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Jona Thompson
Ich bin viel zu früh wach gewesen und habe mich in meiner Wohnung herumgedrückt, bis ich mich entschieden habe raus zu gehen. Die halbe Nacht habe ich darüber nachgedacht, was ich machen soll, aber ich weiß es einfach nicht.
Meine Füße tragen mich quer durch die Stadt und mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Es kann nicht sein, dass alles so ist, wie es aussieht. Sie hat auf mich so ehrlich gewirkt. Ist sie eine unglaublich gute Schauspielerin oder bin ich einfach nur Blind? Sie hat mich ihrer besten Freundin vorgestellt und bei dem Gespräch mit ihr ging es die ganze Zeit um mich. Warum hat sie kaum etwas über Allison gesagt? Machen das Freunde nicht so? Wenigstens so etwas, wie von ihren Stärken zu erzählen?
Wieder überquere ich eine Straße und trete einen losen Stein bei Seite. Benutzt sie mich nur? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich etwas missverstehe. Sie haben Händchen gehalten und sind zu ihm gegangen, was kann man da missverstehen?
Meine Schritte beschleunigen sich und Wut steigt in mir auf. Was habe ich getan? Warum passiert ausgerechnet mir immer so etwas? Und was ist Allison für ein Mensch, dass sie so etwas mit mir macht? Ich biege zu schnell um eine Ecke und stoße mit jemandem zusammen, den ich nicht kenne.
>Entschuldigung<, murmle ich und gehe weiter, doch er packt mich am Arm.
>Jona?< Offenbar kenne ich ihn doch und sehe mich nach ihm um. Tatsächlich kommt mir der Mann bekannt vor. >Ich bin's, Kim<, sagt er locker und lässt mich los. Meine noch immer brodelnde Wut erschwert mir das denken, doch ich erinnere mich wage an einen Kim aus meinem alten Leben, den ich vergessen wollte.
>Sorry, hab's eilig<, lüge ich kurz angebunden und gehe weiter.
>Hab dich nicht so<, bittet er lachend und folgt mir. Kim ist einen halben Kopf größer als ich, breitschuldig und jeder sieht ihm an, dass man sich nicht mit ihm anlegen sollte. Ein paar seiner Tattoos hat er von mir, die Piercings in seinem Gesicht hat er sich angeblich selbst gestochen. Zutrauen würde ich ihm, dass er verrückt genug dazu ist, nur glaube ich einfach nicht, dass er so viel Glück hatte. Bei keinem seiner Piercings hat er einen Muskel so beschädigt, dass er sich nicht mehr bewegen lässt und das im Gesicht. >Wie geht's deiner kleinen?<, will er wissen und ich seufze innerlich, denn ich weiß, dass ich ihn erst dann loswerde, wenn er das so will.
>Sind nicht mehr zusammen.< Er lacht und klopft mir auf den Rücken. Er weiß selbst nicht, wie viel Kraft er hat oder ihm ist es egal, darum zucke ich leicht zusammen, bleibe aber stumm und versuche ruhig zu bleiben.
>Schade für dich, gut für mich. Hast du sonst was laufen?< Zu gern würde ich ihm von Allison erzählen und meinem Frust Luft machen, aber ganz egal wie scheiße sie zu mir ist, sie hat es nicht verdient, dass Kim sich um sie kümmert. Das wünsche ich keiner Frau.
>Ne. Ich brauche so bald keine Freundin mehr.< Genau in diesem Moment sehe ich Allison an der nächsten Kreuzung auftauchen. Sie kommt aus der Straße, in der dieser Kerl von gestern wohnt und trägt auch nicht ihr Kleid. Neue Wut kocht in mir auf, gleichzeitig bin ich verletzt. Sie so zu sehen ist wie sin Stich ins Herz. Wir sind nicht zusammen und trotzdem tut es mir weh zu wissen, dass sie die Nacht mit diesem Kerl verbracht hat.
>Scharf<, höre ich Kim begeistert neben mir sagen, dann wird er schneller. Was soll ich jetzt machen?
Leider schafft er es sie einzuholen, obwohl sie zügig läuft. Ich bin dicht hinter ihm und versuche einen Weg zu finden, ihn von ihr fern zu halten. Jetzt grade ist es mir egal, ob sie gelogen hat und ob sie wirklich schwanger ist und dabei ist es mir auch egal von wem. Ich will sie einfach nur vor ihm schützen, weil ich sie mag.
>Hey, Süße!<, ruft er und sie sieht sich nach ihm um, bleibt aber nicht stehen. Immerhin. Dann jedoch wandert ihr Blick zu mir und sie wird langsamer. Mist. Ich will ihr sagen, dass sie weglaufen soll, aber dann folgt er ihr erst Recht und ihre Wohnung ist ein ganzes Stück von hier entfernt.
Sie wartet, bis wir bei ihr sind und ich will einfach nur, dass die Zeit stehen bleibt, damit ich sie von hier wegbringen kann. Sie sieht gut aus, wach und ausgeschlafen. Vermutlich das komplette Gegenteil von mir. Sie trägt ein T-Shirt und eine Jogginghose, beides ist ihr zu groß. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und ich will sie anschreien, was das alles soll, aber etwas hält mich zurück. Warum lächelt sie mich an? Sie wirkt überhaupt nicht, als hätte ich sie bei etwas erwischt. Sie scheint einfach nur froh zu sein, mich zu sehen.
>Jona, hi. So früh schon unterwegs?<, will sie wissen, als wir bei ihr angekommen sind und beachtet Kim nicht weiter. >Ich dachte, du bist eher der Langschläfer.<
>Habe nicht gut geschlafen<, erkläre ich knapp, schließlich ist das nicht gelogen.
>Du kennst die Kleine?<, will Kim wissen und ich nicke knapp.
>Sie ist eine Freundin.< Zögernd lächelt sie und sieht zu Kim.
>Und du fickst sie nicht? Was für eine Verschwendung<, lacht er und Allisons Lächeln erlischt. Und jetzt? Wie soll ich Kim von ihr fern halten und Allison erklären, dass Kim nicht hier ist, weil ich das will? Wie soll ich ihr direkt vor seiner Nase klar machen, dass ich eigentlich seit Jahren nichts mehr mit ihm zu tun habe?
Sie sieht wieder zu mir, ihr Blick ist misstrauisch. Das kann ich gut verstehen.
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