"She is so beautiful."
Sophia, Lena? Zara, Lilly, Leonie? Jeanny, Jenny oder doch Isabella? Nein, ich wusste einfach nicht, welchen Namen ich mir aussuchen sollte für meine kleine Tochter, die vor vier Stunden, am zweiundzwanzigsten März das Licht der Welt erblickt hatte. Jetzt war es halb sieben am Morgen und ich konnte nicht schlafen, weil mein Baby schrie. Ich nahm sie in die Arme und stillte sie - das erste Mal. Es war ein ungewohntes Gefühl, doch trotzdem eine schöne Erfahrung. Meine Brüste waren in den vergangenen Monaten sehr stark gewachsen. Natürlich - sie waren ja auch voll mit Milch! Ich hatte bis jetzt geschlafen. Der gleiche Arzt, der schon bei der Geburt kurz vorbeigeschaut hatte, kam im gleichen Moment herein, und untersuchte mich. Alles schien in Ordnung zu sein.
"Ihre Freundin und Ihr Vater warten schon ungeduldig draußen vor der Tür. Dürfen sie reinkommen?", fragte er mich. Ich nickte. Er ging wieder hinaus, dafür kam Saskia auf mich zugeeilt und setzte sich auf die Bettkante, Papa auf die andere. "Ist die süß!!!", quietschte meine beste Freundin und streichelte sanft über ihren Kopf. Mein Dad war sehr still.
"Papa, ist was?", vergewisserte ich mich besorgt.
"Es ist einfach ... Ich kann es nicht glauben. Ich bin jetzt Opa, und meine Tochter Mutter!", sagte er und lächelte. Ich lachte leise. "Ach, Dad. Wenn Mum doch nur davon wüsste ...", murmelte ich.
"Ach ja, dein Freund ist draußen auf dem Gang und weint vor sich hin. Ich glaube, er kann es auch noch nicht fassen", informierte mich Saskia. Ich nickte und fand Orion plötzlich ... süß und so unschuldig. Er erinnerte mich an einen kleinen Jungen. Mein Vater nahm seine Enkeltochter und wiegte sie sanft hin und her. "Habt ihr schon einen Namen?", wollte Dad wissen. Ich schüttelte meinen Kopf. "Mit Jamie wird es dann wohl nichts. Tut mir leid, Papa, aber ich habe leider keinen Sohn bekommen", meinte ich schmunzelnd.
"Ich freue mich auch so. Na gut, ich geh dann mal hinaus. Könnte ja sein, dass du und Saskia noch was besprechen müsst. Ich kümmere mich einstweilen um Orion", sagte er und überreichte mir mein Baby.
Als die Tür ins Schloss fiel, fing meine Freundin auch schon an: "Du hast ziemlich geheult und einige Male geschrien. Weißt du, wie viele Sorgen ich mir gemacht habe?! Es hat sich sehr anstrengend angehört. Bitte erzähle mir alles!", bat sie.
"Ich hab mir gedacht, dass ich es nicht schaffen werde, doch am Schluss hab ich mir die ganze Zeit gedacht: Gleich ist es vorbei, bald hast du es hinter dir! Das hat mir, denke ich, sehr geholfen. Und dann hat Sandra - die Hebamme - Orion gefragt, ob er als erster das Baby im Arm halten will. Er hat ein ziemlich erschrockenes Gesicht gemacht, doch dann hat er es doch gemacht. Er hat unsere Tochter herausgeholt ... Sie ist so schön."
"Er hat das echt gemacht?! Oh, mein Gott! Das muss eine schwierige Entscheidung gewesen sein", vermutete Saskia. Ich nickte.
"Er hat es aber geschafft."
"Und du auch. Ich bin so megastolz auf dich!", sagte meine beste Freundin. "Das muss ich gleich in der Schule erzählen." Ich lachte. "Okay, aber nicht, dass dann zwanzig Leute in diesem Zimmer stehen", warnte ich sie. Sie winkte ab. "Keine Angst. Mhhh ... Ich denke, du solltest jetzt einmal Orion trösten. Der lächelt nicht, sondern weint da draußen", bemerkte Saskia.
"Und was ist, wenn er traurig ist, weil er an seine Schwester denken muss? Du weißt schon, ich hab's dir ja erzählt." Ich hoffte, dass es nicht daran lag.
"Am besten ist, du fragst ihn mal selbst", meinte meine Freundin. Sie verließ den Raum - vorher nahm sie noch kurz meine Tochter hoch und betrachtete sie - und holte Orion. Der betrat den Raum mit roten Augen. Seine Wangen waren nass. Als er mich und unsere Tochter sah, lachte er. Er sah so aus, als würde er sich im Moment lustig über sich selber machen.
"Orion, ist es wegen ...?", fing ich an.
"Kim? N-nein, nicht wirklich. Es ist e-einfach ... Es ist so seltsam! Als ich sie herausgeholt habe und sie sah, wie sie ihre ersten Atemzüge machte. Kannst du dir vorstellen, wie schön das war?"
"Ja, natürlich kann ich mir das vorstellen, Orion. Ich bin die Mutter und habe es viel mehr gespürt", erwiderte ich.
"Oh, du hast mir so leid getan! Du hast fast aufgegeben ... Aber dann bist du richtig mutig und stark geworden! Wir brauchen unbedingt einen Namen", merkte Orion. Ich nickte.
"Welcher Name gefällt dir?", fragte ich.
"Ich hab mir mit dreizehn Jahren vorgenommen, dass meine Kinder David oder Emery heißen sollten. David, weil das mein bester Freund war. Emery, weil ich damals in ein Mädchen verliebt war, die so hieß", erzählte mein Freund. Ich lachte. "Und, hast du Erfolg gehabt?"
Er schüttelte seinen Kopf und machte ein finsteres Gesicht. "Nein, sie hat mich eiskalt abblitzen lassen."
"Ohhh ...", machte ich und lachte. Er drehte sich beleidigt weg, doch er spielte nur.
"Also nehmen wir jetzt den Namen Emery, damit du dich in deine Tochter verknallst?", schlug ich vor.
"Ja! Das ist doch ein cooler Name, oder?", meinte er. Ich überlegte. Eigentlich schon. Ich fand, dass er wunderschön klang.
"Okay, Emery ..." Ich zog den Namen in die Länge. "Gut, dann heißt du jetzt Emery. Wie wäre es mit einem zweiten Namen?", fragte ich.
"Ann." Ich nickte. Ja, das passte gut zusammen. "Weiß es deine Familie schon?", wollte ich nun wissen.
"Nein, ich ruf jetzt aber Oma an. Mit ihr kann ich Deutsch reden, und sie wird sich bestimmt wirklich freuen." Ich lächelte. Emery bewegte sich. Ich wickelte die Decke fester um ihren kleinen Körper und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich war stolz. Unsere Tochter hatte einen komplett englischen Namen erhalten.
"Hallo, Oma. Wie geht's dir?", begrüßte er Aurelia am Handy. Er hatte den Lautsprecher eingeschaltet.
"Oh, hallo Orion. Mir geht es gut, danke. Und dir? Was ist denn eigentlich mit Elena? Ich bin ja schließlich die Einzige, die sich von dieser Familie für sie interessiert."
"Elena geht es ...?" Er wendete sich mir zu. "Gut", antwortete ich fröhlich.
"Elena, wie geht es eurem Baby?", wollte sie wissen. Orion und ich grinsten uns an. "Sehr gut. Sie ist vor viereinhalb Stunden auf die Welt gekommen", verkündete Orion stolz. "Waaas?! Wie heißt es denn? Wie ist die Geburt verlaufen?", fragte Aurelia überrascht.
Ich antwortete: "Wir haben den Namen jetzt zu Emery Ann geändert", dann erzählte ich ihr auch noch den Rest, genau so wie Saskia vorhin. "Oh, aber jetzt hast du es endlich hinter dir. Ich komme bald nach Deutschland, aber zuerst muss ich es noch dieser Familie hier erzählen", sagte sie und lachte. "Sie werden sich sicher freuen."
"Oma, wie geht es Mum und Dad?", fragte mein Freund.
"Na ja ... Deine Mutter und dein Vater streiten sich ständig. Das ist kein gutes Zeichen. Aber zu einem anderen Thema: Wann ist die Taufe?", wechselte sie.
"Das wissen wir noch nicht, aber wir informieren euch. Bis dann, ich ruf dich nachher noch mal an", verabschiedete sich Orion.
"Okay, tschüss!"
"Tschüss."
Am nächsten Tag wurde Emery wieder untersucht. Sie war kerngesund und trank auch ordentlich. Ich war gerade allein in meinem Zimmer in der Geburtenstation und hielt mein Baby in den Armen. Ich betrachtete sie. Sie hatte braune Haare und blaue Augen. Also die Haare von Orion und die Augen von mir. Emery hatte den Strampler von Saskia an. Er passte ihr perfekt. Nach einer weiteren Nacht im Krankenhaus durfte ich endlich nach Hause. Von Papa bekamen wir ein Gitterbett, einen Hochstuhl und einen Wickeltisch, der aber noch von mir war. Gleich, als ich im Haus war, setzte ich mich ins Wohnzimmer auf das Sofa und stillte Emery. Orion saß neben mir und streichelte unserer Tochter über den Kopf. "Glaubst du, wird sie es gut bei uns haben?", fragte Orion.
"Ich denke schon", antwortete ich. "Wir lieben sie doch so sehr. Auch wenn sie nicht gewollt entstanden ist, trotzdem ist Emery das schönste Geschenk, das mir jemals jemand gemacht hat.
"Wortwörtlich." Orion grinste mich frech an. "Wann tauft man normalerweise ein Kind?"
"Äh, wenn es fünf Monate oder so ist. Wir haben also noch Zeit", entgegnete ich und lächelte meinen Freund an. Wir küssten und, bis uns das Geschrei unseres Babys störte. "Na toll", nuschelte ich in den Kuss hinein und seufzte. Ich ging mit meiner Tochter zum Wickeltisch und machte ihren Po frei. Währenddessen holte Orion eine neue Windel, Feuchttücher und Babypuder. Als Team stellten wir uns gar nicht so ungeschickt an. Das Windelwechseln war zwar ein wenig unangenehm, aber wir waren uns sicher, dass wir es in wenigen Wochen als normale Routine ansehen würden.
Als ich fertig war, beschlossen mein Freund und ich einen Spaziergang zu machen. Der Kinderwagen war auch noch von mir. Es war praktisch, dass Mum und Dad das Meiste aufgehoben hatten.
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