70. Kapitel

Harry:

Ich kuschle mich an Louis. Mein Wecker klingelt erst in einer Viertelstunde und so lange bleibe ich bei ihm liegen. Oder auf ihm. Auf ihm stimmt wohl eher. Ich benutze seine Brust als Kissen und habe ein Bein zwischen seine gedrängt. Er hat locker einen Arm um mich gelegt, atmet ruhig und sein Mund ist ein kleines Stück offen. Er schläft noch tief und fest. Lächelnd sehe ich ihn an und streiche ihm eine Strähne aus der Stirn. Er ist so unglaublich hübsch. Mein Blick wandert zu seinem Oberkörper. Die Decke geht uns beiden nur bis zum Bauch. Ich mag seinen Körper. Er ist durchtrainiert, aber nicht unglaublich breit gebaut. Man erkennt die Muskeln unter seiner Haut. Es sieht ästhetisch aus. Irgendwie erinnert mich der Anblick an die alten griechischen Statuen der Olympioniken. Von ihm sollte es auch so eine Statue geben.

„Ich merke, dass du mich anstarrst", sagt er auf einmal. Ich werde auf der Stelle rot und stottere: „Stimmt nicht... uhm... ich habe nur... ich wollte nur sehen, ob du noch schläfst." – „Du bist ein miserabler Lügner", schmunzelt er und öffnet die Augen. Sein Griff um mich wird enger und kurzerhand zieht er mich ganz auf seinen Schoß. „Guten Morgen." Er lächelt und seine raue Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. „Hey. Gut geschlafen?" – „Ja. Du redest im Schlaf, wusstest du das?" – „Was?", irritiert sehe ich ihn an. „Was habe ich gesagt? Rede ich wirklich?" Er grinst amüsiert. „Ja, tust du. Aber ich habe leider kein Wort verstanden. Du hast total genuschelt. Was hast du geträumt." Ich zucke mit den Schultern. „Weiß ich nicht mehr." Es stimmt, ich habe keine Ahnung, aber es wäre nicht das erste Mal, dass ich von Louis träume.

Ich lege mich auf ihn und drücke meine Nase an seinen Hals. Ich schnuppere vielleicht ein wenig an ihm und er legt die Arme um meine Taille. „Heute geht es so richtig los." – „Mhm. Ich weiß." – „Verrückt, oder?" – „Naja, für mich geht es erst morgen los", antworte ich ihm. „Und du bist heute auch noch nicht dran." – „Stimmt", murmelt er und küsst meine Schulter. „Findest du den Gedanken nicht seltsam? Wir haben so lange darauf hingearbeitet, hier zu sein und zwei Wochen reisen wir schon wieder ab." – „16 Tage", korrigiere ich ihn sofort und zucke mit den Schultern. „Ich möchte darüber nicht nachdenken." Aber das hat einen anderen Grund. „Wir sind jung, wer sagt, dass es die letzten Olympischen Spiele für uns sind." – „Du planst schon, dass du in vier Jahren wieder teilnehmen wirst?", schlussfolgert er überrascht. „Was heißt denn planen... ich hoffe es", weiche ich aus. Aber ja, ich plane es irgendwie schon. Ich habe nie groß darüber nachgedacht. Solange meine Gesundheit es noch mitmacht, werde ich als Olympischer Turmspringer antreten. Das stand irgendwie schon immer klar. Sobald ich es einmal geschafft habe, hierher zu kommen, werde ich es immer wieder schaffen. Ein Zurück gibt es nicht.

„Was ist mit dir?", lenke ich von mir ab. Louis zuckt mit den Schultern. „Mal sehen. Natürlich wäre ich gerne noch einmal dabei, aber jetzt gerade bin ich sehr glücklich hier zu sein. Was weiß ich, was in den nächsten vier Jahren noch passieren wird. Ob ich noch einmal teilnehme, wird sich herausstellen." – „Diese Einstellung hätte ich auch gerne", gebe ich zu. „Du schaffst es irgendwie, die Dinge auf dich zukommen zu lassen. Das klappt bei mir nicht. Ich mag es lieber, wenn alles genau geplant ist und ich weiß, wie alles abläuft." – „Und das ist auch okay so", ermutigt er mich. „Manchmal würde ich gerne strukturierter sein, als ich bin." Er küsst meinen Hals. „Du bist gut, so wie du bist." – „Danke, Lou", murmle ich und drücke mich enger an ihn.

Mein Wecker klingelt nur wenige Minuten später. Ich seufze genervt und setze mich wieder auf. „Wir müssen aufstehen." – „Kann ich nicht, wenn du auf mir sitzt", grinst Louis und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. Ich habe den Drang, einfach hier sitzen zu bleiben, aber ich weiß, dass das für uns beide nicht funktioniert Also schwinge ich ein Bein auf die andere Seite und stehe auf. Louis bleibt liegen und betrachtet mich. „Willst du nicht aufstehen?" – „Ich will dich vor allem küssen." – „Louis." Er setzt sich an die Kante des Bettes. „Komm her, Love." Ich lege meine Hand in seine, die er offen zu mir streckt. Er zieht mich zu sich zwischen seine Beine und sieht zu mir hoch. Dann steht er auf und küsst mich. Sofort lege ich einen Arm um seinen Nacken und erwidere den Kuss. Louis küsst mich um den Verstand. In wenigen Sekunden schafft er es, mich durcheinander zu bringen, sowohl meinen Körper als auch meinen Verstand.

„Ihr seid nur fünf Minuten zu spät", sagt Cayla, als wir uns zum Frühstück dazu setzen. Ich antworte darauf nicht und verstecke mich hinter meiner Tasse Tee. „Der Aufzug kam nicht", antwortet Louis trocken. „Als würde euch das hier jemand glauben", grinst Niall. Gemma schmunzelt. „Können wir bitte über etwas anderes sprechen?", schaltet Felicity sich ein und sieht zu Louis. „Von mir aus gerne", stimme ich ihr zu. Louis verdreht die Augen. „Werd erwachsen Fizzy." – „Also soll ich dir erzählen, dass ich letztens ein Date hatte und..." – „Du hattest was?", unterbricht Louis sie sofort alarmiert. „Ein Date? Du bist zwölf!" – „Du weißt, dass das nicht stimmt." – „Du wirst immer zwölf sein", widerspricht Louis ihr. Seine Mum schmunzelt. „Louis, deine Schwestern werden groß. Du musst damit leben." Er schüttelt den Kopf. „Nicht jetzt schon. Bei Lottie – okay, aber bei Fizzy hat das noch etwas Zeit." – „Ernsthaft?", fragt sie und schüttelt den Kopf. „Ja, ernsthaft", antwortet Louis ihr. Wir anderen beobachten die Szene amüsiert.

„Er ist toll, okay? Wir hatten schon ein paar Dates und..." – „Ein paar Dates?" – „Ja. Sechs um genau zu sein. Du Spinner." Louis schüttelt den Kopf. „Sechs Dates und du sagst mir einfach nichts." – „Weil ich ihn dir nicht vorstellen wollte, bevor ich mir nicht sicher war, dass er deine Art aushält." –„Meine Art? Wie bitte?" – „Sie hat nicht unrecht", antwortet Johanna. Ich schmunzle. „Du solltest deiner Schwester ein bisschen mehr vetrauen, Lou." Er schnaubt. „Vertrauen. Genau."

„Du lernst ihn kennen, wenn wir wieder in Irland sind", beschließt Johanna. „Bis dahin sind die zwei sowieso zusammen." – „Wird ja auch Zeit", wird Lottie ein und Fizzy errötet ein bisschen. „Vielleicht. Mal schauen." – „Du bist verliebt in ihn", stellt Louis trocken fest. „Du bist doch gerade selbst verliebt. Tu doch nicht so, als wäre das etwas schlimmes", entgegnet sie mit der gleichen frechen Art, die ich von Louis kenne. Ich beiße auf die Lippe und sehe zur Seite, als Louis sofort zu mir sieht. Dann seufzt er. „Scheiße, du hast recht und ich habe kein Argument dagegen. Außer, dass ich Älter und reifer bin als du." Johanna räuspert sich und Lottie unterdrückt ein Lachen. „Ey!" – „Soviel dazu", grinst Felicity siegessicher.

Die Harmonie in dieser Familie ist toll. Es ist schön mit anzusehen, wie wohl sie sich alle fühlen, obwohl sie sich gegenseitig aufziehen und provozieren. Das gab es bei uns nicht – zumindest nicht so. Ich verdränge, dass ich ein wenig neidisch darauf bin und freue ich für Louis, dass er in so einem Zuhause aufgewachsen ist. Es erklärt einige seiner Charakterzüge, die ich so mag.

„Du hattest deine erste Beziehung deutlich früher als spiel dich nicht so auf", sagt Lottie dann. „Wie alt warst du da?", möchte ich wissen. Louis zuckt mit den Schultern „Siebzehn. Es war nicht von Bedeutung." – „Es war deine erste Beziehung." – „Und es hat nicht gut geendet", antwortet er mir. „Und danach?", möchte Gemma interessiert wissen. Louis zuckt mit den Schultern. „Nichts Ernstes Nichts, was ich als Beziehung betiteln würde."

„Was ist mit dir?", fragt Felicity mich neugierig. „Was? Ich." – „Naja, du bist doch so alt wie Louis, oder?" Ich nicke. „Und?" – „Wie viele Beziehungen hattest du vor meinem Bruder?" Ich spüre, dass ich etwas blasser werde. Hilfesuchend sehe ich zu ihm. Er stoßt Felicity mit dem Ellenbogen an und schüttelt leicht den Kopf. „Was?", fragt sie irritiert. Ich seufze. Es ist nichts Schlimmes. Ich war immer aufs Training konzentriert und hatte keine Zeit für Ablenkungen. Nein, das Argument zieht nicht. Gerade hier müsste ich mich 100% konzentrieren und doch habe ich mich auf Louis eingelassen.

„Uhm... also... ich hatte bisher auch nichts Festes. Also nie." Felicity sieht mich verwundert an. „Wieso das nicht?" – „Fizzy!" – „Ich frage doch nur." Ich winke ab. „Ich habe immer viel um die Ohren gehabt. Sport und so. Es hat sich nicht ergeben und von diesen Dating-Apps halte ich nicht viel... uhm... ich gehe nicht oft auf Partys." Nie, um genau zu sein. „Und in meiner Sportart lernt man nicht einfach so jemanden kennen, mit dem man ausgehen könnte. Wenn man dann noch schwul ist, naja, ich schätze die Umstände waren einfach nicht optimal." – „Doch", widerspricht Louis sofort. Lottie verdreht die Augen. „Wehe du sagst jetzt etwas Schnulziges." Louis ignoriert sie einfach. „Es war gut so, wie es war. Vielleicht hätten wir uns sonst nie kennengelernt." – „Genau so etwas meine ich", entgegnet Lottie. Sie hat recht, es ist kitschig, aber ich mag es und Louis weiß das inzwischen ganz genau. 

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Soviel also dazu. Was meint ihr, wird bei den Wettkämpfen passieren? 

Love, L 

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