nicht mochte.

Das stimmte wirklich, Thomas und Nicolas verstanden sich nicht wirklich gut und seit Thomas vor einigen Wochen so komisch drauf war, war er auch jeden Tag anders. Es war, als würde er halluzinieren, doch wenn ich ihm sagte, dass er vielleicht Hilfe bei einem Therapeuten suchen könnte, der ihm helfen könnte, wurde er panisch und meinte, dass sein Problem niemand verstehen würde und selbst ich es nicht verstehen würde. Er meinte, dass er sich verstellen musste und sich wünschte, dass er eines Tages bei mir der sein konnte, der er wirklich war.

Das traf mich jedes mal sehr, denn ich liebte ihn und wollte nicht, dass er sich bei mir verstellte. Doch ich wusste, dass ich nicht mehr machen konnte, als ihm Zeit zu geben und ihm zeigen, dass er sich auf mich verlassen konnte. Zeit heilte viele Wunden und ich wusste, dass ich im Moment einfach für ihn dasein musste, dann würde sicherlich bald wieder alles wieder gut werden und Thomas würde wieder der Alte sein. Auch die anderen machten sich Sorgen um ihn, ich hatte das Gefühl, dass sie mehr als ich wussten und nur noch auf den richtigen Zeitpunkt warteten, um mir ihre Vermutung zu erzählen.

Es war mitten in der Nacht als irgendein Idiot dachte, dass er das ganze Haus aufwecken musste, indem er an unserer Tür sturmklingelte. Erst dachte ich mir, dass es sicherlich Nicolas wäre, der den Schlüssel hier liegen gelassen hätte und dann nicht mehr in das Haus gekommen wäre, nachdem er von seinen nächtlichen Streifzügen mit Kai zurückgekehrt war, doch als ich dann ins Wohnzimmer trat, hörte ich aus seinem Zimmer die Stimmen von Kai und ihm und sah das Licht, das noch in seinem Zimmer brannte. Na super! Und dann scheuchte er mich, die mitten im Schlaf war, auf, um die Tür zu öffnen. Das hätte er mal schön selbst machen können, immer musste ich die Drecksarbeit erledigen. Wer klingelte denn mitten in der Nacht bei uns an der Tür?

Mit klopfendem Herzen linste ich durch den kleinen Spion ins Freie, ich konnte durch das Licht des Bewegungsmelders eine Person erkennen, die mir sehr vertraut war. Thomas stand an die Hauswand gelehnt, ich konnte nicht viel erkennen, da er sein Gesicht zu Boden gesenkt hatte und bedrohlich hin und her schwankte, wie wenn er in jeder Sekunde umkippen und auf dem Boden landen würde. Was war denn nur mit ihm los? Hatte er sich betrunken und war dann einfach bei mir aufgetaucht?

Schnell schob ich den Riegel vor der Tür zur Seite und stürmte nach draußen, um ihn zu stützen und ins Haus zu führen. Er stützte sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich und so kippte ich fast zur Seite, da er nicht gerade leicht wie eine Feder war. Er war zwar ziemlich dünn, doch natürlich wog er mehr als ich, denn ich war nicht gerade ziemlich groß und auch ziemlich schmächtig. Als ich an unserem Sofa angekommen war ließ ich ihn erst einmal darauf nieder und schob mir meine Haare aus dem Gesicht.

„May? Bist du hier?", hörte ich Thomas murmeln. Er lallte nicht, doch ganz klar bei sichwar er trotzdem nicht. Es war, als wenn er nicht ganz bei Sinnen wäre. Ich bekam automatisch Herzrasen und meine Hände fingen an, zu zittern. Was war denn nur los mit ihm zur Hölle? Was machte er mitten in der Nacht vor meiner Tür, wenn er sich dann noch nicht einmal sicher war, dass ich hier war, wenn er hier auf meiner Couch lag?

„Nicolas! Kai!", rief ich und wartete einige Sekunden, bevor die beiden hier auftauchten. Ich galubte, ich brauchte jetzt dringend ihre Hilfe. Das würde ich nicht allein schaffen. Und wenn Thomas wirklich betrunken war, könnten sie mir sicherlich dabei auch helfen, so fies das auch klang. Sie wussten sicherlich mehr über das Betrunkensein als ich, denn ich war zumindest noch nie so betrunken gewesen, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat.

„Was ist denn los, May? Weißt du nicht, wie viel Uhr es ist? Wir waren gerade dabei, uns schlafenzulegen und dann weckst du uns mit deinem Gebrüll auf, dass wir beinahe einen Herzinfarkt erleiden!" Nicolas und Kai traten verschlafen ins Wohnzimmer und stellten sich wie ein nasser Sack vor mich hin. „Moment mal, wer liegt da auf unserer Couch ...?", kam es von Nicolas als er Thomas auf der Couch entdeckte.

„Das ist Thomas. Und ich bitte dich, jetzt einfach mal hierzubleiben und mir zu helfen, denn es ist nicht normal, dass er mitten in der Nacht dann hier Sturm klingelt und auf meiner Couch zusammenbricht. Wir müssen rausfinden, was mit ihm los ist."

Nicolas und Kai warfen sich einen Blick zu, als hätten sie nicht die geringste Lust dazu, doch ich ließ ihnen keine Wahl. Darauf bedacht, dass sie hier stehenblieben, trat ich auf Thomas zu und drehte ihn an der Schulter, sodass sein Gesicht nicht mehr im Kissen vergraben war sondern zu mir zeigte. Ich machte mir echt solche Sorgen um ihn, dass ihm etwas passiert war. Es musste einfach nur ein kleiner Rausch sein, den er morgen früh wieder ausgeschlafen hatte, ich wollte nicht, dass Thomas so litt.

Als ich sein Gesicht erkannte, zuckte ich zusammen, ein Schrei blieb mir im Hals stecken. Hatte Thomas sich mit jemandem geprügelt? Auf seinem Mund und seinen Wangen klebte Blut. Sehr viel Blut. Doch beim Genaueren hinsehen erkannte ich keine Wunde bei Thomas. Hatte er jemanden blutig geschlagen?

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