"Today is a wedding and tomorrow a ball."
Ich stand gleich um halb acht auf und machte mich fertig. Um drei nach acht fuhr der Bus. Ich erwischte ihn noch rechtzeitig. Mir kam es so vor, als würde ich zur Arbeit fahren. Doch ich war zwei Straßen von meinem Chef entfernt.
Ich fand das richtige Haus und klingelte bei 'Bennet'. Hier gab es keine Freisprechanlage. Es war ein altes, helles Gebäude. Für mich machte es den Eindruck, dass hier mehrere alte Menschen wohnten. Die Tür surrte und ich drückte sie auf. Ich ging die Stufen hinauf und schaute dabei auf jede Tür, ob vielleicht Aurelias Nachname irgendwo stand. Im zweiten Stock hatte ich Glück. Ich klingelte wieder und wartete. Nach ungefähr zehn Sekunden wurde die Tür aufgemacht. Aurelia musterte mich, dann schien sie sich wieder zu einnern.
"Elena, Sie? Was machen Sie denn hier? Das freut mich aber", begrüßte sie mich.
"Guten Morgen, Frau Bennet. Ich habe leider nicht viel Zeit. Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten", fing ich an.
"Und der wäre?", fragte sie neugierig.
"Ich hoffe das ist nicht zu viel verlangt, aber möchten Sie vielleicht einmal wissen, wie es ist, Kellnerin zu sein?"
Aurelia riss die Augen auf. "Oh, ist das Ihr Ernst?!", fragte sie etwas zu laut. Ich zuckte zusammen. Oh, oh!
"Tut mir leid, Sie müssen nicht, wenn Sie nicht wollen", sagte ich und wollte mich schon wieder umdrehen, doch Frau Bennet hielt mich zurück. "Nein! Das wollte ich schon immer einmal machen!", verkündete sie und lachte. Ich lächelte sie an.
"Echt? Das ist super, denn Sie können gleich heute anfangen. Heute ist eine Hochzeit und morgen ist ein Ball. Die Uhrzeit ist genau so wie heute. Von fünfzehn Uhr dreißig bis neunzehn Uhr dreißig", erklärte ich und freute mich. Aurelia strahlte. "Oh, das ist toll. Hilfst du mir?"
"Entschuldige, aber ich habe da keine Zeit ... Deswegen brauche ich Sie ja auch. Mein Chef braucht so viel Hilfe wie möglich, und ich komme mit dem ganzen Stress nicht mehr zusammen. Ich bin immerhin erst fünfzehn und muss leider noch zur Schule."
"Das kann ich verstehen. Das heißt, Sie nehmen sich heute und morgen frei, und ich springe für Sie ein, richtig?", wiederholte Aurelia. Ich nickte.
"Das ist ein großer Gefallen ...", meinte Frau Bennet auf einmal. "Oh, Ihr Gesicht!" Sie fing an zu lachen. "Dachten Sie etwa ich lasse Sie im Stich? Nein, meine Liebe. Ich mache das doch gerne! Aber meinst du, ich bin in der Verfassung dazu?" Sie lachte weiter. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Sie hatte nur einen Scherz gemacht. "Okay, ich bin Ihnen einiges schuldig. Danke noch einmal. Viel Spaß! Und Sie sind bestimmt fit genug!", wünschte ich ihr und ging dann die Stufen hinunter. Frau Bennet winkte mir noch zu.
Ich rannte zum Restaurant und erzählte meinem Chef von den Neuigkeiten. "Wie alt ist sie? Zweiundsiebzig?!"
"Ach, kommen Sie schon, Mr. Underwood."
"Ja, ja. Ist schon gut. Wir werden ja sehen wie sie sich anstellt", sagte er und schmunzelte. "Du musst aber verstehen, dass du kein Geld für die beiden Tage bekommst, ja?" Ich nickte und akzeptierte es. Ich glaubte, dass es jetzt ein bisschen besser lief mit dem Geld. Mein Vater war mir noch immer sehr dankbar.
Um neun Uhr kam ich nach Hause und fand dort meinen Vater vor, der die Zeitung las. Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange und sagte, dass ich dann zu Saskia gehen würde. Nach einer halben Stunde tat ich das dann auch.
"Hey, Eli! Und, hast du wen gefunden?", begrüßte Saskia mich. Wir gingen in ihr Zimmer und ich setzte mich in den Hängesessel. Dann erzählte ich ihr alles. Von Aurelia hatte sie noch gar nichts gewusst. Sie staunte, war aber doch etwas skeptisch, ob das auch funktionieren würde. Es war zehn Uhr. Saskia und ich wollten ins Kino gehen. Zuerst musste meine beste Freundin aber noch auf die Toilette. Ich zog einstweilen meine Schuhe und meine Jacke an. Es war schon Anfang Oktober. Um genau zu sein der vierte. Nach ein paar Minuten kam Saskia heraus. Sie sah irgendwie genervt aus. "Was ist denn mit dir passiert? Hat dich die Kloschüssel beleidigt?", fragte ich sie.
"Nein, die Weiblichkeit. Wieso genau jetzt? Ich hasse es!" Ahh, sie hatte ihre Tage bekommen. "Wann bekommst du wieder Besuch?", wollte Saskia wissen. Sie zog sich auch an. Ich überlegte, plötzlich kam ich auf etwas drauf. Ich blieb stehen.
"Haalloo?! Erde an Elena!", rief meine Freundin. Ich kehrte wieder in die Realität zurück.
"Sorry. Aber ich bin gerade draufgekommen, dass ich das letzte Mal meine Tage hatte, als ich in London gewesen bin ..." Eine Weile sagte keiner was.
"Das war im Juli! Das sind zweieinhalb Monate!", bemerkte Saskia und starrte mich an. Mein Magen drehte sich um. Mir war auf einmal schlecht. Was. Wäre. Wenn. Ich. Schwanger. Bin?, schoss es mir durch den Kopf. Diese Frage hatte ich mir jetzt sehr lange nicht mehr gestellt. Saskia und ich starrten uns an.
"Los, wir haben was zu erledigen", sagte Saskia und schob mich voran. Wir stiegen in den Bus und fuhren zur Apotheke. Ich war aufgeregt und hatte das Gefühl, gleich würgen zu müssen.
Die Frau hinter der Theke gab uns das Gewünschte und lächelte uns zum Abschied freundlich zu. Ich wollte nicht erfahren, was sie in ihrem Kopf über uns dachte. Typisch Teenager. Haben wahrscheinlich noch nie etwas von Verhütung gehört. Wir gingen nach draußen und warteten wieder einmal auf den Bus. Nach wenigen Minuten kam er und fuhr uns zu Saskia nach Hause. "Ich sollte vielleicht den Mopedführerschein machen, dann müssten wir nicht ständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren", meinte meine beste Freundin nachdenklich.
"So, Elena. Jetzt werden wir gleich erfahren, was Orion mit dir angestellt hat." Meine Freundin grinste. Sie fand das auch noch lustig! Ich ließ die Schultern hängen. "Ich kann das nicht", sagte ich und ließ mich auf die Bettkante sinken. "Mein Vater wird mich vor die Haustür setzen."
Doch Saskia ließ nicht locker. Sie schob mich zur Klotür und machte sie für mich auf. Dann schaltete sie noch das Licht ein. "Du weißt, dass dein Vater der netteste Kerl auf der Welt ist, also los!"
"Ich muss aber nicht pinkeln", wehrte ich mich weiter.
"Elena, es bringt nichts, wenn du dich weiter davor sträubst. Wenn es so ist, dann ist es so. Dein Vater wird dich nicht aussetzen. Er wird dich unterstützen - genauso wie ich."
Ich gab mir einen Ruck und verschloss die Tür hinter mir. Saskia hatte recht. Ich musste das jetzt durchstehen. Ich setzte mich hin und packte den Schwangerschaftstest aus. Ich las mir die Anleitung durch und folgte dann den Anweisungen. Als ich mein Geschäft erledigt hatte, wartete ich. Und wartete, und wartete noch länger. Plötzlich erschien ein heller Strich auf dem kleinen Bildschirm des Thermometers, der immer dunkler wurde. Ich hoffte, dass kein zweiter dazukommen würde ...
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