12: Prinzesschen

"I hopped off the plane at LAX
With a dream and my cardigan
Welcome to the land of fame excess
Am I gonna fit in?" , sang Eliana lächelnd vor sich hin.
"Als ob die auch noch singen kann", flüsterte mir Flavia fassungslos von der Seite zu und beobachtete dabei Eliana, wie sie ihren Koffer hinter sich herzog und fröhlich ihre Hüfte im Takt bewegte.
"Jeder hat versteckte Talente", zuckte ich mit den Schultern. Meine beste Freundin zog eine Augenbraue hoch und sah mich kritisch an.
"Ach ja? Also ich bin nicht so jemand."
"Rede nicht so einen Quatsch! Dir stehen Minderwertigkeitskomplexe nicht."
"Gut, dann probiere ich es eben mit meinem Charme", grinste sie und wackelte mit den Augenbrauen, während sie sich von mir entfernte und zu Eliana ging. Sie legte ihr einen Arm um die Schultern und Eliana schien nicht sehr erfreut darüber.
"Kannst du mich bitte nicht anpacken? Danke!" Sie versuchte Flavias Arm loszuwerden, doch es half nicht.
"Ich wollte dir doch nur gratulieren!", sagte meine beste Freundin mit einem strahlenden Lächeln.
"Wozu?", fragte Eliana misstrauisch.
"Dein Gesang klingt wie meine Katze, wenn ihr jemand aus Versehen auf den Schwanz tritt!" Sofort schlug ich mir eine Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. Eliana sah das aber anders. Sie sah Flavia wütend an und schubste sie von sich.
"Du bist unmöglich!", beschwerte sie sich.
"Das ist eben mein verstecktes Talent!", hob Flavia ihre Hände abwehrend, grinste dabei aber frech.
"Das ist kein verstecktes Talent! Es ist weder ein Talent, noch versteckst du es! Jeder weiß wie du bist!" Eliana verschnellerte genervt ihren Gang, um Luca zu erreichen, der etwas weiter vorne mit Christian sprach.

Wir waren gerade in Los Angeles gelandet und machten uns auf den Weg nach draußen, um mit einem Taxi zum Hotel zu gelangen. Langsam kamen wir dem ganzen näher, wobei ich nicht verstand, was diese ganzen Rätsel damit zu tun hatten. Natürlich war es dadurch komplizierter und es dauerte länger, vorallem weil die andere Seite ja auch hinter den Dokumenten her war, allerdings schien es so, als wenn alles darauf hinauslief, am Ende bei diesem Louis die Antwort zu finden. Wieso hätte uns Leos Onkel dann nicht einfach mit einem Rätsel direkt zu ihm schicken können? Das würde uns allen eine Menge Zeit sparen, schließlich waren wir immer noch nicht weiter im Punkt Teresa. Wir wussten einfach nicht, wo wir anfangen sollten zu suchen! Teresa könnte wirklich überall sein.

"Hey, Alex, kommst du? Wir haben ein Taxi gefunden, was uns alle unterbringen kann!", rief mir Leo zu. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich langsamer als die anderen gelaufen bin und diese somit schon am Taxi standen. Schnell war ich bei ihnen und Leo nahm mir meinen Koffer ab, den er in den Kofferraum hob.
"Ich hätte das auch alleine geschafft", meinte ich und stemmte meine Hände in die Hüften.
"Ich weiß. Wer üble Verbrecher jagt und bekämpft wird auch mit einem Koffer fertig, da du aber gerade in deinen Gedanken versunken bist, hätte das eine Weile dauern können." Er schenkte mir sein typisches Leo-Lächeln, welches ich so liebte, und machte den Kofferraum zu.
"Hast ja recht", seufzte ich und zusammen stiegen wir dann ins Taxi zu den anderen.

Im Hotel angekommen, teilten wir uns wie gehabt auf die zwei Zimmer auf. Flavia und Eliana ignorierten sich komplett, was aber nicht bedeutete, dass sie sich gegenseitig in Ruhe ließen. Zur Provokation wollten beide gleichzeitig ins Bad oder gleichzeitig ihre Sachen in den Schrank räumen. Dabei gingen sie auch nicht zärtlich vor. Sie schubsten sich zur Seite und drückten die andere jeweils mit ihren Ellenbogen aus dem Weg. Dabei passierte es natürlich, dass aus Versehen die Sachen der anderen auf den Boden fielen.

Ich hatte meine beste Freundin ja außerordentlich lieb und ich konnte verstehen, dass sie Eliana nicht mochte, da ich auch nicht ihr größter Fan war, doch langsam nervte mich das Verhalten der beiden. Anstatt zusammen zu arbeiten, um die Dokumente und Teresa zu finden, piesackten sie sich gegenseitig. Das brachte schlechte Laune in der ganzen Gruppe, da Luca natürlich auf Elianas Seite stand und keine Chance ausließ, Flavia eins reinzuwürgen. James nahm das alles zwar mit Humor, doch ich sah ihm an, dass  er langsam auch genervt war und Christian hatte eh schon aufgehört, denen irgendetwas zu sagen, da er von ihnen genervt war und sich Teresa herbeiwünschte. Leo versuchte mir einfach mental beizustehen, doch langsam wurde mir das auch zu viel. Ich hatte aber das Pech, mit den beiden auf einem Zimmer schlafen zu müssen.

"Ich habe gesagt, ich will auf das Bett!", hörte ich Eliana sagen. Ich war gerade im Badezimmer und suchte einen Platz für meine Waschtasche. Seufzend stellte ich sie auf das Regal neben dem Waschbecken.
"Aber das ist größer und da Alex und ich beide darin schlafen, ist es für uns besser geeignet!", kam sofort von Flavia. So viel zum Thema ignorieren.
"Das ist genauso groß wie das andere!"
"Hast du 'nen Knick in der Optik oder was? Das Bett am Fenster ist ja mal viel größer!"
"Kannst du nicht einmal das tun, was man dir sagt?", schnaubte Eliana wütend.
"Musst du gerade sagen, Prinzesschen!" Nun war es einen Augenblick still. Ich wartete auf irgendein Geräusch. Egal ob es eine Backpfeife war oder ein Schimpfwort, doch es kam nichts. Stirnrunzelnd lugte ich ins Zimmer und sah, dass Flavia und Eliana sich gegenüberstanden. Beide funkelten sich böse an und Eliana schien gleich in Tränen auszubrechen. Ich erinnerte mich an die Mission im Schloss, wo wir zuvor unsere Identitäten gelernt hatten. Da hatte ich Eliana auch Prinzessin genannt und sie hatte total komisch darauf reagiert.

"Was ist, hm? Fällt dir kein guter Konter mehr ein?", stichelte Flavia. Ich ging zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter.
"Beruhig dich", meinte ich eindringlich, ließ meinen Blick aber auf Eliana gerichtet. An ihren Wangen liefen nun die Tränen hinab und sie setzte sich aufs Bett. Zusammengesackt hockte sie dort und weinte vor sich hin.
"A-Aber ich hab doch nichts gemacht!", stammelte Flavia verwirrt und sah mich hilfesuchend an. Ich zuckte bloß mit den Schultern und sah wieder zu Eliana.
"Bitte", schluchzte sie. "Holt Luca, bitte." Ihre Stimme brach ab und ich wusste, dass wir sie nicht länger warten lassen sollten. Ich führte Flavia hinaus und klopfte sofort gegenüber an der Tür.
"What's up?", grinsend öffnete James die Tür.
"Wir brauchen Luca. Also Eliana braucht Luca, sofort", erklärte ich schnell und drückte mich am Schotten vorbei ins Zimmer. Die Jungs sahen uns verwirrt an.
"Na mach schon! Beeil dich!", drängte Flavia ihn und zeigte zur Tür hinaus. Luca stand verwirrt auf und machte sich auf den Weg in unser Zimmer. Als er verschwunden war, schloss James die Tür und alle Blicke waren auf uns gerichtet.

"Um eins klar zu stellen", sagte ich sofort. "Wir haben wirklich nichts gemacht diesmal!" Leo zog eine Augenbraue hoch und sah mich skeptisch an. "Ehrlich!" Ich ging auf den Sessel zu, hinter welchem er stand und sich auf der Lehne abstützte. Ich setzte mich und sah zu Flavia, welche kurz die Situation schilderte.
"Oh, da habt ihr ja auch etwas heikles angesprochen", meinte Christian dann und ich spürte Leos Hände auf meinen Schultern. Er fing an sie zu massieren und ich lehnte mich entspannt nach hinten.
"Ich habe schonmal bemerkt, dass sie so komisch reagiert, sobald man sie Prinzessin nennt", warf ich ein. "Wieso?"
"Das sagt sie euch lieber selbst", meinte Leo bloß.
"Ach kommt schon", schmollte Flavia.
"Von Marianna haben wir damals auch alles durch Alex erfahren, also ist es nur fair, wenn sie es euch selbst erzählt, sobald sie bereit ist", kommentierte Christian.
"Wie kommt's, dass ihr es überhaupt wisst?", fragte ich und sah hoch zu Leo.
"Luca und Eliana sind schon eine Weile zusammen und da wir immer ein Team waren, hat sie uns das anvertraut", erklärte er und warf Flavia bedeutende Blicke dabei zu. Diese verzog das Gesicht.
"Sag nichts, Leo!", meinte sie und verschränkte ihre Arme. "Ich hab schon verstanden."
"Sehr schön", grinste dieser zufrieden.

Es dauerte eine Weile, bis Luca und Eliana wieder auftauchten. Eliana wirkte schwach und zerbrechlich, was nun wirklich untypisch war, da sie normalerweise eher Arroganz und Eleganz ausstrahlte. Luca wirkte neben ihr wie ein Beschützer, doch zu meinem Erstaunen schien er nicht sonderlich böse über Flavia und mich, dafür, dass wir das wieder angesprochen hatten.

"Eliana!" Flavia ging sofort auf sie zu. "Es tut mir leid, was auch immer ich falsch gemacht habe!" Flavia hielt inne und schüttelte sich kurz. "Bitte sag schnell was, damit ich dieses komische Gefühl endlich loswerde. Ich bin es nicht gewohnt, mich zu entschuldigen."
"Ich wusste ja gar nicht, dass du dich überhaupt entschuldigen kannst", zog Luca sie auf. Flavia sah ihn genervt an.
"Brauche ich ja auch meistens nicht!"
"Eliana", sagte ich nun und stand ebenfalls auf, um ein paar Schritte in ihre Richtung zu gehen. "Da du ja schon öfters deutlich gemacht hast, eine Freundin von uns sein zu wollen und ich nun schon zwei Mal bemerkt habe, was das Wort Prinzessin mit dir macht, schlage ich vor, dass du uns erzählst, was genau das Problem ist und dann können wir ja sehen, wie wir dir helfen können. Außerdem haben Freunde keine Geheimnisse voreinander." Eliana presste ihre Lippen aufeinander und schien mit sich zu hadern.
"Alex...", begann Luca, doch Eliana unterbrach ihn.
"Nein...ist schon okay. Sie haben recht und bevor irgendwelche wilden Spekulationen gemacht werden, will ich, dass jeder die Wahrheit kennt." Sie sah uns einmal alle an, bevor sie tief Luft holte und begann zu erzählen.

"Als ich geboren wurde, gab man mich direkt zur Adoption frei." Flavias Augen weiteten sich und sie sah zu mir, während ich meine beste Freundin ebenfalls erstaunt ansah. "So wuchs ich in einer Familie auf, die selbst bereits zwei Söhne hatte. Beide waren älter als ich." Sie schluckte und griff nach Lucas Hand. "Als ich etwas älter war, so um die neun Jahre alt, wurde ich von dem jüngeren der beiden Brüder zu Treffen mit seinen Freunden genommen. Zumindest hat er sie immer als Freunde bezeichnet, als ich gefragt habe, wo wir hingehen. Natürlich kapierte ich erst viel später, was wirklich passierte. Nun ja, als wir uns also mit seinen angeblichen Freunden trafen, wurden Pläne gemacht. Illegale Pläne. Ich saß immer nur daneben und hörte brav zu, so wir mir es mein Bruder angewiesen hatte. Allerdings wurde ich immer mit in diese Pläne eingebunden. Ich sollte das unschuldige, kleine, schwache Mädchen sein, welche als Ablenkung diente oder welche durch die engen Geheimgängen passte. Sie benutzten mich zu ihrem Gunsten und das wann sie wollten. Mitten in der Nacht wurde ich von meinem Bruder geweckt und wir fuhren zu den verschiedensten Orten. Immer ging es um Geld oder darum, jemandem eins auszuwischen. Er sagte immer, er würde sich nur das zurückholen, was ihm gehört." Eliana schien angespannt und in ihren Augen glitzerten die Tränen, doch sie hielt sie zurück.

"Ich hatte keine Lust mehr, ständig nachts für ihn diese blöden Sachen zu machen, doch das war ihm egal. Er drohte mir, dass wenn ich etwas unseren Eltern erzählte, er mich nicht mehr beschützen würde und dann als Lockvogel einsetzen würde. Davor hatte ich panische Angst, da ich nur ein paar Tage zuvor eine Schießerei mitbekommen hatte, zwischen den Freunden meines Bruders und denen, die wir in der Nacht zuvor beklaut hatten. Zum Glück hatte mich mein Bruder sicher von dort weggebracht, doch ich hatte noch gesehen, wie jemand angeschossen wurde und das hatte mir danach immer Angst gemacht. Dies nutzte mein Bruder natürlich aus, da er wusste, dass er nur mit meiner Angst schaffte, mich bei ihm zu behalten. Und so vergingen die Jahre, in denen diese nächtlichen Ausflüge für mich alltäglich wurden. Irgendwann kam dann jemand neues zu den Freunden dazu. Er war irgendwie anders als die anderen und schien mir auch sehr suspekt, doch mein Bruder glaubte mir das nicht. Er meinte, ich würde mir das bloß einbilden, doch das hatte ich nicht. Dies wurde bewiesen, als wir in einer Nacht in eine Falle tappten. In eine Falle von der guten Seite. Es stellte sich heraus, dass der neue Freund ein Maulwurf war und diese Bande schon länger im Verdacht stand. Als alle festgenommen wurden, nahm man mich ebenfalls mit und ich hatte eine furchtbare Angst. Natürlich wusste ich da noch nicht, dass es diese guten Organisationen gab und ich dachte, man nahm mich nun als Geisel oder so. Jedoch hatte man mich zum Internat Burg Angelorius gebracht und mir dort alles erklärt. Ich war unendlich erleichtert und war sofort damit einverstanden, auf diese Schule zu gehen."

"Oh jeez", seufzte James.
"Wieso haben sie dich nicht einfach wieder auf eine normale Schule geschickt?", fragte ich verwirrt nach.
"Sie meinten, ich würde schon zu viel wissen und da ich ja in keiner Weise gegen sie war, nahmen sie mich auf."
"Aber was hat das alles nun mit dem eigentlich Problem zu tun?", kam von Flavia und sie sah Eliana abwartend an.
"Nun", sie atmete tief durch. "Da ich noch so jung und unschuldig war, zudem fast das einzige Mädchen dort, nannte man mich Prinzessin oder Prinzesschen. Vorallem mein Bruder, wenn er mir Angst machte oder mir drohte. Deswegen reagiere ich auch so komisch da drauf, da die ganzen komischen Angstgefühle von früher automatisch in mir hochkommen, sobald jemand diese Namen verwendet."
"Das ist..." Flavia suchte nach Worten. "Keine Ahnung was das ist, aber ich bin froh, dass du es uns anvertraut hast." Sie lächelte Eliana ehrlich an und dies erwiderte die Schwarzhaarige.
"Ich bitte euch also, diesen Namen zu vermeiden", seufzte sie.
"Natürlich", sagte ich sofort und lächelte ebenfalls. "Ich bin froh, dass das endlich geklärt ist."
"Heißt das...", sie biss sich auf die Lippe.
"Das wir Freude sind?", beendete Flavia und zuckte mit den Schultern. "Da muss ich erst noch eine Nacht drüber schlafen."
"Flavia!", kam sofort von Luca, doch Eliana beruhigte ihn.
"Lass' sie, Luca. Ich kann sie ja verstehen. Nur, weil ich das erzählt habe, sind wir ja nicht automatisch Freunde."
"Manchmal bist du gar nicht so dumm", kommentierte Flavia und ich schlug ihr auf den Arm. "AU! Sei' doch nicht immer so brutal!" Sie rieb sich über den Arm und sah mich gespielt böse an.

"Ich unterbreche ja nur ungern", sagte dann Christian. "Aber es wird langsam spät und es lohnt sich nicht mehr, den Stern zu suchen."
"Ich denke auch, wir sollten das lieber morgen machen", stimmte Leo ihm zu.
"Okay, cool, ich weiß auch noch, wo er genau liegt", teilte uns James mit.
"Perfekt!" Ich grinste in die Runde. "Dann steht der Plan für morgen früh ja schon." Nachdem jeder bestätigend genickt hatte, gingen wir uns ein Restaurant fürs Abendessen suchen und danach gingen wir auch schon schlafen, da wir recht früh zum Walk Of Fame wollten, in der Hoffnung, dass die meisten Touristen noch nicht so früh dort waren.
Elianas Geschichte musste ich sowieso noch verdauen.

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