2: Planänderung

"Sicher, dass ihr alles habt?", fragte uns unsere Erzieherin, oder wie wir sie nannten Wachhund.
"Egal wie oft Sie das noch fragen werden, es wird sich nichts daran ändern, bis wir nein sagen und ins Zimmer rennen", murmelte Flavia.
"Wie bitte?", fragte der Wachhund streng.
"Ach, schon gut."

Unsere Sachen wurden gerade in den Kofferraum der Limousine geladen. Wir würden sechs bis sieben Stunden fahren...was ein Spaß! Die meiste Zeit würde ich bestimmt schlafen, da es gerade mal halb fünf in der Früh war und wir im Kloster bestimmt auch genug zu tun hatten. Meinen Brief musste ich ja auch noch lesen, bis jetzt hatte ich keine Zeit gehabt, aber das konnte ich während der Fahrt gleich auch einfach erledigen.

Herr Romano versicherte sich noch einmal, dass wir auch unsere Identitäten kannten.
"Ich bin Novizin Schwester Teresa", sagte Flavia. Ja, sie hieß Teresa.
"Ich bin Schwester Maria", meinte Teresa. Dies erinnerte mich stark an die letzte Mission.
"Ich bin Schwester Clara und wir kommen alle aus dem Kloster in Revigliasco", sagte ich abschließend. Er nickte einmal zufrieden und ging dann zum Fahrer.
Kurz darauf stiegen wir auch schon ein und fuhren los. Im Moment war ich gar nicht müde, weswegen ich mit Flavia quatschte, da Teresa direkt nach zehn Minuten eingeschlafen war. Wir redeten über die letzte Mission, die neue Mission und Jungs...

"Kann ich dir etwas anvertrauen?", fragte Flavia dann auf einmal und sah auf die von außen verdunkelten Fenster. Das Wetter war wirklich richtiges Herbstwetter. Die Blätter färbten sich in rot und gelbtönen und flogen durch die Gegend, wegen dem Wind und dem Regen. Kalt war es gar nicht mal richtig, doch draußen konnte man nun nicht mehr viel machen.

"Klar, wozu hat man denn beste Freundinnen?", lächelte ich sie an.
"Also...wie war das bei dir und Leonardo eigentlich genau?"
Ich sah sie verwirrt an. "Wer soll hier wen was anvertrauen? Außerdem habe ich doch schon alles erzählt."
"Nein, ich mein...also...wie genau hast du's gemerkt?" Sie biss sich unsicher auf die Unterlippe.
"Ehm...es war immer ein kleines Gefühl in meinem Inneren, das mit der Zeit größer und mulmiger wurde. Da ich nicht wusste, was es war, dachte ich, ich werde krank. Dabei hatte ich mich bloß verliebt." Es war komisch mit Flavia über Gefühle zu reden...überhaupt darüber zu reden war komisch.
"Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?" Ich sah sie mit einem verwirrten Blick an. Was war nur los mit ihr?
"Keine Ahnung. Schließlich war es bei mir nicht so...denk ich...am Anfang habe ich Leo wirklich nicht gemocht, doch da wir ständig etwas zusammen gemacht haben, fing ich an ihn zu mögen. Liebe auf den ersten Blick ist glaube ich schwer, weil man ja nicht nur in das Aussehen einer Person verliebt sein sollte." Wow war ich heute wieder philosophisch.

Langsam drehte sie ihren Kopf zu mir. Teresa saß zwischen uns und hatte die Augen geschlossen - na ja gut, wenn sie schlief war das irgendwie schon logisch.
"Wieso genau fragst du mich das? Was ist los?", fragte ich meine beste Freundin.
Sie biss sich wieder auf ihre Unterlippe und kaute ein wenig darauf herum.
"Wenn du nicht damit aufhörst, Flav, dann wird dein Traumprinz wunde Lippen küssen müssen." Wir sahen erschrocken zu Teresa. Sie hatte immer noch die Augen zu, grinste aber vor sich hin.
"Habe ich irgendetwas verpasst?", fragte ich auffordernd und sah nun zu Teresa. Diese öffnete ihre Augen und sah zu Flavia.
"Hab' ich recht, Honey?" Flavias Gesichtsausdruck schien nun gereizt und meiner erhellte sich zum Überraschten.
"Honey? Das erinnert mich doch an..."
"Shush!", machte Flavia. "Wage es nicht!"
"An Luca, jap, du hast es erfasst, Alex", lächelte Teresa wissend. Flavia schnaubte und ließ sich weiter in ihren Sitz rutschen.
"Wirklich jetzt, Flavia?", fragte ich erstaunt. "Ihr streitet euch doch die ganze Zeit."
"Schon vergessen? Was sich liebt, das neckt sich." Teresa schien das alles aber gewaltig zu amüsieren.
"Sowas kann ich mir schon die ganze Zeit anhören", meinte Flavia genervt. Ich lachte leicht. Ja, so waren beste Freundinnen eben.

○●○

Die Limousine hielt endlich und kurz darauf öffnete der Fahrer die Tür. Nacheinander stiegen wir alle aus und nahmen unsere Koffer, in denen sich hauptsächlich Waffen und andere Ausrüstung befanden (fragt mich nicht, wie wir das alles schmuggeln wollten, aber ich war ja eher spontan, wie ihr wisst).
Wir wurden natürlich nicht bis vors Kloster gefahren, denn das würde komisch kommen, dort in einer schwarz, glänzenden Limousine aufzutauchen.
Wir liefen also mit unseren Koffern die Landstraße entlang, die uns direkt zu einem alten Gebäude brachte. Es sah wirklich aus wie ein typisches Kloster. Es gab mehrer Gebäude und viel freie Fläche drum herum. Es gab eine Kirche mit einem großen Glockenturm, welcher aussah, als wäre er aus dem 19. Jahrhundert.

Nun standen wir vor einem großen, eisernen Tor.
"Wie kommen wir jetzt rein? Es gibt keine Klingel oder so", meinte Teresa.
"Beten, dass jemand kommt", lachte Flavia auf und wir sahen sie beide mit einem Dein-Ernst-Blick an. "Okay, sorry, der war schlecht."
"Also, was machen wir jetzt? Sollen wir einen anderen Weg suchen od-" Beenden konnte ich meine Frage nicht, denn ich wurde von einer älteren Dame unterbrochen.
"Seid ihr die Schwestern aus Revigliasco?"
"Ja. Ich bin Schwester Clara, das ist Schwester Maria und sie ist Novizin Schwester Teresa", lächelte ich freundlich. Das würde eine harte Zeit werden. Ob das die eingeweihte Ehemalige war? Sie musterte uns von oben bis unten.
"Warum habt ihr keine Robe an?" Okay, nein, ich denke sie war es nicht.
"In unserem Konvent ist es nicht üblich, dass man seine Robe trägt, wenn man in ein anderes Konvent wechselt", erklärte Teresa.
"Achso", gab sie bloß von sich. Dann kam sie auf das Tor zu und öffnete die eine Seite einen Spalt. Gerade so passten wir durch, mit unseren Köfferchen.

Wir folgten der Frau in das größte Gebäude. "Das ist unser Hauptgebäude. Hier befinden sich die Zellen, der Speiseraum, in der Mitte haben wir eine Galerie wo sich der Kreuzgang befindet, die verschiedenen Arbeitsräume und die Waschräume." Wieso nannte man Schlafräume Zellen und nicht einfach Schlafzimmer? Zellen. Das klang doch schon total schrecklich und uneinladend.
"Ich werde euch erst einmal eure Zellen zeigen, dann gebe ich euch eure Roben und stelle dir deinen Novizenmeister vor", wendete sie sich am Ende zu Flavia. Haha, die Arme...hatte extra Unterricht deswegen.
"Danach gibt es auch schon Essen und den Rest zeigt euch eine der anderen Schwestern."

Alles war sehr verwinkelt und ich hoffte mich später nicht zu verlaufen. Wir hielten in einem Gang mit vielen Türen.
"Das ist ihre Zelle, Schwester Clara." Ich steckte meinen Kopf durch die Tür. Sah ja unbequem aus. Ein Bett aus dunklem Holz mit einer dünnen Matratze, ein kleiner Tisch, der aus dem selben Holz gemacht wurde, ein Bild von Maria und eine Bibel in einem kleinen Bücherregal. Ein Gotteslob sah ich auch.

"Was haben sie in ihrem Koffer?", fragte sie mich.
"Ein Bild Mutter Gottes und mehrere Bibeln", log ich.
"Sie haben beides bereits hier, sie brauchen ihren Koffer nicht."
"Aber das sind doch wichtige Sachen!"
"Eine Bibel reicht."
"Ich besitze aber welche in verschiedenen Sprachen, also bitte ich, Schwester, mir meine ebenfalls zu lassen." Sie sah mich durchdringlich und ohne Emotionen an. Bitte kauf es mir ab. Bitte kauf es mir ab!
"Wir haben eine sehr gute Bibliothek." MAAAHN!
"Oh, das ist sehr schön zu hören, aber ich mache mir gerne Notizen in die Bücher und wenn ich mir welche ausleihen, dann kann ich das nicht tun, also bitte lassen sie mir wenigstens meine Bibeln." Wenn sie den Koffer jetzt aufmachte, konnten wir direkt nach Hause fahren.
"Na gut. Wenn's unbedingt sein muss." Erfreut schien sie nicht zu sein.
"Danke Schwester." Endlich! Innerlich machte ich Luftsprünge, weil sie endlich ging, um Teresa und Flavia ihre Zellen zu zeigen.

Nachdem auch das geschehen war, brachte sie uns in ein Ankleidezimmer und gab uns unsere Roben und dazugehörigen Hauben. Danach verließ sie den Raum und ließ uns diese anziehen.
"Wozu machen wir das ganze hier nochmal?", fragte Flavia skeptisch und sah an sich hinunter. Sie sah wirklich witzig aus, aber Teresa und ich sahen nicht besser aus.
"So ganz habe ich es auch nicht verstanden", meinte ich und sah dann Teresa an, während ich versuchte meine Haube aufzusetzen.
"Wir müssen ein Mädchen finden, welches ins Kloster gebracht wurde, als sie noch klein war. Angeblich wurde sie nicht gut behand-" Jetzt wurde Teresa von der Frau von eben unterbrochen. Sie war aber auch unhöflich und gruselig, wie sie sich einfach anschlich.

"Gerade ist eine Nachricht für euch eingetroffen." Sie hielt uns einen Brief hin. Stirnrunzelnd nahm ich ihn an, dann ging sie wieder.
"Was ist das?", fragte Flavia und nahm ihn mir aus der Hand. "Kein Absender."
"Na ja, die Einzigen die wissen, dass wir hier sind, sind Herr Romano und die Leute vom Internat, also denk ich mal der Brief ist von denen", mutmaßte Teresa. Konnte der Bote sich teleportieren oder wie?
"Mach' ihn auf!", forderte ich. Das ließ sie sich nicht zwei Mal sagen und schon hielt sie den Inhalt in ihrer Hand. Wir lasen ihn uns alle durch.
Flavia ließ ihn sinken und schaute mit einem zerknirschten Gesichtsausdruck zu uns.
"Nicht sein Ernst."
"Sei doch froh! Dann müssen wir gar nicht erst in diesen Dingern herumlaufen!"

○●○

Liebe Alexandra, Liebe Teresa, Liebe Flavia,
Ich muss euch mitteilen, dass es eine Änderung gibt. Eure jetzige Mission werden Gloria, Alessia und Elisabetta ausführen, auch wenn ich gesagt habe, dass ihr mehr Erfahrung besitzt, doch es gibt etwas Wichtigeres. Ich weiß, dass ihr gerade erst nach einer langen Reise angekommen seid, jedoch ist es sehr wichtig. Ihr wurdet angefordert. Jemand möchte euch für eine Mission und ich habe zugestimmt, weil dies sehr wichtig ist. Heute Nacht werdet ihr mit einem Helikopter abgeholt. Bitte geht dort hin zurück, wo euch die Limousine rausgelassen hat. Ich hoffe ihr habt Verständnis dafür, doch ich denke, die neue Mission wird euch besser gefallen.
Ich werde mich wieder melden. Viel Erfolg!

Was sollte das denn nun wieder bedeuten? 

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