Part 2, Kap. 14
Jona Thompson
Ich weiß nicht, wohin mit mir. Im Studio erzählen mir Kunden ihre Geschichten, was bei ihnen grade so läuft und was nicht. Die Meisten jedoch scheinen eine glückliche Beziehung zu führen und ich darf mir das den ganzen Tag lang vor Augen halten lassen. Kelvin schwärmt auch noch von seiner Freundin, obwohl ich niemals gedacht hätte, dass er sie so lange halten kann und immer, wenn ich zu Hause bin, wartet Erika schon auf mich. Alles erinnert mich an das Chaos in meinem Leben, nirgendwo habe ich meine Ruhe.
>Musst du nicht arbeiten?< Sie sieht vom Fernseher auf, ich hänge meine Jacke an die Garderobe.
>Habe Urlaub<, meint sie, widmet sich wieder irgendeiner Serie. Somit kann ich das allein sein wohl vergessen, wenn ich hier bleiben will. Allerdings gibt es keinen Grund, hier zu bleiben. Kurz entschlossen gehe ich in die Küche, hole mir ein Brötchen aus der Brotdose, gehe zurück zur Garderobe und ziehe meine Jacke wieder an.
>Ich gehe spazieren<, verkünde ich, bekomme noch einen fragenden Blick von ihr, ignoriere sie aber und gehe.
Ich bin zwar eben erst vom Studio nach Haus gelaufen, aber ohne Ziel spazieren zu gehen ist doch etwas ganz anderes. Es ist befreiend, man nimmt die Umgebung anders war. Zumindest ist das bei mir so. Hier draußen kann man viel leichter durchatmen, einfach sehen, wohin einen die Füße tragen.
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Abschalten war noch nie meine Stärke. Obwohl ich es wirklich versucht habe, bin ich bei meinem Spaziergang an Allisons Haus vorbeigekommen und jetzt steuere ich auf das Wellnesscenter zu, in dem sie arbeitet. Natürlich werde ich nur daran vorbeilaufen und nicht nach drinnen sehen oder gleich zu ihr gehen. Es steht mir nicht zu, sie zu stalken oder sie um Verzeihung zu bitten. Nicht, solange noch überhaupt nichts geklärt ist. Es wird noch eine Weile dauern, bis Erika einen Vaterschaftstest machen lassen kann.
>Jona, wenn das mal keine Überraschung ist.< Meine Augen richten sich von dem Eingang für den Fitnessbereich auf Kim, der gerade mit einer Sporttasche von dort kommt. Unwillkürlich frage ich mich, was er hier macht und natürlich, ob er Allison belästigt hat. >Was treibt dich denn hier her? Wohnst du nicht am anderen Ende der Stadt?<
>Bin nur spazieren<, weiche ich aus und er lacht, kommt zu mir. Zu gern würde ich einfach sagen, dass ich es eilig habe, aber das habe ich mir vor fünf Sekunden selbst kaputt gemacht.
>Und das zufällig an Allisons Arbeitsplatz? Sie ist heute leider nicht da, da war der Weg wohl umsonst. Ihre Vertretung ist aber auch ganz süß<, meint er und ich muss schlucken. Also ist er Allison hier begegnet und ich konnte ihr nicht helfen. >Du bist aber sowieso zu spät dran, sie hat jetzt einen Neuen.< Seine Worte sind wie ein Schlag in die Magengrube.
>Dich oder was?<, höre ich mich sagen, bevor ich auch nur darüber nachdenken kann. Niemals würde sie sich auf Kim einlassen.
Er lacht auf, fährt sich durch die nassen Haare, mustert mich.
>Leider lässt sie mich nicht ran, aber ihr Neuer ist ein kräftiger, großer Typ. Überhaupt nicht mit dir zu vergleichen<, überlegt er. Mir ist schon klar, dass ich keine Sportmaschine bin, aber viel mehr interessiert mich der Typ, von dem er redet. Es klingt so, als wären die zwei sich schon begegnet, deshalb hat sie wohl nicht gelogen. Das bedeutet, sie hat mich ersetzt. >Warum so bedrückt, du hast doch Erika wieder oder nicht?<, höre ich ihn fragen, doch meine Augen bleiben in die Ferne gerichtet.
Dass Allison so schnell einen Freund gefunden hat, stört mich. Jeden Tag, den ich mich mit Erika beschäftige, entfernt sich Allison weiter von mir und früher oder später wird sie unerreichbar für mich sein. Wenn sie es nicht schon ist. >Bist du bekifft?<, fragt Kim belustigt, holt mich aus meinen Gedanken.
>Nein, das mit Erika ist nichts Erwähnenswertes<, weiche ich aus, deute auf den Weg hinter mir. >Muss dann wieder weiter.< Er hebt eine Braue, dann die Schultern.
>Wie du meinst. Komm am Freitag vorbei, wenn du mit mir und ein paar Freunden von früher was trinken willst. Wir haben auch Mädchen da, wenn du Lust hast.< Mit einem knappen Nicken hebe ich die Hand zum Abschied.
>Ich überlege es mir. Man sieht sich.< Er sagt nichts mehr und ich laufe zügig weg. Weit weg von Kim und Allison, weg von dem Schmerz in mir und wieder zurück zu Erika.
In diesem Moment würde ich viel lieber den Rest meiner Tage mit ihr streiten, als noch länger dieses Loch in mir zu ertragen. Ich muss mir Allison aus dem Kopf schlagen, anders geht es nicht. Anders werde ich dieses auf und ab nicht los und auch sicher nicht die trüben Gedanken in meinem Kopf. Dabei war vor drei Wochen noch alles gut, hat sich zum Besseren gewendet. Aber es ist natürlich, wie es immer ist. Wenn etwas in meinem Leben gut läuft, kommt irgendjemand oder irgendetwas und tritt darauf herum, bis es kaputt geht.
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