14 - Romeo und Julia

[Louis] 

Nachdem wir für gefühlt Stunden durch den Wald gelaufen waren, kamen wir an einem Pub an. Zufrieden grinste ich und Harry lachte über meine Reaktion. "Also ich finde es erstaunlich, dass du in einem wunderschönen Wald warst die letzten zwei Stunden, aber wenn du einen Pub siehst, fängst du an zu strahlen wie die Sonne persönlich!" 

Lachend ging er hinein und ich folgte ihm und musste schmunzeln. Wie die Sonne persönlich. Das klang schön, er hatte eine schöne Art, Dinge zu formulieren.
Wir setzten uns an einen kleinen Tisch in einer der Ecken und ich sah zu ihm. "Ich mag es, im Pub zu sein. Was soll ich sagen?" 
"Was magst du noch?" fragte er mich, sah mich dabei aufmerksam an.
"Fußball, Filme. Billard." zählte ich auf und er hob eine Augenbraue. "Ist das alles?" fragte er mich und ich nickte. "Mehr kenne ich nicht, schätze ich. Zum Reisen oder so hatten wir daheim kein Geld." 
Er nickte leicht, nahm sich die Karte und sah sich das Angebot an Getränken und Speisen an, während ich ihn verzückt beobachtete. 
Wir hatten die letzten zwei Stunden viel geredet, genauer gesagt hatte er Fragen zu seinen Reisen beantwortet, dies aber ziemlich ausführlich. Dafür schien er wirklich zu brennen. 

Als er fertig mit seiner Auswahl war und wir bestellt hatten, stützte er den Kopf in seiner Hand ab und sah mich lächelnd an. "Wieso schauspielerst du eigentlich nicht? Du sagtest doch, dass du das gerne machen würdest, wenn ich mich recht erinnere." 
Ich zuckte mit den Schultern. "Weil man dafür Talent braucht." 
Er sah mich kritisch an. "Ich wette, du hast Talent. Spiel mir was vor!" 
"Wie bitte?!" sagte ich lachend und er nickte. "Spiel mir was vor! Eine traurige Szene, eine lustige, oder irgendetwas! Zeig mir, was du drauf hast!" forderte er mich auf und grinste begeistert. 

Ich wurde unsicher. Niemand hatte mich je um so etwas gebeten. Das war außerhalb meiner Komfortzone und völlig überraschend. Ich kaute auf meiner Lippe und schüttelte den Kopf. "Komm schon." 
Ich sah ihn weiter an. Dann atmete ich tief durch. "Weißt du was? Wieso eigentlich nicht. Wenn ich schon einmal was Neues mache, dann kann ich auch das tun." ergab ich mich und lächelte leicht, dann setzte ich mich ein wenig aufrechter hin. Ich wusste genau, was ich vortragen würde. Einen Moment bereitete ich mich innerlich vor.

"Welche Dame ist das, die die Hand jenes Ritters bereichert? O, sie lehrt die Fackeln hell zu brennen! Es scheint, als ob sie an der Wange der Nacht hängt wie ein kostbares Juwel im Ohr eines Äthiopiers. Schönheit zu reich für den Gebrauch, für die Erde zu teuer!" begann ich und legte meine Körpersprache auf den Monolog aus, dann öffnete ich die Augen und sah Harry direkt an.  "So zeigt sich eine schneebedeckte Taube, die mit Krähen  umherzieht, Wie jene Dame über ihren Gefährten sich zeigt. Wenn das Maß vollbracht ist, werde ich ihren Standplatz beobachten, Und indem ich ihre berühre, segne ich meine grobe Hand." Ich schloss die Augen, lächelte leicht, dann sah ich ihn wieder intensiv an, versuchte, Romeo's Gefühle möglichst gut rüberzubringen. 
"Liebte mein Herz bis jetzt? Schwöre es, Anblick! Denn ich habe bis heute Nacht nie wahre Schönheit gesehen." schloss ich leise den Monolog. 

Ich lächelte und Harry sah mich völlig fasziniert an, seine Augen leuchteten und ich wurde rot um die Nasenspitze und senkte scheu den Blick. 
"Das war unglaublich gut." sagte er leise und wirkte tatsächlich beeindruckt. Ich sah zu ihm und biss mir auf die Lippe. "Danke." antwortete ich leise. 
"Ist das Shakespeare?" 
Ich nickte sofort. "Romeo und Julia. Ich liebe Shakespeare. Der Monolog ist Romeo, der Julia ausspioniert nach der Capulet Party.  Er ist sofort verliebt in sie. Daher die Frage, ob sein Herz bis jetzt jemals liebte." erklärte ich ihm und er lächelte. 
"Jetzt kann ich es sehen." flüsterte er, während er mich musterte und ich sah ihn fragend an. "Was denn?" 
"Deine Leidenschaft." 

Nun wurde ich noch röter und versteckte mein Gesicht, doch Harry hob mein Kinn sanft an und sah mir in die Augen. "Ich bin kein Profi, aber das hat mich bewegt, Louis. Das war wirklich gut." sprach er, dann verband er unsere Lippen wieder miteinander und ich erwiderte den Kuss sofort und rutschte näher an ihn heran. "Du solltest das wirklich vorantreiben. Das ist zu schade um in einem Pub außerhalb London's verschwendet zu werden." sagte er, als wir unsere Lippen voneinander lösten.

Ich sah ihn an, Unsicherheit wuchs in mir und ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ich bin nicht der Typ für Abenteuer und Risiken." murmelte ich. 
"Du hast gerade Shakespeare zitiert, Louis. Einfach so. Du bist mit mir hierher gekommen. Auch einfach so. Ich denke ein bisschen Abenteuer steckt da in dir." sagte er und lächelte mich breit an. "Es muss nur herausgekitzelt werden." fügte er zwinkernd hinzu und ich musste leise lachen. "Na wenn du das sagst." 
Er nickte und setzte sich aufrecht hin, sah mich selbstbewusst an. "Ich bin Experte für Abenteuer. Mir kannst du's glauben." 
Ich musterte ihn einen Moment. "Wieso nur bist du plötzlich so anders? Du wirkst wie ausgewechselt." 
Harry's Blick wurde für einen Moment fragend, dann zuckte er mit den Schultern. "Ich verbringe gern Zeit mit dir. Du bist ganz anders als die Leute, mit denen ich sonst Umgang pflege. Du redest viel mehr. Nun ja, du fragst viel mehr. Es macht mir Spaß mit dir. Vielleicht deshalb." erklärte er und ich nickte leicht, musste automatisch lächeln. Er fühlte sich anscheinend wohl bei mir.

Wir saßen noch stundenlang in diesem Pub und irgendwann war es dunkel. Als ich es realisierte, sah ich ihn an. "Es ist schon spät. Fährt denn jetzt noch die U-Bahn?" fragte ich nervös und er sah auf die Uhr. 
"Die letzte ist vor einer halben Stunde gefahren." sagte er und runzelte die Stirn. "Wie kann das sein? Haben wir die Zeit wirklich so vergessen?" 
Ich schmunzelte leicht. "Wir hatten wohl zu viel Spaß. Ich kann Niall anrufen, er kann uns holen. Er hat ein Auto." schlug ich vor und Harry nickte, also rief ich meinen besten Freund an. Er war nicht unbedingt begeistert, versprach aber, sich auf den Weg zu machen. 
Zufrieden legte ich auf. "Er holt uns ab. Wo schläfst du eigentlich? Jetzt, wo Zayn dich rausgeschmissen hat." 
"Ich habe mir ein Hotel gebucht." erklärte er lächelnd und ich nickte, kaute auf meiner Lippe herum. "Doch nicht zu teuer?" fragte ich, weshalb er lachen musste. "Nein, absolut nicht zu teuer. Nur nicht so bequem, nicht so gemütlich eben." 
Ich nickte und wir tranken unser Bier aus, bis irgendwann Niall schrieb, dass er angekommen war und draußen wartete. 

Wir zahlten, gingen hinaus und stiegen in Niall's Wagen. Ich nahm den Beifahrersitz in Beschlag, Harry ließ sich auf der Rückbank nieder. "Danke für's Holen." sagte ich zu Niall, küsste seine Wange und strahlte ihn dankbar an. Er nickte leicht und schien wenig begeistert, warf Harry durch den Rückspiegel einen prüfenden Blick zu. "Was macht ihr hier im Nirgendwo überhaupt?" fragte er, nachdem er losgefahren war. 
"Wir waren im Wald spazieren." sagte ich schlicht, woraufhin mein bester Freund mich gespielt schockiert ansah. "Du? Spazieren?" 
Ich lachte und nickte. "Mal Landluft schnuppern eben." Ich ließ aus, dass Harry mich praktisch hierhin entführt hatte. Das würde ich Niall in Ruhe erklären, wenn dafür Zeit war und wir allein waren. Für dieses Gespräch schwebte ich jetzt zu sehr auf Wolke Sieben. 
"Er hat außerdem Romeo und Julia im Pub zitiert!" warf Harry von hinten in die Unterhaltung ein.

Niall wirkte sofort begeistert und sah zu mir. "Ehrlich? Lou, das hast du ja ewig nicht mehr! Das ist ja cool!" rief er aus und ich musste lachen und schüttelte den Kopf. "Harry hat mich darum gebeten." 
"Hast du es dir jetzt anders überlegt?"
Niall spielte auf die Juilliard an und ich schüttelte sofort den Kopf. "Niall...jetzt nicht, bitte." sagte ich leise, mein bester Freund winkte ab und nickte nur. "Schon gut." 
Ich sah nach draußen, dann unterhielt ich mich mit Niall über das kommende Manchester Spiel und keine zwei Minuten später befanden wir uns in einer hitzigen Diskussion darüber, welcher Stürmer besser geeignet war, um den Sieg zu sichern. Harry hielt sich dabei zurück und war auf sein Handy konzentriert. Eindeutig kein Fußballfan, dachte ich mir, doch es störte mich kein Stück. Das war nicht nötig, er war für mich trotzdem absolut umwerfend und faszinierend. 

Als wir ankamen und ausstiegen, dankte ich Niall und umarmte ihn. Er erwiderte und zog mich näher an sich. "Was tust du da nur?" flüsterte er und ich löste mich und sah ihn entschuldigend an. "Lass uns morgen sprechen, okay?" antwortete ich leise. 
Er nickte und musterte mich besorgt, warf Harry dann einen ernsten Blick zu, ehe er zurück in sein Auto stieg und davon fuhr. 
Ich sah zu Harry.
"Er kann mich nicht leiden, oder?" fragte er und ich schmunzelte. "Naja, ich will dich nicht anlügen." antwortete ich und er lachte leicht.
"Ich werde dann mal." sagte er und kam zu mir, küsste meine Wange wieder. "Sehen wir uns wieder?" 
Ich sah hoch zu ihm und schluckte leicht, dann fielen mir die Worte wieder einmal aus dem Mund, ohne dass ich sie stoppen konnte.
"Wieso schläfst du nicht einfach bei mir?" 

Er sah mich überrascht an und zog die Augenbrauen zusammen. "Ist das dein Ernst? Ich kann auch in mein Hotel, Louis. Ich will mich nicht aufdrängen." 
Ich zögerte nur eine Sekunde, dann drückte ich ihm einen Kuss auf die Lippen, sah in seine Augen. "Schlaf bei mir, Harry." 

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