Kapitel 68
In der letzten Woche hatte ich viel Zeit, um über das, was passiert war und was ich alles gesagt hatte, nachzudenken. Jungkook antwortete noch immer nicht auf meine Anrufe oder Nachrichten. Offensichtlich konnte er ziemlich nachtragend sein. Nur leider hatte er auch allen Grund dazu.
Ich bereute meine Worte noch am selben Abend und doch brauchte ich selbst Zeit, sie zu verarbeiten. Das Gespräch mit Tae danach hatte mir klar gemacht, dass das alles nicht von irgendwo kam. Mein Alkoholpegel hatte sie nur zu Tage befördert. Allerdings würde ich das alles auch ganz gerne mit meinem Freund klären. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare.
An dem Abend in der Bar wäre Jungkooks Temperament beinahe wieder mit ihm durchgegangen. Er hatte sich aufgeregt, weil eine Gruppe Männer Tae und mich angegraben hatten. Zwar hatte ich ihnen gleich verklickert, dass ich vergeben und nicht interessiert war, doch das hatte sie nicht vom Flirten abgehalten.
Ich hatte wirklich nur kurz mit den Typen geredet, freundlich wie ich nun mal war, aber meinem Freund hatte das gereicht, um beinahe an die Decke zu gehen. Und auch danach, hatten sich die Männer weder bemüht, unauffällig zu gaffen, noch hatten sie sich mit ihren anzüglichen Kommentaren zurückgehalten.
Es war unangenehm und ich war froh, dass Jungkook da war, aber dennoch wäre er beinahe wieder handgreiflich geworden und das wollte ich genau so wenig. Der Jüngere machte mir jedes Mal Angst, wenn er so ausflippte. Dass er danach auch noch wie ein Wachhund an mir hing, brachte das Fass beinahe zum Überlaufen. Nicht mal mehr alleine aufs Klo hatte ich gehen dürfen!
Seine Eifersucht war wirklich anstrengend. Ich meine, ich liebe ihn und er wusste das ganz genau. Wie oft müsste ich es noch sagen, damit er sich keine Sorgen mehr machte? Das war doch lächerlich. Und dass er mir jetzt aus dem Weg ging, genau so!
In meinem Hinterkopf spielte sich jedoch auch die Sorge ab, dass ihm vielleicht was passiert war. Nachdem Tae mir erzählt hatte, dass Jungkook ernsthaft mit seinem Motorrad weggefahren war, überrollte mich mein schlechtes Gewissen nur noch mehr. Möglicherweise hatte er ja einen Unfall, lag jetzt schwer verletzt im Krankenhaus und meldete sich deshalb nicht! Dann wäre es meine Schuld und ich würde es nicht mal erfahren, weil niemand mich informieren würde.
Oh Gott. Was, wenn er tot ist?!
Ich versuchte, die aufkommende Panik zu verdrängen und nicht gleich den Teufel an die Wand zu malen. Dennoch verschnellerten sich meine Schritte, mit denen ich auf die Villa der Jeon's zusteuerte. Er ging nicht ans Handy? Dann musste ich ihm eben einen Besuch abstatten! Ich würde heute mit ihm reden, ob er das wollte, oder nicht.
Als ich schließlich vor der Tür stand, die wahrscheinlich so viel kostete wie meine ganze Wohnung, war mir doch etwas mulmig. Wenn ich sonst hierher kam, war ich immer in Begleitung des Jüngeren. Ich war noch nie unangekündigt hier aufgeschlagen, aber es gab wohl für alles ein erstes Mal.
Mein Blick schweifte noch einmal über den Hof. Jungkooks Autos standen beide hier. Aber das Motorrad nicht. Schnell schüttelte ich den Kopf und klingelte an der Tür. Es ging ihm sicher gut. Ich wartete nicht lange, da wurde mir die Tür von einem der Dienstmädchen geöffnet, die ich alle nur vom Sehen her kannte.
"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte sie höflichst, aber auch so monoton wie ein Stein. Als wäre ich ein völlig Fremder.
"Hallo. Ich möchte zu Jungkook, ist er da?", fragte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
"Der junge Herr erwartet keinen Besuch und möchte nicht gestört werden.", ratterte sie ihren Text runter und mir klappte der Mund auf.
"Einen schönen Tag, der Herr.", fügte sie noch hinzu und wollte mir die Tür schon wieder vor der Nase zu hauen. Schnell stellte ich meinen Fuß dazwischen und stemmte mich mit den Händen gegen die Haustür.
"Entschuldigung, aber ich werde jetzt mit meinem Freund reden! Es ist wichtig und da wirst du mich sicher nicht von abhalten.", sagte ich mit sehr deutlichem Nachdruck. Ihre Überraschung über meine Widerwort ausnutzen, drückte ich die Tür wieder auf und ging einfach hinein.
Eigentlich war das so gar nicht mehr Art und ich würde mich vermutlich auch nicht so aufdrängen, wenn es mir nicht wirklich ernst wäre. Vielleicht färbte der Jüngere aber auch einfach ein bisschen auf mich ab. Wer weiß das schon.
"Wo ist er?", fragte ich das Dienstmädchen, die mir sofort hinter hetzte, als ich schnellen Schrittes durch die Eingangshalle lief.
"Sie dürfen hier doch nicht einfach so hinein spazieren. Wenn Herr Jeon das erfährt, dann bin i-", brabbelte sie hektisch drauf los. Seufzend drehte ich mich zu ihr um.
"Er wird es nie erfahren, wenn du mir einfach sagst, wo Jungkook steckt. Bitte.", bat ich sie mit flehendem Blick. Wenn sie mir nicht half, würde ich halt die ganze Villa auf den Kopf stellen, aber das dauerte deutlich länger.
Abwägend blickte sie mich an, ehe sie leise seufzte und auf eine Treppe deutete, die nach unten führte.
"Der junge Herr befindet sich in seinem Fitnessraum, obwohl der Arzt es ausdrücklich verboten hat.", sagte sie schließlich. Meine Augen weiteten sich schlagartig, bei ihren Worten. Jedoch fragte ich gar nicht nach, sondern lief nur noch schneller zu besagter Treppe, rannte diese beinahe runter und folgte dem Gang.
Hier unten sah es nicht weniger pompös aus, als oben und hier waren so viele Türen, dass ich mich sofort fragte, welche die richtige war.
"Die Milchglastür, da rechts.", verriet mir das Dienstmädchen, welches mir wohl gefolgt war. Dankend nickte ich und riss die Tür einfach ohne jede Vorwarnung auf.
Kaum trat ich einen Schritt in den Raum, begrüßte mich ein verdammtes Fitnessstudio. Und ein Jungkook, der mich mehr als erschrocken mit riesigen Kulleraugen anschaute. Als er jedoch zu realisieren schien, dass ich wirklich hier stand, blickte er finster zu dem armen Dienstmädchen hinter mir.
"Hatte ich nicht gesagt, ich will NIEMANDEN sehen!?", knurrte er wütend. Schützend hielt ich meinen Arm vor sie und zog die Aufmerksamkeit des Jüngeren damit wieder auf mich.
"Schrei sie nicht an! Sie hat versucht mich aufzuhalten, aber du weißt genau, dass wir reden müssen und du hast mir keine Wahl gelassen, als hierher zu kommen.", verteidigte ich das Mädchen und machte im selben Moment meinen Standpunkt klar.
"Tze. Wieso? Bist du noch nicht fertig damit, mir zu sagen, wie sehr ich dich nerve?", schnaubte er verächtlich und drehte mir einfach den Rücken zu. Zwar überwog die Wut in seiner Stimme, doch ich konnte auch schwach heraushören, wie sehr ich ihn verletzt haben musste. Seufzend schickte ich das Dienstmädchen weg, die auch liebend gern das Weite suchte.
Ich ging auf meinen Freund zu, der sich gerade seine Boxhandschuhe wieder an zog. Als ich meinen Blick einmal genauer über seinen Körper schweifen ließ, fielen mir auch all die dunklen blauen Flecken auf, die sein Muskelshirt nicht ganz verdecken konnte. Genauso, wie die getapte Schulter und die Bandage an seinem linken Knie.
"Jungkook, was ist passiert?", fragte ich besorgt nach und überging seine vorherigen Worte damit erst einmal.
"Nichts.", brummte er nur trotzig und begann auch schon wieder auf den schweren Boxsack einzuprügeln. Der Jüngere versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber ich beobachtete sein Gesicht genau und konnte immer wieder einen Hauch von Schmerz hindurch huschen sehen.
Ich konnte mir das nicht länger mit ansehen. In seinem Zustand sollte er keinen Sport machen, sondern sich ausruhen. Also ging ich zielstrebig auf ihn zu. Kurz zuckte ich bei seinem letzten Schlag zurück, legte meine Hände aber schließlich auf seinen Handschuh, was den Jüngeren inne halten ließ.
"Bitte hör auf, Koo. Du tust dir nur selbst weh.", sagte ich und sah in seinen dunklen Augen.
"Vielleicht ist das ja genau meine Absicht.", erwiderte er nur monoton. Ich jedoch glaubte, dass es einen ganz anderen Grund hatte, allerdings würden wir da später zu kommen.
"Du hattest einen Unfall, oder? An dem Abend. Warum hast du mir nichts gesagt? Du ignorierst mich die ganze Woche, antwortest nicht auf Nachrichten und nimmst meine Anrufe nicht an. Ich hab mir Sorgen gemacht!", schimpfte ich.
Mit einem geradezu emotionslosen Blick, beobachtete Jungkook meinen kleinen Ausbruch und jagte mir damit einen eiskalten Schauer über den Rücken.
"Als du mich rausgeworfen hast, hat es dich doch auch nicht interessiert. Und hast du mir nicht vorgehalten, ich würde zu sehr klammern? Dass ich dich nerve? Jetzt lasse ich dich in Ruhe und du bist trotzdem nicht zufrieden.", grummelte er leise.
Den Blick abwendend zog Jungkook sich wieder von mir zurück. Dass er so die Distanz zu mir wahrte, war wie ein Stich ins Herz. Er zog seine Boxhandschuhe wieder aus und schmiss sie einfach auf den Boden, um sich dann die darunter liegenden Bandagen von den Händen zu wickeln.
"Es tut mir Leid, was ich alles zu dir gesagt habe. Ich wollte das nicht. Wenn ich nicht betrunken gewesen wäre, hätte ich das nie so gesagt.", versicherte ich ihm. Ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Dass meine Wortwahl, meine Lage jedoch nicht unbedingt verbesserte, fiel mir erst auf, als der Jüngere in seinem Tun inne hielt.
"Du hast das alles also wirklich ernst gemeint..."
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Streit die zweite? :D
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