78.Das Ende einer Nacht

JESS

Die Schnüren der vielen Einkaufstüten graben sich tief in meine Hände.
Doch die rötlichen Vertiefungen in meiner Handfläche sind viel mehr wie eine schwer verdiente Ehrenmedaille.
Ich habe in letzter Zeit wirklich viel gearbeitet und diese gelungene Einkaufsmission lässt mich, wenn auch nur für einen Moment, das vergessen was mir am meisten schmerzt.
Josh!
Doch schnell verwerfe ich den Gedanken an ihn und an das was letzte Nacht passiert ist.
Stattdessen lenke ich meine Gedanken auf meine neuen Einkaufstüten.
Lacoste, Guess und Moschino lassen momentan mein Herz erfreuen.

Ich betrete ein hübsches kleines Caffe das in einer ruhigen Lage der Stadt liegt.
Ziemlich idyllisch, viele Bäume und Blumen, ruhig, friedlich und vor allem ungestört.
Ich lege meine ganzen Tüten ab und beginne den Schmerz an meinen Händen zu spüren.
Ich denke nachher ist ein Taxi angesagt.
Als ich mich nun setze, bestelle ich mir gleich ein Cappuccino und ein Croissant.
Frühstück ist angesagt. Mein Magen knurrt nämlich schon wie wahnsinnig.
Ich schaue auf mein Handy, es ist erst neun Uhr früh.

Als ich morgens neben Josh aufgewacht bin, traf mich der Schlag.
Wir hatten tatsächlich Sex.
Beschämt lege ich mir meine Hände auf die Wangen.
Er hat seine Freundin mit mir betrogen!!!
Wie konnte das nur passieren? Wieso konnte ich meine Gefühlen nicht unter Kontrolle halten?!
Aber er ist auch mit schuld!
Was war das für eine Aktion von ihm, wieso hat er sich auf mich eingelassen? Er hat doch Zoey.

Als ich heute Morgen aufwachte war ich so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Doch als ich realisierte was passiert ist, dass Josh seine Freundin mit mir betrogen hat, konnte ich nicht anders als aufzustehen und zu verschwinden.
Ich habe ihn alleine in meinem Zimmer schlafend zurück gelassen.
Ich konnte mich nicht dem stellen was passiert war.
Es schmerzt einfach zu sehr zu wissen, dass nichts aus uns werden kann. Das ich einfach nur seine Affäre war.

Ich frage mich wie Josh reagiert hat, als er gemerkt hat, dass ich nicht mehr da war?!
Obwohl, es ist noch sehr früh. Es könnte sein, dass er noch schläft.

"Für sie Miss.", sagt der Kellner und stellt mir meinen Cappuccino und das Croissant auf den Tisch.
"Vielen Dank.", sage ich höflich und beiße gleich mal in mein Croissant.
Mein Handy klingelt und auf dem Display erscheint Josh's Name.
Ich spüre wie mein Herz schneller schlägt und mir das Blut zu Kopf steigt.
Er ruft mich an!! Was soll ich tun?
Ich bin so nervös, dass ich ganz zittrig geworden bin.
Anfangs zögere ich, doch dann wird mir bewusst, dass ich es ihm einfach schuldig bin ran zu gehen.
Also tue ich es.
"Hallo?", sage ich und versuche gelassen zu klingen.
"Jess? Geht es dir gut? Du warst einfach weg.", sagt Josh und klingt einerseits erleichtert, dass ich ran gegangen bin und anderer seits dennoch besorgt.
Ich seufze und beschließe bei der Wahrheit zu bleiben.
"Josh ich musste einfach gehen. Das gestern....es war...einfach falsch.", versuche ich ihm so schonend wie möglich bei zu bringen.
Er hat Zoey. So hätte es nicht sein sollen.

"Sag das nicht.", kommt es von Josh der jetzt nicht mehr besorgt sonder eher traurig klingt.
Was erwartet er von mir?
Ich kann doch nicht eine Beziehung zerstören.
Schlimm genug, dass ich mit ihm geschlafen habe.
"Seien wir doch ehrlich...", sage ich nun. "Wir waren doch beide ziemlich betrunken."
Obwohl mir klar ist, dass mir dennoch bewusst war was ich da tat. Doch meine Gefühle hatten die Oberhand übernommen und ich konnte nichts dagegen tun.
Doch jetzt kann ich es. Muss ich es!

"Ich war nicht so betrunken.", murmelt Josh ins Telefon.
Und wieder schlägt mein Herz wie verrückt.
Was soll das heißen, er war nicht so betrunken?
War ihm völlig klar, was in dem Moment geschah?
Und obwohl er Zoey hat, hat er es nicht verhindert?
Ich seufze. "Josh hör zu...", beginne ich zu reden, "Du hast Zoey und ich fühle mich schrecklich für das was ich getan habe-"
Doch ich höre kein Josh mehr.
"Hallo?" Ich runzle die Stirn.
Ich schaue auf das Display. Der Anruf wurde beendet.
Hat er einfach aufgelegt, oder war der Empfang schlecht?
Ich rufe zurück und die Mailbox geht ran.
Er hat wohl keinen Akku mehr.
Naja, so musste ich diese unangenehme Unterhaltung nicht weiter führen.

Ich nehme einen Schluck von meinem Cappuccino und rufe Lucia an.
Als sie ran geht, erzähle ich ihr was ich vorhabe.
Es war ja klar, dass es bei ihr nicht auf Freude treffen würde.
"Du kannst nicht einfach verschwinden. Wieso denn auch?", fragt sie aufgebracht.
"Du weißt wieso.", sage ich. "Ich möchte Josh aus dem Weg gehen."
"Oh mein Gott!", sagt Lucia laut. "Du bist keine Sklavin deiner Gefühle. Ich bin überzeugt, dass du sie kontrollieren kannst.", gibt sie von sich.
Ich rolle mit den Augen.
Die Tatsache, dass ich mit ihm in die Kiste gesprungen bin beweißt das Gegenteil.
"Was ist schon dabei?", frage ich. "Ich werde nur für eine Zeit lang bei einer Arbeitskollegin sein. Was ein totaler Pluspunkt ist, da ihre Wohnung fünf Minuten von der Arbeit entfernt ist und nicht vierzig wie bei uns."
"Aber wieso jetzt dieser Sinneswandel? Es war doch alles in Ordnung.", sagt sie verwirrt.

Ich kann es ihr nicht sagen.
Auf keinen Fall kann ich ihr sagen, dass ich mit Josh geschlafen habe!

"Ich muss mich einfach wieder finden. Ich kann momentan Josh nicht beim turteln mit Zoey zu sehen.", gestehe ich.
Vor allem nach gestern Nacht, würde es mich zerreißen die beiden zusammen zu sehen.
Ich kann das einfach nicht.
"Das mit ihm und Zoey wird nicht lange halten. Er liebt sie nicht mal.", sagt Lucia und ich weiß genau, dass sie mich nur überreden will zu bleiben.
"Hat er es dir gesagt?", frage ich um sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie solche Sachen nicht einfach so sagen kann, wenn es keine sichere Quelle gibt.
"Nein.", gesteht sie. "Aber es ist doch offensichtlich."
Offensichtlich ist aber nicht tatsächlich.
Dennoch ist es süß von Lucia wie sie mich zu überreden versucht.
"Ich bin ja nicht aus der Welt sondern nur in einem anderen Haus.", sage ich lächelnd. "Ich komme heute noch vorbei einige Sachen holen.", sage ich.
Dann beenden wir den Anruf.
Ich denke, Josh eine Zeit lang aus dem Weg zu gehen, wird mir gut tun.
Zumindest, bis ich gefühlsmäßig nicht so stark involviert bin.

Ich nehme noch einen Schluck von meinem Cappuccino und atme dann tief durch.
Da sitze ich nun, in einem wunderschönen Cafe, alleine.
Kein Josh, keine Freunde.
Nur ich. Ich alleine.

JOSH

Nach dem ich mich bei meinem Interview kaum konzentrieren konnte, beschloss ich zu Jess zu fahren.
Die ganze Sache raubt mir meine ganze Konzentration.
Wir müssen einfach darüber reden.
Ich steige in mein Auto und fahre los.

Wieso macht Jess jetzt plötzlich einen Rückzieher?
Wir hatten eine wunderbare Nacht zusammen.
Wir waren nicht komplett betrunken, wie sie behauptet und es war auch nicht nur Sex. Nein.
Wir haben uns geliebt.
Ich konnte in jeder ihrer Berührungen spüren, dass sie mich liebt.
Sowas kann man nicht vortäuschen.
Ich muss unbedingt mit ihr darüber reden.

Ich steige aus dem Auto.
Als ich dabei bin den Schlüssel in meine Jacke zu stecken spüre ich etwas darin.
Ich runzle die Stirn und ziehe es raus.
Es ist eine kleine Tiffanyschachtel.
Als ich sie öffne, trifft mich der Schlag.
Ein wunderschöner Diamantring mit einer weißen Blume ist drin.
Ich muss lächeln.
Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, an dem ich ihn Jess geschenkt hatte.
Wir hatten die ganze Woche zusammen verbracht und sind regelrecht ständig übereinander her gefallen.
Wir hatten eine schöne und glückliche Beziehung.

An diesem einen Tag gingen wir Abendessen.
Als wir danach von Paparazzis verfolgt wurden, flüchteten wir auf das Dach eines verlassenen Gebäudes.
Wir hatten von dort die schönste Aussicht LA's und genau dort habe ich ihn ihr geschenkt.
Doch als wir Schluss gemacht hatten, bestand sie darauf, dass ich ihn zurück nehme.
Sie konnte und wollte so etwas teures nicht behalten.
Diese Jacke muss ich sehr lange nicht mehr angezogen haben, da die Schachtel immer noch dort drin ist.

Ich stecke sie wieder zurück in meine Jacke und laufe ins Haus. Ich muss mit Jess reden.
Doch zuhause treffe ich nur auf Alex und Lucia.
Ich laufe auf die beiden zu. "Hei, ist Jess da?", frage ich.
"Nein ist sie nicht!", sagt Lucia bissig.
Ich verziehe das Gesicht.
Was ist denn mit ihr los?
"Und wann kommt sie wieder?", frage ich nochmal.
"Ich denke sicher gegen Abend.", sagt Alex entspannt doch Lucia schüttelt den Kopf.
"Nein kommt sie nicht.", sagt sie.
Alex verzieht das Gesicht. "Was nein? Sie wohnt hier!"
Lucia rollt mit den Augen. "Sie hat gesagt sie würde eine Zeit lang bei einer Arbeitskollegin wohnen."
Das gesagt, wirft sie mir einen eisigen Blick zu.

Was, Jess ist gegangen?
Ich lasse mich auf das Sofa fallen.
Jess liebt mich nicht.
Sie sieht die gestrige Nacht als Fehler und um sich der Sache nicht zu stellen, flüchtet sie sogar aus ihrem Haus.
Ich reibe mir mit den Händen über das Gesicht.
Wie konnte ich nur so blöd sein und glauben, Jess würde wieder mit mir zusammen sein wollen.

"Josh ist alles ok?", fragt Alex besorgt.
"Ich bin schuld, dass Jess weg ist.", kommt es aus mir raus.
Alex verzieht das Gesicht. "Nein. Wieso sagst du so etwas?"
Ach was solls. Dann soll er die Wahrheit erfahren.
"Wir haben gestern miteinander geschlafen.", sage ich nun.
"Was?", kommt es von Alex und Lucia im Chor.
Ich weiß, damit hatte bestimmt keiner gerechnet.
Nicht einmal ich hatte das.

"Jetzt verstehe ich wieso sie so dringend weg wollte." sagt Lucia.
Ich seufze. "Ich weiß. Jess liebt mich einfach nicht.", sage ich traurig.
Es laut aus zu sprechen bereitet mir doppelt soviel Schmerzen.
Ich muss damit abschließen.
Ich bekomme Jess nicht wieder und es ist meine Schuld, dass ich sie verloren habe.

"Nein du Idiot-", sagt Lucia aufgebracht.
Ich schaue verwirrt zu ihr rüber.
"Jess ist weg weil du deine Freundin mit ihr betrogen hast."
Ich runzle die Stirn. "Was?", frage ich verwirrt.
"Josh ist nicht mehr mit Zoey zusammen.", interveniert Alex.
"Na prima, Josh ist nicht mehr mit Zoey zusammen-", äfft Lucia Alex nach.
Doch nach dem sie es laut ausgesprochen hat, bleibt sie wie versteinert.
"Moment was?", fragt sie verwirrt. "Du bist nicht mehr mit Zoey zusammen?"
Ich schüttle den Kopf.

Sofort leuchtet es mir ein.
"Warte mal-", sage ich aufgeregt und stehe auf. "Soll das heißen, Jess denkt ich wär noch mit Zoey zusammen?"
Wenn das so ist, dann ist sie nicht gegangen weil sie mich nicht liebt, sondern weil sie denkt sie wäre Schuld daran, dass ich Zoey betrogen habe.
Lucia sieht mich unschuldig an, aber ich weiß genau, dass sie was weiß.
"Lucia, wenn du etwas weißt dann rede.", fordere ich sie auf.
Sie sieht mir in die Augen und ist sich der Sache nicht ganz sicher.
Ich spüre genau, dass sie etwas weiß.
Sie muss es mir einfach sagen.

"Lucia bitte rede."
....
Ich hoffe es hat euch gefallen :)
Jess hat also ein schlechtes gewissen und Josh denkt sie liebt ihn nicht.
Wird Lucia die Warheit sagen? Mal sehen ^_^

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