Part 2, Kap. 19

Allison Miller

Unruhig sitze ich neben Don in seinem Auto, betrachte die dunklen Straßen, durch die wir fahren. Seit dem Popcorn im Kino geht es mir irgendwie nicht mehr so gut. Ich würde es nicht als Übelkeit beschreiben, aber da ist ein drückendes Gefühl in meiner Magengegend.

>Wir sind gleich da<, versucht er mich aufzumuntern oder zu beruhigen, legt eine Hand auf meine, welche immer wieder über meinen Oberschenkel streicht. Ich kann es nicht leiden, wenn sich einfach alles komisch anfühlt und ich nichts dagegen machen kann. Dann will ich mich bewegen, vor diesem drückenden Gefühl davonlaufen oder schlafen, damit ich einfach abschalten kann, aber noch geht das nicht.

>Schon okay<, versuche ich uns beide davon zu überzeugen, dass es wirklich in Ordnung ist, aber mir fehlt einfach die Kraft. Meine Worte klingen wie die von einer Frau, die keine Kraft mehr für überhaupt irgendetwas hat.

Ich habe mich nie für so schwach gehalten, dass nur ein einziger Mensch mich verlassen muss, dass ich so am Ende bin, aber es ist so. Es braucht tatsächlich nur eine Sache, die sich langsam durch mich hindurch frisst. Und jeden Tag, an dem Jona nichts von sich hören lässt, fressen sich diese kalten, beißenden Gefühle tiefer in mich hinein.

In manchen Momenten schiebe ich diese starken Gefühle auf die hormonelle Umstellung wegen der Schwangerschaft. Schwangere sollen ständig Stimmungsschwankungen haben. Manche sind dann besonders glücklich, andere traurig oder extrem reizbar. Nur kann das nicht alles sein.

>Halt an<, bitte ich Don schnell, schlinge meine Arme um meinen Körper. Er sieht nur eine Sekunde lang zu mir, dann fährt er rechts ran und ich reiße die Tür auf, versuche mich zusammen zu reißen, aber es geht einfach nicht mehr.

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Obwohl ich müde bin, habe ich kaum geschlafen. Heute Nacht hat Don darauf bestanden, dass ich nicht auf der Couch, sondern bei ihm im Bett schlafe. Das haben wir schon oft gemacht und genau so oft bin ich Nachts auf die Couch umgezogen, weil er recht unruhig schläft und ich dann immer wieder wach werde.

Heute Nacht ist es nicht anders, aber ich will nicht weg. Ich will nicht auf der Couch schlafen und wieder allein sein.

Müde taste ich im Dunkeln nach meinem Handy, entsperre es und öffne die einzige Nachricht, die mir angezeigt wird. Es ist wieder ein Stich ins Herz, dass Jona sich nicht gemeldet hat, aber langsam gewöhne ich mich daran.

Theresa: Hey Süße, kommst du morgen vorbei? Wir haben ein paar neue Köstlichkeiten auf der Speisekarte, die du lieben wirst, außerdem haben wir viel zu lange nichts mehr zu zweit gemacht.

Mit einem Lächeln auf den Lippen lese ich die Nachricht noch einmal. Ich liebe meine beiden besten Freundinnen, obwohl ich mit Theresa mehr zu tun habe, als mit Larissa. Früher waren wir immer zu dritt unterwegs, aber mit der Zeit hat sich Larissa ein bisschen von unseren Unternehmungen zurückgezogen. Sie ist noch gern dabei und wir können auch noch sehr gut miteinander reden, wir sehen uns nur nicht mehr so oft.

Allison: Natürlich, sehr gerne. Als Vorspeise aber das Übliche. Immerhin muss ich mich erst wieder auf die Kochkünste von deinem Vater einstellen.

Sobald die Nachricht raus ist, will ich mein Handy wieder weglegen, halte dann aber inne. Zögernd entsperre ich es wieder, öffne meine Kontakte und suche seine Nummer heraus. Still liege ich da, sehe die Nummer an und warte auf ein Zeichen.

Es wäre sicherlich nicht verkehrt ihn anzurufen, aber um diese Zeit? Er ist wahrscheinlich sauer, wenn ich ihn einfach so wecke. Ich könnte ihn endlich fragen, was los ist, warum ich ihm plötzlich so egal bin, aber will ich die Antwort hören?

Langsam lege ich mein Handy wieder weg, versuche die Tränen zurück zu drängen.

>Warum nur tut es so weh?<, frage ich leise in die stille Dunkelheit, ziehe die Bettdecke an mich, dann lege ich eine Hand auf meinen Bauch. Ich bin mir nicht sicher, ob er schon gewölbt ist oder ob ich mir das nur einbilde, aber ich kann es fühlen. Ich kann das winzige Lebewesen in mir spüren. Es ist ein Teil von Jona, ein Teil von dem, was war. Es ist meine Zukunft und obwohl dieses kleine Ding das sicher nicht begreifen kann, ist es meine Welt.

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>Du gehst schon?<, will Don wissen, sieht von seinem Buch auf. Er wollte Filme sehen und ich lesen, also haben wir erst einen Film gesehen und dann gelesen, wobei er lieber einen Thriller liest und ich meine Schwangerschaftslektüre.

>Wir haben elf Uhr aus gemacht und das ist in einer halben Stunde. Ich möchte in ruhe hin laufen, also muss ich jetzt los<, erkläre ich knapp, binde mir auch meinen zweiten Schuh.

>Ich kann dich auch fahren, wie gesagt.< Seufzend rolle ich die Augen, richte mich wieder auf.

>Spar dir das für meinen neunten Monat auf. Bis dann, ich schreibe dir, wenn ich wiederkomme.< Er nickt knapp, sieht wieder in sein Buch.

>Viel Spaß und grüße sie von mir.< Mit einem knappen Nicken ziehe ich mir noch eine Jeansjacke über, dann verlasse ich seine Wohnung. Im Treppenhaus ist es still, meine Schritte hallen wider. Ich freue mich wirklich, sie zu sehen. Wir haben einige Male telefoniert in den letzten Tagen, aber es ist doch etwas völlig anderes, sie in den Arm nehmen zu können und ihre Stimme unverfälscht zu hören.

Mit einem Lächeln bringe ich die letzten Stufen hinter mich, öffne die Haustür und trete hinaus in den angenehm warmen Morgen. Zumindest ist es für mich noch Morgen, auch wenn ich damit vermutlich ziemlich allein bin. Mir steht ein langer, schöner Tag bevor und ich habe vor, jede Sekunde davon zu genießen.

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