🦋Kapitel 49🦋
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Leise vor mich hin summend laufe ich über die Wiese der Apfelplantage meiner Eltern und genieße die warmen Sonnenstrahlen, die die Herbstsonne uns vom Himmel schickt. Es weht dazu ein leichter Wind, der meine Haare herumfliegen und mein Kleid, das ich trage, um meine Beine tanzen lässt. Zudem läuft mit einiger Entfernung Nuala vor mir her. Ich habe sie nach einer Woche, in der sie bei Chris und Ben war, zu mir geholt. Leider hat sie ihr Herrchen so sehr vermisst, dass sie nichts mehr gefressen hat, und somit war das die beste Lösung für sie. Chris hat Matt darüber informiert, und auch er war damit einverstanden. Allerdings habe ich auch weiterhin keinen Kontakt zu ihm. Wenn er Fragen wegen Nuala hat, kontaktiert er nach wie vor Chris deshalb. Nach der ganzen Sache mit Matt habe ich gleichzeitig alle Zelte in Dublin abgebrochen und bin zu meinen Eltern gefahren. Es steckt doch ein Funken Ironie dahinter, dass ich, als die Sache mit Sean mir zu viel wurde, nach Dublin geflohen bin und nun, wo die Sache mit Matt ist, ich wieder hier bin. Ich wollte einfach nicht alleine sein, auch wenn Ben und Chris meinten, ich könnte zu ihnen ziehen, aber das ist etwas völlig anderes. Ich brauchte Abstand von allem und wollte meine Eltern und vor allem meine Mutter um mich haben, mit der ich reden kann. Diese stecken aber mit ihren Helfern gerade mitten in der Apfelernte, und deshalb bin ich mit meinen kreisenden Gedanken wegen dem, was vorgefallen ist, oft alleine. Da mein Psychologe in Dublin ist, kann ich auch nicht mit ihm darüber reden und hier warte ich vergeblich auf einen Termin bei einem neuen. Aber das klappt hoffentlich bald und ich kann mir endlich meine Sorgen und Ängste von der Seele reden.
Die Sache mit Matt vor etwas über drei Monaten kommt mir noch immer so unwirklich vor, und ich vermisse ihn noch immer sehr. Vor allem seit ich sein Kind unter meinem Herzen trage. Nachdem der Test positiv war, bin ich direkt zu Ben, um es ihm zu sagen. Dieser war zugleich erleichtert, dass es nichts Schlimmes war, aber auch irgendwie etwas geschockt, weil ich tatsächlich schwanger bin. Als mir dann auch der Arzt beim Termin am nächsten Tag sagte, dass ich wohl schon in der sechsten Woche bin, da man die zwei Wochen vor dem Eisprung dazuzählt, da war mir klar, dass es wohl wirklich zu der Zeit, die Ben schon vermutet hatte, passiert sein muss. Völlig aufgelöst bin ich an diesem Abend zu mir nach Hause gegangen, wo mir dann im Hausflur Mrs Nolan begegnet ist. Sie hat mir natürlich direkt angesehen, dass etwas mit mir nicht stimmt, und ich habe endlich ihre Einladung zum Tee angenommen. Dort ist dann alles aus mir herausgebrochen und ich habe ihr unter Tränen erzählt, was vorgefallen ist und dass ich schwanger bin. Als sie dann meinte, dass Matt es unbedingt erfahren sollte, dass er Vater wird, da habe ich für mich selbst entschieden, dass ich es ihm nicht sagen werde. Ich möchte nicht ihm und seinem Glück in New York im Wege stehen. Auch wenn er nicht gerade glücklich bei unserem letzten Treffen gewirkt hat. Aber das ist nicht mehr mein Problem, das muss ich mir noch immer öfters einreden, und es klappt dann auch oft für eine Weile, damit ich nicht ständig an ihn denken muss. Und das Ganze zermürbt mich. Aber ich muss stark sein, stark für mich und für unser, für mein Baby, für das ich mich nach dem ersten Schock auch ganz klar entschieden habe. Wie zur Bestätigung spüre ich eine leichte Bewegung in meinem Bauch und streichle lächelnd darüber. Seit ungefähr zwei Monaten bewegt es sich nun schon, und ich wünschte so sehr, Matt wäre hier und könnte das zusammen mit mir erleben. Aber das wird nie passieren und er wird es nie erfahren.
Völlig in Gedanken bemerke ich nicht, dass sich mir auf einmal jemand von hinten nähert.
»Ah, hier bist du«, spricht mich dieser jemand an, und ich erkenne aufgrund der Stimme direkt, dass es Ben ist. Lächelnd drehe ich mich zu ihm um, gehe auf ihn zu und drücke ihn sanft an mich.
»Was machst du denn schon hier? Ich dachte, ihr kommt erst heute Abend«, frage ich ihn und löse mich wieder von ihm.
Er mustert mich von oben bis unten. »Das stimmt, aber ich wollte unbedingt dich und vor allem mein Patenkind so schnell wie möglich wiedersehen. Auch wenn es noch in deinem Bauch ist. Cat, du siehst fantastisch aus.«
»Danke, ja, mir geht es so weit auch ganz gut. Es war definitiv eine gute Idee, hierherzukommen. Auch wenn ich Dublin, Chris und vor allem dich sehr vermisse. Aber ich konnte, nachdem diese ganze Sache passiert ist, nicht mehr dort bleiben. Wo ist Chris eigentlich?«, frage ich ihn direkt und schaue hinter ihn, doch entdecke ihn nicht.
Ben deutet zu seinem Elternhaus, das man von dort, wo wir stehen, gut sehen kann. »Der lässt sich gerade von meiner Mutter mit Schoko-Muffins verwöhnen«, entgegnet der lachend.
Ich stimme mit ein. »Warum wundert mich das nur nicht?«
Auf einmal bewegt sich mein Baby wieder in meinem Bauch, ich lege meine Hand darauf und ich höre prompt auf zu lachen. Ben bemerkt das und schaut mich an. »Cat, ist alles ok, du schaust so seltsam.«
»Ja, das ist es, komme mal her und gebe mir deine rechte Hand«, flüstere ich und hebe ihm meine freie Hand entgegen. Er tut wie ihm geheißen, und als ich seine Hand auf meinen Bauch lege und er die Bewegungen ebenfalls spürt, erhellt sich sein Gesicht und er beginnt von einem Ohr zum anderen zu grinsen.
»Oh wow, Cat, das ist so ein schönes Gefühl, es zu spüren«, flüstert er und beginnt zu blinzeln. Dabei sehe ich, dass seine Augen vor Rührung feucht sind. Er streichelt noch einmal sanft über meinen Bauch, ehe er seine Hand wieder von mir löst.
»Komm, lass uns wieder zurückgehen, mein kleiner Bauchzwerg und ich haben so langsam etwas Hunger«, wispere ich lächelnd, hake mich bei ihm unter, und gemeinsam gehen wir mit Nuala, die Ben mittlerweile auch bemerkt hat und die sich gerade von ihm hat streicheln lassen, zum Haus meiner Eltern zurück.
In der Küche hole ich mir ein Stück Apfelkuchen und reiche Ben auch eins, zudem noch Apfelsaft und Wasser, und gemeinsam setzen wir uns damit auf die Terrasse.
Als wir so dasitzen, unseren Kuchen und unsere Apfelschorle genießen, da schaut mich Ben immer wieder verstohlen über dem Rand seines Glases von der Seite an.
»Also wenn du mich weiter so anschaust, dann kannst du irgendwann durch mich hindurchschauen. Was ist los, Ben? Dir liegt doch irgendetwas auf dem Herzen. Das ist doch mit Sicherheit auch der Grund, warum du schon früher hier bist, oder?«, frage ich ihn schließlich, weil mich sein komischer Blick mittlerweile etwas nervt.
Er stellt sein Glas ab. »Ja, das stimmt. Es gibt da etwas, das du wissen solltest, und bevor du es von jemand anderen erfährst, sage ich es dir lieber.«
Ich höre prompt auf zu essen. »Ben, du machst mir Angst. Ist es etwas Schlimmes? Na los, sag schon«, fordere ich ihn auf, endlich mit der Sprache herauszurücken.
»Na ja, schlimm kann man es nicht nennen. Es wird eher ein kleiner Schock sein. Vor allem für dich«, antwortet er und malt mit seinem Zeige- und Mittelfinger bei dem Wort „Schock" Gänsefüßchen in die Luft.
Entsetzt schaue ich ihn an. »Was ist mit Chris und dir? Trennt ihr euch etwa?«, frage ich direkt, weil ich weiß, dass die beiden in der letzten Zeit nicht so viel Zeit füreinander hatten, da Ben momentan eine Weiterbildung für Natur-Fotografie macht.
»Was? Nein, wie kommst du denn darauf?«, fragt er mich aber entgeistert.
Ich zucke mit den Schultern. »Na, ich weiß ja nicht. Es könnte ja sein, weil ihr euch durch deine Weiterbildung momentan nicht so oft seht und es deshalb möglicherweise Stress gibt.«
»Cat, ja, Chris und ich sehen uns momentan wirklich nicht sehr oft, aber wir lieben uns trotz allem noch wie am ersten Tag«, entgegnet er mit beruhigender Stimme.
»Da bin ich natürlich erleichtert, aber was ist es dann, Ben? Los, spucke es endlich aus«, erwidere ich und schaue ihn eindringlich an.
Er räuspert sich, ehe er das ausspricht, mit dem ich am allerwenigsten gerechnet habe. »Cat, Matt ist zurück in Dublin.«
Ich muss die Worte erstmal in meinem Hirn ankommen lassen, bevor ich sie verarbeiten kann und bevor ich überhaupt reagieren kann, und lehne mich sprachlos langsam in meinem Stuhl zurück.
Als ich meine Sprache wiedergefunden habe, räuspere ich mich einmal. »Wie? Was? Woher weißt du das?«
»Chris hat ihn vor Kurzem beim Einkaufen gesehen. Nur hat Matt ihn nicht gesehen. Er meinte, er sieht nicht gut aus. Zudem wurde er vor Kurzem auch von ihm kontaktiert, und er hat nach dir gefragt«, erwidert er, und ich bemerke, dass sich in meinem Hals ein dicker Kloß bildet und mein Herz wie wild gegen meinen Brustkorb hämmert.
»Aber, aber warum? Ich meine, er sollte doch in New York und schon längst mit Violet verheiratet sein, oder etwa nicht?«, flüstere ich, schlucke den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals gebildet hat, und versuche, meine aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
Ben legt seine rechte Hand auf meine linke und schaut mich an. »Ja, das sollte er. Ich habe aber durch einen gemeinsamen Freund, den er auch kontaktiert hat, erfahren, dass er dort seine gesamten Zelte abgebrochen hat. Zudem hat er ihn auch nach dir gefragt. Also ob er mal mich wegen dir fragen könnte.«
Das Blut beginnt in meinen Ohren zu rauschen und ich kann nicht glauben, was er mir da gerade sagt. Matt sucht mich? Aber warum? Warum ausgerechnet jetzt? Und vor allem, warum ist er zurück in Dublin?
»Er weiß aber nicht, wo ich bin?«, frage ich ganz direkt.
»Nein, natürlich nicht. Chris und ich haben nichts darüber gesagt, wo du dich aufhältst. Mich wundert das Ganze auch sehr. Ich habe bis jetzt noch nicht herausgefunden, was in New York vorgefallen ist und warum er wieder hier ist. Aber ich denke, einer der Gründe, wenn nicht sogar der Hauptgrund, bist du, Cat«, sagt er, und ein komisches Gefühl macht sich in meinem Bauch breit.
»Wegen mir?«, frage ich deshalb, obwohl ich mir insgeheim wünschen würde, dass es so ist. Wie blöd kann ich eigentlich sein? Ich habe so gelitten und leide noch darunter, was er getan hat, und hoffe so etwas. Aber warum fragt er dann andere Leute nach mir? Ben muss mir ansehen, dass ich mir das Hirn darüber zerbreche, warum Matt wieder zurück ist.
»Hey, denke nicht zu viel nach, warum er wieder da ist. Und ja, du wirst der Hauptgrund sein. Cat, ganz ehrlich, diese ganze Sache damals war mehr als seltsam. Dass er nicht gleich mit offenen Karten gespielt hat, war mehr als beschissen, und deshalb würde ich ihm noch immer am liebsten eine reinhauen. Aber dass er, als er das letzte Mal im Studio war, nicht gerade glücklich aussah, liegt auf der Hand. Als dir plötzlich schlecht wurde, ist er dir direkt mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht hinterher. Und das hätte er doch nicht gemacht, wenn ihm nichts an dir liegen würde, meinst du nicht auch?«, fragt er, und ich schaue ihn daraufhin wieder an.
Mehr als ein Nicken bekomme ich allerdings nicht zustande, und eine Stille breitet sich zwischen uns aus.
»Aber warum ist er dann gegangen?«, durchbreche ich nach einer Weile die Stille.
»Das kann wohl nur er dir beantworten, Cat. Zudem glaube ich, wie ich dir schon mal sagte, dass das zwischen Violet und ihm nicht echt war. Er hat dir doch gesagt, dass sie ihm nichts bedeutet und dass er sie nicht wirklich mag«, entgegnet er.
»Ja, das stimmt, das hat er. Aber ganz ehrlich, ich weiß nicht, was ich ihm noch glauben kann und was nicht, Ben. Und vor allem, was ich davon halten soll, dass er wieder zurück ist und mich sucht. Und wir dürfen nicht vergessen, dass ich nicht mehr alleine bin. In mir wächst sein Kind heran, von dem er nichts weiß. Ich denke, DAS wird für ihn auch ein Schock sein«, flüstere ich und lege eine Hand auf meinen Bauch.
Ben steht auf, kommt zu mir, geht vor mir in die Hocke und legt seine Hand auf meine, die noch immer auf meinem Bauch liegt. »Ich denke, das Beste wäre, wenn du ihn um ein Treffen bittest, damit ihr miteinander reden könnt. So erfährst du, was er von dir möchte, und du kannst ihm sagen, dass er Vater wird. Ich weiß, dass das sehr schwierig werden wird, aber ich denke, das ist der richtige Weg. Ich werde natürlich bei dem Treffen dann dabei sein, wenn du möchtest.«
Da sich meine Gedanken völlig überschlagen, schaue ich ihn an. »Ich muss das erstmal sacken lassen und über alles nachdenken. Das war dann doch alles etwas viel für mich. Wäre es ok, wenn ich mich etwas hinlege?«, frage ich ihn deshalb und stehe auf.
Er tut es mir gleich und fängt an, das Geschirr abzuräumen. »Aber sicher, ich räume hier auf und gehe dann wieder zu meinen Eltern und Chris. Wenn etwas ist, komme einfach rüber oder rufe mich an, ja?«, entgegnet er und drückt mir noch einen Kuss auf meine rechte Wange.
Ich nicke, gehe nach drinnen und laufe die Treppe zu meinem Zimmer empor. Dort lege ich mich ins Bett und decke mich zu. Nuala, die mir gefolgt ist, legt sich zu mir. Ich muss nun erstmal alleine sein und meine Gedanken ordnen. Das ist nun irgendwie etwas zu viel für mich. Matt ist zurück und er sucht mich, sprich, er hat Violet und New York verlassen. Somit übernimmt er auch nicht die Firma seines Vaters in New York. Ich verstehe das alles nicht. Klarheit kann aber nur er mir geben. Aber wie wird er reagieren, wenn er erfährt, dass er Vater wird? Immerhin war ein Kind bei uns noch kein Thema. Er meinte nur, er könnte sich vorstellen, mit mir in den nächsten Jahren eine Familie zu gründen, aber jetzt?
Während ich über all das nachdenke, merke ich, wie meine Augen schwer werden, und ich falle in einen unruhigen Schlaf mit wirren Träumen. Diese handeln davon, dass Matt mich nur sucht, um mir zu sagen, dass er mich nie geliebt hat und nur Violet liebt. Zudem noch, dass er das Baby nicht möchte und mir die Schuld gibt, dass ich schwanger bin. Als ich davon träume, wie Matt vor mir steht und mich auslacht - warum, weiß ich nicht mal-, schrecke ich schweißgebadet auf. Verdammt, das waren echt wirre Träume.
Gerade als ich mich wegen der wirren Traumes beruhigt habe, höre ich meine Mutter nach mir rufen.
»Cataleya, bist du oben?«
»Ja, Mum, ich komme gleich«, antworte ich ihr und richte mich langsam auf. Weil mir allerdings etwas schwummrig ist, bleibe ich noch kurz auf meiner Bettkante sitzen. Nach einer Weile stehe ich aber vorsichtig auf, weil ich noch zur Toilette muss. Ganz gemach, da mir noch immer schwindelig ist, laufe ich ins Bad und schaue mich im Spiegel an. Himmel, sehe ich furchtbar aus, ist das Letzte, was ich denken kann, ehe mir auf einmal schwarz vor Augen wird und ich umkippe.
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