12 | Mädchenschlägerei
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie dieser Streit zwischen Blair und Emma am Sonntag ausgegangen ist. Heute hatte ich sogar kurz befürchtet, das beide sich umgebracht hätten, aber im Laufe des Tages tauchten sie vereinzelt immer wieder irgendwo in den Gängen der Schule auf.
Meine beste Freundin hielt mich aus dem einzigen Grund aus der Sache raus, weil sie wusste, das meine Fallsucht solch einen Streit nicht lange aushielt.
Ich sage nur − Rettungsaktion von Kalin.
»Hey, beste Freundin«, überfiel mich Emma mit einer Umarmung von hinten in der Cafeteria und quietschte laut auf, »Du wirst mir nicht glauben, was gestern noch passiert ist.«
»Ich kann's dir jetzt schon nicht glauben«, antwortete ich lachend und erwiderte ihre Umarmung so gut es eben ging. Ich war über ihre freudestrahlende Art etwas überrascht und war nun umso mehr gespannt, welche Neuigkeiten sie hatte.
»Matthew, hat ihr gesagt total die Ansage gemacht, nachdem du gegangen bist.« Sie setzte sich neben mich und holte ihr Pausenbrot heraus, ehe sie sich wieder zu mir wandte.
»Und weswegen?«, fragte ich neugierig und steckte mir gleich fünf Pommes auf einmal in den Mund, ohne dabei zu achten, ob dies überhaupt ladylike war. Hunger siegt.
Die Blondine legte den Kopf schief und musterte mich. »Naja, wegen dir. Aber der wahre Grund ist, das er sie einfach nicht leiden konnte und ihm letzendlich gestern wohl der Kragen geplatzt ist.«
Ich sah überrascht zu ihr und hob eine Augenbraue an. »Wirklich? Was hat er gemacht? Oh nein, sag mir nicht..«
»Ja, er hat sie vor die Tür gesetzt«, bestätigte sie hiermit meine Vermutung und schlug schadenfroh mit der flachen Hand auf den Tisch, »Davor hat aber Ace endlich mal verstanden, das er sie nicht länger in Ungewissheit leben lassen kann und hat ihr gesagt, das er nichts von ihr will.«
»Wow, da habe ich ja einiges verpasst«, nickte ich, wohl wissend das sie mir da noch etwas verschwieg, und dachte gleichzeitig daran, wie erschrocken und irritiert Blair ausgesehen haben musste. Das hätte ich zu gern mitgesehen.
»Hey, dürfen wir uns zu euch setzen?«, hörte ich plötzlich die Stimme meines zukünftigen Adoptivbruder, der von seinem Glück noch nichts wusste, und uns fragend ansah.
Emma verkrampfte sich augenblicklich, als sie mit der Gabel in ihren Salat stach, und riss kurz die Augen auf. Sie hielt in ihrer Bewegung inne und ihr Blick huschte nervös über die gesamte Tischoberfläche bis zu ihrem Tablett zurück.
Oh ja, ich habe da wirklich was verpasst.
»Ja, klar. Setz dich«, antwortete sie schrill und sah ihn dabei nicht direkt in die Augen, sondern in etwa auf die Brust oder dem Saum seines dunkelblauen T-Shirt. Sie klang nicht nur nervös, sie sah auch etwas blass aus.
Kaum setzte sich Matthew gegenüber von mir auf den Stuhl, fielen mir im Augenwinkel Ace und Kalin im Schlepptau auf. Die Beiden schienen regelrecht die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, im Gegensatz zu ihrem normalsterblichen Freund, und bemerkten noch nicht einmal, das von den vielen Mädels im Raum regelrecht angeschmachtet wurde.
Oh man, ich kotz' gleich.
Trotzdem konnte ich es mir nicht nehmen lassen, meinen Blick auf den besten Freund des Frauenschwarms zu heften. Kalin trug heute ein schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt, das seinen muskulösen Oberkörper, die breite Schulter und die definierte Brustpartie betonte. Die dazu farblich passende, helle Jeans saß ihm lässig auf den Hüften und ließ ihn durch die schmale Hüfte, auch wegen seiner Y-förmigen Proportionen, noch männlicher aussehen. Die weißen Old Skool Sneakers von Vans machten den Abschluss.
Plötzlich stieß mir jemand mit der Fußspitze gegen mein Schienbein und hielt mich davon ab, Kalin in meine persönliche Attraktivitätsskala einzuordnen. Zischend rieb ich mir die Stelle, an der ich zuvor noch von − ja, wer eigentlich? − getreten wurde.
Unterbewusst fing ich Matthew's Blick auf, der mich warnend an sah und unauffällig in Richtung seiner beiden Freunde nickte, die genau in diesem Moment an unserem Tisch ankamen.
Ace setzte sich sogleich neben meine beste Freundin und sein bester Freund nahm neben mir Platz. Er konnte es sich wohl nicht verkneifen mir gleich eine ganze handvoll an Pommes von meinem Tablett zu klauen, ohne dabei auch nur mit der Wimper zu zucken.
»HEY!«, beschwerte ich mich direkt lauthals und schlug ihm seine Hand weg, als er erneut gierig nach meinen Pommes griff, »Was fällt dir eigentlich ein? Hol' dir gefälligst selber welche.«
»Du isst die doch eh nicht«, konterte er und verzog dabei keine Miene. Matthew schmunzelte auf der anderen Seite des Tisches und beobachtete neugierig den weiteren Verlauf über unsere Kappelei.
Entrüstet holte ich Luft und sah ihn verärgert an. Ich wusste nicht, woher er die Frechheit nahm, so eine Behauptung aufzustellen.
»Ähm nein, ich esse sie noch. Pfoten weg!«
»Wann? Du hast mich doch die ganze Zeit angestarrt«, fragte er sichtlich interessiert und wartete auf meine Reaktion ab. Matthew brach im selben Moment in schallendes Gelächter aus und ließ mich damit vermuten, das mein plötzlich fassungsloser, geschockter Gesichtsausdruck ziemlich witzig aussah.
»Wie bitte?«, brachte ich nach einigen Sekunden der Fassungslosigkeit schwer atmend heraus und starrte ihm sprachlos in die grün-blauen Augen. Woher hat er die plötzliche Schkagfertigkeit?
»Hast schon richtig gehört, Bambina«, stichelte er und lehnte sich gelassen in seinem Stuhl zurück. Abwartend hob er eine Augenbraue und wartete wohl darauf das ich auf seine Stichelei einging, doch da machte mir Matthew durch eine Frage plötzlich einen Strich durch die Rechnung.
»Sag mal, Emma«, begann er bedacht langsam und warf ihr einen sichtlich, fragenden Blick zu, »Blair hat dir doch vor der Prüglerei so ein Armband vom Handgenk gerissen. Hast du's gestern noch gefunden?«
»Ihr habt euch gestern geprügelt?«
Meine Stimme hallte durch die Cafeteria und ließ alle im Raum für einige Sekunden verstummen. Ich vergaß sogar kurz, das Kalin sich nun vollends über meine Pommes her machte und sie nun wie eine Popkorntüte vor sich hielt, während er uns beobachtend alles in sich hinein stopfte.
Emma schien es sichtlich unangenehm zu sein, das ich so auf die Sache reagierte, und hatte sich neben Ace ziemlich klein gemacht.
»Wann wolltest du mir das sagen?«
»Spätestens wenn du Blair gesehen hättest«, antwortete Matthew für sie und schlüfte lässig von seinem Strohhalm, ehe er absetzte und die nächsten Worte deutchlich betonte.
»Von nahem.«
Mir klappte die Kinnlade runter und wandte mich wieder an meine beste Freundin. Sie kratzte sich peinlich berührt am Ende ihrer Augenbraue und lächelte unschuldig.
»Sie hat angefangen«, erwiderte sie darauf nur achselzuckend und plauderte jetzt weiter drauf los, als wäre das ein Kaffeeklatsch am Sonntag, »Zuerst hat sie an meinen Haaren nach hinten gezogen und dann hat sich mich auch noch beleidigt. Hätte Taylor sie noch von mir weg gezogen, hätte sie mir wahrscheinlich noch die Haare raus gerissen. Davor hat sie mir noch 'ne Ohrfeige verpasst.«
»Wow«, kommentierte ihre Story sprachlos und starrte beeindruckt in das graue Augenpaar meiner besten Freundin, ehe ich durch ein plltzliches Poltern an der Ausgabe erschrocken zusamnen zuckte und in Richtung des Verursacher blickte.
»Man, du blöde Kuh! Pass doch auf!«
Mir blieb die Spucke weg, als ich ihn dort stehen sah, wie er auf das am Boden kniende Mädchen hinab brüllte und ihr das runtergefallene Tablett mit seinem Fuß durch den Raum schleuderte. Fuck, nein.
Ich schluckte. Michael Torrini ist wieder da.
Besser bekannt als Mike.
Oder das Arschgesicht.
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