Part 2, Kap. 7

Allison Miller

Ich habe schrecklich geschlafen, aber das ändert nichts daran, dass ich zur Arbeit muss. Normalerweise mag ich meinen Job, aber heute will ich mich einfach nur in meinem Bett verkriechen. Ich fühle mich nicht allein, sondern einsam. Zurückgelassen. Der Einzige, der mir im Moment damit hilft, ist Don. Er ist für mich da, aber auch er hat ein Leben. Er kann nicht vierundzwanzig Stunden am Tag bei mir sein und mich trösten, wenn ich mal wieder anfange zu weinen.

Theresa und Larissa arbeiten beide als Sekretärin in demselben Unternehmen, mit dem sie diese Woche unterwegs sind, für Teambildende Maßnahmen. Sie haben mir angeboten sie anzurufen, aber sie können auch nicht den ganzen Tag am Handy hängen, wenn ihr Chef da ist.

Don hat gestern Abend angerufen und mich gebeten nach der Arbeit zu ihm zu kommen. Er will mit mir reden, aber ich weiß nicht worüber. Er wollte es mir nicht sagen und ich hatte nicht die Kraft ihn mehr als ein Mal danach zu fragen.

>Guten Morgen mein Schatz<, höre ich meine Mutter sagen, die soeben meine Zimmertür geöffnet hat. Zum Glück liege ich von ihr abgewandt, sonst könnte sie mein Gesicht sehen und dann würde sie sich Sorgen machen, fragen, was los ist. Ich habe es immer noch nicht geschafft, ihr irgendetwas davon zu erzählen. Ich weiß nicht, ob sie sich Sorgen machen oder mir einen Vortag halten würde. Keines von beidem will ich. >Brad kommt morgen Mittag zum Essen. Wenn du möchtest kannst du auch gern jemanden einladen<, erklärt sie und ich schließe die Augen, um nicht zu weinen. Wenn alles nicht so kompliziert wäre, hätte ich Jona mitbringen können.

>Ich werde Don fragen<, erkläre ich ihr knapp, bete, dass ich nicht heiser klinge.

>Das ist schön. Ich freue mich, ihn endlich Mal wieder zu sehen. Dann wünsche ich dir einen schönen Tag, bis heute Abend.<

>Danke, dir auch.< Sie geht und ich bleibe liegen, starre die Wand an. Zu gern würde ich ihr für morgen absagen, aber ich liebe meine Mutter und Brad ist ein netter Kerl. Sie daten sich seit ungefähr vier Wochen und sind glücklich, so wie ich das sehe. Nur ist es wieder ein glückliches Pärchen, das mir zeigt, was ich verloren habe. Oder auch nicht, ich weiß es ja nicht.

---

Die Arbeit ist langweilig, aber das hilft mir, mich an mein höfliches, aufgesetztes Lächeln zu gewöhnen und allzu viele Leute sind es nicht, für die ich heute fröhlich aussehen muss. Montags ist nicht viel los, die Meisten sind am ersten Tag der Woche zu geschafft für ein Training, schätze ich.

>Wen haben wir denn da?< Um den Kunden zu begrüßen drehe ich mich zu dem Sprecher um, doch dann fällt mir das Lächeln aus dem Gesicht. Ich kenne den Mann in dem Muskelshirt, mit dem bösartigen Funkeln in den Augen.

>Was brauchst du?<, frage ich Kim, den angsteinflößenden Freund von Jona. Oder früherer Freund. So oder so steht er auf der anderen Seite des Tresens, leckt sich die Lippen.

>Dich. In meinem Bett. Jetzt<, antwortet er und wenn ich könnte, würde ich mich auf der Stelle übergeben, so sehr widert er mich an. >Oder in den Umkleiden, ich bin nicht wählerisch<, fügt er hinzu, lässt seinen Blick langsam über meinen Körper wandern.

>Ich bin versorgt.< Er hebt eine Braue, sieht wieder in mein Gesicht, stützt seine Unterarme auf dem Tresen ab.

>So weit ich weiß, hängt Jona wieder mit Erika ab, oder hast du schon wieder einen Neuen?< Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich das höre. Natürlich weiß ich, dass Jona wieder mit Erika zu tun hat aber wenn Kim das weiß, kann ich nicht sagen, ob es nicht vielleicht doch mehr ist, als ich dachte.

>Jona war nur eine Phase und wie gesagt, ich bin versorgt.< Es tut weh, seinen Namen zu sagen und auch noch zu behaupten, er würde mir nichts bedeuten, aber ich weiß nicht, wie ich ihn sonst loswerden soll.

>Ich gebe nicht auf<, lässt er mich wissen. >Einen Schoko-Shake, bitte<, bestellt er und ich bin wirklich froh, dass ich damit ein paar Schritte von ihm weg komme und ihn nicht mehr ansehen muss. Es ist schlecht, dass er jetzt weiß, wo ich arbeite. Er wirkt nicht wie ein Mann, der sich so einfach einen Korb geben lässt und wie er gesagt hat, wird er wiederkommen und jedes Mal wird er mir meine Ausflüchte nicht durchgehen lassen.

Zu gern würde ich Jona bitten, sich darum zu kümmern, aber ich kann nicht. Ich traue mich nicht, ihn nach zwei Wochen beinahe völliger Funkstille um so etwas zu bitten. Außerdem kann er vermutlich nichts machen. Ich schätze Kim als jemanden ein, der sich nimmt, was er will und solange Jona bei Erika ist, bin ich in Kims Augen zu haben. Und das kann ich nicht ändern.
Wortlos stelle ich ihm den Shake hin und er reicht mir seine Mitgliedskarte.

>Du kannst dir gern ein bisschen Trinkgeld mit abbuchen<, meint er, zieht an dem Strohhalm, sieht mich dabei an. Ich verkneife mir eine Antwort, buche den Shake und reiche ihm die Karte zurück. Allerdings nimmt er nicht sie, sondern mein Handgelenk. Ehe ich etwas unternehmen kann, hat er meine Hand zu sich gezogen und seine widerlichen Lippen auf meinen Handrücken gedrückt. >Bis morgen, süße<, sagt er leise, mit rauer Stimme und meine Nackenhaare stellen sich auf. Mit einem Augenzwinkern nimmt er mir die Karte ab und geht, was ich zum Anlass nehme sofort zu den Toiletten zu laufen und mir sehr, sehr ausgiebig die Hände zu waschen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top