43: Messerscharfe Gedanken
"Shit."
"Du steckst tief in der Scheiße drin, Mann."
"Wir sollten das lieber niemandem erzählen."
"Das haben die eh alles geplant!"
"Wir finden schon eine Lösung...irgendwie."
"Du warst es aber wirklich nicht, oder?"
Wir redeten alle durcheinander und James saß bloß verzweifelt und Haare raufend auf seinem Bett. "STOP!", rief er plötzlich dazwischen und stand auf. Jeder verstummte und sah ihn an. Er seufzte. "Ich war es wirklich nicht. Ich hätte ja nicht einmal einen Grund dazu! Und selbst wenn die Königin das geplant hatte, dann will sie doch sicher auch, dass jeder weiß, dass es in meinem Zimmer ist!"
"Da hast du natürlich recht. Allerdings haben wir ja alles auf morgen verschoben und dann war es bestimmt nur Zufall, dass du es jetzt gefunden hast. Es sollte locker morgen bei einer Zimmerkontrolle passieren", überlegte Christian.
"Wo hast du es überhaupt gefunden?", fragte Teresa.
"Dort in der Kommode. Es lag in der vierten Schublade." James zeigte auf den besagte Ort. Ich ging hin und öffnete die Schublade.
"Du hast ja überhaupt nichts hier drin. Wie hast du das denn dann gefunden?"
"Nun ja, ich habe mir eine Schublade höher etwas hinausgenommen und dann ist mir die Schublade aber hinausgefallen, da sie defekt ist. Dadurch konnte ich dann in die untere gucken."
"Da denkt man nichts böses und schon findet man ein blutverschmiertes Messer in seiner Kommode. Ich fass' es nicht." Flavia schüttelte ihren Kopf.
"Das bedeutet doch, dass wenn du da nichts in der Schublade hast, du da eigentlich nicht reinguckst. Das widerum heißt, du solltest das Messer eigentlich nicht finden, sondern man sollte es morgen bei den Zimmerdurchsuchen finden und dann hätte man einen Beweis gegen dich", meinte Leo.
"Oder er sollte es jetzt finden, Panick bekommen, es versteckt lassen und morgen hätte man sogar seine Fingerabdrücke daran zu finden", ergänzte Christian und so blöd schien mir seine Version auch nicht zu sein.
"Aber denkt die Königin wirklich, dass er so blöd wäre, es auch noch anzufassen?", fragte Teresa. "Sie weiß ja jetzt, dass er nicht der Dümmste ist und das Messer anzufassen und ordentlich an seinen Fundort zurückzulegen ist schön blöd. Wenn dann erwarten sie es wo anders versteckt oder so."
Es war eine Zeit lang still in James' Zimmer. Sie wollten ihn wirklich dran kriegen. Deswegen hatten sie sich so sicher gefühlt. Sie hatten schon vorher alles sorgfältig geplant.
Irgendetwas mussten wir gegen sie tun, denn ich konnte nicht zusehen, wie sie morgen so taten, als wäre es eindeutig seine Schuld gewesen.
"Und wenn wir ihnen eine Überraschung bereiten, mit der sie wirklich nicht rechnen werden?", fragte ich. Fragend sahen mich alle an. "Wir könnten doch zum Beispiel das Messer in Alfonsos Zimmer schmuggeln und dann wird er morgen als Täter eindeutig sichergestellt. Schließlich hat er auch kein Alibi."
"Solang ich nicht wieder die Ablenkung sein muss", gab Flavia schulterzuckend hinzu.
"Irgendwie müssen wir ihn aber schon von dort fernhalten. Ich will nicht wieder auf einen Balkon eingesperrt werden", meldete sich nun auch Teresa zu Wort.
"Aber wie willst du das machen, Alex? Er ist jetzt bestimmt auf seinem Zimmer und wenn einer von uns ihn rauslockt, dann denkt er doch sofort, irgendetwas läuft nicht ganz richtig", gab Leo seine Bedenken zu.
"Und wenn du gehst? Du arbeitest mit ihm, also kannst du sagen einem Pferd geht's schlecht oder so."
"Aber warum sollte Leo nochmal im Stall gewesen sein?", warf Luca ein.
"Ihr müsst aber auch alles immer so kompliziert machen", schmollte ich und setzte mich im Schneidersitz auf den Boden.
"Ach man, Alex. Im Prinzip hast du ja recht, die Idee ist nicht schlecht, aber das muss halt gut geplant sein. Sonst kann das schnell in die Hose gehen und wir stehen vor dem nächsten Problem." Teresa strich mir über den Kopf und ich seufzte.
"Warum gewinnen immer die Bösen?"
"Weil sie unfair spielen", antwortete Christian.
"Dann müssen wir das eben auch. Wer hat gesagt, dass die Guten nicht auch unfair spielen können?"
"Nun, dann wären sie aber nicht mehr die Guten."
"Sagt wer? Die Definition von gut ist relativ. Außerdem müssen wir auch anfangen ein wenig unfair zu spielen, ansonsten kriegen wir sie nie!"
"Dann überlegen wir uns halt was. Ich find das auch nicht gerecht", fügte Flavia hinzu.
"Perfekt." Sofort sprang ich auf und legte einen Arm um meine beste Freundin. "Ich denke, es ist das beste, wenn wir das Messer Alfonso unterjubeln."
"Denk ich auch. Falls ihr uns nicht helfen wollt, gut, aber Alex und ich ziehen das durch!", kündigte Flavia an, ballte ihre Faust demonstrativ und hob sie. Teresa seufzte und schüttelte bloß mit dem Kopf.
"Gegen die beiden im Team werden wir wohl nie ankommen." Ich grinste Flavia an, die mich ebenfalls grinsend ansah. Ich wusste, dass Teresa uns das nicht alleine machen lassen würde.
"Dann lasst uns schnellstmöglich einen Weg finden, um das Messer ins andere Zimmer zu schmuggeln, denn wir haben es bald Mitternacht", erinnerte uns Luca.
"Vielleicht haben wir Glück und er ist bei der Königin etwas besprechen. Dann wäre sein Zimmer leer", überlegte Leo.
"Das beste wäre, wenn wir nachsehen gehen. Alex und ich gehen", schlug Flavia vor. "Wenn man uns alle zusammen findet, ist das zu auffällig."
Teresa schien nicht begeistert zu sein. "Ich hab euch ja lieb, aber bei aller Liebe, euch zwei alleine irgendwo hingehen zu lassen, wenn ihr so drauf und dran seit die Ungerechtigkeit der Guten und Bösen aufzuheben, scheint mir keine gute Idee."
"Teresa hat recht. Ich geh mit dir, Alex", sagte Leo. Ich zuckte mit den Schultern.
"Na gut. Dann lass uns schnell nachgucken gehen." Flavia schmollte leicht, doch sie wird es schon noch verkraften.
Leo und ich begaben uns recht schnell zu Alfonsos Zimmer, ohne ein Wort zu reden. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Wir blieben in dem Flur stehen, der vor dem Flur war, indem sich auch die Tür zum Zimmer befand.
"Wie sollen wir nachsehen, ob er drin ist und schläft?", fragte mich Leo. Er schaute einmal um die Ecke und sah dann zu mir.
"Ich geh hin und klopfe", zuckte ich mit den Schultern. Ich machte gerade ein paar Schritte in die Richtung, als er mich zurück hielt und zu sich drehte.
"Du bist verrückt. Wenn er die Tür öffnet und fragt, was los ist, was tust du dann?"
"Ich ehm...ich tu einfach so, als würde ich schlafwandeln!" Skeptisch hob er eine Augenbraue. "Ja okay, keine Ahnung." Plötzlich hörten wir Schritte und verkrochen uns, damit uns niemand bemerkte. Ich konnte gerade so Alfonsos Zimmertür sehen und wie die Königin bei ihm anklopfte. Sie hatten ein Klopfzeichen, denn sie klopfte erst zweimal schnell hintereinander, ließ ein wenig Zeit vergehen, klopfte wieder zweimal schnell, dreimal langsam und zwei mal wider schnell. Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet und die Königin ging hinein.
"Na super. Jetzt sind beide dort drin", meinte Leo. Kurz darauf verstummten wir aber wider denn die Tür wurde abermals geöffnet und die König kam mit Alfonso hinaus. Er schloss die Tür ab und zusammen gingen sie dann davon.
"Ich gehe versuchen die Tür aufzumachen. Geh du schnell die anderen holen. Wir haben nicht viel Zeit!", sagte ich und ließ Leo gar nicht darauf reagieren, denn schon rannte ich leise zur Tür und kramte irgendwo eine Haarspange hinaus. Mal sehen, ob das klappt, wie in den Filmen. Wir hatten das in der Schule schon ein paar Mal ausprobiert, jedoch habe ich das nie wirklich hinbekommen. Es war mehr Teresas Talent Schlösser zu knacken.
Ich zog die Haarspange ein wenig auseinander und steckte das eine Ende dann in das Schlüsselloch. Ich werkelte ein bisschen daran herum und hoffte, dass Leo mit den anderen schnell auftauchen würde. Auf einmal hörte ich Stimmen, die ich nicht meinen Freunden zuordnen konnte. Ich blieb wie erstarrt stehen und hielt den Atem vor Angst an. Wenn mich jetzt jemand sah, dann gäbe das riesen Ärger und alles wäre verloren. Ich wartete mit Anspannung, bis die Stimmen sich langsam wieder entfernten. Erleichtert atmete ich aus und wandte mich wieder dem Schloss zu.
"So ein scheiß! Ich kann das einfach nicht!", fluchte ich leise vor mich hin. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine und wollte mir die Spange aus der Hand nehmen. Erschrocken hob ich den Kopf. Ich hatte niemanden kommen hören.
"Das ist ja auch meine Spezialität. Lass' mich mal!" Mir viel ein Stein vom Herzen, als ich die besagte Person als meine beste Freundin Teresa identifizierte.
"Du schleichst dich aber auch an wie eine Katze. Du hast mich zu Tode erschrocken!"
"Du lebst ja noch, also sieh es nicht so dramatisch!" Ich streckte ihr kurz die Zunge raus und ließ sie dann machen. Sie kramte noch eine Haarspange und eine Büroklammer aus der Tasche. Daraus bastelte sie dann irgendetwas undefinierbares und öffnete die Tür in nicht einmal zehn Sekunden.
"Das bringst du mir dann mal bei, wenn wir Zeit haben!", bestimmte ich und sie grinste, während sie nickte.
Schnell begaben wir uns in Alfonsos Zimmer und schlossen die Tür hinter uns. James hatte das Messer mit einem Taschentuch angefasst, damit seine Fingerabdrücke nicht darauf kamen. "Wo sollen wir es verstecken?"
"Sie werden bei der Zimmerdurchsuchung nicht sofort bei James anfangen, bei Alfonso werden sie sich sicher fühlen, weil sie denken, es liegt in James' Zimmer. Wenn sie das von James vorher durchsuchen und das Messer nicht aufzufinden ist, dann werden sie nervös und wer weiß wie sie das dann versuchen vorher verschwinden zu lassen." Christian ging alle möglichen Ereignisse nach.
"Es wird doch von den Wachen durchsucht, der König wird dabei sein. Wer weiß, was die Königin den Wachen vorher gesagt hat", warf Luca ein.
"Allerdings wenn sie sich sicher mit dem Messer in James' Zimmer finden, dann brauch sie den Wachen ja eigentlich nichts zu sagen, denn sie werden es bei einer gründlichen Untersuchung ja auch so finden." Ich stimmte Leo zu.
"Lasst es uns sicherheitshalber gut verstecken, sodass es Alfonso auf keinen Fall vorher findet, aber es nicht zu schwer für die Wachen wird", sagte Flavia. Wir brauchten ein bisschen, bis wir ein geeignetes Versteck gefunden hatten. Als wir das Messer an einem geeigneten Ort versteckt hatten, schlichen wir schnell wieder zurück in unser eigenes Zimmer. Zum Glück hatte uns keiner erwischt, das wäre aber auch nicht fair gewesen.
"Lasst uns schlafen gehen, morgen wird kein einfacher Tag", meinte Teresa.
"Woher willst du das wissen? Sobald Alfonso als Täter festgenommen wurde, ist es doch für uns entspannter", sagte Luca.
"Nein. Es wird nicht leichter. Schließlich können nur wir es gewesen sein und die Königin weiß das dann natürlich sofort. Außerdem ist der Ball schon übermorgen."
"Morgen. Es ist schon nach Mitternacht." Teresa verdrehte die Augen und warf Luca mit einem Kissen ab.
"Gute Nacht", sagte ich und legte mich neben Leo. Mit einem halb geöffneten Auge beobachtete ich, wie Luca Flavia von seinem Bett zog und sie sich grummelnd auf den Boden legte. Teresa wollte sich auch gerade neben Flavia legen, als Christian ihr stumm bedeutete, sich neben ihn zu legen. Automatisch musste ich lächeln. Die beiden mögen sich einfach zu sehr und doch traut sich keiner von den beiden, etwas zu sagen. Lächelnd schloss ich mein halb geöffnetes Auge und schlief langsam ein.
"Sag hallo, Alexandra!" Mein fröhliches Grinsen, welches ich bis vor kurzem noch auf den Lippen hatte und meine Augen zum Strahlen gebracht hatte, verschwand. Mit dem Grinsen verschwand auch das Strahlen in den Augen. Ich war so froh, endlich meine Eltern wieder zu sehen. Seit ich auf das Internat ging, sah ich sie nicht mehr oft. Sie hatten wieder mehr Aufträge und da sie im Vorstand einer der größten Organisationen Europas waren, hatten sie viel Arbeit zu erledigen. Doch genau deswegen verstand ich nicht, warum ich gerade ein kleines, rundes, mit Speckbäckchen, pupsendes und komisch quietschendes Kleinkind vor mir in den Armen meiner Mutter sah. "Was ist das?", fragte ich leicht angewidert.
"Das ist dein neue Bruder", erklärte mir mein Vater stolz. Ich weitete meine Augen leicht und verzog meinen Mund. Ich blickte zu dem Gartenzwerg und dann zu meinem Vater.
"Der pupsende, fette Gartenzwerg ist bitte WAS!?"
"Wir haben ihn adoptiert. Seine Eltern sind auf einer Mission in Alaska umgekommen und der kleine Kerl muss großgezogen werden:" Das kleine Kind machte ein komisches Geräusch und klatschte viel zu fröhlich in die Hände. Es blickte mich mit strahlenden blauen Augen und offenem Mund, aus dem ständig komische, quietschende Geräusche kamen, an.
"Konnte kein anderer den Gartenzwerg zu sich nehmen?" Mein skeptischer Blick verließ nie das kleine Kind mit den patsche Händen. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und sah der Kreatur in die Augen. Es strahlte mich weiterhin fröhlich an, doch dann sah ich plötzlich etwas, was mich zurückzucken ließ. Nun sah ich das Kind mit geweiteten Augen an und ich hatte mich nicht geirrt. Es hatte nun plötzlich dunkelrote Augen und krabbelte auf mich zu. Wo waren meine Eltern denn nur hin?! Es kam in nur einer Windel gekleidet sehr schnell auf mich zu gekrabbelt und ich wollte bloß schnell von hier weg. Ich drehte mich um und stieß gegen eine Wand. Scheiße! Ich drehte mich wieder zu dem Kleinkind und fing an zu Schreien wie am Spieß. Eine ganze Kolonie Kleinkindern in Windeln stand vor mir. Sie hatten alle ein blutverschmiertes Messer in der Hand und tapsten auf mich zu. In einem gleichmäßigem Rhythmus hörte ich sie meinen Namen sagen. Ich hörte nicht auf zu schreien und trat das erste Kind weg, als es mich fast in den Fuß stach. Es flog in alle anderen rein und zog ein paar weitere mit auf den Boden. Trotzdem hörten sie nicht auf näher zu kommen. Plötzlich sprang eins gewaltig hoch und klammerte sich an meine Schulter fest. Mein Schrei wurde lauter, schriller. Ich kniff meine Augen zusammen und wartete auf den Stich.
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