"Don't sit here and strain our nerves!"

Wir gingen hinunter in die Küche. Ich war so froh, dass ich jetzt bei meinem Freund war. Plötzlich erinnerte ich mich, dass ich Saskia anrufen musste. Ich entschuldigte mich und kehrte zurück in mein Zimmer.

"Hey, Eli! Ich dachte schon, du hast dein Versprechen nicht eingehalten", begrüßte mich meine beste Freundin.

"Ja, hallo zurück. Es ist alles gut gelaufen. Orion hat zwar gedacht, dass er an allem Schuld ist, und dass ich ihn jetzt hasse, weil er mir so etwas angetan hat, aber ich hab ihm erklärt, dass es gar nicht so schlimm ist", erzählte ich.

"Okay, und seine Eltern?"

"Die haben sich gefreut. Seine Mum hat gemeint, dass das toll ist, weil es dann wen neuen in der Familie gibt."

"Cool, ich bin erleichtert. Und du bist auch gut angekommen?"

"Yes!", sagte ich.

"Gut. Macht es dir was aus, wenn ich schon wieder auflegen muss?", fragte Saskia.

"Oh, nein. Du kannst mich nachher zurückrufen. Bis dann!", verabschiedete ich mich.

Wieder unten in der Küche setzte ich mich zum Esstisch. Orion grinste mich an. "Das ist lustig, weil wir so viel Deutsch reden können, wie wir wollen, und uns keiner versteht." Ich grinste zurück.

"What did you say?", wollte Angelina wissen. "That's not fair. Please speak English!", bat sie und zwinkerte mir zu - ihrem Sohn warf sie einen strengen Blick zu.

"Boah, diese alte Schachtel!", regte sich mein Freund auf. Ich kriegte mich vor Lachen nicht mehr ein. Diese Familie war einfach zum Knuddeln!

"In the evening we will go to cinema. Now we don't let you alone in the house", verkündete Angelina und kicherte. "We are going together!" Mein Kopf lief wieder einmal rot an. Orion stöhnte. "Wenn man ein einziges mal etwas in dieser Familie anstellt, wird es ihm immer wieder angehängt und nachgetragen!", beschwerte er sich laut. Angelina setzte einen fragenden Blick auf. "Okay, I don't understand German. You both, let's go out of the house and make a trip! Don't sit here and strain our nerves!", trug uns Orions Mutter auf. Sie scheuchte uns aus der Küche.

"Fresh air is good for the baby", meinte Angelina und umarmte mich. Ich lächelte.

Orion und ich stiegen in ein Taxi und fuhren an unseren Lieblingsplatz. Auf der Bank sitzend genossen wir die Sonne, die sich heute wieder einmal zeigte.

"Wie war das eigentlich für dich?", fragte mein Freund in die Stille hinein. Heute waren seltsamerweise fast keine Leute unterwegs.

"Was meinst du?", wollte ich wissen.

"Na ja ... Diese Nacht ..."

"Oh, ähm ..." Ich überlegte. Aurelia hatte gesagt, dass es nicht falsch war, so lange ich es für schön empfunden hatte. Und das hatte ich.

"Ich fand es schön, zwar nicht ganz schmerzlos, aber trotzdem ein tolles, neues Erlebnis."

"Okay. Ich habe jeden Tag an dich gedacht. In meinen Träumen warst du schwanger." Orion schmunzelte.

Ich lächelte. "Wieso hast du dich nie gemeldet?", fragte ich danach.

"Hast du etwa einmal angerufen? Unsere Festnetznummer geht nicht mehr, oder besser gesagt: Jack hat das Telefon runtergeschmissen. Seit dem geht es nicht mehr. Tut mir leid ..."

"Ahh, deswegen ..." Jetzt verstand ich. Wir schauten uns in die Augen.

"Hast du es schon einmal gespürt?", fragte Orion. Ich schüttelte den Kopf. Auf einmal schoss mir etwas durch den Kopf. Wusste die Familie vom Tod meiner Mutter? Ich glaubte nicht ...

"An was denkst du?" Orion hatte mich die ganze Zeit beobachtet. Ich seufzte. "An meine Mutter ..."

"Vermisst du sie?"

"Kann man so sagen."

"Aber du bist doch gerade eine Nacht hier?"

"Mir kommt es schon länger vor, seit ich Mum das letzte Mal gesehen hab ..." Tränen stiegen in meine Augen. Dann tropften sie auf meinen Schoß. Orion runzelte seine Stirn. "Hast du so viel Heimweh?", fragte er mich besorgt. Ein Schluchzer entfuhr mir. Mein Freund umarmte mich.

"Vielleicht rufst du sie mal an ...?"

"W-wenn du mir ein H-Himmelstelefon kaufst, dann s-schaff ich es vielleicht sogar", weinte ich.

Orion guckte mich verwirrt an. "Was ist mit deiner Mum?", fragte er vorsichtig. Ich sagte nichts, sondern weinte nur so vor mich hin, bis ich mich wieder ein wenig beruhigt hatte.

"Sie ist tot. Wir hatten Streit, kurz nachdem ich nach Hause gekommen bin und dann hat sie sich mit einem Messer ..."

Orion sagte nichts. Der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. "U-und nur wegen dem Streit hat sie das getan?!", vergewisserte er sich. "Wir haben oft gestritten. Wahrscheinlich ist sie einfach verzweifelt gewesen. Mir ist schon länger aufgefallen, dass sie plötzlich so schnell sauer wurde. Mein Dad hat mir einiges über ihre Vergangenheit erzählt. Sie hatte keine leichte Kindheit."

"Mhh ... Du hast in letzter Zeit nichts Schönes erlebt ... Das tut mir leid."

"Doch, eine Überraschungsparty, als ich heimgekommen bin, und jetzt die Schwangerschaft. Das war das einzig Tolle. Oh, und jetzt sehe ich dich!"

Meine Tränen waren wieder versiegt. Endlich. Ich hasste es, zu weinen. Nach ein paar Minuten erhobe wir uns und fuhren einkaufen. Angelina wollte Steak machen. Das hatte sie nie gemacht, als ich für vier Wochen in London war. Wie es wohl schmecken würde? Dad hatte mir einmal erklärt, dass in England gerne blutiges Steak gegessen wird.

Wieder zu Hause klingelte mein Handy. Dad rief an.

"Hi, Papa. Was gibt's?", begrüßte ich ihn.

"Na, du hörst dich ja fröhlich an. Ich wollte dich nur mal fragen, wie es dir so geht. Immerhin ist eine Nacht sehr lange ...", scherzte Dad. Ich lachte.

"Mir geht's gut, dir hoffentlich auch?"

"Ja ja, es geht schon. Saskia unterhält mich." Ich lächelte erleichtert. Orion warf mir einen glücklichen Blick zu.

"Was machst du denn gerade?", wollte mein Vater nun wissen. Ich wusste, dass mich keiner außer Orion verstehen würde, also sagte ich: "Orion und ich waren an unserem Lieblingsplatz, an dem wir uns das erste Mal geküsst haben, dann sind wir noch einkaufen gegangen, weil es heute Abend Steak zu essen gibt. Ich bin schon gespannt, wie es schmeckt", zählte ich ihm auf. Orion grinste. Die restliche Familie kochte einfach weiter. Es war schon lustig, wenn keiner etwas verstand, was man sagte.

"Das hört sich ja interessant an. Ich wünsche euch guten Appetit, und du musst mir unbedingt berichten, was du von blutigem Steak hältst. Na, dann noch viel Spaß. Ich melde mich wieder einmal. Bis dann!", verabschiedete sich Papa, dann legte er auf.

Ich deckte den Tisch und richtete für jeden ein Glas Saft her. In dieser Familie trank keiner Bier - vielleicht hin und wieder Sekt oder Ähnliches, aber sonst nichts. Das Steak schmeckte mir nicht besonders gut. Beim Gedanken daran, dass es noch blutete, drehte sich mir der Magen um. Ich ließ die Hälfte des Fleisches auf dem Teller liegen. Von den Kartoffeln aß ich dafür mehr.

"Finally, you don't like something from the food in England", sagte Angelina und freute sich. "I though, that you eat everything". Sie lachte. Ich schmunzelte. Nein, mir schmeckte doch nicht alles. Später in meinem Zimmer schrieb ich Saskia eine Sms:

Hi,

hab grad gegessen. Steak schmeckt Scheiße (kannst du meinem Dad ausrichten :P) Gute Nacht!

Xoxo, Eli! :)

Saskia schrieb an diesem Abend nicht mehr zurück, sondern rief an. Wir plauderten ein bisschen über die Schule, regten uns über Leute auf und dachten über Namen nach. Um elf Uhr legte ich auf und ließ mich ins Bett fallen. Dann versank ich ins Land der Träume ...

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