Kapitel Eins
"Ja Mum, Alec holt mich ab, ich habe also noch zwanzig Minuten", rief ich die Treppe runter, während ich meine Haare mit etwas Gel zurecht zupfte und danach zu meinem Deo griff.
Mein Pullover rutschte dabei etwas nach oben, entblößte meine blauen Handgelenke und fast automatisch erschienen mir die Bilder vom letzten Wochenende vor meinem inneren Auge, die ich mit einem schnellen Kopfschütteln verbannte. Stattdessen zog ich meinen Pullover wieder etwas runter, wusch mir nochmal die Hände und verließ dann das Badezimmer.
Auf dem Flur traf ich auf eine meiner zwei Schwestern, die anscheinend schon auf mein Verlassen des Badezimmers gewartet hatte und direkt, ohne ein Wort, hinein spazierte. Grinsend verdrehte ich die Augen, rief ihr einen 'Guten Morgen' hinterher und ging dann die Treppe herunter und in die Küche.
"Bleibst du heute nach der Schule länger? Lottie muss eigentlich ins Einkaufszentrum gebracht werden, aber mein Chef hat mir eben eine Nachricht geschickt, dass ich heute länger arbeiten muss", fing meine Mutter an, gab mir die Brotdose in die Hand und schenkte mir diesen einen Blick, der keine Wiederrede zulassen sollte.
"Und ich soll sie hinbringen?", schlussfolgerte ich also, schmiss noch eine Flasche Wasser in die Schultasche und zog dann den Reißverschluss zu.
"Das wäre wirklich lieb. Glaubst du, dass schaffst du? Oder hat Alec heute Training?"
"Ehm...", ich presste meine Lippen nachdenklich zusammen und versuchte herauszufinden, welcher Tag heute war, bevor ich antwortete. "Er hat heute Training, aber ich muss ja nicht jedes Mal dabei sein. Ist er bei mir ja auch nicht."
Ich zuckte mit den Schultern, ging nicht wirklich weiter auf ihre Frage ein aber sie schien herausgefunden zu haben, dass ich ihr insgeheim zugesagt habe, weswegen kein Kommentar ihrerseits mehr kam und ich, nach einem Blick aus dem Fenster, das Auto meines Freundes vor dem Haus sah.
Ich verabschiedete mich mit einem lauten rufen bei allen Menschen im Haus, ehe ich in meine Vans schlüpfte und durch die Haustür nach draußen verschwand. Alec warf kurz darauf seine Zigarette auf den Boden, trat sie aus und kam mir dann etwas entgegen, um meine Hüfte zu umfassen und mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken.
"Guten Morgen Baby", lächelte er, strich einmal durch meine Haare und sah mich durch seine braungrünen Augen an. "Hast du gut geschlafen?"
"Ja schon", murmelte ich leicht, bemerkte wie meine Wangen Rosa wurden und wand meinen Blick deshalb seinem Auto zu. "Und du?"
"Perfekt."
Seine Lippen streiften ein letztes Mal über meine Schläfe, ehe wir uns voneinander lösten und ich mich auf den Beifahrersitz fallen ließ. Keine zwei Sekunden später wurde der Motor gestartet und die Musik von Sam Smith umhüllte mich.
Es war ein wirklich schöner Tag, immerhin waren die Sommerferien jetzt seit drei Tagen zu Ende und das Wetter hatte noch nicht nachgelassen. Angenehme, nicht zu warme Luft und ab und zu ein wenig Sonne. Perfekt für einen Sommermuffel wie ich, der gleichzeitig nicht so sehr auf Regen stand.
Mein Blick fuhr zu meinem Freund und ich betrachtete kurz seine Seitenansicht. Definierte Gesichtskonturen, schwarze Haare, etwas gebräunt.. Ich weiß noch, dass ich zwei Jahre lang in ihn verknallt gewesen war, bis er mich endlich gefragt hat. Es hat zwar einige Flirtversuche und Anzeichen gebraucht, bis er es gecheckt hat, aber letztendlich hat es funktioniert und das tat es auch nach über einem halben Jahr noch. Ich fühlte mich wie etwas besonderes, wenn er meine Hand anstelle einer anderen hält und konnte immer noch genauso von ihm schwärmen, wie vor unserer Beziehung. Bei so einem Glück, muss man nunmal manches in Kauf nehmen..
Nach fünfzehn Minuten Autofahrt, parkte er in dem Schuleigenen Parkhaus, fand noch gerade so im zweiten Stock einen und ich fragte mich augenblicklich, wie Einparken funktionieren sollte. Es sah alles immer so kompliziert und präzise aus, dass ich locker alles andere berühren würde, außer der Parklücke. Deswegen beließ ich es auch bei unserem Bahnverkehr, der mehr als ausreichend war. Trotzdem blieb es praktisch, einen Freund mit Führerschein und eigenem Auto zu haben.
Sobald ich ausgestiegen war, griff er nach meiner Hand und wir schlenderten die Treppe nach unten, über die kleine Brücke, bis hin zu unserem Schulhof. Dabei unterhielten wir uns nicht viel, immerhin hatte der Tag gerade erst angefangen, und trafen prompt auf Zayn und Liam, die in der Raucherecke standen. Wir begrüßten uns sofort, während ich meine Nase aufgrund des sehr penetranten Gestanks etwas rümpfte. Wenn nur Alec rauchte, ging es für mich noch, den Geruch konnte ich irgendwie ausblenden. Aber jetzt, wenn sie zu dritt rauchten, war es fast unmöglich, dem Gestank zu entkommen.
Deswegen drehte ich mich auch etwas weg, woraufhin mein Blick auf den Lockenkopf fuhr, welcher mit dem gefärbten Blondschopf in der Ecke stand und anscheinend über irgendwas redete. Ich wusste nicht, wieso er die Schule nicht betrat, aber er war auch einfach seltsam.
Um ehrlich zu sein, waren wir sogar mal sehr gut befreundet gewesen. Im Kindergarten und in der Grundschule, bis sich unsere Wege in der neuen Schule trennten. Unsere Mütter waren schon seit ihrem Kindesalter beste Freunde und es zog sich bis in den heutigen Tag, doch ich wurde mit der Zeit immer sozialer, fand auch andere Freunde und verbrachte meine Zeit mit diesen, während Harry immer eher ein Einzelgänger blieb. So kam es, dass wir uns aus den Augen verloren, wobei das jetzt auch nicht dramatisch war. Man verliert immer Freunde im Laufe des Lebens und wenn man so unterschiedlich ist, wie wir beide es sind, konnte es ja auch nicht funktionieren.
"Wen siehst du an, Baby?", fragte mich Alec und ich wand meinen Blick von Harry ab, um mich an meinen Freund zu wenden.
"Ach nichts. Ich habe irgendwie.. geträumt."
Ich wollte Harry nicht in Alec's Gegenwart erwähnen, da die beiden sich wirklich überhaupt nicht leiden konnten. Obwohl Harry sonst immer eher zu den ruhigen Personen gehörte, ging ihm alles Spitz, was meinen Freund betraf, so dass es zwischen den beiden schon öfter zu Komplikationen kam. Deswegen musste ich das Feuer ja nicht schüren, indem ich meinem Freund erzähle, dass ich Harry offensichtlich angestarrt hatte.
"Ob der wohl auch andere Klamotten im Schrank hat?", fragte mein Freund gehässig, und schüttelte abwertend den Kopf.
Ohne hinzuschauen, wusste ich, von wem er sprach und zuckte nur mit den Schultern. Wir waren zwar nicht mehr befreundet, aber deswegen musste ich noch lange nicht über ihn lästern oder meinem Freund bei solchen Dingen zusprechen. Also hielt ich mich lieber diskret und betrachtete alles von außen, um, wenn nötig, rechtzeitig einschalten zu können. Nicht das ich jetzt besonders neutral subjektiv wäre, nein, natürlich stehe ich hinter meinem Freund. Aber an sich ist Harry ja kein schlechter Mensch und wie sagt man so schön? Leben und leben lassen.
"Er ist halt komisch", murmelte ich noch dazu und griff nach Alec's Hand, "Lass uns reingehen. Der Unterricht fängt in fünf Minuten an."
Wie zur Bestätigung ertönte die Schulglocke und ließ alle Schüler auf dem Schulhof in Bewegung setzen, weswegen auch unsere Vierergruppe sich diesen Anschloss.
Ein letztes Mal fiel mein Blick auf Harry und ich erschrak, als ich bemerkte, dass er mich ebenfalls ansah. Es war vielleicht nur eine Viertelsekunde, doch der Blick, den mir diese grünen Augen zuwarfen, ließ mich auch in der zweiten Stunde noch rätseln, denn er sah mich öfter mit diesem Blick an. Ich konnte ihn nicht deuten, wusste nicht, was er damit bezwecken wollte, doch auch jetzt spürte ich ihn wieder auf mir und ich beschloss, das irgendwann aufzuklären.
Ja, irgendwann.
[...]
Herzlich willkommen bei dem ersten Kapitel. Was sind so eure Eindrücke bisher? Was haltet ihr von Alec?
Überarbeiten tue ich später, da ich jetzt los muss. Danke für die vielen Kommentare und votes beim Prolog, vielleicht können wir das ja so durchziehen :)
Dankeschön und bis, vielleicht schon morgen ❤️
xoxo Michelle
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