01 | Schwärmereien dritten Grades
»Sieht er einfach nicht heiß aus?«, schwärmte Emma seufzend und fechelte sich angetan etwas Luft zu, während ich nur irrtiert in die Richtung sah, in die sie soeben nochmal verträumt blickte.
Unweit von uns entfernt stand Ace McCollins, der heiß begehrte Frauenschwarm unserer Schule, mit ein paar Freunden auf dem Footballfeld und passten sich gegenseitig im Kreis einen Fußball zu.
Für einen sonnigen Nachmittag war das nichts ungewöhnliches, denn die Jungs spielten desöfteren mal um diese Uhrzeit in ihrer Freistunde eine Runde Fußball.
Manchmal kam es auch vor, dass sie sich einfach nur einen Football zu warfen und dabei entspannt unterhielten ─ oder im Rasen hockten, wo sie das Wetter genossen und ihren Spaß hatten.
Etwas gelangweilt beobachtete ich wie der Ball geschickt von einem der Jungs abgestoppt und im selbem Augenblick zu einem Anderen im Kreis gekickt wurde.
Eine Weile lang sah ich ihnen noch zu, wie sich sich den Ball zu schossen, einmal stärker ─ einmal schwächer, bis ich mich desinteressiert wieder an meine beste Freundin wandte, die das Ganze natürlich ganz anders sah und sogar schon zu sabbern anfing.
»Was ist daran so heiß?«, fragte ich sie abwertend und ließ meinen Blick nachdenklich über das Schulgelände schweifen. Ich verstand einfach nicht, was man an nassgeschwitzte, stinkende Jungs so heiß fand. War es der Sport, der sie so attraktiv machte?
»Einfach er selber«, murmelte sie neben mir verträumt und starrte weiterhin unentwegt zu ihrem Schwarm rüber. Ich hatte das Gefühl, dass sie längst nicht mehr mit mir sprach, sondern nur mit sich selber.
»Aha«, erwiderte ich daraufhin bloß und warf ihr kurz einen prüfenden Blick zu, ehe ich wieder nach vorne sah und gezwungenermaßen Ace und seinen Freunden beim Fußball spielen zuguckte.
Wie sie sich gegenseitig den Ball zu passten war an sich ziemlich langweilig, da er fortlaufend auf den Millimeter genau zu gespielt, gestoppt und dann weiter an den Nächsten gekickt wurde ─ wieder exakt auf den Millimeter.
Es wurde erst spannend, als Ace seinen Nebenmann aufforderte sich in die Mitte des Kreises zu stellen und zu versuchen den Ball, der nun schneller hin und her geschossen wurde, vor dem Anderen, der den Ball empfangen sollte, ab zu passen.
»Kommt, Leute! Das können wir besser!«, rief Ace daraufhin energisch und nahm in der nächsten Sekunde geschickt einen kräftigen Schuss von der Seite an. Er kickte den Ball im selbem Aufschwung zu einem Anderen im Kreis weiter und wechselte anschließend mit Demjenigen hastig die Position.
»Er ist so heiß, wenn er die Initiative ergreift«, nahm ich plötzlich wieder die verträumte Stimme meiner besten Freundin wahr und hätte mir am liebsten die Hände vors Gesicht geschlagen. Wie konnte sie nur so werden?
»Emma«, begann ich langsam und schloss kurz die Augen, »Findest du nicht, das du gerade etwas übertreibst?«
»Grace«, äffte mir Emma nach und verdrehte zum Schluss die Augen, »Bei dem Adoniskörper, den er hat, war das noch untertrieben.«
»Er und Adoniskörper? Auf welchem Planeten-«
Ich hielt mitten im Satz inne, als ich merkte das sie mir gar nicht mehr zuhörte, sondern total entgeistert auf das Spielfeld starrte und langsam »Oh, mein Gott, das tut er jetzt nicht« Silbe für Silbe aussprach.
Zögerlich drehte ich meinen Kopf ebenfalls in die Richtung und hätte mit Allem gerechnet ─ wirklich allem.
Mit einer Massenprügerlei, einer Horde Schafe auf dem Rasen oder einen dieser typischen Jungsstreiche ─ Hose runter ziehen und sowas. Sogar das jemand am Boden liegen würde, hätte ich erwartet.
Stattdessen zog sich der Frauenschwarm mit einem breiten Lächeln im Gesicht elegant das verschwitzte T-Shirt über den Kopf und stand keine zwei Sekunden später oberkörperfrei da.
Danke für diesen schrecklichen Ausblick.
Während Emma einer Ohnmacht nahe war, bekam ich eher das Kotzen und die Krätze. An dieser Stelle lässt Sarkasmus herzlich grüßen.
Gekotzt hätte ich aber trotzdem gerne. Am Besten auf die Schuhe meiner besten Freundin, damit sie mal endlich sah, was ihr Lover in mir auslöste. Nämlich eine Magenverstimmung und die Verblindung beider Augen.
»Oh Gott, ich erblinde!«, rief Emma plötzlich lauthals auf und schlug dabei theatralisch die Hände vors Gesicht, was mich zum Lachen brachte. Sie war manchmal einfach zu süß.
Grinsend kam sie einen Augenblick später hinter ihren Händen wieder zum Vorschein und konnte sich ebenso das Lachen nicht verkneifen, bis sie jedoch instinktiv nach vorne sah und sofort verstummte.
Erst jetzt schien sie zu merken, das die Jungs auf dem Rasen ihr Spiel unterbrochen hatten und nun total desorientiert zu uns rüber sahen, wie wenn wir komplett geistesgestört wären und nicht mehr alle Tassen im Schrank hätten.
Nur der gute Ace McCollins beäugte sie ziemlich verwundert, teils amüsiert und schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Erschrocken, wie ein Reh im Scheinwerferlicht, riss Emma die Augen auf und schlug im nächsten Moment peinlich berührt die Hände vors Gesicht, um ihre dunkelrote Fassade, die fast schon einer Tomate glich, zu verstecken.
Ich brach in schallendes Gelächter aus und klatschte dabei gackernd mit den Händen, während ich mich auf dem Balken, auf dem wir saßen, einfach nicht mehr halten konnte und mit einem lauten Rumps rückwärts im Rasen hinter mir landete.
»Dein Gesichtsausdruck-«, rief ich außer Atem vor Lachen und wischte mir eine Träne aus den Augenwinkel, wo sich die Nächsten auch schon wieder sammelten, »-den hättest du sehen müssen!«
»Grace!«, zischte Emma leise zu mir runter und wirkte etwas verärgert, fast schon beschämt, weil ihr die Sache anscheinend peinlich war.
In der zwischen Zeit hatte Ace's nackter Oberkörper wohl das weibliche Individuum magnetisch angezogen, denn kaum ertönte die Pausenglocke aus dem Schulgebäude, herrschte um das Spielfeld aufgeregtes Treiben. Haufenweise Mädchen in unserem Alter schwärmten um uns herum und genossen sichtlich, ganz hemmunglos, das Bild, was der Frauenschwarm ihnen bot.
Das war wohl zu viel für meine beste Freundin, denn sie packte mich im nächsten Moment, gerade erst wo ich mich wieder richtig aufgerafft hatte, mit gesenkten Kopf ─ und einem undefinierbaren Blick ─ am Arm und zerrte mich eilig Richtung Schulgebäude.
Auf Wiedersehen, Optimus.
Willkommen zurück, Pessimismus.
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