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Gelangweilt saß Lilian kurz nach Schulende auf einer Bank des Schulhofs und wartete auf Jimmy.
Sie hatte genug Zeit gehabt, um sich zu überlegen, wie sie mit der Situation umgehen würde, und hat sich sogar kurz dabei erwischt ihm zu vergeben.

Bei dem Gedanken daran, dass Jimmy jedoch unrein war und sich dadurch als ihr unwürdig bewiesen hatte kam die Wut zurück.
Sie liebte diesen Jungen wirklich mehr als alles andere und hätte sie Vergangenheit ungeschehen machen können, so hätte sie es direkt getan.

Lilian hatte nie vorgehabt die Sache jetzt so zu beenden, wie sie es beenden musste, doch Jimmy ließ ihr keine andere Wahl.
Endlich sah sie ihn um die Ecke kommen, die Haare durcheinander, ein kalter Blick, welcher ihre Augen traf.

Nichts in seinen Augen wurde weicher oder wärmer, wie es früher der Fall war.
Wie konnte Lilian eigentlich so blind gewesen sein und es nie gesehen haben?
,,Hey." Sagte er kurz angebunden, als er in seiner Tasche kramte, um den Autoschlüssel hervorzuholen.
Lilian atmete tief ein und vernahm den Geruch von billigem Parfüm.
Sie rümpfte die Nase und ihre Nackenhaare kräuselten sich.

Nicht nur einen schlechten Frauengeschmack schien er entwickelt zu haben, sondern auch noch einen Geruchverlust.
Anders konnte sie sich das wirklich nicht erklären und stieg schweigend auf den Beifahrersitz des Autos.
,,Wie geht's dir Schatz? Ist alles gut bei dir?" Fragte Jimmy überraschenderweise und legte seinen Arm um seine Freundin.
,,Ganz gut. Wie geht es dir?" Wollte Lilian wissen und ließ sich dabei nichts anmerken.
Er zuckte bloß mit den Schultern und brummte.
Das Mädchen wollte, das es ihm wehtat, also plante sie mit ihm Schluss zu machen an keiner anderen Stelle als dem Derry Diner.

Alle würden es mitbekommen und Jimmys guter Ruf wäre am Ende angelangt.
Jetzt wo sie sich auch nicht mehr um Beverly kümmern musste, war ihr klar, dass der Karton unter ihrem Bett bald Geschichte sein würde.
Welch Erleichterung, dacht sie und musste an ihre Mutter denken.

Nicht auszumalen was passiert wäre, hätte Stacy den Karton jemals gefunden.
,,Wollen wir heute Abend ausgehen?" Fragte Lilian und gab ihm einen Kuss auf die Wange, wobei sie versuchte so sehr zu strahlen, wie es nur ging.
Jimmy zögerte kurz ehe er sagte; ,,heute Abend ist etwas schlecht da muss ich meinen Eltern helfen." Was eine Lüge, dachte Lilian verbittert.

Jedes Mal, wenn Jimmy log bemerkte sie dies direkt an seiner angespannten Körperhaltung und daran, dass er keinen Augenkontakt mit ihr halten konnte.
Tja, er war halt ein Anfänger und leicht zu durchschauen fand Lilian und blickte ihn gespielt traurig an.
Jimmy seufzte, als er sie so sah, und raufte sich die Haare.
,,Okay wir gehen heute Abend aus. Wo möchtest du hin?" Er lächelte als Lilian freudig in die Hände klatschte und das Diner vorschlug.
,,Das ist echt dein Lieblingsort hier in diesem Kaff, nicht wahr?" Er lachte und streichelte ihr über die Wange, ehe er ihr einen innigen Kuss gab.

Jimmy hasste Derry mehr als alles andere, denn der Junge wollte groß rauskommen als Schauspieler, jedoch war Derry kein Platz für Stars, eher für Stümper und Träumer.
Lilian nickte und gab ihm noch einen Kuss.
Eine Idee kam Jimmy in den Kopf und er schaute ihr tief in die Augen.
,,Wie wäre es, wenn wir nach dem Diner noch in den Steinbruch fahren für etwas Zweisamkeit? Ich habe eine Überraschung für dich!" Erzählte der Junge aufgeregt und schaute sie an wie ein kleines Kind, was vor den Weihnachtsgeschenken saß.
Verwundert nickte Lilian.

Wollte sich Jimmy etwa mit einem Geschenk bei ihr entschuldigen und ihr beichten, was er getan hat, wobei er ihr ausführlich erklärte das sie die Beste war und keine andere Frau jemals an sie rankommen würde?
Lilian schien zu träumen, denn sie hatte gar nicht gemerkt wie Jimmy nun losfuhr und das Radio dabei ganz laut gestellt hatte.
Vielleicht war es Zeit für eine Änderung ihres Plans.
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Der Abend brach an und schick angezogen mit rotem Lippenstift auf den Lippen und einer kleinen schwarzen Handtasche stand Lilian jetzt auf der Veranda und wartete bis Jimmy kam, um sie abzuholen.
Sie wusste ganz genau das sie vermutlich zu schick angezogen war für das Diner, aber sie wollte bei der anstehenden Entschuldigung (es konnte ja nur eine Entschuldigung sein) absolut perfekt aussehen.
Ihre Haare wehten leicht im Wind, als sie den Motor des Autos hören konnte.

Jimmys Wagen war viel schöner als diese heruntergekommene Karre der Bowers Gang und nebenbei auch Jimmys größter Stolz.
,,Du siehst umwerfend aus." Sagte er und überreichte ihr einen Strauß Rosen.
Es war ein bunter Mix und Lilian nahm ihn dankend an.

Im Diner angekommen bestellten beide das, was sie immer bestellten, und Lilian trank ihren Milchshake, während sie Jimmy immer wieder musterte.
Er war wirklich wunderschön und schon hatte sie wieder alles vergessen, was er getan hatte.
Nach einer Entschuldigung könnte vielleicht ja alles wieder so werden wie früher, denn Lilian musste wieder daran denken das Sheila erzählt hatte, wie sie sich geküsst hatten und nichts mehr.

Jimmy erzählte ihr von seinem Tag und aß nebenbei sein Essen.
Dieses Mal hatte die Bedienung alles gebracht wie sie es wollten und nichts war irgendwie falsch angekommen.
,,Willst du noch eine Nachspeise bestellen?" Fragte Jimmy und drehte die Speisekarte in ihre Richtung.
,,So spendabel heute?" Lilian lachte und lehnte dann dankend ab.
,,Gut, dann bezahle ich und wir machen weiter im heutigen Plan." Meinte ihr Freund mit einem organisatorischen Ton in der Stimme, als wäre der Abend eine To-Do Liste und sie müssten alles abarbeiten.

Jimmy zahlte die Rechnung und hielt ihr die Tür auf wobei er Lilian ein Lächeln schenkte.
Beide saßen nun wieder im Auto und fuhren in Richtung Steinbruch, wo Jimmy an einer stillen und abgelegenen Ecke den Wagen zum Stehen brachte.
Er schaute Lilian an und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel.
,,Wir sind ja jetzt schon etwas länger zusammen, Lilian, und ich meinte ja ich hätte eine Überraschung für dich." Sagte der Junge leise und fing an ihren Oberschenkel zu streicheln.
Lilian nickte und blickte ihn erwartungsvoll an.

Er griff in Richtung seiner Hosentasche und sie dachte an einen Ring oder vielleicht ein anderes Schmuckstück, was er dort versteckte.
Aber statt in seine Tasche zu fassen, griff er bloß nach seinem T-Shirt und zog es über den Kopf.
Geschockt und fragend zu gleich starrte das Mädchen ihn an und begann nach und nach zu verstehen was hier abging.
Jimmy wollte auch ihr Oberteil ausziehen, jedoch zuckte Lilian zurück.

,,Komm schon Lilian meinst du nicht es wird langsam mal Zeit? Ich bin ein Mann und habe auch Bedürfnisse!" All die Wärme war wieder aus seinem Gesicht gewischt und nichts, als verlangen und Genervtheit war übriggeblieben.
,,Liebst du mich?" Fragte Lilian kalt und ihr Blick landete auf ihrer Handtasche, welche neben ihr lag.
,,Natürlich!" Sagte Jimmy laut und griff wieder nach ihr, doch Lilians Hand landete an ihrer Tasche und öffnete diese Vorsichtig.
,,Ah du hast mitgedacht." Der Junge lächelte verschmitzt und erwartete vermutlich ein Kondom oder ähnliches, was Lilian jedoch zum Vorschein brachte, ließ ihn erstarren.

,,Ich liebe dich über alles Jimmy, doch würdest du es auch tun, dann hättest du nichts mit Sheila angefangen. Ich dachte du wärst anders, der Vater meiner Kinder, jemand für den es Wert gewesen wäre zu töten!" Ihre Stimme war voll mit Wut und Jimmy wollte ängstlich etwas erwidern, aber nichts als wimmern kam aus seinem Mund.
,,Du bist meiner nicht würdig und warst es nie." Sagte Lilian monoton und starrte auf den Dolch in ihrer Hand, in welchem sich ihr eigenes Spiegelbild wieder spiegelte.
Ein hasserfülltes Mädchen welches ihre Rache wollte.
,,Ich hätte alles für dich getan, Jimmy Reynolds." Meinte sie fast schon etwas bedauernd, als sie Jimmy daran aufhielt aus dem Wagen zu laufen, indem sie schnell wie der Blitz die Türen abschloss.

,,Bitte Lilian, ich mache es auch nie wieder!" Sprach Jimmy jetzt mit zitternder Stimme und wollte sein T-Shirt wieder anziehen, aber Lilian verwehrte es ihm, indem sie ihn in einen tödlichen Kuss zog.
Jimmy schnappte nach Luft als der Dolch in Lilians Hand seine Brust durchbohrte und das Leben langsam aus ihm schwand.
,,Beverly." War das letzte, was über seine Lippen kam, ehe er zu schwach zum Reden war.
Lilian lachte und sagte; ,,Ja dieser Schlampe galt dieser Dolch, aber in dir sieht er besser aus."

Sie spürte sein Blut an ihrer Hand kleben und es war wie eine Befreiung all ihrer Sorgen.
Das, was sie am meisten verletzt hatte, war aus der Welt geschafft.
Sie schaute aus dem Fenster und wieder war es, als sehe sie jemanden im Gebüsch stehen und sie beobachten.

Dieses Mal war eh alles verloren, dachte sie und zog den Dolch aus Jimmys Brust.
Blut lief aus der Wunde auf den Sitz neben ihm von dem Lilian nun aufgestanden war und das Auto verließ.
,,Wenn du denkst ich weiß nicht das du da bist, dann bist du ziemlich dumm!" Schrie sie in die Dunkelheit.
Es war Vollmond und in seinem Licht stand sie nun.

Lilian Cooper mit verschmiertem rotem Lippenstift und einem blutigen Dolch in der Hand, welcher der Ex ihres betrügerischen Freunds galt.
,,Komm schon raus Hockstetter ich weiß da du das bist!" Ihre Stimme hatte etwas Kaltes in sich, was Patrick noch nie zuvor bei jemanden gehört hatte.
Langsam begann es in einem der Büsche zu knacken und Patrick trat auf die Lichtung in den Schein des Mondes, ein Lächeln auf den Lippen.

Er applaudierte, als er zu Jimmy ins Auto sah und dann zu Lilian.
,,Gratuliere, du hast mir also doch vertraut." Meinte Patrick anerkennend.
,,Nein ich habe auf mein Gefühl gehört." Entgegnete Lilian und begann damit das Auto von hinten anzuschieben, um es im Wasser des Steinbruchs zu versenken.
,,Was stehst du da so rum? Hilf mir!" Verlangte Lilian, denn jetzt wo Patrick bereits alles gesehen hatte, konnte er auch mit anpacken.

,,Hast du denn gar keine angst das ich die Polizei rufe?" Verlangte er zu wissen und Lilian lachte bloß.
,,Ich weiß, was du tust, Patrick." Sagte sie und schob weiter.
,,Ach ja? Was tue ich denn?" Patricks Stimme war verbunden mit Hohn, so als fühle er sich wie der sicherste Mensch der Welt das Lilian nichts gegen ihn in der Hand hatte.
,,Ich bitte dich. Denkst du, du bist der Einzige, der hier jemanden verfolgt? Glaubst du ich weiß nicht, woher die Narben an deinem Arm kommen? Sehen aus wie von Katzen. Es scheint fast so, als würde sich nicht jedes Tier ohne Wehr entführen lassen, nicht wahr?" Gegen Ende wurde ihre Stimme leiser, aber dafür eindringlicher und ihr Blick durchbohrte nun den von Patrick, als sie fortfuhr; ,,Ich weiß das du der jenige bist der all diese Tiere aus der Nachbarschaft verschwinden lässt. Was hat es sich auf sich mit diesem rostigen Kühlschrank? Ist das ein krankes Experiment deinerseits aus oder macht es dir einfach Spaß Tieren
leid zu zu fügen?" Lilian genoss ihren Triumph, denn Patrick stand nun Schweigen dort und wusste nicht, was er sagen sollte.

,,Ach übrigens danke für die Rose." Sagte Lilian und drehte sich wieder in Richtung des Wassers.
Patrick kam neben sie und half ihr den Wagen anzuschieben, bis er irgendwann von alleine in den Tiefen des Wassers verschwand.
Patrick schaute Lilian an und nahm jedes einzelne Detail ihrer Person wahr.
Die Locken, welche ihr wild über die Schultern fielen, die grünen Augen in den ein Schimmer Böses lag, ihre Lippen, welche mittlerweile trocken waren und ihre Nase.
Von vorne schmal, von der Seite ein kleiner Buckel.

,,Was?" Fragte Lilian ihn nun und wischte sich mit der schlanken Hand über den Mund.
Sie war durch und durch perfekt fand Patrick, als er fragte; ,,Wer bist du Lilian?"
Das Mädchen überlegte und gluckste.
,,Weißt du Patrick, manchmal sind die Leute viel zu sehr darauf fokussiert den Wolf zu suchen, dass sie gar keine Zeit mehr haben einen Blick auf die Schafe zu werfen." Sie griff nach seinem Gesicht und strich ihm eine Haarsträhne zur Seite, wobei Patrick die Kälte spürte, die von ihrer Hand ausging.

Sein ganzer Körper begann zu kribbeln und sein Bauch begann sich zu drehen.
Vorsichtig zog Lilian ihre Hand weg, um dann wortlos in der Dunkelheit der Nacht zu verschwinden.

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