7: Der Brief
"Alex! Was ist los?", fragte Leo mich immer wieder und schob mich leicht von sich, damit er mich besser ansehen konnte. Er hielt mich an den Armen und versuchte mir in die Augen zu schauen, jedoch hatte ich meinen Kopf gesenkt und die Augen zu. Ich hielt mich ebenfalls an seinen Armen fest.
"So ein verfluchter, verdammter, blöder Mist!", fluchte ich immer wieder vor mich hin.
Ich wurde immer wütender und spannte mich an. Mein Griff um Leos Arme wurde natürlich auch fester, was ihm aber denk ich nicht wirklich weh tat.
"MAHN!", sagte ich nun laut und stieß mich von ihm weg. Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und verschränkte meine Hände im Nacken. Ich war so wütend!
"Jetzt sag schon, was passiert ist! Plötzlich warst du wie ausgewechselt und ich weiß nicht einmal wieso! Hab ich was falsch gemacht? Denn dann hab ich es nicht bemerkt!", meinte er auch langsam angepisst.
"Nein, hat nichts mit dir zu tun...das hätte ich dir schon längst gesagt", murmelte ich.
"Na das glaub' ich dir sofort."
Ich schüttelte meinen Kopf und drehte mich zu ihm um.
"Die Königin verbirgt etwas", sagte ich und sah ihn ohne Mimik an.
"Und das hat dich jetzt so wütend gemacht?" Er war sichtlich verwirrt.
"Nein, aber-"
"Dann sag mir jetzt die Wahrheit! Ich will an deinen Gedanken teilhaben!"
Ich seufzte laut. Langsam wurde es wieder kalt, doch zum Kuscheln hatte ich jetzt definitiv keinen Nerv.
"Bevor wir zum Kloster gefahren sind, hat mir Herr Romano noch einen Brief gegeben."
"Warst du deswegen so mies gelaunt gestern und hättest Eliana am Liebsten den Kopf abgerissen?"
"Oh, glaub mir, das würde ich immer noch gerne tun. Aber ja, daran lag es hauptsächlich."
"Na dann sag, was den Brief so auf dich wirken lässt. Vorallem warum du erst jetzt so ausrastest."
"Weil ich es erst jetzt wirklich verstanden habe!"
"Und was stand in dem Brief?" Ich schluckte und atmete tief durch, bevor ich sprach.
"Du kannst es hören, aber nicht sehen,
Du kannst es brechen, aber nicht anfassen.
Wie du mir so ich dir."
Leo sah mich etwas überfordert an. "Eh...okay? Und wer bitte schickt dir sowas?"
Ich legte eine Hand an meine Stirn, die andere stemmte ich in die Hüfte und seufzte verzweifelt. "Meine Cousine!"
Jetzt sah er mich noch verwirrter an. Ich schüttelte bloß den Kopf und meinte: "Ich muss das sofort Flavia und Teresa erzählen!"
"Ach, und die wissen Beischeid, worüber du redest?" Ich fuhr mich erschöpft durch die Haare.
"Ja, Leo, sie wissen es, weil sie mich schon sehr lange kennen und es miterlebt haben! Ich werde dir und den Jungs das auch noch alles erklären, aber jetzt müssen wir schleunigst handeln, bevor sie schneller ist...ich traue ihr alles zu..."
"Wem? Deiner Cousine?"
"Ja!"
Schnell ging ich zu der Holzleiter und wollte hinunter steigen. Leo folgte mir und als wir unten angekommen waren, hielt er mich kurz zurück.
"Was meint deine Cousine, mit dem, was sie dir geschrieben hat?"
"Wie gesagt, das erkläre ich euch noch."
"Nein, ich mein, was meint sie mit, 'Du kannst es hören aber nicht sehen, Du kannst es brechen, aber nicht anfassen'?"
Ich strich mir leicht verzweifelt mit den Händen übers Gesicht, bevor ich ihn etwas besorgt ansah. "Das Herz! Leo! Sie meint das Herz!"
Er hob überracht beide Augenbrauen und öffnete seinen Mund leicht. Was musste er jetzt nur denken?
○●○
"Luca!", rief ich ihm mit einer halblauten Stimme zu. Zum Glück trafen wir ihn gerade auf dem Flur. "Wo sind Flavia und Teresa?"
Er sah uns leicht irritiert an. "Eh...keine Ahnung...Teresa macht glaub ich grad die Wäsche und Flavia ist glaub ich im Garten Kräuter sammeln oder so." Ich sah ihn mit einem Dein-Ernst-Blick an.
"Nein! Ich meine das Ernst!", beteuerte er.
"Alles klar...ja...danke." Wir wollten schon weiter laufen, als ich mich noch mal zu ihm umdrehte. "Ach Luca! Heute Abend um elf alle zu mir und den Mädchen aufs Zimmer kommen! Sag das Christian bitte, falls du ihn siehst!" Dann ließen wir ihn immer noch irritiert stehen und liefen weiter. Ich rannte vor und Leo mir hinterher. Zwischendurch, wenn uns jemand entgegen kam, fielen wir in einen normalen Gang, versuchten ruhig zu atmen, wie normale Menschen, und lächelten einmal kurz. Sobald wir hinter der nächsten Ecke verschwunden waren, rannte ich auch schon wieder los.
Endlich waren wir im unteren Bereich des Schlosses angekommen.
"Okay", ich versuchte meine Atmung zu beruhigen. "Wo ist der Wäscheraum?" Leo zuckte bloß mit den Schultern, zeigte dann trotzdem auf eine der Türen.
"Ich glaube da."
"Na gut, dann probieren wir das mal aus." Ich ging also auf die Tür zu und öffnete sie und -siehe da- es war sogar der richtige Raum. Strahlend sah ich Leo an und betrat dann den Raum.
"Teresa? Bist du hier?", fragte ich und eine Frau mitte vierzig tauchte hinter einem Laken auf. "Ja?"
Erschrocken sah ich sie an und meinte dann: "Ehm, ups, sorry! Hab ich Teresa gesagt? Ich meinte...E..Eva!"
Eva anstatt Teresa?! Ernsthaft, Alex? Ich wunderte mich selbst mehr über meine Lüge als sie.
"Achso, Eva ist da drüben", antwortete sie und verschwand wieder. Als ob es hier wirklich auch 'ne Eva gab! Das war doch jetzt nicht wahr!
"Wer fragt nach mir?", fragte eine mir unbekannte Stimmte zwischen den Laken. Ich facepalmte mich leicht. Die Nummer mit dem falschen Namen konnte ich jetzt nicht noch einmal bringen.
"Warte! Ich mach' das schon!", hörte ich endlich meine beste Freundin. Ich hörte sie kommen, bis sie vor uns auftauchte. Ich zog sie leicht beseite und flüsterte ihr alles zu.
"Wir haben ein echtes Problem."
"Oh ja! Wieso hast du denn nicht früher was gesagt?!", fragte sie mich panisch.
"Ja sorry...hab es doch auch eben erst wirklich verstanden", zuckte ich entschuldigend die Schultern.
"Wenn Marianna sich wirklich rächen will, dann..."
"Dann haben wir ein RIESEN Problem! Ich weiß!", verzeifelt raufte ich mir die Haare.
Nun meldete sich Leo auch mal wieder zu Wort. "Ich weiß jedoch immer noch nicht worum es geht."
"Ja doch! Das erkläre ich dir heute Abend! Tes? Ich hab die Jungs wir elf aufs Zimmer bestellt."
"So spät noch? Mahn! Ich bekomm' kaum Schlaf und muss so viel tun!", meinte sie verzweifelt.
"Wir müssen es den Jungs aber erklären! Außerdem könnte es morgen schon zu spät sein..." Ernst blickte ich ihr ins Gesicht. Seufzend gab sie nach.
Nachdem ich sie noch gefragt hatte, wo Flavia sein könnte, machten wir uns auch gleich wieder auf den Weg.
"Denk daran, Eliana von dem Treffen heute Abend zu erzählen", meinte Leo plötzlich. Ich blieb still und presste meine Lippen zusammen. Ich wollte sie nicht dabei haben! Ich wollte nicht, dass sie wusste, was passiert war!
"Alex...", sagte Leo mit einer warnend Stimme und sah mich von der Seite an.
"Ich will aber nicht, dass sie weiß, was passiert ist! Sie wird wieder irgendeinen dummen Kommentar abgeben und sowas kann ich jetzt echt nicht gebrauchen!"
"Na ja, ich kenne dich doch...du wirst dann genauso einen blöden Spruch machen."
"Und dann gibt's wieder Zoff! Also was schließen wir daraus? Lassen wir sie ihr Prinzessinenleben leben und erzählen ihr nichts von dem Treffen!"
"Wenn du es nicht machst, dann mach' ich es eben!", sagte er und bog sogleich in den nächsten Gang ein, der zu den Schlafzimmern führte.
"Nein!", rief ich und lief ihm hinter her. Ich packte ihn am Arm und versuchte ihn zu stoppen, was allerdings nicht klappte, da er ja größer und somit stärker war als ich. Also schleifte er mich hinter sich her, was ziemlich lustig für Außenstehende aussehen musste. Allerdings war das Schloss schon alt und der Boden nicht ganz eben, weswegen meine Füße sich mit einer Kante im Boden anfreundeten und mir somit die Bekanntschaft mit dem Boden bereiteten. Unsanft flog ich nach vorne, versuchte mich noch abzustützen, was nicht klappte, und somit mein Handgelenk schmerzte.
Wenn ihr jetzt dachtet, Leo würde mich auffangen, in seine Arme ziehen mich romantisch angucken und dann küssen, dann lagt ihr SOWAS VON daneben! Das passierte nur in Filmen oder Büchern!
Ich drehte mich, damit ich saß. Ich rieb mir mit schmerzverzerrtem Gesicht mein linkes Handgelenk. Ausgerechnet Links!
"Oh mein Gott! Geht's dir gut?", fragte Leo besorgt.
"Oh! Ja klar! Mir geht es bestens! Danke der Nachfrage! Ich sitze hier gerade so gemütlich, würdest du mir eine Tasse Tee vorbeibringen?", antwortete ich sarkastisch und schlecht gelaunt. Alles nur wegen dieser blöden Kuh Eliana!
"Komm her", hielt er mir eine Hand hin, um mich hochzuziehen. Mit meiner rechten Hand griff ich nach seiner und ließ mich auf die Füße ziehen.
"Na toll, gerade hier angekommen, nicht einmal richtig begonnen und ich bin schon verletzt! Tolle Arbeit, Alex! Wirklich!", beschwerte ich mich.
"Hey, komm wieder runter. Ist halt alles gerade ein bisschen viel...erst der Missionswechsel, dann ein neues Teammitglied, dann diese Nachricht von deiner Cousine..."
"Lass uns...lass uns einfach zu Eliana und das endlich hinter uns bringen", seufzte ich und hielt mein Handgelenk.
"Sie kann warten", meinte Leo. Konnte er sich eigentlich auch mal entscheiden?!
"Wir gehen jetzt zu Flavia und lassen dein Handgelenk verarzten, danach können wir immer noch zu Eliana." Zustimmend nickte ich.
"Okay."
"Hey, Flav!" Sofort erntete ich einen bösen Blick.
"Machst du mir einen Verband? Pleeeease!", sah ich sie mit großen Augen an.
"Was ist denn jetzt schon passiert? Nicht einmal richtig angekommen und schon verletzt du dich?"
"Ich konnte Leo doch nicht einfach gewinnen lassen! Ich musste doch wenigstens zurück schlagen!"
Sie sah uns mit großen Augen abwechselnd an. "Ihr habt euch gezofft?!"
"Kleine Diskussion, nichts besonderes. Wie immer halt", zuckte Leo die Schultern. Sie musterte uns immer noch skeptisch und sah dann zu meinem Handgelenk.
"Na ja, nichts besonderes kauf ich euch nicht so ganz ab." Ich verdrehte die Augen.
"Kannst du es einfach verbinden und irgeneine Salbe drauf machen, damit es nicht so dick anschwillt?"
Sie sah es sich genauer an. "Wieso macht das nicht dein lieber Leo? Deine Kratzer hat er doch auch super verarztet damals, nicht wahr?" Ich sah sie mit einem Dein-Ernst-Blick an und nun schaute sie auch frech und provozierend zu mir.
Dann fiel mir auch schon die perfekte Stichelei ein und sah sie nun ebenfalls frech an.
"Tja, schade, dass du nicht die Prinzessin bist, sonst könntest du jeden Tag im Unterricht damit verbringen Lhmpfumhum" Sofort hielt sie mir den Mund zu und sah mich nun böse an.
"Okay! Kapiert! Setz dich!"
Ich lächelte zufrieden und setzte mich, damit sie mein Handgelenk mit einer stinkenden Salbe einreiben und einen Verband drum machen konnte. Dabei redeten wir ein wenig.
"Worüber habt ihr denn eigentlich diskutiert?"
"Darüber, ob wir Eliana sagen, dass wir uns heute um elf auf unserem Zimmer treffen."
"Wozu?"
"Der Brief...er war von Marianna...", murmelte ich. Sie stoppte in ihrer Bewegung und sah mich mit leicht geweiteten Augen an. Ich nickte bloß langsam.
Wieso hatte ich das damals bloß gemacht?
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