34: Black Box

Und wieder einmal saß ich gefesselt auf einem Stuhl, der sich in einem Raum irgendwo im Keller befand. Der einzige Unterschied war, dass dieses Mal wirklich alle meine Freunde auch dabei waren. Erstaunlich eigentlich, denn normalerweise saß ich hier alleine. Dies musste wohl schon länger geplant worden sein, denn wie hätten sie uns sonst alle ohne großartigen Probleme bekommen? Ich meine, sie waren so viele gewesen, dass ungefähr immer drei oder vier Mann von denen eine Person von uns mitsich nehmen konnte. Sie waren wohl auf Nummer sicher gegangen.

Ich beobachtete alle ein wenig. Caruso saß bloß an einem Tisch und unterhielt sich mit jemandem. Allerdings schien es so, als würden sie tuscheln und er schielte hin und wieder zu uns rüber, was mich überlegen ließ. Er hatte mich ja schon einmal befreit, vielleicht tat er es ja wieder? Die Sache war, wir wussten ja jetzt, dass er ein Freund von dem Direktor der Jungs war und dieser wiederum einmal ein Mitglied der anderen Seite und diese suchten ihn, soweit ich verstanden hatte. Nun gut, das würden wir dann ja sehen.
Mein Blick schweifte weiter und ich entdeckte Boxi, der auch mit ein paar Männern redete. Er hielt ein oder zwei Zettel in der Hand, doch natürlich sah ich nicht, was darauf stand.
Auch Javier war hier, er saß vor einem Bildschirm und koordinierte etwas mit einem anderen Mann neben ihm. Er deutete auf den Bildschirm und tippte dann auf der Tastatur herum. Beachtete uns überhaupt irgendwer?

Nun sah ich, wie Marianna, Gaia und Fernando eintraten. Sie hatten Flavia dabei. Ich blickte überrascht zu ihr, als sie von Fernando zu uns geführt und ebenfalls auf einen Stuhl gefesselt wurde.
"Aber was...?", wollte ich eine Frage formulieren, doch Fernando unterbrach mich.
"Wisst ihr, es ist sehr gemein, wenn man mit den Gefühlen anderer spielt."
"Naw. Haben die Mädels dich etwa verarscht?", kommentierte Luca provokant und Fernando sah wütend zu ihm.
"Halt dich lieber da raus! Ich bin nicht derjenige, der gefesselt beim Feind sitzt!"
"Hör' auf zu diskutieren, Fernando, und komm her!", kommandierte Marianna. Er begab sich zu ihnen und sie besprachen etwas miteinander. Ich fragte mich worüber. Marianna hatte eindeutig die Oberhand bei diesem Gespräch, doch Gaia und Fernando schienen nicht sehr von ihr überzeugt, da Gaia den Kopf demonstrativ schüttelte und Fernando seine Lippen zusammen presste. Jetzt traten Boxi und Javier zu ihnen und noch ein Mann, den ich nicht kannte. Sie diskutierten mit und redeten vorallem auf Gaia und Fernando ein. Ich runzelte meine Stirn. Was hatte das zu bedeuten?

Ich sah zu meinen Freunden und blieb bei Flavia hängen. Sie bemerkte meinen Blick und sah zu mir hoch. Ihr Blick war emotionslos, doch ich wusste, dass sie ein wenig von sich selbst enttäuscht war, weil sie es nicht geschafft hatte, die Lüge mit Fernando aufrecht zu erhalten. Ich fragte mich, was wohl passiert war. Weiter konnte ich aber nicht darüber nachdenken, weil sich das kleine Grüppchen an Diskutierenden löste und ein Teil zu uns kam. Boxi winkte Caruso herbei und wechselte ein paar Worte mit ihm, bis er zu uns sah, und ihre Blicke auf Flavia, Leo, Christian und Teresa landeten. Oh nein! Was hatten sie bloß vor?

Ich sah wie Fernando und Gaia am Rande standen und alles beobachteten. Währenddessen kamen Marianna, Boxi, Caruso, Javier und der unbekannte Mann zu uns. Es kamen noch drei weitere Männer dazu und immer zu zweit nahmen sie jeweils Leo, Flavia, Teresa und Christian.
"Was soll das?!", beschwerte sich Teresa, doch sie ignorierten sie einfach.
"Lasst sie hier!", rief ich. Ich wurde panisch, denn es konnte einfach nichts Gutes bedeuten, wenn sie weggebracht wurden. Ich sah zu Luca, der mich ebenfalls panisch ansah und sich versuchte von den Fesseln zu befreien. Natürlich klappte es nicht, ich hatte es auch schon versucht, aber sie hatten uns zu fest angebunden. Ich blickte wieder zu meinen Freunden und erhaschte den Blick von Leo. Automatisch lief mir eine Träne an der rechten Wange hinunter. Mein Kopf schnellte zu Fernando und Gaia, die untätig in der Ecke standen und dem Ganzen einfach so zusahen. Fernando hob seinen Blick vom Boden und sah mir direkt in die Augen. Warum hatte er Flavia hier her gebracht, wenn er doch wusste, dass so etwas passieren würde? Er liebte sie doch, oder nicht?

Jetzt kam Javier wieder und ging zu den beiden Untätigen. Er redete so laut, dass sogar ich etwas hörte.
"Jetzt stellt euch mal nicht so an!", sagte er wütend.
"Wir sollen uns nicht so anstellen? Es ist ein ganz schön blödes Gefühl, wenn man jemanden gern hat und man weiß, dass diese Person gleich schlimme Schmerzen erleiden wird!", verteidigte sich Gaia.
"Seid nicht albern! Das ist der Feind und ihr solltet auf unserer Seite stehen und mithelfen, anstatt hier in der Ecke zu stehen und 'rum zu heulen! Macht es wie Marianna! Sie hilft sogar mit und organisiert alles, damit es perfekt wird!"
"Tja, sonst wäre sie wohl nicht zum Junior Chef befördert worden! Aber Marianna hat gar kein Herz! Sie will immer nur Rache an Alexandra nehmen und ist deswegen bloß so aktiv mit dabei!", sagte Fernando genervt.
"Nehmt euch ein Beispiel an ihr und wenn ihr jetzt nicht sofort mit der Nörgelei aufhört, dann werde ich euch mit Absicht dazu einteilen, den beiden die Schmerzen zu zu fügen! Dich würde ich an die Black Box befördern, Fernando und du könntest die Kletterwand bedienen, Gaia! Also seid jetzt ruhig, oder es wird unschön für euch!" Sie nickten gezwungenermaßen und mein Blick glitt zu Luca. Er hatte auch alles gehört und die Stirn gerunzelt. Er war froh, dass Eliana nicht hier war, das sah man ihm an.

Nach circa zwanzig Minuten, in denen nichts geschah, kamen Caruso, Boxi, Javier und der Unbekannte zu mir und Luca. Ich sah sie misstrauisch an und wollte gar nicht wissen, was sie nun mit uns vorhatten.
"Caruso und Alfonso, ihr nehmt das Mädchen. Stefano und ich übernehmen den Jungen", kommandierte Javier. Alfonso hieß also der Unbekannte. Das kam mir sehr bekannt vor...ja! Das war doch der Stallbursche, von dem Leo erzählt hatte!
Caruso und Alfonso machten mich los und hielten mich stark fest. Wir warteten, bis die andern beiden Luca auf den Beinen hielten, danach wurden wir aus dem Kontrollraum geführt. Sie brachten uns in den Raum mit der riesigen Leinwand. Sie drückten uns auf die beiden Stühle, welche davor aufgestellt waren, und fesselten uns wieder. Ich ahnte Schlimmes. Sehr Schlimmes.

Als wir fest waren, traten sie vor uns und Javier hatte ein fieses Grinsen auf den Lippen. 
"Also meine Lieben, dieses Mal werdet ihr verschont...wenn man es denn so nennen will. Wir haben uns nämlich ein paar unterhaltsame Dinge für eure Freunde ausgedacht und ihr dürft live und mit bester Bild- und Soundqualität zuschauen." Mit seinem süffisanten Lächeln zückte er eine kleine, hellgraue Fernbedienung und drückte auf einen Knopf. Ganz links erhellte sich ein Viertel des Bildschirms und man sah eine schwarze Box dort stehen. Wieder drückte er auf einen Knopf und das Innere dieser Box erschien. "Einmal haben wir hier die liebe Flavia in unserer Black Box. Um kurz zu erklären, was ihr dort gleich sehen werdet: Sie sitzt gefesselt auf einem Stuhl in dieser zwei mal zwei Meter Box. Diese Box ist total Licht undurchlässig, allerdings mit kleinen Luftpustern oder Miniwassersprenganlagen ausgestattet. Es hat auch noch weitere Accessoires, welche einen Film ideal für 4D ausstatten. Natürlich sei hier angemerkt, dass ihr kein Kinderfilm oder eine Romanze gezeigt wird." 

Wieder drückte er auf einen Knopf und man sah eine Kletterwand. Ich stockte, als ich Leo sah.
"Auf diesem Teil könnt ihr sehen, wie der nette Leonardo eine sich stetig bewegende Kletterwand hoch muss, mit der Schwierigkeit, dass viele von den Trittstellen oder Griffen locker sind oder eingefahren werden können, sobald man sie berührt. Zudem wird er ein wenig unter Druck gesetzt, indem unten ein loderndes Feuer wütet, dass immer ein wenig höher rückt. Somit ist er gezwungen einen schnellen Weg nach Oben zu finden."
"Ihr Schweine! Das könnt ihr doch nicht machen!", schrie ich sie an, doch keinen kümmerte es.

"Das war aber noch nicht alles, liebe Alexandra, denn hier", es erschien ein weiterer Teil des Bildschirms. "Hier seht ihr Christian, wie er durch ein großes Labyrinth gehen muss. Wobei, gehen ist hier eher ein unpassendes Wort. Er sollte lieber rennen, denn er wird von blutrünstigen Jagdhunden gejagt und somit wird auch er unter Druck gesetzt. Er muss sich allerdings sehr beeilen, denn seine geliebte Teresa-" Und schon erschien der letzte Teil des Bildschirms. "Wird solange immer wieder in diesem Wasserbecken unter Wasser gezogen oder gedrückt." Ich sah ihn mit aufgerissenen, fassungslosen Augen an. Das konnte er doch nicht machen! Das konnten sie nicht tun!

"Das verstößt gegen die Menschenrechte!!", schrie ich und auch Luca schien sehr wütend über das Unterhaltungsprogramm, so wie sie es nannten.
"Ach, Alexandra", schüttelte Javier grinsend den Kopf. "Du bist auch nie zufrieden. Jetzt haben wir dich dieses Mal verschont und deine Freunde sind dran, und trotzdem beschwerst du dich! Man kann es dir auch nie recht machen!"
"WIE BITTE?! Sie wollen mich doch verarschen! Das letzte Mal haben sie mir doch auch schon nur ein Video gezeigt! Außerdem ist es nicht besser, bloß zu zusehen! Man leidet doch genauso, wenn nicht sogar noch mehr!"
"So? Ist das so? Ups, da habe ich mich wohl verschätzt", tat er auf unschuldig und sah mich gehässig an. Ich wollte ihn am Liebsten mit meinen Blicken töten! Ich wünschte mir so sehr den Todesblick zu verwirklichen!

"Na dann, wir wollen euch ja nicht weiter auf die Folter spannen." Bei seinem Wortspiel verdrehte ich bloß die Augen, denn das war der letzte Mist! "Zeig ja nicht zu viel Freude, Alexandra! Das könnte dir noch zum Verhängnis werden!", knurrte er gefährlich, doch ich versuchte ihn weiterhin mit meinem Blick zu ermorden. Er nickte seinen Kollegen zu und bedeutete ihnen damit, hinaus zu gehen. Er drückte noch auf den letzten Knopf und ließ uns mit einem "Viel Spaß" alleine. Somit begann das ganze Schauspiel und mir drehte sich jetzt schon fast der Magen um.

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