Lola & Ian
Kapitel 37
Emily
Sie blickte Lola direkt in die Augen, während diese breit grinsend an ihren Erdbeere-Smoothie saugte und Emily an einem Tisch außerhalb des Caffees gegenüber saß. Ihr Blick war durchdringend und amüsiert als hätte sie sich seit Monaten nicht mehr so gut unterhalten gefühlt, wie in diesem Moment. Dabei war Emily gerade alles andere als angenehm.
Sie hatte ablehnend ihre Arme verschränkt und ihren Milchkaffee noch nicht einmal angerührt. Sie hatte immer noch nicht ganz verstanden, was sie eigentlich hier sollte. Sie hatte nichts mit Lola zu tun und dass so plötzlich von Ians Schwester eingeladen worden war, machte sie misstrauisch.
"Wir sind so nahe am Campus, meinst du nicht, du könntest mit mir gesehen werden?" fragte Emily provozierend, doch Lola zuckte nur mit den schmalen Schultern und lächelte noch breiter bevor sie antwortete.
"Die Leute hier wissen, dass meine experimentelle Phase vorbei ist und ich definitiv hertero bin, also wird das hier nichts als Date aufgefasst, keine Sorge!", scherzte sie herum und Emily konnte kaum fassen, dass Ians Schwester so gut gelaunt zu sein scheint, trotz allem was sie gerade erfahren hatte.
Keine Ahnung, was sie nun dachte, aber sie wusste von dem Kuss. Sollte sie das nicht in Panik versetzen oder so? Ihr Bruder hatte sie, eine einfache Stipendiatin, geküsst. Wurde das nicht als Schande in ihren Kreisen aufgefasst?
"Aber vielleicht bin ich es nicht und sie glauben, ich belästige dich!", entgegnete Emily nur um die Frau ihr gegenüber aus der Reserve zu locken. Doch Lola lachte nur und schüttelte mit dem Kopf.
"So verknallt wie du in meinen Bruder bist? Kaum."
WAS?
"Bitte? Ich bin nicht verknallt in ihn!" beteuerte Emily sofort und war ganz plötzlich so darum bemüht es ehrlich herüber zu bringen, dass sie überreagierte und fast ihren Kaffee verschüttete.
"Oh, klar. Sehe ich. Wenn es dich beruhigt: Ihm geht es auch so, die Frage ist nur, wie lange ihr beide braucht um es ebenfalls zu schnallen", grinste Lola weiter und als Emily aufstehen und davon rasen wollte, stieß sie sich das Knie an der Tischplatte an und sagte sofort wieder zurück auf ihren Tisch.
"Ach! Scheiße! Ich bin nicht verknallt in Ian und er ist auch nicht in mich verknallt!" Lola lachte ganz offen.
"Doch ist er. Und er hat es auch bewiesen." bestätigte Lola weiter, nahm eine der Servietten und tupfte damit den verschütteten Kaffee neben Emilys Tasse weg, den sie nun doch verschüttet hatte. Als wäre es für Lola ganz selbstverständlich, hinter anderen hinterher zu wischen.
Eine ungewöhnliche Geste für ein verwöhntes, Modepüppchen und etwas was Emily innehalten ließ, um Lola noch einmal ganz genau zu betrachten.
Weder jetzt noch vorhin gab es auch nur einen Moment, wo Ians Schwester arrogant, gehässig oder unehrlich rübergekommen wäre und das verwirrte Emily ungemein. Vielleicht mehr als Lolas Worte, doch diese waren ihr in Moment schlicht wichtiger.
"Wie bewiesen?", fragte Emily weiter, rieb sich das Knie und beschloss diesem Gespräch doch eine Chance zu geben. Was konnte es schaden?
"Du rufst, der springt. Er löst ungebeten deine Probleme für dich und ihm ist es plötzlich so wichtig dich jetzt noch zu erwischen, dass er es sogar hinnimmt, dass ich ihn die nächsten zwanzig Jahre damit aufziehe. Versteh mich nicht falsch, ich mag Donna. Aber wie immer, wenn mein Bruder sich versucht auf eine Frau einzulassen, von der er meint, sie wäre gut für ihn, gerät er an eine Frau, die das alles eher praktisch sieht." erzählte Lola und bei der Erwähnung des Namens von der Frau, mit der Ian offiziell liiert war, zog sich Emilys Kehle zusammen und sie brauchte mehrere Anläufe um den aufkeimenden Schmerz herunterzuschlucken.
"Praktisch?", fragte Emily weiter und fühlte sich bei ihren einsilbigen Fragen über aus dumm. Lola bat einen Kellner höflich darum, die vollgesogenen Servietten wegzuschmeißen, bevor sie sich wieder ihren Smoothie zuwandte und nun auch Emily das erste Mal nach ihrem Kaffee griff.
"Donna ist wie Ian. Die Arbeit geht ihr über alles. Alles worüber sie sich unterhalten ist die Arbeit, ihre Ziele, ihre Ambitionen. Das tut keinem von beiden gut. Ian ist sowieso schon dabei ein Workaholic zu werden und trotz aller Notwendigkeit: So ist er eigentlich nicht."
"Ach nein?", fragte Emily wieder sehr einsilbig, dafür aber überaus gespannt auf die Erklärung.
Lola schüttelte mit dem Kopf, sodass ihre dunklen Haare nur zu folgen und das Lächeln auf ihren Lippen wurde weich.
"Er ist so geworden, weil unser Vater ihn so haben wollte: kalt, rücksichtslos und profitgierig. Als Junge hat er es geliebt, auf dem Rad zu fahren und im Garten beim Unkraut jäten zu helfen. Das, was er jetzt ist, ist das, was er seiner Meinung nach sein muss, um unseren Vater zu besiegen und ich wünschte wirklich es wäre nicht nötig. Feuer kann man nur mit Feuer bekämpfen." meinte Lola und Emily presste den Kiefer zusammen, weil sie es sich verkneifen musste ihr zu widersprechen. Sie wollte Ian nicht als kleinen Jungen mit Dreck im Gesicht sehen, der im Garten die Blumen goss, und den ganzen Tag in der Natur seine Abenteuer erlebte, sehen. Das würde ihm eine Sympathie zusprechen, die sie ihm nicht entgegenbringen durfte.
"Was ist das mit eurem Vater?" fragte sie und erinnerte sich daran, dass Ian auch schon einmal so etwas angedeutet hatte. Doch Lola zuckte mit den Achseln.
"Was soll ich sagen? Er ist ein Machthungriges Schwein, dass nur sich selbst liebt. Er erpresst Ian einmal mehr mit irgendetwas, um seine Machtposition ihm gegenüber zu unterstreichen und ich denke, du bist da zwischen die Räder geraten. Du hast ein Patent?" fragte Lola und Emily wusste selbst nicht, warum sie überhaupt nickte, aber sie tat es.
Offenheit gegen Offenheit.
"Nicht meines. Also es gehört mir, aber ich habe es quasi geerbt. Von meinem Bruder. Ein nachhaltiger Filter. Canningham Oil hat mir dazu bereits unzählige Angebote unterbreitet, aber ich will nicht an ein Konzern verkaufen, dass sich nur für Profite interessiert. Dann stand plötzlich Ian vor meiner Tür." sagte sie und Lola nickte, während sie sichtlich nachdachte.
"Verstehe ich, würde ich auch nicht. Du hast es erst angemeldet, oder?" fragte Lola und Emily nickte erstaunt.
"Ja. Woher weißt du das?"
"Anfang dieses Monats hat mein Vater ein Anruf bekommen, irgendein Typ im Patentamt, der ihn warnte. Ich weiß nicht, was er sagte, aber ich weiß wie mein Vater reagierte, nämlich erst absolut unbeeindruckt und dann ziemlich zerknirscht. Ich glaube, dass dieses Patent für den Konzern meines Vaters gefährlich werden würde, wenn es an die Konkurrenz geht. Als du nicht auf die Angebot eingegangen bist, hat mein Vater sicher Ian geschickt, um es zu besorgen. Das würde ihn ähnlich sehen: zwei Fliegen mit einer Klappe. Er kommt an das Patent und kann meinen Bruder wieder herumkommandieren, herabwürdigen und alles andere. Die Frage ist nur: Womit er ihn diesmal in der Hand hat." erklärte Lola weiter, obwohl es den Anschein machte, als hätte die den letzten Satz eher zu sich selbst gesagt.
Doch auch Emilys Gedanken ratterten.
Ian schien nicht der Typ zu sein, der sich auf solche Machtspielchen einließ, was also könnte ihn dazu bewegen, das zu tun, was sein von ihm wollte?
"Mit dir, Ente! Was glaubst du denn?" donnerte eine Stimme so plötzlich direkt hinter ihr, dass Emily erschrocken zusammen zuckte. Wieder ging etwas von ihrem Kaffee daneben, doch diesmal war es ihr egal.
Als sie plötzlich Ian hinter sich stehen sah, der seine Schwester fast schon wütend anblickte, klimperte diese nur unschuldig mit den Augen und zog an dem Strohhalm bis dieser einen abgehackten Klang von sich gab. Ende des Milchshakes. Aber definitiv nicht das Ende dieser Diskussion.
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