45: Gaia mal zwei
"Und der hat uns das wirklich abgekauft...ich kann es immer noch nicht fassen!", flüsterte Teresa.
"Ich hätte auch nie gedacht, dass es funktionieren würde", gab Flavia zu.
"Ich schon", meinte ich und meine Freundinnen sahen mich bloß skeptisch an. Ich verdrehte die Augen. "Ja, gut. Eigentlich hatte ich auch nicht wirklich gedacht, dass der echt so doof ist."
"Männer eben", sagte Flavia.
"Das kannst du so nicht behaupten! Es gibt auch durchaus kluge Männer und Jungs", warf Teresa ein.
"Du brauchst deinen Christian jetzt nicht zu verteidigen, wir wissen ja, dass er ein Gehirn besitzt, welches er nützlich einsetzt", grinste ich und erhielt einen tödlichen Blick von meiner besten, verknallten Freundin.
"Er ist nicht mein Christian! Wann hört ihr endlich mal damit auf?"
"Wenn ihr endlich zusammen gekommen seid, geheiratet habt, drei Kinder gezeugt habt und euch dann schieden lasst. Dann sagen wir auch nichts mehr dazu. Versprochen." Ich verkniff mir nur sehr schwer ein Lachen und Flavia bekam von Teresa einen kräftigen Schlag auf den Arm.
"Au! Weiß dein Lover, dass du so aggressiv bist?" Teresa drehte fast durch und Flavia und ich konnten uns kaum vor lachen halten.
"Wir wollten in den Kerker", sagte Teresa bloß eingeschnappt.
"Warum sagst du ihm nicht endlich, dass du ihn liebst?", fragte ich.
"Weil das mega peinlich wird, wenn er es nicht tut!" Flavia lachte kurz auf.
"Wie bitte? Das ich nicht lache! Der ist ja mal auch sowas von in dich verschossen!" Teresa schüttelte bloß bestimmend den Kopf und ich stöhnte genervt auf.
"Du machst daraus ein ganz schönes Drama, Tes!"
"Ihr aber auch! Lasst mich damit doch einfach in Ruhe und denkt lieber darüber nach, wie wir an den Wachen vorbeikommen."
Wir sahen um eine Ecke und erblickten die Tür, die in den Kerker führte. Davor standen zwei Wachen.
"Ich habe da vielleicht so eine Idee", murmelte ich und meine Freundinnen wollten sofort wissen, wie diese Idee aussah. Nachdem ich ihnen meinen Plan erklärt hatte, konnte Teresa sich ein fettes Grinsen nicht verkneifen und Flavia schien mich umbringen zu wollen.
"Warum denn ich?!", regte sie sich auf.
"Pscht! Nicht so laut!", marnte Teresa sie.
"Du hast gut reden! Du musst ja auch nicht den Köder spielen!"
"Ach komm, du bist halt die schnellste von uns!", versuchte ich sie zu überzeugen.
"Woher willst du das wissen?! Du bist mindestens genauso sportlich wie ich!" Sie ließ einfach nicht locker.
"Aber weißt du denn nicht mehr letztes Jahr? Da mussten wir doch diesen Lauf machen und du hattest die Bestzeit unter uns Dreien!"
"Ja! Aber nur weil Teresa etwas schlechtes gegessen hatte und fast kotzen musste und du dir beim Training den Knöchel verstaucht hattest! Das zählt nicht!!!"
"Ach, komm mal runter! Machst du's jetzt, oder nicht? Wir wollen heute noch in den Kerker." Teresa verschränkte ihre Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch. Ich musterte Flavia ebenfalls mit verschränkten Armen.
Sie schnaubte. "Na gut...wenn's denn unbedingt sein muss!"
"Muss es!", sagten Teresa und ich gleichzeitig.
Flavia ging einmal durch ihre Haare, atmete tief durch und schlenderte dann um die Ecke auf die Wachen zu. Vorsichtig lugten Teresa und ich hinter der Ecke hervor, um das Spektakel zu beobachten.
"Entschuldigung!" Die Wachen drehten ihren Kopf leicht zu Flavia und musterten sie genau. Jede Bewegung nahmen sie unter die Lupe.
"Ich müsste einmal vorbei." Sie zeigte auf die Tür. Sie war eine fantastische Schauspielerin.
"Da kommt keiner durch", brummte die linke Wache.
"Befehl vom Boss", brummte die rechte Wache.
"Aber ich beeile mich doch auch!" Flavia machte ein paar Schritte auf die Tür zu.
"Wir sollen niemanden durchlassen", sagte wieder die linke Wache und die rechte bestätigte mit: "Befehl vom Boss."
"Was für Clowns", murmelte Teresa neben mir.
"Und warum sagt der Boss das?", fragte Flavia die beiden Türsteher.
"Weil es geheim bleiben muss."
"Was denn?"
"Das was dort geschieht."
"Und was passiert dort?"
"Etwas, was geheim gehalten werden muss."
"Und warum?"
"Weil es keiner wissen darf."
"Und wieso darf es keiner wissen?"
"Weil es geheim ist."
Der Typ ließ sich einfach nicht aus der Fassung bringen. Flavia schien dies auch zu merken und versuchte einen Neustart.
"Trotzdem muss ich da jetzt durch."
"Sagt wer?"
Flavia verschränkte ihre Arme. "Befehl vom Boss."
"Werd' nicht frech!", grummelte der rechte Mann. Dabei zeigte er warnend auf Flavia und bewegte sich logischerweise. Es kamen zwei große Schlüssel an einem Ring zum Vorschein. Auch Flavia schien dies bemerkt zu haben. Sie zeigte auf die besagten Schlüssel. "Da ist was an den Schlüsseln." Die Wache guckte komisch und nahm dann die Schlüssel zur Hand, um sie genau zu betrachten. Flavia nutzte diesen Moment und schnappte sich die Schlüssel, um direkt mit ihnen davon zu flitzen. Die Wachen brauchten drei Sekunden um überhaupt zu realisieren, was passierte. Sofort folgten sie meiner besten Freundin. Teresa und ich nutzten dies aus und gingen schnell zur Tür. Teresa versuchte sie zu öffnen und sie war erstaunlicherweise wirklich auf. Wir machten sie auf und warteten auf Flavia, die auch bald schon wieder auftauchte. Schnell flitzte sie zu uns und wir schlossen die Tür hinter uns. Mit den Schlüsseln, die Flavia noch in der Hand hatte, schlossen wir schnell ab, damit uns die Wachen nicht stören konnten. Draußen vor der Tür hörte man sie fluchen. Wir grinsten Flavia an und sie nickte nur dankend und außer Atem.
"Die...die waren...echt schnell!", sagte sie und versuchte ihre Atmung zu beruhigen. "Das nächste Mal...da...da macht ihr das!" Wir zuckten mit den Schultern.
"Ich hoffe, dass wir unten nicht so viele Wachen treffen." Ich stimmte Teresa zu und gemeinsam machten wir uns dann auf den Weg die Treppe runter. Die Treppe war schief und wurde nach unten hin immer feuchter und man musste gewaltig aufpassen, nicht auszurutschen. Ich ging vor und hielt mich an der Wand fest.
"Alex?", hörte ich hinter mir.
"Was gibt's?"
"Was ist wenn...nun, wenn wir etwas finden, was wir gar nicht sehen wollen?" Abrupt blieb ich stehen und Teresa lief in mich hinein. Flavia tat dies bei Teresa. Ich drehte mich zu meinen Freundinnen um und sah hoch.
"Was ist es denn, dass du nicht sehen willst?"
"Nun ja...eine blutverschmierte Leiche von Gaia zum Beispiel."
"Ach was! So ein Quatsch." Möglicherweise hatte sie recht.
"Teresa hat recht, ich meine, woher sollen wir überhaupt wissen, ob wir der Frau vertrauen können? Sie kam aus dem nichts und hat uns etwas erzählt, was nun auch nicht unbedingt jeder weiß. Außerdem kann und doch keiner garantieren, dass sie nicht für die Bösen arbeitet und uns nur hinunter locken wollte. Mittlerweile glaube ich gar nichts mehr." Ich blickte stumm zu Flavia. Sie hatte auch recht. Allerdings waren wir doch schon hier und ich wollte nun einmal nachsehen, ob Gaia denn jetzt wirklich im Kerker saß oder nicht. Aber wenn es wirklich eine Falle war? Dann wären wir jetzt so am Arsch. Verdammt!
"Denkst du jetzt auch mal darüber nach?", fragte mich Teresa mit verschränkten Armen. Erst jetzt bemerkte ich meinen Finger, der schnell an meiner Unterlippe tippte. Bestimmt schüttelte ich meinen Kopf.
"Ich bin hier, weil ich sehen will, was wahr ist. Wenn Gaia wirklich da sitzt, dann könnten wir ein weiteres Rätsel auflösen. Ihr wisst doch, da sie zu einem der Haupträtsel gehört! Das wäre DIE Chance!" Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging weiter die Treppe nach unten, bis ich ganz unten ankam. Meine Freundinnen waren wir mit kurzem Zögern gefolgt.
Nach rechts streckte sich ein langer Gang, welcher mit Fackeln beleuchtet wurde.
"Müssen wir da wirklich lang?", fragte Teresa leicht ängstlich.
"Das ist der einzige Weg", zuckte ich mit den Schultern.
"Oder willst du zurück nach oben?", fragte Flavia. Schnell schüttelte Teresa den Kopf.
"Na dann wollen wir mal." Ich lief wieder vorne und bald kam auch schon das Ende des Ganges. So lang, wie er eben noch schien, war er gar nicht. Bloß eine optische Täuschung.
"Ich muss jetzt wieder zu den anderen. Du bleibst schön hier und bewegst dich nicht!", hörten wir eine Stimme durch die Gänge hallen. Ich blieb sofort stehen und lugte um eine Ecke, da wir am Ende des Ganges angekommen waren. Ich konnte keine Personen erkennen, nur Schatten.
"Ha ha. Wie witzig...wo soll ich denn schon hingehen?", sagte eine andere Stimme und man hörte irgendetwas rasseln.
"Nun gut, besser so. Also bis bald, meine Liebe." Beide Stimmen hörten sich fast gleich an und ich könnte sie auch nicht auseinanderhalten, wenn sie nicht in verschiedenen Tönen reden würden.
Ich sah, wie der eine Schatten verschwand. Wir warteten kurz, bevor wir uns vorsichtig an die eine Person heranschlichen.
"Kerker", hauchte Teresa kaum hörbar.
Es tauchten Gitterstäbe vor uns auf und ich blieb wie angewurzelt stehen, als ich die Person erkannte, die sich in einer der Zellen befand. Sie sah uns mit geweiteten Augen an und so verharrten wir alle ein paar Sekunden. Wir starrten sie an und sie uns.
"Was-was macht ihr hier?!" Sie sah uns weiterhin verwirrt an.
"Uns wurde gesagt, du wärst hier unten." Langsam löste ich mich aus der Starre.
"Von wem?"
"Keine Ahnung. Das war so eine Frau", zuckte Flavia mit den Schultern.
"Na ja, auch egal. Aber ihr solltet dringend wieder von hier verschwinden!"
"Aber warum sitzt du hier unten, angekettet fest? Würden dich Marianna und so nicht sofort rausholen? Und wer hat dich überhaupt eingesperrt?"
"Alexandra! Verschwindet einfach! Das ist das Beste, was ihr jetzt machen könnt!", sagte sie uns.
"Nein. Ich will erst wissen, warum du hier bist. Und wer war die andere Person, mit der du eben geredet hast?" Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Sie sagte nichts.
"Gaia bitte!", sagte nun Teresa. Diese seufzte und ließ ihren Kopf hängen.
"Lucrezia hat mich eingesperrt."
"Lucrezia? Wer ist das?", fragte Flavia.
"Das bin dann wohl ich", hörten wir eine Stimme hinter uns. Erschrocken drehten wir uns um und mein Mund klappte auf.
"Es-es gibt zwei Gaias?!" Flavia war sichtlich verwirrt und ich musste auch ein paar Mal blinzeln, bevor ich überhaupt kapierte, was hier vorsich ging.
"Irgh. Nein. Ich bin doch nicht wie Gaia!" Mein Blick wanderte zwischen Gaia und Lucrezia hin und her. Als würde man das Spiegelbild treffen. Sie sahen haargenau gleich aus und auch ihre Stimme war sehr, sehr ähnlich, was ich eben ja schon bemerkt hatte.
"Aber Leo sagte doch, du hättest keine Geschwister!" Ich blickte verwirrt zu Gaia.
"Er weiß ja auch nichts davon."
"Ich denke, ihr solltet lieber gehen", meinte Lucrezia und sah und abwartend an.
"Nicht ohne eine Erklärung", meinte ich.
"Tja. Die wirst du aber nicht bekommen. Das ist eine Sache zwischen mir und Gaia. Zwischen meiner Schwester und mir. Da habt ihr nichts zu suchen!"
"Du kannst sie doch nicht einfach eingesperren!", regte sie Teresa auf.
"Siehst du doch, wie ich das kann." Lucrezia grinste fies und selbstgefällig.
"Was willst du ihr antun?"
"Ich? Gaia? Ich würde meiner lieben Schwester nie etwas antun! Außerdem...woher wollt ihr wissen, dass sie nicht auch böse ist?" Meine Augen verengten sich und ich sah Lucrezia böse an.
"Wir nehmen Gaia mit!", sagte ich bestimmt.
"Oh nein. Das werdet ihr schön bleiben lassen. Ich lasse euch ja schon laufen, dafür müsst ihr aber Gaia hier lassen. Tja, man kann nicht alles im Leben haben."
"Das ist nicht fair!"
"Das Leben ist hart...und jetzt geht endlich! Bevor ich es mir anders überlege!" Lucrezia schien ungeduldig zu werden. Ich sah zu Gaia und diese nickte. "Geht endlich. Es ist meine Schwester. Ich werd schon klar kommen. Hab ich all die Jahre auch."
Ich sah zu meinen Freundinnen. Mit einem letzten Blick zu den Zwillingen machten wir uns auf den Weg nach oben.
"Das war verrückt", meinte Teresa.
"Das war krass", sagte Flavia.
"Das war sowas von hilfreich und gleichzeitig auch nicht. Ich habe das Gefühl, es kommen immer neue Geheimnisse dazu, aber wir schaffen es nicht, sie aufzulösen!", sagte ich und schüttelte verzweifelt den Kopf. Die Jungs werden bei den neuen Infos umfallen.
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