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Allison Miller
Ich verstehe das einfach nicht. Warum sagt er denn so etwas? Es ergibt einfach keinen Sinn. Und warum gehen ihm solche Worte so leicht über die Lippen?
>Du kennst mich doch kaum.< Sein Lächeln wird etwas breiter, doch in seinen Augen kann ich keine Belustigung sehen. Stattdesswen liegt in ihnen eine gewisse Ernsthaftigkeit und auch Zärtlichkeit, die ich nicht verstehen kann.
>Nur, weil ich nicht viel über dich weiß, heißt das nicht, dass ich dich nicht kenne, Allison.< Er sagt das so bestimmt, dass ich gar nicht auf die Idee komme, ihm zu wiedersprechen. Nur würde ich ihn jetzt am Liebsten darauf hinweisen, dass er vor weniger als einer Stunde noch behauptet hat, dass ich ihn wegen der Schwangerschaft anlügen würde. Das passt nicht so ganz zusammen, aber in der Zwischenzeit ist auch einiges passiert. Wie zum Beispiel der Kuss, der noch immer in meinen Gedanken herum spukt. Mein Herz hat auch noch nicht wieder in seinen alten Rhythmus zurückfinden können. >Gehen wir weiter oder willst du hier Wuzeln schlagen?<, zieht er mich auf und ich ziehe automatisch einen Schmollmund, drücke seine Hand, gehe aber weiter und ziehe ihn mit mir.
>Du kannst mir die Tasche gern zurück geben, wenn sie dir zu schwer wird<, gebe ich mit einem kleinen, provozierenden Unterton zurück, aber er lacht nur. Manchmal frage ich mich, wie jemand so anziehend auf mich wirken kann, wie er. Immer wieder finde ich ihn einfach nur hinreißend, obwohl er ganz normale Dinge tut. Wie zum Beispiel meine Tasche zu tragen, mich als zukünftige Mutter seines Kindes zu bezeichnen oder zu lachen. Zugegeben, nur letzteres ist wirklich normal.
>Was hast du eigentlich da drinnen?<, will er wissen, klopft leicht gegen die Sporttasche. Und schon werde ich wieder rot, sehe nach vorn.
>Klamotten.< Wenn ich ihm sage, dass ich genug Sachen in dieser Tasche habe, um mehrere Tage bei ihm zu verbringen, kommt das ganz sicher falsch rüber. Außerdem muss er das nicht wissen. Ich wollte einfach nur auf alles vorbereitet sein und wenn ich heute Abend wieder nach Hause gehe, dann habe ich auch nichts verloren.
>Klamotten<, wiederholt er sarkastisch, aber ich gehe nicht darauf ein. Eigentlich bin ich sogar versucht seine Hand los zu lassen, aber ich traue mich nicht. Ich will nicht, dass er denkt, ich würde ihn irgendwie zurückweisen. Außerdem habe ich keine Ahnung, wie ich sie wieder nehmen soll. Schließlich bin ich mir absolut sicher, dass ich sie wieder haben will, sobald ich sie losgelassen habe. Er hat nämlich eine sehr warme, weiche Hand, die einiges größer ist als meine und mir ein gutes, beruhigendes Gefühl gibt.
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Auf dem übrigen Weg haben wir nicht viel geredet und nur ein wenig Smalltalk geführt, aber das ist schön. Ständig über wichtige Themen zu sprechen bedeutet auch, immer wieder Entscheidungen zu treffen. In den letzten Minuten habe ich damit eine Pause von meinem üblichen Kopfzerbrechen bekommen, nur leider bleibt das nicht so.
Wir stehen im Fahrstuhl, fahren nach oben zu seiner Wohnung und ich starre stumm die Fahrstuhlwand an. In mir geht es rauf und runter, meine Gedanken fahren Karussell und überschlagen sich gleichzeitig. Was heute noch alles passieren wird und wie das alles weiter geht, lässt mir keine Ruhe. Wir werden jeden Moment allein in seiner Wohnung sein, niemand wird uns ablenken und ich weiß einfach nicht, was ich mach soll. Wie ich am besten damit umgehe. Meinem Wunsch nachgeben und ihm nahe sein? Ist es dafür nicht zu früh? Sollen wir nicht lieber reden? Fühlt er sich zurückgewiesen, wenn ich ihm sage, dass da noch zu viele Fragen sind, um sie auf später zu verschieben? Wird er verstehen, dass ich noch viel mehr Fragen haben werde, wenn wir jetzt miteinander schlafen? Wird es so schön wie beim ersten Mal? Warum zerbrechen sich Mädchen immer so sehr den Kopf darüber, was Jungs denken? Warum sieht er nicht auch so aus, als würde er grübeln?
Ich werde noch wahnsinnig, wenn dieser Fahrstuhl nicht bald ankommt.
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