Im Endeffekt war es wirklich verrückt. Es war erstaunlich, zu was Menschen fähig waren.

"Als wir erfahren hatten, dass Roberta entführt wurde, wurden wir sofort hier hingeschickt. Klar, es war wichtig, sie ist Roberta Federica Barone. Man musste sie sofort finden! Also fingen wir an, verschiedene Spuren nachzugehen. Wir hatten nichts. Keine Indizien, keine Details. Sie war einfach verschwunden. Dann fragte ich Sofia, die damals einfach eine Freundin von Roberta war, wie das alles passiert war. Sie erklärte mir, dass sie in einem Park waren, für einen Ausflug mit dem Fahrrad, und Roberta plötzlich verschwunden war. Mir kam das alles sehr merkwürdig vor, ich meine, wie konnte man nicht merken, dass ein Mädchen mit ihrem Fahrrad verschwand?
Nun gut, ich dachte mir nichts weiter dabei und Leo und ich suchten nach irgendetwas im Park. Was wir uns genau dabei dachten, weiß ich auch nicht mehr, aber wir wurden auf ein paar Dinge aufmerksam.
Irgendwie sind wir dann auf das Altersheim, Viola Strozzi und Franco Pasquarelli gekommen, ich glaube, wir hatten einen Zettel gefunden oder so. Auf jeden Fall sind wir auf gut Glück dort hingegangen und mussten uns an der überaus unfreundlichen Empfangsdame beliebt machen. Leo hat das natürlich sofort geschafft aber mich musste sie ja abgrundtief hassen!"
"Du schweifst ein wenig ab", machte mich Sofia darauf aufmerksam.
"Oh, stimmt ja", sagte ich und konzentrierte mich wieder auf das Wichtigste. "Nun, als wir dann glücklicherweise eine Nummer gefunden hatten, die einer Frau gehörte, wo ich bis jetzt noch nicht weiß wie sie heißt, und wir dadurch auch deren Versteck herausgefunden hatten, machten wir uns auf den Weg dort hin. Dort haben wir dann auch noch viele neue Sachen in Erfahrung gebracht und sahen, wie Viola Strozzi von diesen Leuten bedrängt wurde und blaa...Leo erzähl du weiter, ich habe keine Lust mehr, ich mache nachher nur die endgültige Auflösung." Ich lächelte ihn bittend an. Als er dann einwilligte und erzählte, was wir alles taten, sah ich mir Sofia genauer an. Sie hörte ebenso gespannt zu, wie alle anderen auch, außer mir.

"Nun gut", meinte der FBI-Agent, als Leonardo fertig war. "Das war jetzt wie ihr vorgegangen seid, aber wie erklärt ihr eure Vermutung zu all dem hier?" Nun sahen mich wieder alle an. Bevor ich anfing, sah ich noch einmal kurz zu meiner Hand, die in Leos lag. Ich sah wieder hoch und atmete einmal durch.
"Also. Keiner wusste, wer Roberta entführt hatte, und nun denken alle, die Aifam steckt dahinter, richtig?"
Alle nickten. Die anderen FBI-Agenten hatten die Aifam Mitglieder zwar festgenommen, dennoch ließen sie in diesem Raum, vielleicht weil sie meiner Erklärung besser folgen konnten oder so, wer weiß.

"Die Aifam hat den Auftrag aber nur ausgeführt." Ich wurde verwirrt angestarrt. "Es ging um Geld -klar, um was denn sonst- aber was hätte die Aifam davon, eines ihrer eigenen Mitglieder Geld abknöpfen zu wollen, wenn sie doch regelmäßig Geld von allen Mitgliedern bekommen."
"Woher willst du das denn wissen?", fragte Sofia ungläubig und irgendwie leicht geschockt. Tja, meine Liebe, zu dir komme ich auch noch.
Ich zuckte mit den Schultern. "Sagen wir es so...ich habe meinen Blick ein wenig schweifen lassen, als ich von Nicolo in den Raum geholt wurde. Diego hatte gerade Papiere ausgedruckt und, na ja, da standen interessante Dinge drauf." Alle sahen mich überrascht an und Sofia schien ein wenig beleidigt. "Was ist, Sofia? Freust du dich etwa nicht, dass wir so viel herausgefunden haben?" Ihr Gesichtsausdruck wurde leicht wütend und sie mied meinen Blick. "Gib's zu, du wusstest es schon die ganze Zeit!", sagte ich nun lauter. Sie blickte wütender drein und stand auf. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und schrie mich an.
"DU HAST DOCH KEINE AHNUNG!"
Geschockt wurden wir von allen angestarrt. Ich stellte mich nun auch ein wenig mühsam auf die Beine. Mein Arm tat weh, als ich ihn bewegte.

"Ich hatte keine Ahnung! Ich war die ganze Zeit nicht sicher, doch jetzt weiß ich alles! DU warst dabei, als Roberta entführt wurde. DU hast dich bei mir und Leo eingeschlichen, als es brenzlicher für euch wurde, weil wir immer näher an euch ran kamen. DU bist Carlos Freundin und deswegen war er immer in eurer Clique! Hab ich recht?", schrie ich fast. "Von wegen, 'meine Organisation hat mein Training zurückgestellt'! Pah! Das ergibt doch gar keinen Sinn! Erst habe ich mir nichts dabei gedacht, doch irgendwann war es merkwürdig. Du schienst zu unfähig, zu unklug, um als Spionin ausgebildet zu werden! Du bist eine miese, kleine Lügnerin!"
"Ach sei doch still!", schrie sie mich an und wollte auf mich losgehen. Sofort reagierte Leo und sprang auf, um Sofia zurückzuhalten. Wir hätten kämpfen können, wäre ich nicht verletzt.

Sofort kam eine FBI-Agentin und nahm auch Sofia gefangen.
"Aber, wieso?", fragte Cassandra.
Ich schaute Sofia abschätzig an. "Es geht alles weit zurück. Als die Kinderpsychatrie gebaut werden sollte, nicht wahr, Franco?" Ich machte eine kurze Pause. Keiner sagte oder tat irgendetwas. Alle warteten darauf, dass ich weiterredete.

"Francos Familie, sprich, seine Vorfahren, waren gute Freunde des Bürgermeisters. Sie schienen, als wären sie mit die reichste Familie des Dorfes, was aber gar nicht stimmte."
"Okay, es klingt kompliziert", meinte Diego. Ich redete einfach weiter.
"Die Kinderpsychatrie wurde auf einem großen Grundstück gebaut. Dieses Grundstück wurde zwangsversteigert...es gehörte der Pasquarelli Familie. Diese hatte kaum etwas und dieses Grundstück war ihr bestes Stück, was sie hatten. Eine große Fläche Land. Und alles war weg. Wer wollte sein Grundstück schon an 'dumme, geisteskranke Kinder' verschwenden?
Doch was sollten sie tun?
Ihr bester Freund war der Bürgermeister, also kamen sie leicht an eine Stelle dort. Sie planten alles. Sie organisierten nacheinander immer mehr Morde. Sie killten die Kinder, als hätten sie kein Herz, und ließen es als Selbstmord aussehen. Sie taten auf unschuldig und machten wahrscheinlich noch darauf aufmerksam, dass dies nicht länger klappte und das Gebäude wieder abgerissen werden sollte. Alles klappte nicht, also legten sie ein Feuer. Das würde alle schocken, dachten sie, keiner würde mehr seine Kinder hier hin schicken. Tja, falsch gedacht. Man machte etwas anderes daraus."

Ich fühlte mich wie in einer Rede. Ich hoffte nur, dass es wirklich alles stimmte und das nicht alles nur meiner Fanatasie entsprungen war und ich als Idiotin endete. Schließlich interpretierte ich das meiste nur aus einem Bild, was in Francos Büro hing.

"Man machte es zu einem Altersheim. Die Pasquarellis arbeiteten nun auch dort wieder und, na ja, wenn ein weiterer Brand nicht half, dann musste eben anders gehandelt werden. Es gehörte praktisch zur Familientradition, dort die Arbeit fortzuführen, die die Vorfahren angefangen hatten. Da Franco jedoch gefallen an der Aifam gefunden hatte und diese auch hauptsächlich auf Geld aus war, nutzen sie das edle Altersheim aus. Beziehungsweise die Rentner dort. Oder Franco. Ansichtssache.
Sie wurden praktisch ausgesaugt und nur die Hülle wurde liegen gelassen, weil sie zu nichts mehr zu gebrauchen waren, für sie. Sie killten sie und, oh Wunder! Es waren immer Unfälle oder Selbstmorde. Komisch, nicht? Keiner ahnte jedoch etwas, weil niemand wusste, wie das damals in der Kinderpsychatrie war. Zumindest laut Tommaso." Ich blickte ihn nun an und er sah mich nur mit einem hasserfüllten Blick an.

"Er erzählte uns einiges nützliches, aber gleichzeitig auch ein Haufen Lügen. 'Carlo kenne ich nur seid eben' blabla, ja klar. Darum stellte sich die Frage: Können wir etwas mit dem Anfangen, was er uns mitgeteilt hat? - Ja, denn er ist neu. Carlo hatte uns beschattet und wusste, dass Tommaso uns alles erzählt hatte. Er bot ihm wahrscheinlich Geld an, um in die Aifam zu kommen. Viel Geld. Da haben wir's auch schon, er kannte Carlo wirklich erst seid eben, aber anders als er behauptete."
"Okay, aber was ich noch nicht ganz verstanden habe ist, was das alles mit Roberta und ihrem Vater zu tun hat", merkte Diego an.
"Stimmt", sagte Nicolo. "Eben hast du irgendeine Andeutung gemacht, von wegen Geld und Mitglieder."
"Schön, dass ihr fragt, Jungs", lächelte ich. "Wie ich eben erklärt habe, führt die Aifam nur den Auftrag aus, Roberta zu entführen."
"Aber wer hat den Auftrag gegeben?", fragte Cassandra.
"Nun..." Ich sah zu Roberta. Sie tat mir leid. Schrecklich leid. "Ihr eigener Vater." Ich hörte wie die Luft geschockt eingesogen wurde. Roberta machte große Augen und fing an zu weinen.
"DU LÜGST! MEIN VATER WÜRDE MIR SO ETWAS DOCH NICHT ANTUN!"

Ich nickte langsam. "Oh doch...leider schon."
"Aber...aber wieso?", schniefte sie.
"Dein Vater gab der Aifam den Auftrag, dich zu entführen. Jedoch wusste keiner, dass es dein Vater war, der den Auftrag gab."
"Wo bleibt da der Sinn?", meldete sich Leonardo auch wieder zu Wort.
"Nun, Geld ist das Eigentliche hier. Ein anonymer Auftrag, die Aifam bekommt Geld, sogar doppelt, einmal vom Auftraggeber und vom Vater des Opfers."
"Aber sie kennen doch die Tochter des eigenen Mitglieds oder nicht?", meinte Nicolo fassungslos. Ich schüttelte den Kopf.
"In diesem Fall nicht, denn in der Aifam benutzt er wohl einen Decknamen und seine Tochter hält er aus dem Geschäft raus...bis jetzt."
"Es ergibt trotzdem keinen Sinn. Herr Barone zahlt doppelt für eine Organisation, in der er tätig ist?" Diego war komplett verwirrt. Ich wollte gerade antworten, als Leo mir zuvor kam.

"Mh-mh! Ich hab's! Herr Barone muss irgendwie von dem ganzen Geld profitieren, stimmt's?"
"Jap", nickte ich. "Er ist der Stiefbruder von Giacomo Floretti. Sie bilden das Oberhaupt, doch das weiß kaum einer, selbst in der Organisation nicht."
"Woher weißt du, dass es sein Stiefbruder ist?" Ungläubig sah mich Nicolo an.
"Nun, das ist mehr eine Vermutung, aber Giacomo Floretti hat ein Tattoo, was ein Bild darstellt, dass meine Cousins auch haben, weil sie Stiefbrüder sind. So würde es am meisten Sinn machen, find ich."
"Aha...aber eine Sache ist doch unlogisch", meinte der FBI-Agent. Was denn noch? "Wieso sollten sie gegen ein Mitglied arbeiten?"
Ich nickte. "Gute Frage. Nun, da kommt der nette Herr in Anzug ins Spiel. Ich sehe ihn jetzt zum ersten Mal, doch er hat mir alles deutlich gemacht. Franco erzählte von einem ehemaligen Mitglied, wo bleibt der Sinn? Genau! Nirgendwo! Zumindest auf den ersten Blick."
"Was heißt das denn nun schon wieder?", fragte Cassandra.
"Der Mann dort erzählte allen, Robertas Vater hätte die Aifam hintergangen. Sie würden sich rächen wollen. Er war natürlich eingeweiht in das ganze Stiefbrüdergedönst."

Es herrschte Stille. Keiner sagte etwas. Alle hingen an ihren Gedanken und versuchten zu verarbeiten, was ich gesagt hatte. Es war kompliziert, ich weiß, und es stimmte bestimmt nicht alles hundertprozentig, aber das meiste hoffte ich schon.

"Mädchen, du bist echt übernatürlich!", sagte plötzlich einer der Agenten. Ich lächelte dankend. Leo umarmte mich vorsichtig, wegen dem Arm.
"Das ist meine Alex!", murmelte er in mein Haar.
Ich lächelte zufrieden. Sehr zufrieden! Denn ich war zu Ergebnissen gekommen. Guten Ergebnissen!

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Ende? - So gut wie! Schließlich fehlt noch ein Ereignis ;)
Na...wer errät's?

tierlieb