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Am nächsten Tag saß Lilian gelangweilt im Biologie Unterricht und kritzelte in ihrem Block herum.
Wie immer war die bio Lehrerin Miss Mayfield viel zu spät und als sie endlich in Klasse lief, die Brille schief und ihre Haare völlig durcheinander, malte Lilian in aller Ruhe weiter.

Sie war eine der besten bio Schülerinnen und musste sich so keinerlei Sorgen um ihre Note machen.
Ganz im Gegenteil, lieber dachte sie über gestern Abend nach.
War es wirklich eine so gute Idee an einem Montag auf eine Party gehen, die zu allem Übel von einem Mitglied der Bowers Gang geschmissen wird?

Ihre Mutter könnte es trotz erhöhter Dosis Schlafmittel herausfinden und sie bestrafen.
Außerdem war es ja, wie bereits in ihrem Kopf dröhnend, eine Party bei Victor Criss.
Lilian mochte zwar den Gedanken daran, wie Jimmy sich vor allem als ihrer würdig beweisen würde, jedoch ist es auch etwas kindisch.

Generell konnte sie sich nicht ausmalen weshalb Henry ausgerechnet ein solches Problem mit ihrem Freund hatte, wo er doch einige Jahre älter als Henry war und auch deutlich größer.
,,Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte?" Meldete sich nun Miss Mayfield mit fast schon heiserer Stimme zu Wort und ließ ihren Blick durch die Reihen wandern.

Lilian guckte auf von ihrem Kunstwerk bestehend aus ihr und Jimmy, welche sich am Altar küssten, und schaute nun zur Lehrkraft.
,,Wie ihr wisst haben wir ja gerade erst unsere letze Arbeit für dieses Halbjahr geschrieben und so kurz vor den Ferien, die ja schon in einigen Wochen sind, dachte ich, wir könnten einmal etwas ganz besonderes machen." Sie lächelte überzeugt und holte ein Stück Kreide heraus um mit Großbuchstaben das Wort ,,Projekt" a die Tafel zu schreiben.
,,In den kommenden paar Tagen sollt ihr euch nach der Schule mit einem Partner zusammensetzten und ein Plakat erstellen, inwiefern wir die Biologie in unserem Alltag wiederfinden. Am Freitag stellen wir dann die Ergebnisse vor den anderen vor." Erklärte Miss Mayfield und hing einige Plakate auf, an denen die Schüler sich orientieren konnten.

Lilian atmete verächtlich laut auf.
Was ein dummes Thema, dachte sie, und schaute durch den Kurs auf der Suche nach einem potentiellen Partner.
Keiner von ihnen schien sonderlich begeistert.
Viel lieber wollten die Schüler Fotos oder Filme drehen, aber auf Plakate hatte wirklich niemand von ihnen sonderlich Lust.

,,Damit ihr euch bei der Partnerwahl nicht allzu viele Gedanken machen müsst, habe ich die Gruppen bereits zusammengestellt. Dabei habe ich natürlich die Wohnorte von euch allen berücksichtigt. Gut lasst uns beginnen. Sobald ich eure Namen gesagt habe, setzt euch bitte zusammen und sprecht schonmal über Ideen." Mit diesen Worten griff sie nach einer Liste aus ihrem Ordner und las alle Gruppen nacheinander vor.
Als nur noch sechs Schüler übrig waren stockte sie plötzlich.
,,Merkwürdig." Murmelte die Frau und starrte konzentriert auf den Zettel.
,,Ich kann mich nicht daran erinnern euch beiden zusammengepackt zu haben, aber wie dem auch sei. Patrick und Lilian, ihr seid eine Gruppe." Mit diesen Worten blickte Lilian durch den ganzen Raum, bis sie den Jungen schließlich sah.

In der letzen Reihe, zwischen Unordnung und den anderen Mitgliedern der Bowers Gang, saß Patrick Hockstetter und blickte ihr direkt in die Seele.
Einen Moment lang zögerte Lilian, doch sie sah ein das Patrick niemals aufstehen würde, um sich zu ihr zu setzen.
Sie bewegte ihren Stuhl und nahm vor ihm Platz.

Patrick kehrte seine Unordnung auf dem Tisch etwas beiseite, sodass sie ihre Mappe und ihr Etui hinlegen konnte.
,,Okay was stellst du dir unter dem Projekt vor?" Fragte sie und versuchte dabei den Augenkontakt mit Patrick zu halten, was ziemlich anstrengend werden konnte.

,,Ich weiß nicht, was willst du denn schreiben?" Fragte er frech und Lilian seufzte.
Sie würde wohl die Einzige sein, die sich an diesem Projekt beteiligen würde.
Den Rest der Stunde verbrachte Patrick damit sie anzustarren und immer dann, wenn Lilian ihn zurück ansah, wegzuschauen.

Als es klingelte, wollte sie aufstehen, doch Patrick hielt sie auf.
,,Wann treffe wir uns, um daran zu arbeiten?" Wollte er wissen und wirkte plötzlich ziemlich aufmerksam.
,,Morgen bei mir?" Schlug das Mädchen vor und er nickte bloß.

Lilian lief aus der Klasse und musste plötzlich daran denken, dass sie ihm ja gar keine Adresse gegeben hatte.
Egal, es war lang genug Zeit und wenn es Patrick auffallen würde, dann würde er sie eh noch einmal fragen.
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Der Schultag nahm schnell ein Ende und nun stand Lilian im Badezimmer vor dem Spiegel und kämmte sich die Haare.
Auf der Fahrt nach Hause hatte sie Jimmy noch einmal gefragt ob er sich sicher wäre, dass die Feier von Victor eine gute Idee sei, doch er blieb stur und meinte sie würden gehen und dass er sich so etwas von Bowers nicht bieten lassen wollte.

Lilians Mutter war vor einer guten halben Stunde ins Bett gegangen und war kein Störfaktor mehr für sie.
Etwas Schminke und die rot lackierten Nägel in den Taschen ihres Jeansrock, stand sie jetzt fertig zum Aufbruch auf der Veranda, und warf einen Blick auf die Straße, auf der Jimmy schließlich mit einem Affenzahn kurz vor der Einfahrt mit einer Vollbremsung Halt machte.

Seine Haare sahen schmierig aus, und das weiße Hemd in der Hose wirkte auf Lilian eher als wolle er auf einer schicki micki Gala imponieren.
,,Wie siehst du denn aus?" Sie lachte und fiel ihrem Traummann in die Arme.
,,Präsentabel. Und jetzt Steig ein." Grob löste er sich von dem Mädchen und knallte die Autotür hinter sich zu.

,,Ist alles gut bei dir?" Fragte Lilian besorgt und wollte ihm eine der gegeelten Strähnen aus dem Gesicht streichen, doch der Fahrer wimmelte sie ab.
,,Ja alles bestens." Meinte er kurz angebunden und startete den Motor, um mit vollem Tempo vor Victors Haus zu landen.
Schwarze Bremsspuren waren auf der Straße zu sehen, und genauso grob wie er die Tür hinter sich zugeschlagen hatte auf der Hinfahrt, so riss er sie nun grob auf.

Etwas stimmte mit Jimmy nicht, doch er würde Lilian nicht sagen, was es ist.
Das spürte sie, denn seine Blicke waren kalt und er schenkte ihr keinerlei Aufmerksamkeit.
Nicht einmal, als beide völlig mit der Tür ins Haus fielen.

Jimmy stand mitten im Flur und blickte durch die Menge, welche sich im Wohnzimmer aufhielt.
Es waren bloß ein paar Mädchen aus Lilians Stufe und ein paar mehr Jungen.
Abgesehen von den bekannten Gesichtern der Bowers Gang und zwei Footballspielern erkannte das Mädchen niemanden.

Kein Wunder, dachte sie, es war schließlich eine Party von Victor Criss.
Die unbekannten waren vermutlich Verwandtschaft seinerseits.
,,Ah ihr seid ja doch gekommen!" Bowers stand auf, um sie mit geöffneten Armen zu empfangen.
Er lächelte Lilian schmierig zu und umarmte Jimmy so fest, dass man seinen Rücken knacken hören konnte.
,,Willst du lange reden oder zum Punkt kommen?" Fragte Jimmy genervt und schnappte sich ein Bier von der Arbeitsplatte.

Victor Criss hatte eins dieser coolen Häuser, wo die Küche offen war und direkt mit dem Wohnzimmer verbunden ist.
,,Oho, doch so kampfbereit?" Henry lachte und tat es Jimmy gleich.
Lilian fand diesen Anblick lächerlich, wie beide wie Barbaren vom Alkohol geleitet aufeinander losgehen wollten.
,,Was stehst du da so rum?" Wollte Victor plötzlich an Lilian gerichtet wissen, und deutete auf eine freie Stelle zwischen ihm und Belch.
Zögernd nahm sie platz und so gleich drückte ihr Belch eine Flasche Bier in die Hand.
,,Mit nüchtern bleiben ist hier nichts." Raunte er ihr zu, sein Atem nach Alkohol stinkend.

Lilian nahm einen Schluck vom Bier und verzog direkt das Gesicht.
Alkohol konnte das Mädchen noch nie wirklich viel ab.
Zwar hatte sie schon einige Male getrunken, freiwillig oder nicht, doch dieses Bier war mit Abstand das ekligste, was ihr je zwischen die Lippen kam.
,,Schaut sie euch an! Cooper verträgt nichts!" Victor prustete und zeigte auf sie.
Nun lachte die ganze Clique und Lilian fühlte sich gedemütigt.

Ein Blick auf ihren Freund, und sie wusste das er sich sowieso gerade nicht für sie interessierte.
Aus Provokation nahm sie einen extra großen Schluck aus der Flasche, dann noch einen und schließlich wieder einen.

Das ging von Flasche zu Flasche so weiter, bis sie schon halb auf dem Schoß eines fremden Typen hing.
Patrick, welcher vor einiger Zeit dazu gekommen war, nahm ihr nun die Flasche weg, die sie gerade angefangen hatte.
,,Hey was soll das, das ist mein Bier!" Hechelte das Mädchen und hustete.
,,Hat sie nicht genug getrunken?" Verlangte Patrick kalt zu wissen und knallte die Flasche auf den Wohnzimmertisch.
,,Jo entspann dich Alter. Sie schläft sich wieder nüchtern, guck?" Sprach Belch und deutete auf Lilian die nun schlief, den Kopf auf dem Schoß des Fremden.

Es stand fest das Henry den Kampf gewonnen hatte, denn jetzt setze er sich auch aufs Sofa und wollte seinen Erfolg feiern.
,,Und was habe ich gesagt? Dieser Idiot ist nichts gegen mich. Siehst du Lilian, dein werter Freund kann sich nichtmal gegen einen kleineren wehren!" Triumphierend machte sich Bowers eine Zigarette an und stellte enttäuscht fest das seine neue Beute schlief.
,,Wo ist Reynolds?" Patricks Augen wanderten durch den ganzen Raum und selbst in Richtung Gäste WC, doch sein Blick traf ihn nicht.
,,Kein Plan." Victor zuckte unwissend mit den Schultern und warf Patrick ein Bier zu, doch dieser stellte es bloß neben sich.

Angestrengt zählte er alle anwesenden und machte Halt an einer freien Stelle des Sofas.
,,Sheila." Zischte er und wiederholte sich.
,,Sheila. Wo ist sie?" Henry verdrehte die Augen und schnaubte; ,,wen interessiert das Flittchen Sheila, wenn der Hauptgewinn hier unten liegt und schläft?" Sein hungriger Blick wanderte zu Lilian die immer noch in der Traumwelt war.
,,Ich glaube die ist auf Klo." Meinte Belch und zeigte die Treppe nach oben.
Leise schlich sich Patrick ins Erdgeschoss und legte dabei besonders Wert darauf keinen Mucks von sich zu geben.

Und tatsächlich, Sheila schien auf der Toilette des Hauses zu sein, jedoch nicht allein.
Patrick hörte das Mädchen laut atmen und kichern, währenddessen sie mit niemand anderem rummachte als Jimmy Reynolds.
Die beiden schienen sich regelrecht zu verschlingen und Patricks Fäuste ballten sich.
Lilian hatte etwas Besseres verdient.
Hockstetter wusste es sich nicht zu erklären, doch seitdem sie diese Begegnung im Gang hatten, hatte er sie nicht mehr aus den Augen lassen können.

Etwas an ihr zog ihn an.
Vielleicht lag es an diesem Blickkontakt, den sie im Diner hatten, denn eigentlich wollte er ihr nicht mehr nachlaufen.
Patrick mochte diesen Drang in ihm nicht, sich für sie zu interessieren.
Er versuchte alles um dagegen anzukämpfen, doch von Minute zu Minute wurde er unbezwingbar.
Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Patrick klein wie ein Ritter ohne Schwert, der vor einem großen Drachen steht.

Jimmy Reynolds, er war dieser Drache, ihre Schwäche, dass einzige was sie von ihm trennte.
,,Was ist mit Lilian?" Hörte er plötzlich Sheilas Stimme fragend.
,,Was soll mit ihr sein? Ich hatte eh vor sie zu verlassen. Lilian hat keine Chance gegen deine hammer Kurven." Er begann wieder damit ihren Hals zu küssen.
Patrick malte sich aus, in wie vielen verschiedenen Varianten er diesen Lilian unwürdigen Typen aus der Welt schaffen konnte.
Aber alles nacheinander, denn zunächst musste er Lilian von hier wegschaffen.

Genauso leise wie er gekommen war, ging Patrick wieder nach unten und fragte Belch ob er sein Auto ausleihen könnte.
Erst sträubte sich der Junge, stimmte aber letztendlich mürrisch zu.
Behutsamer als es in seiner Natur lag, hob Patrick Lilian auf den Arm und wollte gerade das Haus verlassen, als sich Henry ihm plötzlich in den Weg stellte.
,,Wohin willst du denn jetzt mit meinem Hauptgewinn, Hockstetter?" Fragte er ihn, wobei seine Alkoholfahne deutlich zu riechen war.
,,Ich bringe sie kurz nach Hause." Antwortete er kurz, aber Bowers lies einfach nicht locker.

Der Junge packte ihn am Arm, wobei Lilian fast auf den Boden gefallen wäre.
,,Ich bin noch nicht fertig mit ihr." Knurrte Henry und sein und Patricks Blicke bohrten sich ineinander.
,,Uhh jetzt gibt es Ärger." Sagte ein Junge im Hintergrund und Victor verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
,,Willst du wirklich Stress mit der Polizei bekommen, wenn du ihr was antust?" Patrick sprach ruhig und brach dabei nicht einmal den Augenkontakt zu seinem Gegenüber.
,,Polizei? Mach dich nicht lächerlich." Fauchte Henry und griff erneut nach Patrick, doch mit einem lauten klatschen verpasste dieser Henry einen Schlag direkt auf die Wange.

Geschockt starrte dieser Patrick an.
Niemals hätte Henry erwartet das Patrick die Hand gegenüber ihm heben würde.
Er nutze die Gelegenheit, um aus dem Haus zu verschwinden.
Der Junge legte Lilian auf die Rückbank und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.
Selbst setzte sich Patrick hinter das Steuer und fuhr zu Lilian nach Hause.

Er kannte die Adresse bereits von seinen anderen Ausflügen hier her.
Patrick fand den Schlüssel in ihrer Rocktasche und schloss die Tür leise auf.
Der Junge brachte sie in ihr Zimmer und legte sie auf ihrem Bett ab.

Lilian schlief tief, und auch ihre Eltern schienen zu schlafen stellte er fest, denn Patrick vernahm lautes Schnarchen aus dem Schlafzimmer.
Er konnte es sich nicht nehmen lassen Lilians Zimmer zu untersuchen und schaute sich alles gründlich an, wobei ihm die rote Rose ins Auge stoch, welche in einem Glas auf ihrem Schreibtisch stand.
Er musste über beide Ohren grinsen.
Tja, Jimmys Rose hatte es nicht so weit geschafft wie seine.

Hasserfüllt erblickte er das Bild von Jimmy und Lilian das in ihrem Zimmer hing.
Er entschied sich zu gehen und warf Lilian einen letzen Blick zu.
Als Patrick wieder draußen angekommen war, und nun erneut versuchte sie zu sehen durch ihr Fenster durch, wurde dem Jungen eins bewusst.
Jimmy würde bluten für das, was er getan hatte.

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