⚡︎ zwei ⚡︎
Taehyung
Seufzend sehe ich von der einen Mülltonne in die andere. Nehme ich lieber den gammeligen Kohlkopf oder das krustige Brot, welches diese seltsame helle Ecke hat? Beides würde ich nicht tragen können, da ich schon eine alte, kratzige Decke und ein paar Socken in der Hand halte.
Auf meinem Rücken befindet sich mein ranziger Rucksack, der mir unteranderem als Kissen für die Nächte dient und gleichzeitig mein weniges Hab und Gut beschützt.
Aber ein ganzer Kohlkopf würde da nicht mehr reinpassen.
Seufzend entscheide ich mich also gegen den Kohl und nehme stattdessen das harte Brot in die Hand.
Wie ich so etwas doch hasse. Ich kann mich kaum an die Zeit zurückerinnern, als ich noch richtige Mahlzeiten hatte und nicht die Reste aus den Mülltonnen fischen musste.
Aber ich erinnere mich sowieso nicht gerne zurück.
Das macht nur wieder so traurig und depressiv, sodass ich letztlich erneut zurück an den Punkt kehre, wo ich einfach nur sterben will.
Und sterben ist hier mehr als nur leicht. Ich müsste einfach aufhören zu essen oder irgendeinem fremden Wolfsrudel begegnen. Hier in Seoul leben nämlich erstaunlicherweise viele von den verwahrlosten Gestalten und ich bin eine von ihnen.
Wobei ich im Gegensatz vieler anderer kein Mitglied eines Rudels bin, dazu bin ich noch schwächer und zierlicher als die meisten Werwölfe. Der einzige Grund, warum ich bisher noch nicht draufgegangen bin, ist, dass ich mich gut verstecken kann und sowieso von den wenigsten als wirkliche Bedrohung wahrgenommen were.
„Guten Appetit, Taehyung," flüstere ich mir selber zu, mit meiner dunklen Stimme, die so einen starken Kontrast zu meiner zierlichen Erscheinung bietet. Wäre ich kein armseliger Werwolf und hätte ich als Kind die Chance gehabt, mich in das soziale Leben der Menschen zu integrieren, wäre ich wohl gerne Sänger geworden.
Langsam knabbere ich an meinem Brot und mache mich zu Fuß auf den Weg Richtung der U-Bahnschächte. Dort ist es immer trocken und meistens findet man noch einen kleinen Platz für die Nacht. Die wenigsten Werwölfe halten sich dort auf, es gibt zu viele Menschen dort und es wäre auffällig, wenn man mit seinem Rudel auf dem Bahnsteig schliefe.
Ich hingegen wirke nur wie ein weiterer Penner Seouls, ein Stück Dreck der Stadt dem kaum Beachtung geschenkt wird. Aber was soll ich machen? Ich kann nicht aus meinem Leben raus, denn niemand will mich und niemand würde mir helfen.
Der starke Geruch nach Blut lässt mich auf einmal mitten in meiner Bewegung innehalten und ich schlucke schnell meinen Bissen Brot runter, ehe ich leise weiterschleiche. Langsam presse ich mich immer näher an die Hauswand und verfolge den stetig stärker werden Geruch.
„Ih", mache ich leise und Rümpfe die Nase, als ich um eine Ecke blicke und direkt auf den zerfetzten Kadaver eines... naja, so genau kann ich das nicht sagen, aber es wirkt wie ein männlicher Werwolf. Nichts Neues, zumindest nicht für diese Gegend hier.
Ich verziehe angeekelt das Gesicht, als ich über den Dünndarm steige, der direkt vor meinen Füßen liegt. Ein Stückchen weiter sind einige andere Gedärme verteilt und mir wird fast übel, als ich daran denke, was hier sonst noch so von ihm liegen muss.
Noch schlechter wird mir allerdings, als ich realisiere, dass der Mörder dieses Werwolfes theoretisch immer noch in der Nähe sein und mich beobachten könnte. Sofort sehe ich mich hektisch um und Strecke meine Nase in die Luft, aber aufgrund des starken Blutgeruchs nehme ich nicht einmal mehr den Gestank der Mülltonnen war, die nur zwei Meter weiter stehen.
„Fuck", fluche ich leise und tänzele irgendwie um den zerfetzen Kadaver herum, um auf die andere Seite der Gasse zu gelangen. Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis die Polizei hier auftaucht und bis dahin will ich weg sein.
Doch Todesfälle dieser Art dürften den Behörden Seouls mittlerweile nicht mehr unbekannt sein. Sie wissen nicht was die Todesopfer so anrichtet, aber sie sind zumindest so schlau, Warnungen an die Menschen auszusprechen.
Pah, als ob wir jemanden unschuldiges anfallen würden, der sich hier in die dreckigen Abgründe der Stadt verirrt. Wer kein Werwolf, sondern ein normaler Bürger ist, stellt keine Bedrohung dar. So einfach ist das.
Seufzend setze ich meinen Weg fort und blicke nicht zurück. Es bringt nichts, sich mit dem fremden, toten Wolf auseinander zu setzen. Ich sollte mich lieber beeilen, einen halbwegs sicheren und trockenen Schlafplatz zu finden.
Ein plötzliches Knurren an meiner rechten Seite lässt mich jedoch erschrocken zusammenfahren und ich lasse entsetz den Rest meines schimmeligen Brotes fallen, als ich zwei Männer erkenne, die mich fest im Visier haben.
„Jungkook, wir treffen heute ja wirklich viele Wölfe", schmunzelt der Kleinere von ihnen und blickt mich aus seinen Dunkeln Augen an. Der andere, Jungkook, mustert mich nur intensiv und verschränkt seine Arme vor der Brust, wodurch sich sein ausgeprägter Bizeps noch mehr anzuspannen scheint.
„I-Ich tue nichts, wirklich nicht", flüstere ich und ein Winseln verlässt meine Kehle, als ich ein kleines Stück zurück trete. Es ist klar, dass ich den beiden mehr als nur unwillkommen bin, doch ich habe keine Chance gegen sie. Sie sind zu zweit und ich bin viel zu schwach.
„Yoongi-Hyung, schau mal wie ... naja, schwach und zierlich der Kleine ist", meint dieser Jungkook auf einmal und ich bin kurz davor, eine empörte Antwort zu geben. Denn klein bin ich sicherlich nicht. Doch meine Antwort bleibt mir im Hals stecken, als dieser Yoongi lediglich den Kopf schüttelt.
„Erledige ihn."
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