Das Telefonat (Teil 2 Kapitel 9)
Ich kann nicht schlafen! Ich kann es einfach nicht!
Ich muss meine Mutter anrufen. Sie hatte mir gesagt, wenn etwas passiert kann ich sie jeder Zeit erreichen.
Sie wird vermutlich schlafen. Auch wenn sie ans Telefon gehen würde, würde sie mir kein Wort glauben.
Ich wälze mich nach links, sodass ich nun auf meinem Bauch liege und wühle in meinem Rucksack herum, auf der Suche nach meinem Handy. Als ich es endlich finde und aus dem Rucksack hervor ziehe, muss ich laut gähnen. Mein Handy verrät mir, dass es genau 2:32 ist.
Ich tippe auf das grüne Symbol, mit einem weißen Telefon in der Mitte, dann auf den Vorschlag „Mama anrufen" und die Nummer wird gewählt. Piip. Piiip. Ich zucke zusammen. Bin ich echt so schreckhaft? Auf einmal wird der Anruf verbunden.
„Bist du noch nicht im Bett, mein Schatz? Kannst du nicht schlafen?", höre ich die müde Stimme meiner Mutter sagen.
„Ist etwas passiert?", fügt sie etwas aufgeregter hinzu, ohne dass ich zu Wort kommen konnte.
„Ich habe beobachtet wie Dr. Mathias Sterntaler einer älteren Patientin irgendwelche Tabletten gegeben hat", platzt es aus mir heraus, jedoch kommt nur ein leises Flüstern in den Raum und wahrscheinlich auch durchs Telefon bei meiner Mutter an. Es könnte mich jemand hören. Mein Bruder nicht, der schläft, aber ansonsten könnte mich jeder Zeit jemand belauschen. Ach, was mache ich mir nur schon wieder für Gedanken.
„Und Dr. Mathias hat hier nie als Arzt gearbeitet, ich habe eine Dame am Empfang gefragt", sage ich nun lauter. Meine Hände zittern.
Ich lausche. Denn es wurde still. Auf Einmal beginnt meine Mutter zu lachen. Sie lacht mich aus. Sie lacht über mich. Sie kann mich wohl nicht ernst nehmen. Ihr Lachen, klingt wie grelle Schreie. Ich bekomme Kopfschmerzen und fühle mich immer unwohler.
Sie versucht sich wieder zu beruhigen und ihre Stimme wird ernster. „Geht es dir wirklich nicht gut?", fragt sie mich.
„Ich glaube es beginnt wieder. Du fängst wieder an, dir Dinge einzubilden. In einer anderen Welt zu leben. Die Welt deiner schrecklichen Fantasien."
Wie nett sie ist. Eine Traummutter. Solch eine hätte doch jeder gerne nicht war?
Ich weiß es nicht. Ich kenne nur sie. Ihre Art. Und dass ich mit dieser klarkommen muss. So wurde es mir beigebracht. Sie ist perfekt. Und ich nicht...
„Ich bilde mir das nicht ein", versuche ich mich zu wehren. „Ich..", ich werde von Geräuschen unterbrochen.
Ich höre wie meine Mutter eine Tür öffnet und mit meinem Vater spricht und ihn vermutlich weckt.
„Hör mal Schatz". „Hmmmmhhhh", brummt mein Vater. „Lilly hat sich eingebildet..."
Den Rest ihrer Worte blende ich aus. Ich will es nicht hören. Sie erzählt jedes Wort meinem Vater. Das geht immer so. Auch das kann und darf ich nicht vermeiden. Er bekommt alles mit. Manchmal möchte ich das gar nicht. Manche Themen sind zu privat. Ich sollte meinen Eltern lieber nichts mehr von mir und meinen Gedanken erzählen, sie machen sich eh nur über mich lustig, interpretieren es anders und erzählen ihre Version jedem weiter und ich kann nichts dagegen tun.
„Hör mal Lilly", das Handy wandert zu meinem Vater.
„Vielleicht wäre es besser, wenn du noch einen Tag bleibst, meinst du nicht? Die Ärzte sollten dich lieber noch einmal untersuchen.
Es freut mich dass du den Sterntaler wiedergetroffen hast. Ich denke nicht, dass er ein Krimineller ist. Er ist ein guter Arzt und das weißt du. Die Tabletten werden nichts schlimmes gewesen sein. Sicherlich geht es der Frau bald besser. Du hast aber auch immer deine eignen Gedanken und Sichten zu sowas. Du siehst das immer alles falsch und so negativ."
Eine Träne kullert über meine Wange. Nie glauben sie mir. Ich sehe immer alles falsch, wiederhole ich in meinem Kopf. Diese Worte schmerzen.
Eigentlich würde ich gerne schreien, dass es wahr ist was ich sage. Doch ich traue mich nicht, gegen das Wort meines Vaters zu widersprechen. „Das sehe ich genauso. Du denkst über die Dinge zu viel nach", stimmt meine Mutter zu.
Ich lege auf.
Ich kann es nicht mehr hören. Dieses Telefonat bringt mich zu keinem Ergebnis.
Tu dies nicht, tu das nicht. Du bist dumm.
Was noch? Und auch was nun? Denn was soll ich machen, wenn mir noch nicht mals meine Eltern glauben?
Dann wird mir die Polizei auch nicht vertrauen. Ich kann die Polizei generell noch nicht informieren.
Es stimmt. Ich bin mir nicht 100%ig sicher, ob er der Frau etwas angetan hat, ich weiß nur, dass er viel Geld verlangt hat.
Außerdem habe ich keine Beweise. Keine Fotos, keine Verpackung von den Tabletten, nicht mals irgendetwas, wo er seine Spuren richtig hinterlassen hat. Sollte ich vielleicht schauen wie es der Frau geht?
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