23 Einkaufen
Eva sitzt in ihrer Kaffeepause draussen auf einer Bank und erhält auf einmal einen Anruf von Mamoude, in dem er sie fragt, ob er heute schon zu ihr kommen kann.
"Ehm... hör zu Mamoude. Ich arbeite noch. Und ich habe den Haushalt nicht gemacht und ich war nicht einkaufen", zählt Eva auf. "Wir wollten uns doch morgen treffen. Was ist das Problem dabei?"
"Nach dem Training geben sie mir eine Abschiedsfeier. Vielleicht bin ich nächste Woche nicht mehr da."
Eva hört auf zu atmen.
"Eva?"
"Ja. Alles gut. Nett, dass sie eine Feier für dich veranstalten. Ich arbeite bis 18:00 Uhr. Möchtest du mich von der Arbeit abholen? Dann schicke ich dir die Adresse."
Eva legt auf und drückt ihre Hände wie erstarrt an ihre Kaffeetasse. Vielleicht ist Mamoude nächste Woche nicht mehr da, schiesst es ihr durch den Kopf. Sie dachte, er würde nur wenige Tage vor seinem definitiven Abschub untertauchen. Aber es ergibt natürlich Sinn, dass er dann bereits weit weg sein möchte.
Eva seufzt und bemerkt dann, dass eine Person sich zu ihr auf die Bank gesetzt hat.
"Eva?", sagt Martin sanft und blickt auf seine Uhr. "Deine Pause ist seit zehn Minuten vorbei. Ich habe dich hier draussen sitzen gefunden. Deine Kaffeetasse ist leer und es ist kalt hier draussen. Warum kommst du nicht hinein?"
"Ich... tut mir leid, Martin", stammelt Eva verlegen. "Ich wollte mich nicht verspäten, ich war nur gerade in Gedanken versunken."
Martin ist Evas Chef. Er ist sehr verständnisvoll und hat immer ein offenes Ohr für sie.
"Ich habe im Infobuch gelesen, dass Peter heute einen epileptischen Anfall hatte und weiss, wie sehr dich das immer mitnimmt. Komm doch bitte wieder herein. Wir können bei einer weiteren Tasse Kaffee in Ruhe darüber reden."
Eva seufzt.
"Oder ist noch etwas anderes vorgefallen?", hakt Martin nach. "Gab es ein Problem mit Amy?"
Amy ist eine Frau mit einer mittelschweren geistigen Behinderung und einem schwierigen Charakter. Eva versteht sich nicht immer gut mit ihr.
Nichts von all dem beschäftigt sie im Augenblick wirklich. Aber wenn sie mit Martin darüber redet, hat sie eine Ablenkung und kann sich beruflich weitere Strategien aneignen, sich emotional abzugrenzen. Früher oder später kommt ihr das in Bezug auf Mamoude wahrscheinlich auch zugute. Eva denkt an Leonies Worte, sich mental von Mamoude zu lösen, da sie ihn vermutlich nie wieder sehen wird und überlegt sich, ob Leonie recht hat.
Sie nickt: "Danke Martin. Amy hat auf den Anfall von Peter mit Panik reagiert. Als ich sie aus der Situation nehmen wollte..."
"Lass uns zuerst hineingehen, Eva", unterbricht sie Martin schmunzelnd. "Ich habe keine Jacke und wir haben Zeit, um das in Ruhe zu besprechen."
Nach ihrem Gespräch mit Martin fühlt Eva sich viel besser. Als sie das Gebäude verlässt, hält sie nach Mamoude Ausschau. Gerade will sie ihr Handy hervornehmen und ihn anrufen, aber da entdeckt sie ihn unweit auf einer Mauer sitzen.
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Zur Begrüssung umarmt er seine Freundin und flüstert ihr dabei etwas ins Ohr: "Chérie, wir haben keine Kondome mehr."
Eva verdreht die Augen und wird ungewollt rot.
"Nun, ich weiss nicht, wo man welche finden kann. Ich musste noch nie welche kaufen und es ist mir zu peinlich, das zu ändern", stellt sie klar.
Mamoude grinst Eva an, umfasst ihre Hüften und zieht sie an sich. sein Kopf liegt auf Höhe ihrer Brüste und er schmiegt seinen Kopf an sie.
"Aber ich habe dir am Telefon ja gesagt, dass ich noch einkaufen muss. Findet man die im normalen Laden?"
Mamoude zuckt mit den Schultern: "Keine Ahnung, ich denke nicht."
"Wo kaufst du sie normalerweise?"
"Gar nicht. Man kann sie aber in Automaten kaufen."
Die beiden entscheiden sich, in Richtung Bahnhof zu laufen und einen Automaten zu suchen. Allerdings sehen sie keinen.
"Wo kann man sie sonst noch kaufen?", fragt Eva. Sie vermeidet das Wort Kondom in der Öffentlichkeit. Auch wenn niemand in Hörweite ist, ist es ihr unangenehm.
"Sicherlich in der Apotheke."
"Also, wenn wir aus dem Zug aussteigen, läufst du zur Apotheke während ich die Einkäufe erledige. Was hättest du gerne zum Essen?"
"Ach, ich weiss nicht", druckst Mamoude herum. "Wir können doch zusammen aussuchen und anschliessend gemeinsam in die Apotheke gehen."
So, dass Mamoude es nicht sehen kann, rollt Eva mit den Augen. Dann dreht sie sich zu ihm um. Mit zusammengekniffenen Zähnen redet sie leise, beinahe flüsternd: "Okay. Ich will nicht mit dir zusammen Kondome kaufen gehen. Das ist mir unangenehm."
Oh mist, denkt Eva daraufhin. Hoffentlich ist das jetzt nicht falsch herausgekommen. Es liegt ja nicht an ihm, daran wie er aussieht, sondern nur an den Kondomen. Um es wiedergutzumachen müsste ich jetzt wohl trotzdem mitgehen.
Aber Mamoude fasst es nicht als beleidigend auf: "Eva, mir ist es auch unangenehm. Ich habe sie auch noch nie in einer Apotheke gekauft. Komm einfach mit und wir schaffen das gemeinsam."
Sie beschliessen, zuerst in die Apotheke zu gehen und danach die Einkäufe zu erledigen. So haben sie es eher hinter sich gebracht. Eva folgt Mamoude in die Apotheke, er sieht sich ratlos die Regale an und sie läuft ihm hinterher, bereits knallrot im Gesicht. Es ist für Eva, als hätte jemand für alle Kunden sichtbar mit rot auf ihre Stirn geschrieben, was sie hier vorhaben.
Schliesslich läuft Mamoude auf die Kasse zu und trifft einen männlichen Apotheker an.
"Entschuldigung. Können Sie mir sagen, wo ich Kondome finde?"
Ohne ein verstohlenes Grinsen oder einen prüfenden Blick nickt der Apotheker, kommt hinter der Kasse hervor und läuft zu dem Regal mit den Kondomen. Als hätte Mamoude nach Zahnpasta gefragt, schiesst es Eva durch den Kopf. Sie bleibt mit viel Abstand stehen, als der Apotheker Mamoude die verschiedenen Kondome zeigt. Aber Mamoude sucht Evas Blick und spricht sie dann laut an.
"Komm doch bitte her, Eva, ich bin mit der Auswahl überfordert."
Knallrot läuft sie zu ihrem Freund und kniet sich vor das Regal, damit die anderen Kunden sie nicht sehen können. Sie ist überzeugt, dass jeder Kunde weiss, wo sich das Regal mit den Kondomen befindet und nun über sie urteilt. Warum sollten sie das tun, spricht Eva in Gedanken mit sich selbst. Bin ich etwa die Einzige, die Sex hat? Sie sollten mich beim Anblick von Mamoude eher beneiden.
Dieser Gedanke bringt Eva zum lächeln, was sie verabscheut, da die Kunden mittlerweile annehmen müssen, dass sie mental bereits im Bett liegt und...
"Eva! welche nehme wir jetzt?", reisst Mamoude sie aus ihren Gedanken.
"Such die Günstigsten heraus. Sie werden ihren Zweck erfüllen."
Am liebsten würde Eva sofort aus der Apotheke und in den Laden rennen um die Einkäufe zu erledigen. Aber sie reisst sich zusammen und steht neben Mamoude, als er beim Apotheker bezahlt. Als die beiden endlich draussen stehen, prusten sie los. Eva hat die Kondome in ihre Tasche gesteckt und nun das Gefühl, sie muss durchsichtig sein. Jeder wird wissen, dass ich Kondome in der Tasche habe, denkt sie. Sie weiss aber, wie albern und kindisch ihre Gedanken sind und schiebt sie zur Seite.
Ende
Als Mamoude ihr erzählt, er möchte unbedingt wieder Spaghetti mit Pesto essen, stemmt Eva die Hände in die Hüften und bemüht sich lachend um einen strengen Gesichtsausdruck.
"Das hättest du mir vorhin nicht sagen können? Ich hätte nicht mit dir in die Apotheke kommen müssen!"
Mamoude kichert und möchte ihre Wange küssen. Eva weicht spielerisch aus. Aber Mamoude nimmt ihren Kopf in seine Hände und küsst sie sanft auf die Stirn.
"Ich liebe dich, Eva."
Eva lächelt. Sie glaubt nicht, dass er sie jemals auf die Stirn geküsst hat. Sie betreten den Laden und kommen vollbeladen bei der Kasse an.
TW: sexuelle Inhalte
Während Mamoude die Einkäufe auf das Band legt, entschuldigt sie sich bei ihm und rennt ein Stück weit den Gang hinunter. Sie entdeckt die Kondome auf Anhieb.
"Mamoude!", ruft sie. Als dieser sich umdreht, winkt sie ihm mit einer Packung Kondome zu. Mamoude sieht sie entgeistert an. Von ihrer Kühnheit erschrocken legt Eva die Kondome schnell wieder zurück. Sie kichert leise, als sie sich an Mamoude vorbeischlängelt um zu bezahlen.
"Wenn du das noch einmal tust!", raunt dieser ihr zu, als sie den Laden verlassen haben.
"Dann was?"
Eva hüpft glücklich vor Mamoude her. Er beugt sich zu ihr und spricht mit gefährlich klingendem Unterton: "Dann nehme ich dich so hart, wie du es noch nie erlebt hast."
Breit grinsend zuckt Eva mit den Schultern.
"Schade, dass wir schon draussen sind, ich hätte es sofort wieder getan."
Ende
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