Kapitel 1
"Du kriegst mich niemals!", schreit meine Schwester und schlittert dann um einen Bau herum. Sie ist es gewohnt, dass ich nicht antworte, weswegen ich es mir auch diesesmal spare, was ihr zum Verhängnis wird. Auch wenn sie weiß, dass ich nicht antworten werde, hofft sie dennoch darauf und wird dabei unaufmerksam. Mit einem Fauchen springe ich ihr von hinten auf den Rücken und kurz darauf überschlagen wir uns im pulvrigen Schnee. "Das war unfair, Frostpfote!" Ein leicht spöttisches, belustigtes schnurren ist meine einzige Antwort. Gerade will ich mich wegdrehen und gehen, als mir Samtpfote entgegen kommt und in mich rein rennt. "Hast du keine Augen im Kopf? Pass doch auf, wo du mit deinen Pranken hin trittst!" Eingeschüchtert zieht sie den Kopf ein und tapst zu meiner Schwester Silberpfote, die sie trötet. Genervt atme ich die Luft aus, die in der kalten Luft als kleines Wölken aus meiner Nase kommt. Ich schaue mich um, doch viel ist nicht los. Alle sind auf der Jagd, doch Grauauge wollte ohne mich jagen! Außer kämpfen und jagen kann ich aber nichts. Ein mal habe ich Moos für die Ältesten gesammelt, aber Rußbein musste ihnen dann Dornen und Zecken entfernen. Was kann ich dafür, wenn das Moos nicht ganz sauber war? Hier in den eisigen Bergen hat man nunmal nicht viel auswahl und ich weigere mich, für ein paar graunasige Tattergreise bis ins Tal zu laufen. Es ist mir sowieso unbegreiflich, warum Adlerklaue schon bei den Ältesten ist! Er ist doch noch jünger wie meine Mutter und nur weil er auf einem Auge blind ist, kann er doch trotzdem jagen! Erschöpft klettere ich auf den Schülerbau und lege mich auf das Moos, das ich mir dort oben immer hinlege. Von hier aus kann ich das ganze Lager überblicken, doch keiner sieht mich. Fleckengesicht liegt am Eingang zur Kinderstube, aber ihr Bauch, der von den ungeborenen Jungen ganz dick ist, versperrt den Weg. Ich gähne einmal und lege dann meinen Kopf auf meinen Pfoten ab. Buntfell und Rabenfell keifen sich mal wieder an, Samtpfote und meine Schwester stehen noch da, wo ich sie zurück gelassen habe und sogar Eispfote steht heute mal alleine rum. Falkenkralle gibt sich gerade mit seiner Gefährtin Blauauge die Zunge, die seine Jungen erwartet und ebenfalls mit dicken Bauch rum läuft. Eiskralle ist seit dem er alleine auf Patroullie musste die ganze Zeit bei meiner Mutter im Bau gesessen und ich glaube, dass auch Langschweif, mein Vater, bei ihr im Bau sitzt. Ich putze mir meine Pfoten und rollte mich dann auf den Rücken. Der Mond geht langsam auf und da heute Halbmond ist, gehen Rußbein und Häherpfote zum Mondberg. Viel weiß ich darüber nicht, aber es heißt, dort geben sie die Heiler die Zungen mit unseren Urahnen. Was dort oben passiert ist geheim und streng genommen interessiere ich mich nicht dafür, was ihnen schon vor langem gestorbene Katzen erzählt haben. "Frostpfote? Du solltest dich bei Samtpfote entschuldigen!" Ich fauche einmal wütend, springe aber trotzdem von meinem Platz, natürlich so, dass mich niemand sieht. Ich trete hinter dem Bau hervor und setze mich dann in den Eingang, da die beiden drinnen sind. "Warum bist du immer so gemein zu uns?" Ich antworte nicht und schaue sie einfach weiter an. Ich spüre, dass ihr mein Blick unangenehm wird, da sie beginnt, sich nervös zu putzen. "Frostpfote? Du solltest dich entschuldigen!" Ich ziehe meine Lippen hoch und gehe dann wieder. "Sieh es als Entschuldigung an!" "Aber es war keine! Warum ist sie so?" "Das ist nunmal ihr Charakter! Außerdem ist eine weiße Katze mit eisblauen Augen hier so gut wie unsichtbar. Sie will einfach nicht wegen ihrer Stimme auffallen, wenn es auch anders geht!" "Aber sie hat mich doch auch agefahren, als ich in sie rein gerannt bin!" "Ja, weil sie da wütend war! Lass sie einfach!" Ich hasse es, wenn sie über mich reden, aber man gewöhnt sich daran. Ich schleiche mich an Narbengesicht vorbei aus dem Lager, weil mir total langweilig ist. Hätte Grauauge mich mit gelassen, müsste ich mich jetzt nicht raus schleichen! Ich schleiche den Pfad entlang, den die vielen Katzenpfoten hinterlassen haben, da es der einzige Weg ist, von unserem Lager weg zu kommen. Es ist mehr oder weniger in einer Höhle, allerdings schneit es dort trotzdem rein und der Boden ist mit Erde bedeckt. Ich strecke mich einmal und fahre mit meinen Krallen durch die gefrorene Erde, um mich auf die Jagd vor zu bereiten. Ich hebe den Kopf und richte die Ohren auf, als ich Stimmen höre, die sich langsam dem Lager nähern. Vorsichtig tapse ich in den tieferen Schnee und lass mich so weit hinein sinken, dass es so ausschaut, als würde ich zur Schneedecke gehören. Auf diesen Trick sind sie immer rein gefallen, vor allem, weil ich ausschaue wie Schnee und das gefrorene Wasser meinen Geruch überdeckt. Ich schüttel mir die eizelnen Flocken aus dem Fell und stapfe dann durch den Schnee und schnüffel an jedem Loch, das Beute als Bau nutzen könnte. Doch entweder haben die Tiere alle bessere Bäue gefunden, oder sie sind alle einfach verschwunden. Gerade als ich umdrehen will, sehe ich schwarze Flecken im Schnee, zwei an der Zahl. Ein Schneehase! Eigentlich komisch, dass ihre Ohrenspitzen trotzdem schwarz sind, obwohl sie sich tarnen wollen. Der Wind dreht und träge jetzt den Geruch der Beute zu mir, was es mir leichter macht, die genaue Entfernung ab zu messen. Ich pirsche näher heran und wage dann schon zwei Fuchslängen entfernt einen Angriff. Der Hase schlägt Haken, doch nach einer kurzen Jagd habe ich es eingeholt und es mit einem gezielten Biss getötet. Mühsam ziehe ich es durch den tiefen Schnee hinter mir her und bringe es zum Lager, was wirklich ewig dauert. Als ich mich dann durch den engen Tunnel gezwängt habe, atme ich erleichtert auf. Ich schleife es noch die letzten Fuchslängen zum Frischbeutehaufen und lasse es dort mit einem erschöpftem schnauben fallen. "Wo warst du?" "Wonach sieht es denn aus?" "Du sollst doch nicht alleine jagen gehen! Wie oft denn noch?" "Tut mir leid, Grauauge aber du hättest mich ja einfach mit nehmen können! Wenn du mich entschuldigst, ich behalte den Hasen!" Ich ziehe ihn hinter mir her und bringe ihn zur Kinderstube, wo ich ihnen die Hälfte hintelasse, den Rest schleppe ich zum Schülerbau, wo sich Mohnpfote und Eispfote gleich drüber her machen wollen. Ich fauche sie an, was sie zurück weichen lässt. "Du kannst nicht die ganze Beute für dich behalten!" "Sagt wer? Außerdem habe ich sie selber gefangen, also lasst mich! Ich würde es mir ganz gerne mit meiner Schwester teilen, den Rest könnt ihr haben!" Auch wenn die beiden älter sind, lasse ich mir das nicht gefallen, vor allem, weil es kein ganzer Mond ist. Unser Clan hatte lange keine Schüler, aber momentan haben sie genug! "Silberpfote?" "Hier!" Sie liegt in ihrem Nest und schaut mich verschlafen an. Ich schiebe ihr den Hasen vor die Nase und beginne dann mit dem fressen. "Mhh! Hast du das selber gefangen? Es ist ja noch warm!" "Ja, gerade eben erst!" "Lass mich raten. Grauauge hat es gesehen und ist jetzt sauer?" Ich nicke stumm und nach unsere Mahlzeit ist immernoch etwas da. Ich lege es zu den Nestern von Mohnpfote und Eispfote, die direkt nebeneinander sind. Dann verabschiede ich mich mit einem nicken und klettere wieder auf den Schülerbau, wo ich mich in mein Nest fallen lasse.
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