15
Jona Thompson
Was auch immer das bedeuten soll, ich verstehe es nicht. Gibt es etwa noch mehr Möglichkeiten? Wie konnte das überhaupt passieren? Ich war mir so sicher, dass ich ein Kondom benutz habe und bisher ist mir auch nie eins geplatzt. Warum ausgerechnet bei ihr?
So komme ich nicht weiter, darum mustere ich sie, auch wenn sie mich nicht ansieht. Ihr blondes Haar fällt locker über ihre Schultern, ihre lebendigen, grünen Augen sind auf den Wohnzimmertisch fixiert. Warum wirkt sie so verzweifelt? Will sie einen Vaterschaftstest machen lassen? Etwas Anderes fällt mir nicht ein und das wäre zwar nicht sehr löblich, aber sicher kein Grund, so fertig zu sein.
Sie holt tief Luft, als würde sie sich auf etwas vorbereiten, darum behalte ich meine Fragen vorerst für mich.
>Mein Arzt ist sich absolut sicher, dass ich schwanger bin und ich wollte es abtreiben. Mir ist überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dich zu fragen, aber das ist auch nicht das Problem. Wenn ich abtreibe und ich weiß noch gar nicht, ob ich das wollen würde, dann kann ich nie wieder schwanger werden<, sagt sie und so langsam begreife ich, was in ihr vorgeht. Das erklärt ihr Verhalten, ihr offensichtliches Bedürfnis, im Boden zu versinken. >Ich bin zweiundzwanzig, hatte noch nie eine anständige Beziehung und ich bin einfach nicht bereit. Weder für ein Kind, noch dafür, mir die Möglichkeit auf eine eigene Familie zu nehmen. Diese Entscheidung kann ich nicht treffen. Nicht allein und auch nicht, ohne mir deine Meinung anzuhören. Es ist auch dein Kind.<
Unwillkürlich wünsche ich mir, dass sie mich um eine DNA Probe für einen Vaterschaftstest gebeten hätte. Das wäre so viel einfacher, für uns beide. Ich will gar nicht wissen, wie sie sich fühlt. >Und ja, du bist der Vater. Es gab keinen anderen<, fügt sie leise hinzu, starrt weiter den Tisch an und ihre Wangen werden wieder rot. Sie sieht gerade wirklich süß aus, aber es gibt im Moment wichtigeres. Erwartet sie, dass ich ihr die Entscheidung abnehme? Wie könnte ich derart in ihr Leben eingreifen?
>Es tut mir leid.< Sie dreht langsam den Kopf, sieht mich an und in ihren Augen schwimmen Tränen. Sie ist wirklich wunderschön, selbst jetzt.
>Was denn? Du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Ich hätte besser aufpassen müssen oder einfach zur Sicherheit die Pille danach nehmen, aber ich habe es nicht getan. Ich war sicher, dass alles in Ordnung ist, genau wie du.<
>Wäre ich nicht so betrunken gewesen, hätte ich es vielleicht bemerkt.< Sie hebt die Schultern und lächelt schwach.
>Das wissen wir nicht. Außerdem hilft uns das jetzt sowieso nicht mehr.< Da muss ich ihr leider Recht geben. Nur habe ich überhaupt keine Ahnung, was ich sagen, wie ich mich entscheiden soll. Ich will genauso wenig Vater werden, wie sie Mutter werden will. Nicht jetzt und schon gar nicht so.
Allerdings will ich ihr nicht sagen, dass sie abtreiben soll, wenn sie dann nie wieder die Chance auf ein Kind hat. Würde sie keine Kinder wollen, hätte sie sich längst entschieden. Sie würde auch mir die Schuld geben, wenn sie irgendwann glücklich ist und mit ihrem Mann keine Kinder haben kann, genau wie ich. Es ist schlicht und einfach so, dass ich wirklich kein Recht habe, derart in ihr Leben einzugreifen. Nicht einmal dann, wenn wir zusammen wären.
>Du solltest dir Zeit nehmen, mit der Entscheidung. Ich kann nicht mehr tun, als dir beizustehen, egal wie du dich entscheidest<, erkläre ich ihr sanft und sie sieht mich an. Ihre schönen grünen Augen sind auf mich gerichtet, mustern mich erwartungsvoll. >Wenn du es nicht abtreiben willst und möchtest, dass ich nicht nur der Erzeuger, sondern auch der Vater für das Kind bin, dann werde ich das sein. Wir müssen nicht zusammen sein, damit das Kind beide Elternteile hat. Oder ich halte mich komplett raus, wie du willst. Wenn du es abtreibst, komme ich mit und helfe dir, wenn ich kann.<
Zugegeben, wenn sie es bekommen will, würde ich mein erstes Kind gern wenigstens hin und wieder sehen, aber darüber denke ich erst nach, wenn sicher ist, dass sie es bekommen will. Das ist alles, was ich für sie tun kann. Sie selbst muss die Entscheidung treffen, denn sie allein muss mit den Konsequenzen leben. Wenn sie mich als Vater für ihr Kind will, habe ich kein Problem es regelmäßig zu sehen, oder auch eine Weile bei mir zu haben. Es würde ohnehin die Meiste Zeit bei ihr sein und ich komme gut mit Kindern aus.
Irgendwie habe ich mich schon halb darauf eingestellt, dass ich in neun Monaten einen Säugling in den Armen halte. Bei diesen Aussichten denke ich einfach nicht, dass sie es abtreiben wird. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob das jetzt etwas Gutes ist oder ein neuer Stressfaktor wird. Immerhin scheint sie nett zu sein.
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