11
In dieser Nacht schlief Lilian sehr schlecht.
Immer wieder quälten sie merkwürdige Träume von finsteren Gestalten oder sie hörte unheimliche Geräusche, die sie verfolgten.
Schweißgebadet und schwer atmend wachte sie schließlich mitten in der Nacht auf, eine winselnde Lilith neben ihr.
,,Alles gut meine Kleine, ich schlafe nur sehr schlecht im Moment." Sagte sie und streichelte der Hündin über den Kopf.
Das Treffen mit Patrick war bereits vor Stunden geendet und gegen Ende kam es ihr vor, als wäre alles ein großer Fehler gewesen.
Der Teufel musste es gewesen sein, der sie versucht hatte zu verführen, und nun lag es an ihr, ob sie diese Verführung verfolgen würde.
,,Der Teufel?" Fragte sie sich selbst laut als sie aus ihrem Fenster in die Dunkelheit blickte.
Es war eine ruhige Nacht ohne grellen Mondschein oder Flugzeuge.
Sie musste lachen und schüttelte energisch den Kopf.
Gott hatte sie lange verlassen, also warum sollte der Teufel Interesse an ihr haben?
Anstatt für ihre Sünden Buße zu tun, begann sie bloß noch mehr.
Der Herr wäre bestimmt enttäuscht, wenn er sie so sehen konnte.
Was sollte das überhaupt? Ging es ihr durch den Kopf, als sie über alles nachdachte, as sie zu ihm gesagt hatte am Steinbruch.
Vielleicht bin ich auch echt, dachte sie und musste erneut lachen.
Was hatte das zu bedeuten und warum war es ihm so wichtig?
Lilian wusste es nicht und genauso wenig wusste sie, warum dies so war, wie sie sich fühlte.
Echt sein.
Bedeutet das die einzig echte Person auf der Erde zu sein, oder bloß dies mit Patrick zu teilen.
,,Ach lieber Gott..." Murmelte Lilian und blickte an ihre Decke, so, als seie sie das Paradies, zu dem sie aufschaute.
,,Mach das alles wieder gut wird und ich endlich befreit werde." Die Worte verließen ihren Mund wie eine verzweifelte Bitte, doch klangen mehr wie ein Befehl.
Doch würde Gott ihr helfen?
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Nach einer kalten Dusche am Morgen, Lilian war extra früher aufgewacht, gab sie Lilith ihr Futter und stellte ihr eine neue Schale Wasser hin.
Sie seufzte beim Gedanken daran, dass sie gleich zur Schule musste und dazu gezwungen war Patrick wieder zu sehen.
Ein Blick in den Spiegel hatte ihr verraten, dass ihre aufgerissene Lippe schlimmer aussah als gedacht.
Nichts half und so entschloss sie sich schließlich dazu das Haus zu verlassen noch währenddessen ihre Mutter schlief.
Man könnte sich überall verletzten in der Schule und es wäre ein leichtes Spiel dies zu erklären, wenn sie erst einmal wieder zurück gekommen war aus der Schule.
Leise schloss das Mädchen die Haustür hinter sich und zuckte völlig zusammen, als sie plötzlich ein lautes Hupen hinter sich hörte.
Lilian fuhr herum und sah die Bowers Gang, welche dort stand und auf sie wartete.
Belchs genervter Blick durchbohrte sie, als Henry aus dem Auto stieg, um Lilian zu umarmen.
,,Hey hübsche." Flüsterte er ihr ins Ohr, als er sie umarmte, und Lilian bekam Gänsehaut am ganzen Körper.
Henrys Berührung war unangenehm und sie blickte sich helfend nach Patrick um, doch dieser war nicht im Auto.
Victor saß alleine auf der Rückbank und als Henry meinte sie solle einsteigen, wollte sie sich erst zu Victor setzten, jedoch hielt sie Henry auf.
,,Nicht so bescheiden. Du sitzt natürlich bei mir." Er zwinkerte ihr zu und Lilian wurde spei übel.
Wie konnte man bloß so schmierig sein?
,,Was hast du denn an deiner Lippe gemacht?" Fragte Henry und runzelte leicht die Stirn, als Lilian auf seinem Schoß platznahm und dabei versuchte so weit weg wie möglich von seinen privaten Zonen zu sitzen.
,,Ich hatte einen kleinen Unfall in der Dusche, weißt du? Ich bin einfach weggerutscht und habe mir die Lippe an der Kante aufgestoßen. Tut aber nicht sehr weh." Log sie und Henry schien ihr zu glauben.
Kein Wunder, dachte sie sich, denn jetzt umklammerte der Junge ihre Brust und erklärte sich damit, dass ihr ja sonst etwas passieren konnte.
Das stimmte zwar, aber Lilian wusste ganz genau, was seine Intentionen dahinter waren.
An der Schule angekommen blickten schon ein paar Schüler verständnislos in ihre Richtung, als sie sahen, wie Lilian dort auf Henry saß und nun Seite an Seite mit der Bowers Gang ins Schulgebäude ging.
Das war die Art von Aufmerksamkeit, die sie damals auch mit Jimmy bekommen hatte, kurz bevor er seinen Abschluss gemacht hatte.
Jeder – alle von ihnen hatte den beiden früher eifersüchtige Blicke zugeworfen und Lilian hatte sich gefühlt, als hätte sie alles im Leben erreicht.
Dieses Gefühl hatte sie mit Henry nicht.
Ganz im Gegenteil, denn sie wollte einfach weg von ihm und nicht mehr in seiner Nähe sein.
Sie verspürte eine solche Abneigung, dass sie kurz davor war sich einfach loszureißen und wieder wegzulaufen.
Wo war Patrick nur?
War er krank, oder würde er zu Fuß kommen?
,,Ist Patrick krank?" Schoss es aus ihr heraus und sie wollte sich am liebsten selbst für diese dumme Frage ohrfeigen.
Wieso nur fragst du so einen Unsinn, Lilian? Ging es ihr durch den Kopf.
Es würde so doch bloß viel auffälliger sein das sie sich für ihn interessierte.
,,Weiß nicht." Murrte Henry und riss sie zu sich, um das Mädchen zu küssen.
Wusste er es wirklich nicht?
Der Kuss war kurz, fühlte sich aber wie Stunden an.
Als es endlich zur ersten Stunde klingelte, floh sie regelrecht in den Klassenraum und ließ sich auf den nächstbesten Platz fallen.
Französisch – ein lästiges Fach, von dem sie nicht wusste, weswegen sie es gewählt hatte, aber glücklicherweise eine gute Art, um zu entkommen.
,,Alles in Ordnung?" Fragte sie das Mädchen, welches neben Lilian saß und erst jetzt erkannte sie neben wen sie sich gesetzt hatte.
Beverly Marsh.
Trotz Jimmys ableben kochte immer noch Wut in ihr, als wäre er noch da und würde ihr unter die Nase reiben das Beverly besser war als sie.
Und ja es stimmte, Beverly Marsh war durchaus eine Erscheinung, aber war sie deswegen besser als Lilian?
,,ja." Meinte sie schließlich und versuchte sich den Hass nicht anmerken zu lassen.
,,Ich habe gehört du bist jetzt mit Henry zusammen. Das hat er zumindest einigen erzählt und ich habe mich gefragt ob das wirklich stimmt. Du musst wissen das ich Gerüchte hasse." Beverly hielt Blickkontakt mit ihr und Lilian beschloss ihre Wut und ihren Hass für einen Moment lang herunterzuschlucken.
,,Ja das stimmt." Antwortete sie und beobachtete Beverlys Gesichtsausdruck.
Es war eine Mischung aus Ekel und Mitleid.
Vielleicht würde sie jetzt die Klappe halten und nichts mehr mit Lilian zutun haben wollen, doch stattdessen wurden Beverlys Augen bloß trauriger als sie sagte; ,,pass auf dich auf."
,,Was meinst du?" Lilian runzelte die Stirn und wollte eine Antwort, aber Beverly meinte nur dass sie es verstehen würde.
Jetzt sprach sie auch noch in Rätseln.
Wunderbar.
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Die nächsten Stunden und Pausen bestanden für das Mädchen eigentlich nur noch aus Langeweile und dem Versuch, ja nicht erwischt zu werden von Henry oder einem anderen Mitglied der Bowers Gang.
Das war tatsächlich einfacher als gedacht, da die Bowers Gang offenbar viel mehr damit beschäftigt war Schüler fertig zu machen, als damit sie zu finden (falls sie überhaupt nach ihr suchten)
Beverlys Aussage ging ihr dennoch nicht aus dem Kopf und so kam es, dass Lilian seelenruhig in der mensa Pause in der Kantine saß und aß, als Greta und ihre Freundinnen plötzlich reinstürzten und mitten auf sie zu liefen.
,,Ich wusste es!" Schrie Greta durch die halbe Kantine und Lilian verschluckte sich fast an ihrem Wasser, als das Mädchen ein zerknittertes Poster auf den Tisch knallte.
,,Melanie ist verschwunden und du bist schuld!" Gebannt starrte Lilian auf das Poster und tatsächlich – es war Melanie.
,,Warum sollte das meine Schuld sein?" Fragte Lilian mit zittriger Stimme und konnte ihren Blick gar nicht mehr von dem Poster lösen.
Sie konnte es nicht fassen das ihre einzige Freundin nun verschwunden war.
Vielleicht hatte sie dafür gesorgt das Jimmy von der Bildfläche verschwindet, aber Melanie?
Niemals würde sie so etwas tun.
,,Erst verschwindet Jimmy und dann Melanie. Du musst etwas damit zutun haben!" Greta war laut und nicht aufzuhalten in ihren redeflow, in welchem sie Lilian hunderte von Dingen an den Kopf warf und ihr das Verschwinden von beiden unterstellte.
Mittlerweile kam der Mord an ihrem Ex Freund dem Mädchen vor wie ein Fiebertraum.
Wie konnte sie gedacht haben das niemand eins und eins zusammenzählen kann?
Aber dennoch musste es ein Geheimnis bleiben und sie durfte sich nicht auffällig verhalten.
Stattdessen drückte Lilian ziemlich auf die Tränendrüse und ließ die Tränen nur so fließen.
Greta war sichtlich überfordert und auch Marcia und Charlie, die neben ihr standen, wussten sich nicht zu helfen.
,,Was ist hier los?!" Wollte Henry nun wissen, der soeben mit Belch, Victor und Patrick im Schlepptau in die Kantine kam.
Alle anderen Schüler waren mittlerweile ruhig als wäre es Nachtruhe und beobachteten das Geschehen gespannt.
,,Melanie ist verschwundenen und sie steckt dahinter." Sagte Greta giftig und deutete auf die immer noch weinende Lilian.
,,Red keine Scheiße wieso sollte sie das tun?" Henry kam ihr bedrohlich nah und schnaubte verächtlich.
,,Sie hat auch Jimmy getötet, also pass auf mit wem du in einem Bett schläfst." Zischte Greta und bereute es sofort als ihr in den Sinn kam mit wem sie gesprochen hatte.
,,Wie war das?" Knurrte Henry und ballte seine Fäuste zu Bällen.
,,Nichts." Murmelte Greta eingeschüchtert und blickte kleinlaut zu Boden.
,,Das ist auch besser so." Sauer blickte Henry zu Victor rüber ehe er sagte; ,,pass besser auf deine Bitch auf,Victor. Er soll meiner nicht zu nah kommen!"
Henry riss Lilian an sich heran und Patrick verfolgte dies mit einem eiskalten Blick.
,,Deine Bitch?" Er lachte, als wäre dies der beste Witz des Jahres.
,,Ja, Problem damit?" In Henrys Stimme lag Triumph und Kampflust zugleich.
,,Seit wann das?" Fragte Patrick provozierend, denn er löste seinen Blick nicht einmal von Lilian.
,,Gestern." Meinte Henry stolz und ließ gar nicht mehr von dem Mädchen ab.
Diese schluckte, als sie den Hauch von Emotion in Patricks Gesicht sehen konnte.
Er war verletzt.
Lilian erinnerte sich wieder an ihr Gespräch und damit auch an den Kuss.
War das etwas Ernstes für ihn gewesen?
Und die viel wichtigere Frage; War es das für sie?
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